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"Eigentumsrechte" am eigenen Körper

 
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Gast






BeitragVerfasst am: 06.02.06, 20:36    Titel: "Eigentumsrechte" am eigenen Körper Antworten mit Zitat

Tagung: Eigentumsrechte am eigenen Körper
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Genomanalysen, Organtransplantationen und andere biomedizinische Verfahren beinhalten die Verfügung Dritter über menschliche Körper oder deren Bestandteile. Der Körper gehört aber nach intuitivem Verständnis zum Selbst des betreffenden Menschen. Rund 30 Wissenschaftler aus ganz Deutschland gehen am 16. und 17. Februar der Frage nach, inwieweit der Körper in verschiedenen Kulturen als Eigentum des Menschen gilt. Die Veranstaltung beginnt am Donnerstag, 16. Februar, im Arbeitsraum der Japanologie, Institut für Orient- und Asienkunde, Regina-Pacis-Weg 7, Erdgeschoss. Medienvertreter können nach Anmeldung teilnehmen.
Der Koreanische Stammzellforscher Hwang Woo Suk soll mindestens eine Mitarbeiterin gedrängt haben, Eizellen zu spenden. In den Philippinen wurden Angestellte so unter Druck gesetzt, dass sie sich "freiwillig" Organe entnehmen ließen und ihrem kranken Chef zur Verfügung stellten - ohne Bezahlung, versteht sich. "In Japan gilt der Körper nicht als 'Eigentum', sondern zählt zur Persönlichkeitssphäre und genießt dadurch rechtlichen Schutz", erklärt der Bonner Japanologe Dr. Christian Steineck. "In anderen asiatischen Ländern, in denen diese Barriere nicht funktioniert, könnte das Eigentumsrecht aber einen größeren Schutz bedeuten."

Prinzipiell könnte der Mensch dann aber auch seine Organe verkaufen oder Blut zur Gewinnung genetischer Information veräußern. Konsequent gedacht, könnten sogar Gläubiger auf die Idee kommen, ihre Schuldner zum Verkauf von Organen zu zwingen. "Wir werden auf unserer Tagung der prinzipiellen Thematik nachgehen, wie die Frage nach dem Eigentumsrecht am eigenen Körper in verschiedenen Kulturen beantwortet wird", erläutert Steineck. Dass dabei auch Traditionen eine große Rolle spielen, zeigt der europäische Vergleich: Länder, die in der angelsächsischen Rechtstradition stehen, sind offener für die Anwendung der Eigentumskategorie als beispielsweise Deutschland oder Frankreich. "Hierzulande gilt in der Tradition des römischen Rechts das Denken in Rechtsprinzipien", sagt Steineck: "Man versucht, im Gesetz die Grundprinzipien zu klären, so dass es möglichst auf alle denkbaren Einzelfälle anwendbar ist. Daher will man zuvor die Konsequenzen so gut wie möglich durchdenken." In England und den USA orientiert sich die Rechtsprechung dagegen an den so genannten "Präzedenzfällen". Von Einzelfall zu Einzelfall kann der Richter daher unterschiedlich entscheiden.

Die Verabschiedung und Umsetzung gesetzlicher Regelungen ist aber auch abhängig von außerrechtlichen kulturellen Faktoren wie der vorherrschenden Lebens- und Produktionsform, dem Stand wissenschaftlichen Wissens über den menschlichen Körper oder religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen. Darum steht die Veranstaltung unter dem Titel "Rechtskulturen". Mitglieder des Forschungsverbunds "Kulturübergreifende Bioethik", an dem Institute der Universitäten Bonn, Bochum, Göttingen und Tübingen beteiligt sind, werden mit weiteren namhaften Experten zwei Tage lang über diese Fragen diskutieren.

Quelle: Universität Bonn / idw
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jurico
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Anmeldungsdatum: 03.08.2005
Beiträge: 6123
Wohnort: Chemnitz

BeitragVerfasst am: 07.02.06, 06:58    Titel: Antworten mit Zitat

Dann wollen wir mal abwarten, welche Thesen die Wissenschaftler dort entwickeln ... Würde mich freuen, wenn Sie über die Ergebnisse der Tagung berichten könnten. Winken
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jurico
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Anmeldungsdatum: 03.08.2005
Beiträge: 6123
Wohnort: Chemnitz

BeitragVerfasst am: 07.02.06, 07:22    Titel: Antworten mit Zitat

rueger hat folgendes geschrieben::
Eigentumsrechte am eigenen Körper ... in verschiedenen Kulturen

Es ist doch schon überaus spannend, diese Frage an das deutsche (Bürgerliche) Recht zu stellen.


Stichworte sind (beispielhaft: Rüthers/Stadler, BGB AT, § 11 Rn. 9):

1. der Körper des lebenden Menschen sei keine Sache,

2. abgetrennte Körperteile (Haare, gespendete Organe) seien nur dann Sachen, wenn die Trennung endgültig ist,

3. die menschliche Leiche sei zwar als (herrenlose) Sache anzusehen, jedoch dem Rechtsverkehr entzogen.


Anmerkung zu Nrn. 1 und 2:
Mir leuchtet nicht ein, wie aus einer Nicht-Sache (lebender Mensch) allein durch endgültige Abtrennung von Teilen des Körpers selbständige Sachen entstehen können (z. B. abgeschnittene Haarbüschel). Dagegen soll nach dieser These (Nr. 2) keine Sache sein der Finger, der bei einem Unfall abgetrennt, aber alsbald wieder angenäht wird.

Dieser Übergang von der Person zur Sache verdient nähere Betrachtung.


Anmerkung zu Nr. 3:
Wer entzieht den menschlichen Leichnahm dem Rechtsverkehr? Vermutlich das Strafgesetz (Störung der Todenruhe, § 168 StGB). Interessant ist, daß mit Ablauf einer gewissen Zeit auch ein Leichnahm wieder "verkehrsfähig" werden kann (etwa Mumien im Museum).


StGB § 168 Störung der Totenruhe
(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers
eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die
Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug
verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder
öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden
Unfug verübt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
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Gast






BeitragVerfasst am: 07.02.06, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Denken wir doch z.B. an die Geschäftstätigkeit von transfusionsmedizinischen Einrichtungen. Dort geben Spenderinnen und Spender unentgeltlich einen Teil eines Organes (Vollblut oder Blutbestandteile) als Rohstoffquelle ab. In industrieller Weise werden daraus Arzneimitel (etwa Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenpräparate, Plasmapräparate) hergestellt und verkauft.
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jurico
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Anmeldungsdatum: 03.08.2005
Beiträge: 6123
Wohnort: Chemnitz

BeitragVerfasst am: 07.02.06, 16:50    Titel: Antworten mit Zitat

Was wollen Sie damit sagen? Das ist die Beschreibung eines (faktischen) Zustandes. Haben Sie eine Meinung dazu?


Aus meiner Sicht macht es Sinn, zu hinterfragen:

- Ist der Mensch vielleicht zugleich auch eine Sache? (daß er Rechtsperson ist, dürfte wohl unstreitig sein, vgl. auch § 1 BGB)

- Ist vielleicht sein (lebender) Körper eine Sache und nur sein "Geist" Person?

- Wie läßt sich vor der Prämisse: "Mensch = Person" begründen, daß ein Teil einer Person eine (selbständige) Sache werden kann? Ist der abgetrennte Teil einer Person nicht trotzdem noch "Person"?

- Ist es nicht vielmehr so, daß nur (unwesentliche) Bestandteile von Sachen durch Abtrennung (rechtlich) selbständige Sachen werden können (vgl. § 93 BGB)?

- Wie weit reicht die Verfügungsgewalt des Menschen über seinen Körper?


Zitat:
BGB § 1 Beginn der Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Zitat:
BGB § 93 Wesentliche Bestandteile einer Sache
Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der
eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche
Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

Zitat:
BGB § 903 Befugnisse des Eigentümers
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter
entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung
ausschließen. ...



PS: "Unentgeltlich": Winken - manche Studenten finanzieren Ihr Studium mit Blut- , -plasma- und sonstigen Spenden.
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Gast






BeitragVerfasst am: 07.02.06, 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, ich habe keine Meinung. Ich blättere nur gerade durch das Sachenrecht in der Hoffnung auf Anregungen...
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Abrazo
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Anmeldungsdatum: 30.05.2005
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BeitragVerfasst am: 07.02.06, 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

Alte Philosophin fragt: wenn der Mensch Eigentümer seines Körpers ist, wer ist es dann, der der Eigentümer ist? Ist ein Mensch denkbar ohne Körper? Und schon sind wir in religiösen Spekulationen angelangt. Was bedeutet der Körper demjenigen, der an die Seelenwanderung glaubt?

Ich halte diese Diskussion für unsinnig. Oder wollen wir hinten herum die Sklaverei wieder einführen? Denn wenn ich ( wer ist denn das, ich, wie will man den denn gegen seinen Körper abgrenzen?) Eigentümer meines Körpers bin, dann kann ich mich auch in die Sklaverei verkaufen. Bin ich dann auch Eigentümer des Körpers meines unmündigen Kindes? Kann ich es stellvertretend z.B. an Pädophile verkaufen? Schreck? Na klar. Beim Verstand läuft das genau so wie beim Computer: Mist rein, Mist raus.
_________________
Grüße,
Abrazo
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jurico
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Anmeldungsdatum: 03.08.2005
Beiträge: 6123
Wohnort: Chemnitz

BeitragVerfasst am: 08.02.06, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Ist ein Mensch denkbar ohne Körper?

Möglicherweise ja, denn findige Juristen haben das "postmortale Persönlichkeitsrecht" entwickelt und winden sich um dessen Begründung mehr schlecht als recht herum.

http://de.wikipedia.org/wiki/Postmortales_Pers%C3%B6nlichkeitsrecht
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2003-6-12&nr=7978&pos=5&anz=7

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Und schon sind wir in religiösen Spekulationen angelangt.

Möglicherweise auch das.

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Oder wollen wir hinten herum die Sklaverei wieder einführen?

Das wollen wir (wer ist wir?) nicht. Man muß schon unterscheiden:
- Recht am eigenen Körper,
- Recht an Körpern außer mir.

Wenn ich ein Recht an meinem eigenen Körper habe, bedeutet das nicht zugleich, daß ich auch ein Recht an anderen Körpern haben kann. Juristen haben auch die "Fähigkeit", bestimmte Tatbestände einfach dem Rechtsverkehr zu entziehen (Gesetz, Verkündung, fertig).


Welche Antwort aber gibt mir die "Alte Philosophin" auf die Frage, wie es möglich ist, daß eine Person (Mensch) oder "Teile" davon zur Sache werden können? Was sagt die hM in der Philosophie dazu?
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JonSnow
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Anmeldungsdatum: 27.04.2005
Beiträge: 90

BeitragVerfasst am: 08.02.06, 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
(...) wie es möglich ist, daß eine Person (Mensch) oder "Teile" davon zur Sache werden können?


Ich kann mich ja mal an einer möglichen Antwort versuchen.

Wenn man unter einer Sache einen "unbelebten" Gegenstand, also etwas versteht, dass keinem selbstständigen Bewusstsein unterliegt, so könnte man einen Menschen dann einer "Sache" gleichsetzen, wenn die Bewusstseinstätigkeit erlischt. Um einen postmortalen Schutz zu gewährleisten, könnte man den Schutz auf diejenigen "leblosen" Gegenstände ausdehnen, die einem solchen Bewusstseinsprozess geprägt wurden, diesem nun jedoch nicht mehr unterliegen.
Körperteile könnten daher grundsätzlich zur Sache werden. Die Unterteilung in solche Körperteil die wieder mit dem Körper verbunden werden sollen und in jene die dauerhaft getrennt werden, könnte in sofern an den Willen des jeweils "lenkenden Bewusstseins" knüpfen.
Ein Problem wäre dann natürlich die Feststellung wann ein solches Bewusstsein vorliegt und inwieweit es eine bestimmte "Qualität" erreichen muss.

Wie man schon an den vielen Anführungszeichen erkennen kann, sind in meinem Erklärungsversuch noch einige Punkte offen. Aber da die Frage eh stark vom eigenen moralischen und ethischen Standpunkt abhängt, ist eine endgültig eindeutige Antwort wohl auch nicht möglich. Winken
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Abrazo
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Anmeldungsdatum: 30.05.2005
Beiträge: 5941
Wohnort: Köln

BeitragVerfasst am: 08.02.06, 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ich schlage vor, wir befreien uns erst einmal von Vorurteilen. Solche Vorurteile (im Wortsinne: Vor-Urteile) werden vor allem durch den Sprachgebrauch bewirkt. Wenn wir an den Gegensatz Mensch - Sache denken, dann verbinden wir mit dem Wort Mensch automatisch die Bedeutung von Menschenwürde, mit dem Wort Sache hingegen etwas wie einen Fußball, den man hierhin und dorthin treten kann und kommen automatisch, bewirkt durch Sprachverhexung, zu dem Schluss, wenn ein Körperteil oder eine Leiche eine Sache ist, dann kann man sie auch legitimerweise bearbeiten wie einen Fußball. Ist zwar nicht der Fall, aber so denkt man.

Nehmen wir das neutrale Wort Objekt. Ein Objekt ist alles (und noch mehr), von dem wir sagen können "das da", auf das wir zeigen können. Das können wir bei einem Menschen, einer Maus, einem Haus oder einem Stück Klopapier.

Seit den Zeiten der alten Griechen unterscheidet man an Objekten wesentliche und akzidentelle Eigenschaften. Akzidentell ist z.B. die Farbe eines Balles: ob der rot oder blau ist, dat es ejal; Ball bleibt Ball. Akzidentell ist auch ein Hundebein: ob ein Hund sich auf drei oder vier Beinen durch die Weltgeschichte bewegt, ändert nichts an seinem Hund-Sein. Der dreibeinige Hund ist nicht weniger Hund als der vierbeinige. Ein Mensch ist auch nicht weniger Mensch, wenn ihm ein Finger abgeschnitten wird.

Allerdings müsste der abgeschnittene Finger, der wieder angenäht werden kann, unter dem selben besonderen Schutz stehen wie etwa ein Kunstwerk: er ist einmalig und unwiederbringlich für einen Mitmenschen. Ohne den Finger bleibt er zwar genau so Mensch wie vorher, hat aber einen unwiederbringlichen Schaden erlitten. Die mitmenschliche Solidarität gebietet es, solche Schäden wenn irgend möglich zu vermeiden (siehe auch Nothilfe). Weswegen es strafbar ist, einem den Finger abzuschneiden. Und wer einen wiederbringlichen Finger unwiederbringlich zerstört, verhält sich nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders als derjenige, der ihn abschneidet.

Wenn wir uns nun dem Objekt Lebewesen zuwenden, so ist seine wesentliche Eigenschaft unzweifelhaft die, dass es lebt. Ergo, was nicht lebt, ist kein Lebewesen. Das kann, wie bei jeder Grenzziehung, zu brutalen Konsequenzen führen, etwa, wenn es nötig ist, nach Massensterben Leichen in Massengräbern zu verbuddeln oder zu verbrennen. Aber Leichen sind nun mal keine Lebewesen mehr, sie selbst bedürfen keines Schutzes mehr, eines Schutzes bedürfen die Angehörigen. Denn in ihrer Erinnerung ist das ehemals lebendige immer noch eine Zeit lang lebendig, und da sie selbst lebendig sind, sind sie noch verletzbar. Ihre noch nicht untergegangene soziale Beziehung zu dem Toten ist noch verletzbar. Der Schutz der Totenruhe beruht darauf, und darauf, dass es auch ein kollektives Bedürfnis gibt, sich im Toten an den lebenden Menschen zu erinnern, der, wenn man auch sonst nichts von ihm weiß, Mensch gewesen ist.

Von all dem bleibt das Eigentumsrecht völlig unberührt. Tatsächlich hat Eigentumsrecht hier überhaupt nichts zu suchen. Wie ich schon sagte, primär ist die Frage, wer denn dieses Eigentumsrecht beanspruchen könnte. Wer ist das denn, dem sein Körper gehören soll? Ein Eigentum verlangt doch nach einem Eigentümer - wer soll das denn sein? Solange man niemanden fest machen kann, der Eigentümer ist, ist die Frage nach dem Eigentum am Körper m.E. weiter nichts als hahnebüchener Unsinn.

Zweitens: jurico meint, man könne nicht Eigentümer am Körper eines anderen Menschen werden. Mit welcher Begründung, wenn man denn den Körper als Eigentum betrachten will? Sein Eigentum kann man auch an andere übertragen. Warum also nicht den eigenen Körper, und zwar zu Lebzeiten, also Sklaverei? Schuldsklaverei, so wie es einst üblich war? Wobei wir allerdings wieder bei der Frage wären, wer ist denn das, der sein Eigentum an seinem Körper übertragen könnte?

Zur Zeit dilettieren ein paar Biologen ab und an in der Philosophie (siehe die eigentlich nur von ihnen geführte Debatte Determinismus - Indeterminismus, eine Debatte übrigens, die in der Blütezeit der islamischen Philosophie nun wirklich weitgehend ausdiskutiert wurde - nix Neues). Ich rate, so etwas nicht allzu ernst zu nehmen.
_________________
Grüße,
Abrazo
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jurico
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BeitragVerfasst am: 09.02.06, 00:24    Titel: Antworten mit Zitat

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Nehmen wir das neutrale Wort Objekt.

Nach meinem (allerdings juristisch geprägten) Verständnis steht das (Rechts-)Objekt dem (Rechts-)Subjekt gegenüber. Welche Rolle spielt bei Ihnen das Subjekt: Ein Unterfall des Objekts ("Objekt Lebewesen")?

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Aber Leichen sind nun mal keine Lebewesen mehr, sie selbst bedürfen keines Schutzes mehr, eines Schutzes bedürfen die Angehörigen. Denn in ihrer Erinnerung ist das ehemals lebendige immer noch eine Zeit lang lebendig, und da sie selbst lebendig sind, sind sie noch verletzbar. Ihre noch nicht untergegangene soziale Beziehung zu dem Toten ist noch verletzbar.

Was aber, wenn der Verstorbene keine Angehörigen hinterläßt?

Abrazo hat folgendes geschrieben::
jurico meint, man könne nicht Eigentümer am Körper eines anderen Menschen werden. Mit welcher Begründung ...

Mit § 903 BGB, der das Eigentum beschränkt ("soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen"). Eigentum ist, meine ich, nur vor dem Hintergrund einer Rechtsordnung denkbar. Erst das Recht bestimmt, was Eigentum ist. Das Recht (völkerrechtliche Verträge, Strafgesetze) definiert Rechte an Menschen (so es sie denn geben sollte), Sklaverei o. ä. aus dem Eigentumsbegriff bzw. aus dem Schutz des Eigentums und aus der (Rechts-)Verkehrsfähigkeit (insb. Übertragbarkeit) heraus.

Die alten Römer (und nicht nur die) kannten die Sklaverei. Bestimmte Menschen (heute: "Rechtssubjekte") wurden als "Rechtsobjekte", als besondere Sachen behandelt. Heute ist das - zumindest rechtlich - undenkbar.
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jurico
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BeitragVerfasst am: 09.02.06, 18:25    Titel: Antworten mit Zitat

JonSnow hat folgendes geschrieben::
Körperteile könnten daher grundsätzlich zur Sache werden. Die Unterteilung in solche Körperteil die wieder mit dem Körper verbunden werden sollen und in jene die dauerhaft getrennt werden, könnte in sofern an den Willen des jeweils "lenkenden Bewusstseins" knüpfen.

Das heißt, die Person gibt einen Teil von sich auf und begründet dadurch dessen Eigenschaft als Sache? Ist die Person dann eigentlich noch Eigentümer dieser (neu entstandenen) Sache oder wird die Sache herrenlos (§ 959 BGB analog)? Müßte die Person den abgetrennten Körperteil in Eigenbesitz nehmen, um Eigentum an ihr zu begründen (§ 958 BGB)?

Zitat:
BGB § 958 Eigentumserwerb an beweglichen herrenlosen Sachen
(1) Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigentum
an der Sache.
(2) Das Eigentum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder
wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines anderen verletzt wird.

BGB § 959 Aufgabe des Eigentums
Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das
Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.
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Abrazo
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BeitragVerfasst am: 09.02.06, 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

@jurico:
Subjekt - Objekt: das ist hier nicht die juristische Definition.
Wie gesagt, Objekt ist alles, auf das man zeigen kann, also auch ein Mensch.
Subjekt ist derjenige, der handelt. Er handelt mit Objekten. Wenn also ein Mensch mit anderen Menschen interagiert, so handelt er als Subjekt mit Objekten. Hat also zur juristischen Definition überhaupt keinen Bezug - andere Baustelle.
Handelndes Subjekt kann auch ein Tier oder ein Gott sein.
Nicht unwichtig auch für die Philosophie das Subjekt eines Satzes (hier aber imho irrelevant).

Wenn der Verstorbene keine Angehörigen hinterlässt, so tritt doch das ein, was ich mitmenschliche Solidarität genannt habe. Ausfluss dieser mitmenschlichen Solidarität ist der Satz "die Würde des Menschen ist unantastbar".

Was das Eigentum betrifft, so kann diese Diskussion imho nicht juristisch geführt werden, weil sie die Grenzen der Rechtswissenschaft überschreitet.

Gesetze sind positives Recht, also niedergeschrieben, gemacht. Diese Diskussion aber geht darüber hinaus, nämlich, warum man so etwas überhaupt niederschreiben sollte und ob es berechtigt ist oder nicht, diese ethischen Überzeugungen in positives Recht zu schreiben - mit dem sich dann erst die Juristen befassen (es sei denn, sie sind Richter beim BVG).

Das Eigentum am eigenen Körper ist so lange ein logischer Widerspruch, wie nicht geklärt ist, wer Eigentümer und was Eigentum ist. Und jede mögliche Lösung halte ich für nicht konsensfähig.

Mir ist nur eine einzige Rechtskonstruktion bekannt (und die stimmt auch nicht hundertprozentig), wonach einer sein eigenes Eigentum ist: der Kölner Dom.
Lachen
_________________
Grüße,
Abrazo
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jurico
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BeitragVerfasst am: 09.02.06, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Abrazo hat folgendes geschrieben::
Und jede mögliche Lösung halte ich für nicht konsensfähig.

Sehr radikal. Zunächst zum Verständnis: Was verstehen Sie unter "Eigentum"? Gibt es dafür eine vorpositive Definition?
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Abrazo
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BeitragVerfasst am: 10.02.06, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Na, mit dem Wort Definition sollte man vorsichtig sein. Viele Wörter lassen sich nun mal nicht definieren.

Mein Hund betrachtet aber hallo auch sein Revier, seine Stöcke, seine Weiber als sein Eigentum, das er verteidigt und an das bei Prügelstrafe keine ran darf. "Mein seins" scheint mir durchaus auch biologisch verankert zu sein.

Christen hatten (und haben teilweise noch immer) ein distanziertes Verhältnis zum Körper. Das wichtige für sie ist die Seele. Also könnte ein Christ sagen, mein Körper ist Eigentum meiner Seele. Nur - wäre das konsensfähig? Denn dazu muss man erst mal an die strikte Trennung von Leib und Seele glauben - und das tut noch lange nicht jeder.

Desgleichen ein Buddhist: was soll ich mich um meinen Körper scheren? Ist eh nur Durchgangsstation für wandernde Seelen, also kann ich ihn durchaus auch stückweise verkaufen.

Für einen traditionellen Chinesen hingegen, der, soweit ich weiß, Wert auf vollständige Beerdigung legte (weswegen den Eunuchen ihr Eingemachtes wertvoll gewesen sein soll) wäre es ein Unding, einen Körperteil herzugeben (ob das Ausschlachten von Hingerichteten damit in Verbindung steht? Strafe über den Tod hinaus?).

Und vielleicht die meisten heutigen Philosophen sagen, ich bin mein Körper, wie kann ich mein Eigentum sein?

Also - Konsens halte ich für unmöglich.
_________________
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Abrazo
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