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Verfasst am: 20.02.06, 11:53 Titel: Einsatz der Bundeswehr rechtens oder nicht strafbar?
Laut verschiedner Urteile des BVGs(z.b. zum Luftsicherheitsgesetz) ist es nicht rechtens Menschen als Objekte zu behandeln, was zum Beipspiel der Fall waere, wenn man sagt ich toete 15 Unschuldige, damit 100 andere Unschuldige nicht sterben muessen. Im geunstigsten Fall kann es straffrei bleiben.
Meine Frage ist jetzt nun, wie sich das mit einem militaerischem Einsatz der Bundeswehr vereinbaren laesst.
Beispielsweise war die Begruendung fuer den Kosovo Krieg, dass nur so ein Voelkermord verhindert werden kann. Dass heisst es ist ganz eindeutig die Ueberlegung, es ist besser dass einige hundert oder tausend unschuldige Zivilisten ums Leben kommen, damit zehntausende andere Zivilisten nicht sterben muessen. Das ist im Prinzip genau die gleiche Ueberlegung, wie ein entfuehrtes Flugzeug abzuschiessen, was wahrscheinlich so zum Absturz gebracht wird, dass es viel schlimmeren Schaden anrichtet.
Um die Soldaten muss man sich rechtlich glaube ich nicht so viele Gedanken machen, denn sie waeren ja, wenn die Vermutungen richtig sind, beteiligt an der Vorbereitung und spaeter der Durchfuehrung der zu verhinderenden Verbrechen).
Also, gibt es einen Unterschied zwischen den beiden Szenarien?
die Tat wäre durch übergesetzlichen Notstand entschuldigt. Dh nicht strafbar. Im Ergebnis bleibt nur ein Verstoß gegen Dienstrecht. _________________ mfg
Klaus
Natürlich gibt es den. Kosovo war ein Bündnisfall, die NATO flog die Luftangriffe.
Versteh ich nicht, Serbien hatte die NATO nicht angegriffen noch waren Vorbereitungen dafuer in Gange. Damit war Deutschland auch nicht verplichtet den NATO Partnern zu helfen, es tat dies, soweit ich weis, um seinen Beitrag bei der Verhinderung eines Voelkermords zu leisten.
Anmeldungsdatum: 25.09.2004 Beiträge: 15339 Wohnort: Rom
Verfasst am: 20.02.06, 21:33 Titel: Re: Einsatz der Bundeswehr rechtens oder nicht strafbar?
carn hat folgendes geschrieben::
Also, gibt es einen Unterschied zwischen den beiden Szenarien?
Ich persönlich sehe den wie folgt:
Im Fall des LSG handelte es sich um die *konkrete* Abwägung, x Personen für das Leben von y Personen zu opfern. Es gibt da also keinen Zweifel mehr, daß jemand stirbt und wer stirbt.
Analogie: X hat Geisel gepackt und droht mit Sprengung eines ganzen Gebäudes. Dann darf ihm die Polizei keine Handgranate vor die Füße werfen.
Im Kosovo-Krieg handelte es sich um die Entscheidung, y Personen zu retten, wobei *möglicherweise* x Personen ums Leben kommen (möglicherweise aber auch nicht), die noch nicht einmal genau bestimmt waren.
Analogie: der X ballert mit der MP in der Fußgängerzone. Polizei darf auf ihn schießen, auch wenn die prinzipielle Möglichkeit besteht, dabei Unbeteiligte zu treffen. _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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Wenn ich mich recht entsinne, lag damals kein "Bündnisfall" vor.
Was hier angesprochen wird, ist primär ein völkerrechtliches Problem, das gewöhnlich unter dem Stichwort "humanitäre Intervention" diskutiert wird. Dabei geht es im Kern um folgendes: Die UN-Charta statuiert ein Gewaltverbot (Art. 2 Nr. 4 UN-Charta).
Zitat:
UN-Charta Artikel 2
Die Organisation und ihre Mitglieder handeln im Verfolg der in Artikel 1 dargelegten Ziele nach folgenden
Grundsätzen:
...
4. Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit
oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen
unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.
...
Davon gibt es zwei geschriebene Ausnahmen:
1. vom UN-Sicherheitsrat authorisierter militärischer Eingriff in einen anderen Staat (Artt. 42ff. UN-Charta) und das
2. Selbstverteidigungsrecht (Art. 51 UN-Charta).
Daneben werden noch einige ungeschriebene Ausnahmen (Durchbrechungen) der Gewaltverbots diskutiert, unter anderem die "humanitäre Intervention." Begrifflich kann man diese wie folgt fassen:
Herdegen (Völkerrecht, § 34 Rn. 25) hat folgendes geschrieben::
Eingreifen eines Staates mit Gewalt oder Androhung von Gewalt zum Schutz von Personen,
die nicht die Staatsangehörigkeit des eingreifenden Staates besitzen
Hintergrund der "humanitären Intervention" ist, daß man das Integritätsinteresse des einzelnen Staates ("Mischt euch nicht in meine inneren Angelegenheiten ein!") zurücktreten läßt hinter dem Schutz elementarer Menschenrechte. Hier wird eine Abwägung zwischen Gewaltverbot und Schutz von Menschenrechten vorgenommen. Jedenfalls bei "genozidartigen Vorgängen" halte die Völkerrechtswissenschaft eine humanitäre Intervention überwiegend für zulässig (Herdegen, § 34 Rn. 32).
Die "humanitäre Intervention" ist mit zahlreichen Problemen verbunden, über die sich trefflich streiten läßt. Ein solcher Streit verläuft idR sehr emotionsgeladen, weil hier verschiedene Weltanschauungen und "Freund-Feind"-Bilder aufeinanderprallen. Schnell wird dann eine sachliche rechtliche Diskussion zur politisch-emotionalen.
Verfasst am: 22.02.06, 10:23 Titel: Re: Einsatz der Bundeswehr rechtens oder nicht strafbar?
Michael A. Schaffrath hat folgendes geschrieben::
carn hat folgendes geschrieben::
Also, gibt es einen Unterschied zwischen den beiden Szenarien?
Ich persönlich sehe den wie folgt:
Im Fall des LSG handelte es sich um die *konkrete* Abwägung, x Personen für das Leben von y Personen zu opfern. Es gibt da also keinen Zweifel mehr, daß jemand stirbt und wer stirbt.
Analogie: X hat Geisel gepackt und droht mit Sprengung eines ganzen Gebäudes. Dann darf ihm die Polizei keine Handgranate vor die Füße werfen.
Im Kosovo-Krieg handelte es sich um die Entscheidung, y Personen zu retten, wobei *möglicherweise* x Personen ums Leben kommen (möglicherweise aber auch nicht), die noch nicht einmal genau bestimmt waren.
Analogie: der X ballert mit der MP in der Fußgängerzone. Polizei darf auf ihn schießen, auch wenn die prinzipielle Möglichkeit besteht, dabei Unbeteiligte zu treffen.
Ein Krieg ist aber erheblich naeher an dem Handgranate vor die Fuesse.
(Edit:In nachfolgenden "Polizei" durch "ehrbare Gruppe von Privatpersonen" ersetzen, die Polizei kann nicht kommen, da das Gericht bzw. UNO Sicherheitsrat keine Entscheidung faellen konnte.)
Wahrscheinlich waere der vergleichbarste Fall, dass mehrere bewaffnete Personen einen sehr grossen Raum besetzt haben, Geiseln genommen haben, diese Geiseln teilweise rauemlich etwas getrennt haben, in eine Gruppe, der sie feindlich gesonnen sind und eine Gruppe, der sie nicht feindlich gesonnen sind.
Die Polizei kann nur eingeschraenkt mithoeren was die Geiselnehmer besprechen, bekommt aber mit, dass sie etwas gegen die ihnen verhassten Geiseln unternehmen wollen, da sie vermuten diese haetten sich mit Messern bewaffnet und wuerden planen sich zu wehren.
Es ist aber nicht eindeutig fuer die Polizei, was die Geiselnehmer planen, es wird lediglich klar, dass die Geiselnehmer ihre Waffen entsichern wollen und die gehasste Gruppe von Geiseln in einer Ecke des Raumes isolieren und einkreisen wollen. Es ist nicht klar, ob dort noch eine Tuer zur Flucht sein wird und ob die Geiselnehmer die fuer sie gefaehrlichen Geiseln lediglich einsperren/entwaffnen/aus dem Gebaeude vertreiben oder toeten wollen.
Die Observationsmoeglichkeiten sind so eingeschraenkt, dass die Polizei nicht immer genau weis wo sich die Geiselnehmer aufhalten. Die einzige Moeglichkeit fuer die Polizei einzugreifen, ist es kleinere oder groesere Sprengsaetze mit oder ohne Splitterwirkung in den Raum zu werfen, wobei eine gewisse Kontrolle darueber besteht, wo der Sprengsatz explodiert. Desweiteren ist der Raum so gross, dass immer nud ein paar Personen von der Wirkung betroffen waeren.
Die Geiselnehmer entsichern ihre Waffen und fangen an sich in Position zu begeben.
Die Polizei kann entweder sofort anfangen Sprengsaetze zu werfen oder abwarten was passiert.
Waere es rechtens das die Polizei Sprengladungen verwendet, um die Geiselnehmer zu retten?
Also so wie ich die Sache verstehe, im bestenfall Straffrei, niemals rechtens, da garantiert unter diesen Umstaenden Unschuldige sterben, also eine Abwaegung Leben gegen Leben stattfindet.
Ich meine ausserdem, dass ein solches Handeln nicht allein schon deshalb rechtens sein kann, wenn es internationalem Recht entspricht, es kann nur dann rechtens sein, wenn es ebenfalls nach deutscher Verfassung rechtens ist.
Denn es gibt keine Rechtsvorschrift, dass internationales Recht auch dann vor deutschem gilt, wenn es gegen die deutsche Verfassung verstoesst(Wenn z.b. die UNO beschliessen wuerde, dass es rechtens ist zu foltern, um den Einsatz von Atomwaffen gegen Staedte zu verhindern, waere es nach deutschem Recht bestenfalls straffrei).
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