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Verfasst am: 13.04.06, 13:31 Titel: Aufgabe zum Fernabsatzgesetz
Ich habe hier noch eine (leichte) "Übungsaufgabe" zum Fernabsatzgesetz:
Kunde K kauft bei Verkäufer V über einen Onlineshop Ware W. Der Preis P (<40€) für W berechnet sich aus Produktpreis P1 und Versandkosten P2 . K bezahlt nun P (=P1+P2) per Vorkasse und V liefert W, allerdings ist W, anders als bestellt, bereits bei Ankunft defekt (ein Transportschaden kann ausgeschlossen werden). V will W zwar zurücknehmen, aber K nur P1 erstatten. K soll also auf den Kosten P2 (den ursprünglichen Versandkosten) und dem Portoentgeld für den Rückversand sitzenbleiben, obwohl kein Verschulden seitens K vorliegt.
Ist diese Praxis rechtmässig? Begründen sie kurz
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Ich denke nicht.
Zitat:
§ 357
Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe
(2) Der Verbraucher ist bei Ausübung des Widerrufsrechts zur Rücksendung verpflichtet, wenn die Sache durch Paket versandt werden kann. Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer. Wenn ein Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 besteht, dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht.
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Nein, ist sie -meines Erachtens- nach nicht, sofern der Artikel bereits bezahlt oder angezahlt wurde.
Ich sehe hier zwei mögliche Verfahrensweisen.
1. Rücksendung der Ware nach Ausspruch des gesetzlich verankerten Widerrufs-/Rückgaberechts (§ 355BGB/§356 BGB).
In diesem Fall hat der Verkäufer grundsätzlich die Rücksendekosten zu übernehmen, wenn er dies nicht in seinen AGB's, die dem Käufer spätestens bei Abschluß des Kaufvertrages übermittelt worden sein müssen, nicht ausgeschlossen hat.
Ein Ausschluß der Übernahme der Rücksendekosten ist vertraglich aber nur möglich, wenn der Warenwert der zurückzusendenen Ware weniger als 40 Euro beträgt. Ist der Warenwert höher, muß er die Rücksendekosten übernehmen - das Gesetz ist diesbezüglich eindeutig.
Hat der Verkäufer das gesetzlich verankerte Widerrufsrecht (§ 355 BGB) durch ein uneingeschränktes Rückgaberecht (§ 356 BGB) ersetzt, auf welches er in seinen AGB's ausdrücklich hingewiesen hat, muß er die anfallenden Rücksendekosten sogar unabhängig vom Betrag übernehmen. Ein Ausschluß der Übernahmekosten bei Kleinbeträgen ist bei einem Rückgaberecht nicht möglich.
Im Übrigen müssen bei einem ordnungsgemäß erfolgten Widerruf -nach einer Entscheidung des LG Karlsruhe vom 19.12.2005- sogar die Hinsendekosten für die Erstzusendung vom Verkäufer erstattet werden.
Die Frage der Rückerstattung der Versandkosten für die Erstzusendung ist derzeit aber noch nicht abschließend (höchstrichterlich) geklärt. Allerdings geht die Rechtsprechung immer mehr in Richtung des genannten Urteils, vor allem auch deswegen, weil immer mehr Internethändler völlig überhöhte Versandkosten ansetzen, um bei einem eventuellen Widerruf doch noch etwas zu verdienen. So ganz weltfremd ist der Gesetzgeber dann wohl doch nicht. Auch beziehen sich bereits einige Anwälte in Rechtsanwaltsforen auf dieses Urteil und verweisen darauf - die Rechtsprechung scheint sich also langsam auf diesen Sachverhalt einzupendeln.
Der Verbraucherschutzverein Nordrhrein-Westfalen, welcher dieses Urteil erstritten hat, hat auch bereits angekündigt, daß er -sofern die Gegenseite in Berufung geht- bis vor den BGH gehen wird.
2. Rücksendung der Ware unter Geltendmachung der Gewährleistungsrechte
Grundsätzlich stehen dem Käufer bei einem Sachmangel nach § 434 BGB diverse Gewährleistungsrechte zu (siehe § 437 BGB).
Alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsfall stehen, sind hierbei vom Verkäufer, sprich dem gewerbetreibenden Händler, zu tragen. Dies ergibt sich aus dem § 439 Absatz 1 BGB.
Verweigert der Verkäufer die Übernahme der angefallenen Kosten bei einer berechtigten Mängelrüge, so sollte man ihm per Einschreiben eine Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung (10 Kalendertage) zukommen lassen. Kommt er dieser nicht nach, so befindet er sich anschließend im Verzug. Und dann können diese Kosten auch über einen Mahnbescheid oder gf. unter Zuhilfenahme eines Anwalts geltend gemacht werden. Die Kosten des Mahnbescheids oder des Anwalts sind dann natürlich auch vom Verkäufer zu tragen. _________________ Obige Ausführungen stellen lediglich eine unverbindliche persönliche Meinungsäußerung meinerseits dar.
Verfasst am: 13.04.06, 19:34 Titel: Re: Aufgabe zum Fernabsatzgesetz
emjay2k hat folgendes geschrieben::
K bezahlt nun P (=P1+P2) per Vorkasse (...) V will W zwar zurücknehmen, aber K nur P1 erstatten. K soll also auf den Kosten P2 (den ursprünglichen Versandkosten) und dem Portoentgeld für den Rückversand sitzenbleiben, obwohl kein Verschulden seitens K vorliegt.
Ist diese Praxis rechtmässig?
1. Entweder kann der Käufer als Verbraucher gemäß § 355 BGB widerrufen - dann finden auf die Rücktrittsfolgen gemäß § 357 Absatz 1 Satz 1 BGB die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt Anwendung, wobei gemäß § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB die Rücksendekosten der Verkäufer zu tragen hat, und zwar wegen § 357 Absatz 2 Satz 3 BGB aufgrund der nicht vertragsgerechten Lieferung auch bei einer Widerrufs-Rücksendekosten-Abwälzungsvereinbarung.
Gemäß § 346 Absatz 1 BGB hätte der Verbraucher nach einem gesetzlichen Widerruf die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Soweit dies nach der Natur des Erlangten nicht möglich wäre, hätte er gemäß § 346 Absatz 2 Nr. 2 BGB stattdessen Wertersatz zu leisten, und zwar laut § 346 Absatz 2 Satz 3 BGB in einer Höhe, wie sie im Vertrag als Gegenleistung (für das naturgemäß nicht mehr rückgewährbare Erlangte) bestimmt war. Für eine vom Käufer erlangte Leistung "Durchführung der Versendung der Sache an einen anderen als den Erfüllungsort" müßte dieser nach einem gesetzlichen Widerruf deshalb Wertersatz leisten, und zwar in Höhe der vertraglich vereinbarten Hinversendungskosten.
Dies gilt meines Erachtens NICHT, soweit mit der Vorschrift des § 346 BGB die Vorgaben der EU-Richtlinie zum Fernabsatz umgesetzt werden sollen, d.h. NICHT bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht von Fernabsatzverträgen. Denn gemäß Artikel 6 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 97/7/EG sollen die "einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, ...die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren" sein. ( Daraus läßt sich nicht schlußfolgern, daß dem Verbraucher nach Ausübung seines Widerrufsrecht die Kosten der HINSENDUNG deswegen auferlegt werden könnten, weil sie nicht (erst) infolge der Ausübung des Widerrufsrechts entstanden wären. )
Meines Erachtens kann der Fernabsatzunternehmer nach einem Widerruf deshalb NICHT die vereinbarten Hinversand-Kosten einbehalten (bzw. den rückzuerstattenden Betrag der gesamten vom Käufer geleisteten Zahlungen um die darin enthaltenen Hinsendekosten kürzen), sondern gerechterweise nur die "objektiven" Hinsendekosten.
2. Oder der Käufer kann wegen des Sachmangels nach § 437 Nr.2 BGB gemäß § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten. Wenn er darüberhinaus auch gemäß § 437 Nr.3 BGB nach §§ 280, 281 oder 283 BGB Schadensersatz verlangen könnte, dann könnte er auch nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen, d.h. seiner nutzlos geleisteten Zahlungen für die Hinsendung verlangen. Portokosten, die der Käufer nach einem Sachmängelrücktritt für die Rücksendung aufwendet, kann er vom Verkäufer gemäß § 670 BGB bis zur Höhe des Erforderlichen erstattet verlangen, und zwar gemäß den Vorschriften §§ 677, 683 BGB zur Geschäftsführung ohne Auftrag auch dann, wenn er vom Verkäufer nicht (ausdrücklich) mit der Rücksendung beauftragt worden war, sofern nur die Durchführung der Rücksendung dem tatsächlich geäußerten Willen (ansonsten dem zu mutmaßenden Willen) des Verkäufers entsprochen hatte, oder wenigstens von ihm nachträglich genehmigt wurde.
Wenn der sachmängelhaftpflichtige Verkäufer also "Schuld" daran war, daß die gelieferte Sache nicht der bestellten entsprach (z.B. wenn die falsche/zu wenige Waren geliefert wurden) , dann könnte der Käufer nach einem Rücktritt seine urspünglichen Hinsende-Kosten als "vergebliche Aufwendungen" ersetzt verlangen. Wenn den Verkäufer am festgestellten Defekt kein Verschulden trifft, dann gibt das Gesetz dem Käufer keine Handhabe, nach einem Rücktritt die für den Hinversand vergeblich geleisteten Zahlungen zurückverlangen zu können.
Junge Junge, da muß man sich -wenige Minuten vor Mitternacht- wieder das Hirn verrenken, um sich die ganzen Verneinungsformen innerlich zu versinnbildlichen...
BuGeHof hat folgendes geschrieben::
und zwar wegen § 357 Absatz 2 Satz 3 BGB aufgrund der nicht vertragsgerechten Lieferung auch bei einer Widerrufs-Rücksendekosten-Abwälzungsvereinbarung.
Dem stimme ich zu - diesen Passus hatte ich doch glatt vergessen.
BuGeHof hat folgendes geschrieben::
Wenn er darüberhinaus auch gemäß § 437 Nr.3 BGB nach §§ 280, 281 oder 283 BGB Schadensersatz verlangen könnte, dann könnte er auch nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen, d.h. seiner nutzlos geleisteten Zahlungen für die Hinsendung verlangen.
BuGeHof hat folgendes geschrieben::
Wenn der sachmängelhaftpflichtige Verkäufer also "Schuld" daran war, daß die gelieferte Sache nicht der bestellten entsprach (z.B. wenn die falsche/zu wenige Waren geliefert wurden) , dann könnte der Käufer nach einem Rücktritt seine urspünglichen Hinsende-Kosten als "vergebliche Aufwendungen" ersetzt verlangen.
Diesen Aussagen stimme ich ebenfalls zu.
BuGeHof hat folgendes geschrieben::
Wenn den Verkäufer am festgestellten Defekt kein Verschulden trifft, dann gibt das Gesetz dem Käufer keine Handhabe, nach einem Rücktritt die für den Hinversand vergeblich geleisteten Zahlungen zurückverlangen zu können.
Das sehe ich persönlich jedoch etwas anders.
Meines Erachtens ist es egal, ob den Verkäufer an dem eigentlichen Defekt der gelieferten Ware ein Verschulden trifft oder nicht. Sobald es sich um einen berechtigten Sachmangel nach § 434 BGB handelt -und das trifft auch auf technische Defekte zu, sofern diese bei Übergabe der Ware bereits vorhanden waren bzw. nicht nachträglich durch den Käufer verursacht worden sind- hat der Käufer das Recht auf eine Nacherfüllung.
Kann oder will der Verkäufer der Nacherfüllung nicht entsprechen -aus welchen Gründen auch immer- und folgt daraufhin der Rücktritt vom Vertrag durch den Käufer, so macht sich der Verkäufer zumindest für alle Kosten, welche dem Käufer durch die Weigerung bzw. Unmöglichkeit der Nacherfüllung entstanden sind, ggf. schadensersatzpflichtig (siehe auch die Ausführungen von BugeHof drei Sätze weiter oben). Und diese Schadensersatzpflicht umfasst in einem solchen Fall meines Erachtens dann unter anderem auch die für die Erstzusendung der Ware angefallenen Versandkosten. _________________ Obige Ausführungen stellen lediglich eine unverbindliche persönliche Meinungsäußerung meinerseits dar.
Alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsfall stehen, sind hierbei vom Verkäufer, sprich dem gewerbetreibenden Händler, zu tragen. Dies ergibt sich aus dem § 439 Absatz 1 BGB.
Meines Erachtens regelt § 439 BGB die Pflichten des Verkäufers für den Fall, daß er den Kaufpreis behalten darf, weil er "nur" Leistungen zur Erfüllungen der Käuferforderungen Mängelbeseitigung oder Nachlieferung zu erbringen braucht, jedoch OHNE daß ihn Verschulden daran zu treffen bräuchte, daß die gelieferte Sache nicht der bestellten entsprochen hatte.
Deshalb kann nach einem Mängelrücktritt (etwa wegen zweimal erfolglos gebliebenem Mängelbeseitigungsversuch, oder nach nicht fristgerechter Nachlieferung) die Frage, ob die Kosten der ersten Versendung zum Käufer VERSCHULDENSUNABHÄNGIG vom Verkäufer zu tragen sein sollen, nicht durch Anwendung von § 439 BGB entschieden werden.
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