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Verfasst am: 13.01.05, 13:33 Titel: Antragsberechtigung von Abgeordneten..
Hallo!
Ich sitze grad an meiner 1. Hausarbeit und stolpere über eine Frage: Welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten hat ein Abgeordneter um ein Gesetz zu kippen?? Ist er antragsberechtigt bzgl einer Verfassungsbeschwerde??
Hoffe mir kann jemand helfen!
LG, Jenny
Anmeldungsdatum: 13.09.2004 Beiträge: 379 Wohnort: Frankfurt am Main
Verfasst am: 13.01.05, 15:47 Titel: Re: Antragsberechtigung von Abgeordneten..
Jenny20 hat folgendes geschrieben::
Hallo!
Ich sitze grad an meiner 1. Hausarbeit und stolpere über eine Frage: Welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten hat ein Abgeordneter um ein Gesetz zu kippen?? Ist er antragsberechtigt bzgl einer Verfassungsbeschwerde??
Hoffe mir kann jemand helfen!
LG, Jenny
Ist da, Jenny,
nicht die Terminologie durcheinandergeraten?
Für die Verfassungsbeschwerde ist es gleichgültig, ob der Beschwerdeführer Abgeordneter ist oder nicht, solange er die Verletzung eines ihm zustehenden Grundrechts geltend machen kann.
Ist hier nicht etwa von der Organklage die Rede, die sich aber nicht gegen ein Gesetz richtet?
Dazu das Aufbauschema etwa wie folgt:
Art. 93 I Nr. 1 GG – § 13 Nr. 5 BVerfGG – §§ 63 ff. BVerfGG
A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit: Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG; verfassungsrechtliche Streitigkeit
II. Ordnungsgemäßer Antrag, §§ 23 I, 64 II BVerfGG (nur bei Anlass prüfen)
III. Beteiligtenfähigkeit, § 63 BVerfGG, von Antragsteller und Antragsgegner
- entweder: BPräs; BTag; BRat; BReg
- oder: Teile dieser Organe, die entweder im GG oder durch die GeschO des BTags oder
- des BRates mit eigenen Rechten ausgestattet sind (z.B. Abgeordnete, Fraktionen, Ausschüsse, Organpräsidenten, BKanzler, BMinister).
PROBLEM: Parteien = kein Teil des BTages, aber am Verfassungsleben Beteiligte i.S.d. Art. 93 I Nr. 1 GG
IV. Antragsbefugnis, § 64 I BVerfGG
Antragsteller muss geltend machen (Möglichkeitstheorie), dass
- er selbst oder
- das Organ, dem er angehört (Prozessstandschaft; auch gegen den Willen des Organs),
- durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners
- in Rechten/Pflichten (i.S.v. Kompetenzen) verletzt oder unmittelbar gefährdet wird.
Erforderlich, dass Maßnahme rechtserheblich ist ([–] z.B. bei bloßer Rüge des BTagPräs).
- Die geltend gemachten Rechte müssen aus dem GG stammen!
(Also immer einen Artikel zitieren; ggf. schon hier Auslegung betreiben.)
-> Rechte aus einer GeschO oder einfachgesetzlichen Regelungen reichen nicht.
V. Frist, § 64 III BVerfGG: 6 Monate
B. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn
- die gerügte Maßnahme oder Unterlassung gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt und
- den Antragsteller tatsächlich in seinen Rechten verletzt.
C. Tenor
Das BVerfG stellt nur fest, dass die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung des GG (i.S.v. VerfassungsR) verstößt, § 67 S. 1 BVerfGG, (= Feststellungstenor).
Oder geht es etwa um eine Abstrakte Normenkontrolle vor dem BVerfG? Siehe dazu §§ 93, 76 BVerfGG
Zitat:
§l 93
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages;
2a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;
3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.
§ 76
(1) Der Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn einer der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht
1. wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht für nichtig hält oder
2. für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewendet hat.
(2) Der Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn der Antragsteller ein Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält; der Antrag kann auch darauf gestützt werden, daß der Antragsteller das Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 75 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält.
Oder lautet die Frage tatsächlich: Was kann ein Abgeordneter (welcher denn: BT oder LTag?) gegen ein Gesetz unternehmen (welches denn: Landes- oder Bundesrecht)?
Anmeldungsdatum: 13.09.2004 Beiträge: 379 Wohnort: Frankfurt am Main
Verfasst am: 13.01.05, 22:18 Titel:
Dux hat folgendes geschrieben::
Verkaufen Sie auch Skripten, Herr Hofferbert? :lol:
Nein, weder Skripte noch Skripten - was letzteres auch immer sein mag.
Aber ich finde es nicht nur für die Fragestellerin, sondern auch für die mitlesenden User, die nicht Juristen sind, gut, an solchen Beispielen zu sehen umd vielleicht zu verstehen, wie juristische Arbeit erfolgt und was Subsumtion ist.
Erst einmal vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort! Ich werde mal versuchen den Inhalt der Fragestellung kurz zu umreißen..
Eine Fraktion will sich über die Einstellung des Volkes bzgl. eines von ihr vorgeschlagenen Gesetztes klar werden und legt deshalb einen Gesetzesentwurf für eine konsultative Volksbefragung vor. Der BT beschließt das Gesetz, der BR jedoch verweigert die Zustimmung ABER: kein Vermittlungsverfahren nach Art. 77 II GG. -> 4 Wochen später: Gesetz wird vom Bundeskanzler gegengezeichnet usw...
A (Mitglied der besagten Fraktion) ist der Meinung, das Gesetz sei verfassungswidrig -> tritt aus der Fraktion aus u. bleibt fraktionslos. Daraufhin verliert er seinen ordentlichen Ausschusssitz u. wird beratendes Ausschussmitglied.
Es soll ein Gutachten erstellt werden zu den Fragen:
1. Steht das Gesetz zur Durchführung einer Volksbefragung mit dem GG in Einklang?
2. Welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten stehen A als Abgeordnetem zur Verfügung, um das Gesetz zu "kippen"?
3. Ist es verfassungswidrig, dass A seinen ordentlichen Ausschusssitz und damit sein Stimmrecht verloren hat?
Das ist also der genaue Inhalt. Mein Hauptproblem liegt, wie bereits erwähnt, in der Beantwortung der 2. Frage, bzw fällt es hier sehr schwer eine Gliederung zu verfassen...
Anmeldungsdatum: 13.09.2004 Beiträge: 379 Wohnort: Frankfurt am Main
Verfasst am: 17.01.05, 13:55 Titel:
Jenny20 hat folgendes geschrieben::
Erst einmal vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort! Ich werde mal versuchen den Inhalt der Fragestellung kurz zu umreißen..
Eine Fraktion will sich über die Einstellung des Volkes bzgl. eines von ihr vorgeschlagenen Gesetztes klar werden und legt deshalb einen Gesetzesentwurf für eine konsultative Volksbefragung vor. Der BT beschließt das Gesetz, der BR jedoch verweigert die Zustimmung ABER: kein Vermittlungsverfahren nach Art. 77 II GG. -> 4 Wochen später: Gesetz wird vom Bundeskanzler gegengezeichnet usw...
A (Mitglied der besagten Fraktion) ist der Meinung, das Gesetz sei verfassungswidrig -> tritt aus der Fraktion aus u. bleibt fraktionslos. Daraufhin verliert er seinen ordentlichen Ausschusssitz u. wird beratendes Ausschussmitglied.
Es soll ein Gutachten erstellt werden zu den Fragen:
1. Steht das Gesetz zur Durchführung einer Volksbefragung mit dem GG in Einklang?
2. Welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten stehen A als Abgeordnetem zur Verfügung, um das Gesetz zu "kippen"?
3. Ist es verfassungswidrig, dass A seinen ordentlichen Ausschusssitz und damit sein Stimmrecht verloren hat?
Das ist also der genaue Inhalt. Mein Hauptproblem liegt, wie bereits erwähnt, in der Beantwortung der 2. Frage, bzw fällt es hier sehr schwer eine Gliederung zu verfassen...
Schon jetzt vielen Dank für Ihre Antwort!
LG, Jenny
Könnte es sein, Jenny,
dass die Aufgabe darauf zielt, die Begrenzung des verfassungsprozessualen Wegest zu erkennen - jedenfalls soweit es darum geht, mit der Rechtsmacht eines Abgeordneten das Gesetz "zu kippen"? Umgekehrt formuliert: Die Begrenzung der Funktion des einzelnen Abgeordneten darzustellen?
Davon zu unterscheiden ist die Möglichkeit eines Bürgers, mittels einer Verfassungsbeschwerde auch denn gegen ein Gesetz vorzugehen, wenn er gleichzeitig Abgeordneter ist! (Vergl. etwa das Urteil des Ersten Senats des BVerfG vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98 -/ - 1 BvR 1084/99 -, mit dem die Bürger Gerhart Baum, Burkhard Hirsch und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die auch Abgeordnete sind oder waren, ein Gesetz zum "großen Lauschangriff" per Verfassungsbeschwerde - jedenfalls teilweise - zu Fall gebracht haben.)
Dann würde sich anbieten, den Aufbau zunächst an § 93 BVerfGG zu orientieren, nämlich der Frage, welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten stellt das Gesetz zur Verfügung? Dafür spricht, dass die materiellen verfassungsrechtlichen Fragen ja ohnehin unter Ziff. 1 abzuklären sind. Die Prüfung der Verfassungsbeschwerde schiede dann aus, wenn man die Fragestellung wörtlich nimmt: Was kann der Abgeordnete ....
Versteht man ihn als Person, dann wäre im Rahmen der Verassungsbeschwerde die Antragsbefugnis und die Frage der Subsidiarität zu prüfen; im übrigen könnte auf die Ausführungen unter Ziff. 1. verwiesen werden.
Anmeldungsdatum: 26.11.2004 Beiträge: 182 Wohnort: NRW, Deutschland und die Welt
Verfasst am: 19.01.05, 18:10 Titel:
Zitat:
Eine Fraktion will sich über die Einstellung des Volkes bzgl. eines von ihr vorgeschlagenen Gesetztes klar werden und legt deshalb einen Gesetzesentwurf für eine konsultative Volksbefragung vor. Der BT beschließt das Gesetz, der BR jedoch verweigert die Zustimmung ABER: kein Vermittlungsverfahren nach Art. 77 II GG. -> 4 Wochen später: Gesetz wird vom Bundeskanzler gegengezeichnet usw...
Hallo,
zunächst einige Worte vorweg. Ich bin nur ein zufälliger Leser dieses Forums und habe von der Juristerei wahrlich keine Ahnung.
Beim Lesen des Textes ist mir allerdings eine Ungereimtheit aufgefallen, hinter der sich natürlich auch ein Schreibfehler verbergen kann.
Gesetze werden doch vom Bundespräsidenten und nicht vom Bundeskanzler gegengezeichnet (Art. 82 GG) .
MfG. _________________ Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.
Anmeldungsdatum: 01.12.2004 Beiträge: 257 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 28.01.05, 12:44 Titel:
...aber der Bundeskanzler und der zuständige Ressortminister zeichnen die Gesetze gegen, bevor sie der Bundespräsident gem Art 82 ausfertigt.
Und ansonsten geht es hier wohl, wie angemerkt, um die Rechtstellung der Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren und ihre Stellung im Gefüge der Verfassungsorgane.
Neben den genannten Prüfpunkten finde ich es außerdem gerechtfertigt, etwaige Verfahrensfehler (77) abzuprüfen (da hat der Abgeordnete nämlich eigene Rechte als Teil des Bundestags) und auch den Bundespräsidenten zu rügen (mit der Folge, dessen formelles und materielles Prüfungsrecht durchzuhecheln), nicht zuletzt wegen möglicherweise fehlender Bundeskompetenz (allgemeine konsultative Volksbefragung versus Demokratieprinzip und dessen Ausprägung in der Verfassung). Da gibt es sicher jede Menge Stoff zu .
fontane
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