Navigationspfad: Home » Foren
Foren
recht.de :: Thema anzeigen - Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör
Forum Deutsches Recht
Foren-Archiv von www.recht.de
Achtung: Keine Schreibmöglichkeiten! Zu den aktiven Foren wählen Sie oben im Menü "Foren aus!
 
 SuchenSuchen 

Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör

 
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    recht.de Foren-Übersicht -> Anwaltsrecht/Anwaltshaftung
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Gast567
Gast





BeitragVerfasst am: 19.09.04, 22:01    Titel: Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör Antworten mit Zitat

Hallo,

ich habe ein paar Fragen zum Thema "Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör" (Art. 103 I GG).

Die Verfahrensordnungen legen in vielen Fällen fest, daß die Parteien sich von Anwälten vertreten lassen müssen oder daß Rechtsmittel nur von Anwälten eingelegt werden können. Nach der Diskussion zur Reform der Rechtsberatung soll das insbesondere die Rechtspflege erleichtern, indem nur Fachleute die Möglichkeit haben, vor Gericht aufzutreten (abgesehen von unteren Instanzen).

Im Strafprozess hat der Angeklagte ja immer noch das letzte Wort, muß also gehört werden. Ähnliches gibt es im Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht. In anderen Gerichtszweigen gilt das nicht. Was macht nun ein Beteiligter, der seine Argumente dem Gericht vortragen möchte, dessen Anwalt diese Argumente aber nicht teilt? Gut, man kann sagen "soll er lieber auf seinen Anwalt hören", aber das wird dem Art. 103 I wohl nicht gerecht und setzt außerdem voraus, daß Anwälte sich niemals irren könnten.

Fragen:

1. Ist der Rechtsanwalt verpflichtet, ein Argument seines Mandanten auch dann vorzutragen, wenn er selbst (der RA) es für falsch oder gar für nachteilig hält? Darf er das überhaupt oder würde eine solche Pflicht gegen seine Unabhängigkeit verstoßen?

2. Ist der RA verpflichtet, seine Strategie mit dem Mandanten abzusprechen? Darf er Schriftsätze einreichen, wenn er weiß daß der Mandant eine andere Meinung hat?

3. Darf er dies, ohne den Mandanten vorher zu fragen, ob dieser einverstanden ist? Kann der Mandant eine solche Pflicht zur vorherigen Nachfrage erreichen, indem er bei Mandatserteilung dazu auffordert? Könnten dann Äußerungen des RA dennoch dem Mandanten zugerechnet werden, falls der RA vorher nicht nachgefragt hat?

4. Ist das Gericht verpflichtet, in einer mündlichen Verhandlung den Beteiligten auch dann persönlich anzuhören, wenn Anwaltszwang besteht? (abgesehen vom Strafverfahren, da trifft es zu)

5. Wie kann ein Beteiligter seine eigene Meinung in einem Verfahren einbringen, das rein schriftlich geführt wird, z.B. über die Nichtzulassung einer Revision, wenn laut Gesetz der Schriftsatz von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein muß?

Bei allen Fällen bitte nicht nur bedenken, daß der Rechtsanwalt der berufene Vertreter in allen Rechtssachen ist, sondern auch daß "jedermann" Anspruch auf rechtliches Gehör hat. In Art. 103 steht nicht, daß jedermann nur Anspruch darauf hat, daß sein Rechtsanwalt gehört wird.
Nach oben
Gast






BeitragVerfasst am: 20.09.04, 06:19    Titel: Re: Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör Antworten mit Zitat

Außerdem muss man immer bedenken, dass die Gesetze von Juristen für Juristen geschrieben sind. Darum der Anwaltszwang und das Rechtsberatungsmonopol.
Nach oben
Michael Hofferbert
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 13.09.2004
Beiträge: 379
Wohnort: Frankfurt am Main

BeitragVerfasst am: 20.09.04, 09:57    Titel: Re: Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör Antworten mit Zitat

Gast567 hat folgendes geschrieben::
Hallo,

ich habe ein paar Fragen zum Thema "Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör" (Art. 103 I GG).
Die Verfahrensordnungen legen in vielen Fällen fest, daß die Parteien sich von Anwälten vertreten lassen müssen oder daß Rechtsmittel nur von Anwälten eingelegt werden können. Nach der Diskussion zur Reform der Rechtsberatung soll das insbesondere die Rechtspflege erleichtern, indem nur Fachleute die Möglichkeit haben, vor Gericht aufzutreten (abgesehen von unteren Instanzen).
Im Strafprozess hat der Angeklagte ja immer noch das letzte Wort, muß also gehört werden. Ähnliches gibt es im Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht. In anderen Gerichtszweigen gilt das nicht. Was macht nun ein Beteiligter, der seine Argumente dem Gericht vortragen möchte, dessen Anwalt diese Argumente aber nicht teilt? Gut, man kann sagen "soll er lieber auf seinen Anwalt hören", aber das wird dem Art. 103 I wohl nicht gerecht und setzt außerdem voraus, daß Anwälte sich niemals irren könnten.
Fragen:

1. Ist der Rechtsanwalt verpflichtet, ein Argument seines Mandanten auch dann vorzutragen, wenn er selbst (der RA) es für falsch oder gar für nachteilig hält? Darf er das überhaupt oder würde eine solche Pflicht gegen seine Unabhängigkeit verstoßen?

2. Ist der RA verpflichtet, seine Strategie mit dem Mandanten abzusprechen? Darf er Schriftsätze einreichen, wenn er weiß daß der Mandant eine andere Meinung hat?

3. Darf er dies, ohne den Mandanten vorher zu fragen, ob dieser einverstanden ist? Kann der Mandant eine solche Pflicht zur vorherigen Nachfrage erreichen, indem er bei Mandatserteilung dazu auffordert? Könnten dann Äußerungen des RA dennoch dem Mandanten zugerechnet werden, falls der RA vorher nicht nachgefragt hat?

4. Ist das Gericht verpflichtet, in einer mündlichen Verhandlung den Beteiligten auch dann persönlich anzuhören, wenn Anwaltszwang besteht? (abgesehen vom Strafverfahren, da trifft es zu)

5. Wie kann ein Beteiligter seine eigene Meinung in einem Verfahren einbringen, das rein schriftlich geführt wird, z.B. über die Nichtzulassung einer Revision, wenn laut Gesetz der Schriftsatz von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein muß?

Bei allen Fällen bitte nicht nur bedenken, daß der Rechtsanwalt der berufene Vertreter in allen Rechtssachen ist, sondern auch daß "jedermann" Anspruch auf rechtliches Gehör hat. In Art. 103 steht nicht, daß jedermann nur Anspruch darauf hat, daß sein Rechtsanwalt gehört wird.


Die Frage, "Gast567", (sind Sie evtl verwandt oder verschwägert mit Gast 563?)

ist verständlich, geht aber rechtlich von einem falschen Ansatzpunkt aus:

    1. Ob Sie Ihre Großmutter oder einen Anwalt bevollmächtigen, hat auf den Umstand keinen Einfluß, dass der Bevollmächtigte immer - falls die Vollmacht keine ausdrückliche Einschränkung enthält - im Außenverhältnis alle Erklärungen Dritten gegenüber wirksam für und gegen Sie abgeben kann und Ihnen diese Erklärungen in vollen Umfang zugerechnet werden.

    2. Im Innenverhältnis ist jeder Bevollmächtigte - etwas anderes gilt für den Strafverteidiger, der in diesem Sinne nicht eo ipso Bevollmächtigter ist! - immer an die Vorgaben gebunden, die der Vollmachtsgeber dem Vollmachtsnehmer setzt.

    3. Hält sich der Vollmachtsnehmer nicht an diese Vorgaben oder stimmt er solche Fragen, zu deren Beantwortung er nicht als bevollmächtigt angesehen werden kann, nicht mit dem Vollmachtsgeber ab (z.B. i.d.R. den Abschluß eines Vergleichs, der nicht vorher besprochen war etc.), dann haftet der Vollmachtsnehmer dem Vollmachtsgeber gegenüber für den daraus ggf. eingetretenen Schaden.


Mit der Gewährung rechtlichen Gehörs hat das alles nichts zu tun.
Eben deshalb und weil der Verteidiger nicht eo ipso Bevollmächtigter ist, wird auch dem Angeklagten im Strafprozeß gesondert persönlich das rechtliche Gehör in Gestalt des "letzten Wortes" eingeräumt, das ja manchmal auch sein letztes Wort in Freiheit ist.

Eine ganz andere Frage ist die, ob ein Anwalt als Organ der Rechtspflege bei Gericht etwas vortragen darf, von dessen Unrichtigkeit er überzeugt ist.
Dafür gilt:
    4. Der Anwalt darf ebenso wenig wie eine Partei im Zivilprozeß wissentlich die Unwahrheit sagen.
    5. Ein Anwalt sollte als Organ der Rechtspflege nicht eine Rechtsauffassung vertreten, von der er weiß, dass sie chancenlos ist.

Wenn der Mandant von dem Anwalt Verhalten i.S. Ziff. 4. oder 5. verlangt, muß er nach entsprechend erfolgloser Belehrung das Mandat niederlegen. Er behält dann aber den Honoraranspruch in voller Höhe.
_________________
Mit freundlichen Grüßen
für: Michael Hofferbert (RA)
Hofferbert-Koch@(Wortsperre: Firma).de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
django
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 14.09.2004
Beiträge: 70

BeitragVerfasst am: 20.09.04, 17:28    Titel: Re: Anwaltszwang und Recht auf rechtliches Gehör Antworten mit Zitat

Zitat:
Was macht nun ein Beteiligter, der seine Argumente dem Gericht vortragen möchte, dessen Anwalt diese Argumente aber nicht teilt?


Er wechselt den Anwalt.

Wenn der neue Anwalt der gleichen Meinung ist wie der erste, sollte Mandant seinen Standpunkt überdenken oder eine 3. Anwalt konsultieren.

usw., usw.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge vom vorherigen Thema anzeigen:   
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    recht.de Foren-Übersicht -> Anwaltsrecht/Anwaltshaftung Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehen Sie zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group
©  Forum Deutsches Recht 1995-2019. Anbieter: Medizin Forum AG, Hochwaldstraße 18 , D-61231 Bad Nauheim , RB 2159, Amtsgericht Friedberg/Hessen, Tel. 03212 1129675, Fax. 03212 1129675, Mail info[at]recht.de.