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Verfasst am: 04.08.06, 17:48 Titel: Verweis im IPR
Hallo
Kann mir jemand weiterhelfen?
Das schweizerische IPR (§ 48 IPRG) verweist auf das deutsches Recht. Wenn aber im deutschem Recht kein Rechtsintitut der "Eheschutzmaßnahme" wie im § 179 ZGB existiert, was mache ich dann? Wende ich dann doch das schweizerische Recht, § 179 ZGB an. Wenn ja, mit welcher Begründung kann man das machen? Is es überhaupt möglich?
Wenn das schweizerische IPR auf dt. Sachrecht verweist, muss der Fall doch eigentlich auch nach dt. Sachrecht gelöst werden, unabhängig davon ob es nun eine Eheschutzmaßnahme gibt oder nicht... Folglich muss man sich eine Lösung des Falles ohne schweizerische Eheschutzmaßnahme überlegen.
Anderes Bsp: Angenommen in einem Land, dessen Sachrecht anwendbar ist, gäbe es keine Haftung aus c.i.c. wie im BGB. Wenn der Kläger nun Schadensersatz aus c.i.c. verlangt, aber die c.i.c. dem anwendbaren Sachrecht nicht bekannt ist, müsste doch der Anspruch ins Leere gehen.
Einzig für den Fall, wenn die Nichtanwendung eines solchen Rechtsprinzips zu großen rechtlichen Ungleichgewichten führt, könnte man entweder darüber nachdenken, das - hier schweizerische - Rechtsprinzip über allg. Rechtsgrundsätze einzubeziehen, oder es könnte dazu kommen dass das ergangene Urteil gegen ordre public-Prinzipien verstößt.
Hi THot ,
Vielen Dank. Könntest du mir bitte dabei helfen? Wie sieht denn eine Lösung des Falles ohne schweizerische Eheschutzmaßnahme aus, wenn dieses Rechtsinstitut im deutschen Recht gar nicht gibt ? Ich weiß es leider nicht.
Sachverhalt: A (Italiener) ist mit B (Deutsche) verheiratet. Sie lebten bis vor kurzem zusammen in Deutschland, haben zwei Kinder. Dann ist A nach Schweiz umgezogen und arbeitet dort. Er möchte Eheschutzmaßnahme vor dem schweizerischen Gericht beantragen. Bei Eheschutzmaßnahme gelten die getrennt lebenden Ehepaare weiterhin als verheiratet, sind gegenseitig unterstützungspflichtig, gemeinsame Sorgerecht,... Weiteres wird in einer Trennungsvereinbarung geregelt.
So genau weiß ich es auch nicht. ich nehme an, Eheschutznahme ist quasi wie eine Einleitung zur Scheidung.
Nach IPRG des Schweizes, § 48 IPRG ist deutsches Recht auf diesem Sachverhalt, anzuwenden. Aber ich weiß nicht, ob deutsches Recht oder Schweizerisches Recht angewendet werden soll ? IPR ist ein unbekanntes Gebiet für mich. Die Bücher helfen mir auch nicht weiter
THot hatte einen guten Ansatz. Aber trotzdem komme ich nicht weiter, da ich nicht weiß, welches Rechtsinstitute im deutschem Recht die dem Eheschutzmaßnahme entspricht. Kann ich von einer Unmöglichkeit der Anwendbarkeit des deutschen Rechts ausgehen, mit der Begründung: Unmöglichkeit in rechtlicher Art, da in Deutschland der Rechtsbehelf des Eheschutzes gesetzlich gar nicht vorgesehen ist. Folglich findet wieder die Schweizerische Recht Anwendung?? Ist es denn richtig??
Im IPR funktioniert das grds. folgendermaßen:
Das IPR eines Landes verweist auf das auf einen Sachverhalt anzuwendende Recht.
Wenn das schweizerische IPR nun auf das dt. BGB als anwendbares Sachrecht verweist, ist das BGB auch anzuwenden. Dabei ist es völlig egal ob eine Partei nun eine Eheschutzmaßnahme verlangt. Wenn es diese im deutschen Recht nicht gibt, gibt es sie nicht und der Sachverhalt muss ohne die Eheschutzmaßnahme gelöst werden.
Wie Cicero schon sagte: Man muss sich eben ein Rechtsinstitut suchen, dass der Eheschutzmaßnahme ähnlich ist.
Eine Anmerkung noch:
u.U. käme noch italienisches Sachrecht als anwendbares Recht in Frage:
1. Art. 48 schweiz. IPRG verweist auf den Wohnsitz der Ehegatten.
Nach Art. 48 Nr. 2 dürfte der Sachverhalt wohl engere Verbindungen nach Deutschland aufweisen, folglich verweist das schweiz. IPR auf dt. Recht.
2. Fraglich ist, welche Art der Verweisung vorliegt: Nach Art. 13 schweiz. IPRG wird auf alle Rechtsnormen verwiesen die auf den Sachverhalt anwendbar sind. Für mich hört sich das so an, als läge eine Gesamtrechtsverweisung vor. Folglich wären zunächst die Bestimmungen des dt. EGBGB zu prüfen.
3. Nach Art. 14 I Nr. 2 EGBGB würde auf den Sachverhalt dt. BGB anwendbar sein, da die Ehegatten zur Zeit der Ehe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten und B ihn immer noch dort hat. Folglich: BGB anwendbar, Fall gelöst.
4. Stutzig macht mich Art. 14 III EGBGB. Dort werden Voraussetzungen genannt, unter denen noch anderes Sachrecht anwendbar sein könnte.
a) Voraussetzungen des Art. 14 I Nr. 1 EGBGB liegen nicht vor: hier (+), da A Italiener und B Deutsche
b) Abs. 3 Nr. 1: (-)
c) Abs. 3 Nr. 2: M.E. einschlägig. Die Ehegatten müssten sich also einigen ob dt. BGB oder ital. codice civile Anwendung findet.
Würde ital. Recht zur Anwendung kommen, läge jedoch nicht, wie oben eine Gesamtrechtsverweisung vor, sondern eine Sachnormverweisung (Art. 3 I EGBGB).
Ob es im ital. Recht eine Eheschutzmaßnahme gibt weiß ich nicht
Ich habe mich noch nie ausführlich mit schweizerischem IPR beschäftigt, aber ich habe angenommen, da Art. 48 IPRG eine Norm ist die auf eine andere Rechtsordnung verweist, dass die allg. Verweisungsregeln Anwendung finden.
Und wenn Art. 14 IPRG eine Gesamtrechtsverweisung vorsieht, ist diese Art der Verweisung auch für Art. 48 IPRG anwendbar.
Ich frage mich allerdings wo der renvoi ist? Handelt es sich bei einem renvoi nicht um eine Rückverweisung (d.h. das IPRG verweist z.B. auf dt. Recht und das dt. IPR verweist dann wieder auf schweizerisches Recht)?
Oder habe ich die Frage nun völlig falsch verstanden?
Ich frage mich allerdings wo der renvoi ist? Handelt es sich bei einem renvoi nicht um eine Rückverweisung
'Renvoi' steht sowohl für Rückverweisung als auch für Weiterverweisung. Und unter 4. haben Sie ja eine mögliche Weiterverweisung diskutiert. Nur darauf bezog sich meine Frage.
THot, du hast dir aber richtig Mühe gegeben. Vielen Dank!!!!! Es hat mir viel weitergeholfen . Dennoch habe ich zwei Fragen:
1. Wenn ich Art. 14 I Nr.2 EGBGB bejahe, muss ich doch nicht mehr den § 14 III EGBGB erwähnen bzw. prüfen oder?
2. Wie kann ich den Sachverhalt ohne die Eheschutzmaßnahme im deutschen Recht lösen? Ich weiß wirklich nicht, wie es geht? Kannst du mir ein Tipp geben? Welche Normen im deutschen Recht entspricht die der Eheschutzmaßnahme?
Das schweiz. IPR verweist in Art. 48 tatsächlich - aber nur im Grundsatz - auf das deutsche Recht. Selbstverständlich ist das nur zu beachten, wenn ein Schweizer Richter angerufen wird. Sollte nun das EGBGB wieder auf das schweizerische Recht verweisen (Renvoi), so wäre dies nach Art. 14 IPRG nicht zu beachten. Anwendbar ist somit grundsätzlich deutsches Recht.
Was die Eheschutzmassnahmen (vulgär auch Eheschmutz genannt) anbelangt, so handelt es sich im Durchschnitt ganz einfach um die Regelung des Getrenntlebens, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem das Scheidungsverfahren (noch) nicht eingeleitet ist. Meines Erachtens entspricht das schweizerische Eheschutzrecht den §§ 1361 ff. BGB. Der schweizerische Richter muss somit diese Bestimmungen anwenden.
Zu beachten ist ferner, dass die obige Auskunft in technischer Hinsicht nicht ganz korrekt ist. Geht es nämlich um Unterhaltspflichten, so verweist das IPRG der Schweiz auf das Haager Übereinkommen 1973. Danach (Art. 4) ist das Recht am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten anwendbar. Dies wäre wohl wiederum deutsches Recht.
Du scheinst ja fit in IPR CHE zu sein. Ich habe noch eine kleine Frage. Wenn für Unterhaltsfragen deutsches Recht zur Anwendung kommt, kann trotzdem das schweizerische Gericht darüber entscheiden? Oder darf nur das deutsches Gericht über die Unterhaltsregelung entscheiden?
Der Schweizer Richter kann nicht nur sondern muss deutsches Recht anwenden, wenn er angerufen wird. Dazu verpflichtet ihn das IPRG (mit seinen Verweisen auf Staatsverträge). Wie gut er dies kann, ist eine andere Frage. Jedenfalls kann er die Parteien dazu anhalten, ihm bei der Feststellung des ausländischen Rechtes behilflich zu sein (Art. 16 IPRG). Bei Streitfällen mit hohem Streitwert, also selten in Eheschutzfällen, reichen die Parteien häufig Gutachten ausländischer Professoren oder Richter ein, die sich zu bestimmten Rechtsfragen äussern. Entscheiden muss aber der Schweizer Richter.
Ein deutsches Gericht kann den Fall nur dann beurteilen, wenn es angerufen wird. Ich vermute, dass es im geschilderten Fall auch möglich wäre, ein deutsches Gericht zu beschäftigen. Ich würde dies eigentlich auch empfehlen. Immerhin scheinen Gattin und Kinder in Deutschland zu wohnen. Ein deutscher Richter wird deren Bedarf wohl besser einschätzen können als ein Schweizer Richter. Zudem kennt er das deutsche Recht besser.
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