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Verfasst am: 06.11.06, 17:25 Titel: OHG - 1 Gesellschafter nimmt eigenmächtig Kredit auf
Ein Getränkehandel wird als OHG mit 2 gleichberechtigten Gesellschaftern betrieben. Gesellschafter A schließt ohne Wissen von Gesellschafter B einen in seinen Augen sehr günstigen Kreditvertrag ab und nimmt ein Darlehen über eine hohe Summe auf. Später fällt A auf, dass die Kreditbedingungen wohl doch nicht so günstig wie zuerst angenommen sind und er möchte den Vertrag rückgängig machen. Wäre der Vertrag überhaupt rechtskräftig gewesen, da er ja nur von A ohne Zustimmung von B abgeschlossen wurde?
Wenn im Gesellschaftsvertrag nicht vom gesetzlichen Regelfall der Einzelvertretung abgewichen wurde, ist der Vertrag wirksam. (Den § bitte selbst im HGB nachschlagen, bin zu faul.)
Ja, gut. Im Außenverhältnis wäre der Vertrag rechtswirksam zustande gekommen, wenn eine Einzelvertretungsbefugnis vorgelegen hat. Das ist die Antwort auf die Frage, ganz klar. Aber man sollte sich doch mal bewußt werden über die gesamten rechtlichen Konsequenzen und das Blickfeld etwas erweitern. Es handelt sich hier doch um einen Getränkehandel. Und für einen Getränkehandel ist der Abschluß eines Darlehensvertrages ein Geschäft, das über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dieses Getränkehandels hinausgeht (das ist schon ein Klassiker - der Fall stammt bestimmt nicht aus dem wahren Leben, sondern aus der Uni). Der handelnde Gesellschafter hat seine Geschäftsführungsbefugnis also überschritten und ist der OHG gegenüber schadensersatzpflichtig.
Wäre der Vertrag überhaupt rechtskräftig gewesen, da er ja nur von A ohne Zustimmung von B abgeschlossen wurde?
Gefragt war nach der Wirksamkeit nach außen.
2. Zum Schadensersatz: Ich sehe keinen Grund, warum die Aufnahme eines Darlehns nicht zum normalen Betrieb eines Getränkehandels gehören sollte. Diese Frage müßte man im Einzelfall prüfen.
Hallo "Schmunzelhase", richtig, der Fall stammt aus einer Prüfung. Ich dachte mir auch, dass die Gesellschafter zwar im Normalfall Einzelvertretungsbefugnis haben, da aber ausdrücklich erwähnt wurde, dass es sich a) um einen Getränkehandel und b) um eine "hohe Summe" handelt, bin ich auch auf den Paragraphen gestoßen, der für Geschäfte, die über den [u]gewöhnlichen[/u] Geschäftsbetrieb hinausgehen, die Zustimmung aller Gesellschafter erfordert. Dann bin ich jetzt etwas zuversichtlicher, was meine Prüfungsergebnisse angeht :)
Dann bin ich jetzt etwas zuversichtlicher, was meine Prüfungsergebnisse angeht
Dazu besteht kein Anlaß, wenn Du unter Verweis auf § 116 HGB die Wirksamkeit des Vertrages nach außen verneint hast. § 116 HGB regelt ausdrücklich die Geschäftsführungsbefugnis. Diese muß von der Vertretung nach außen getrennt betrachtet werden.
Zitat aus dem Kommentar zum HGB von Ebenroth/Boujong/Joost:
"§ 116 enthält eine Kompetenzregelung zwischen den geschäftsführenden und den anderen Gesellschaftern. Angesichts der unbeschränkten Haftung der Gesellschafter nach § 128 begrenzt § 116 die Geschäftsführungsbefugnis. Die nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschafter sollen an allen Entscheidungen beteiligt werden, die wegen ihrer Art oder ihres Umfangs von besonderer haftungsrechtlicher Bedeutung sind.1 Im Gegensatz zu der begrenzten Geschäftsführungsbefugnis steht die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsbefugnis. Auch unter Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis vorgenommene Geschäfte sind daher - bis zur Grenze des Mißbrauchs der Vertretungsmacht2 - wirksam."
Das hat niemand bestritten. Und Deinen Ausführungen zur Wirksamkeit im Außenverhältnis stimme ich voll zu. Allerdings sind wir hier nicht in der Uni. Während die Fallfrage lediglich auf einen bestimmten Regelungsbereich fokusiert gewesen ist, wollte ich das Blickfeld für die übrige rechtliche Beurteilung erweitern. Dieses Recht nehme ich mir hier einfach mal heraus, gerade weil wir hier nicht in der Uni sind. Ein wenig die (juristische) Weitsicht anregen, kann so schädlich nicht sein.
Zitat:
Zum Schadensersatz: Ich sehe keinen Grund, warum die Aufnahme eines Darlehns nicht zum normalen Betrieb eines Getränkehandels gehören sollte. Diese Frage müßte man im Einzelfall prüfen.
Ebenroth/Boujong/Joost kann ich genauso gut zitieren. Darin heißt es zu § 116 HGB in Bezug auf ungewöhnliche Geschäfte:
Ungewöhnlich sind Geschäfte, die nach Inhalt, Zweck und Umfang oder nach ihrer Bedeutung und den mit ihnen verbundenen Gefahren über den gewöhnlichen Rahmen des bisherigen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft hinausgehen und damit Ausnahmecharakter besitzen.
Gegenstand eines Getränkehandels ist der An- und Verkauf von Getränken. Die Aufnahme eines Darlehens fällt soweit aus dem Rahmen des Geschäftsgegenstandes, daß sie Ausnahmecharakter besitzt und damit ein ungewöhnliches Geschäft ist. Mit der zusätzlichen Information, daß es sich um eine "hohe Summe" handelt, dürfte die Außergewöhnlichkeit nicht mehr ernsthaft angezweifelt werden können.
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