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Verfasst am: 24.08.08, 11:46 Titel: Re: Ruf nach Streetworker wird laut
Hi
Zitat:
Was machen Polizei und Ordnungsamt falsch?
Wer sagt denn, dass die etwas falsch machen. Die Aufgaben von Streetworkern sind ja völlig andere als diejenigen der Polizei und Ordnungsbehörden.
Letztere greifen erst ein, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, während Streetworker viel früher eingreifen und versuchen, die Jugendlichen abzufangen, bevor sie überhaupt kriminell werden. Das eine ist Polizeirecht, das andere ist - so könnte man sagen - Sozialarbeit.
Zitat:
[*]Was können Streetworker(Sozialarbeiter) besser als unsere Ordnungshüter?
Die Frage stellt sich garnicht, weil sie völlig unterschiedliche Aufghaben haben. Die Ordnungshüter gehen ja nicht zu den Jugendlichen und versuchen, denen in ihrem Alltag und bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen. Das ist nunmal nicht ihre Aufgabe (und dazu sind sie ja auch garnicht ausgebildet).
Zitat:
[*]Streetworker sollen Jugendliche von der Straße holen - aber wohin sollen sie die Jugendlichen bringen?[/list]Fragen über Fragen - Wie ist eure Meinung dazu?
Lol! "Von der Straße holen" ist Synonym für "in ordentliche Bahnen lenken". Wen sie von der Straße sind, bdeutet das nur, dass sie in ein Zuhause eingebettet sind, ein normales Leben führen und nicht Gefahr laufen, straffällig zu werden.
Ich war selbst eine Zeit lang Leiter eines Ordnungsamtes und da haben wir mit den Streetworkern sehr gut zusammen gearbeitet. Wenn den Ordnungsbehörden Problemjugendliche auffallen, dann setzen sie sich mit den Streetworkern in Verbindung und letztere versuchen, im Vorfeld einzugreifen. Umgekehrt geben die Streetworker auch wichtige Informationen (aber nicht zu vergleichen mit einem V-Mann, da Vertrauen ja das Hauptstichwort für deren Arbeit ist), sie zeigen vielmehr auf, wo stadtpolitische Misstände sind, so dass sich deren Informationen mehr an die Stadt und die Stadtführung selbst als an die Ordnungsbehörden richten.
Bei uns ist gerade letzte Woche eine Gruppe Streetworker in Dienst gestellt worden.
Ich halte das auch für unbedingt nötig, denn die Fähigkeiten der 'Sesselfurzer' in ihren Büros lassen doch oft zu wünschen übrig (und gerade bei Kindern sind die außerdem manchmal sehr bequem).
Es gibt Sachen, die muss man gesehen haben, sonst kann man nicht urteilen. Man muss an einem verschwiegenen Gebüsch am Straßenrand, an dem die Junkies sich ihre Schüsse setzen, die vollgeschissene und weggeworfene Hose gerochen haben, um zu wissen, was Drogensucht ist. Man muss in einem Übergangshaus gewesen sein, die zerbrochenen Scheiben, das eingetrocknete Blut an den Wänden, die Wohnungen mit den Matrazenlagern und dazwischen vor sich hin schimmelnden Hausmüll gesehen haben, den Geruch von Schweiß, Urin, abgestandenem Bier und verrottendem Abfall in der Nase gehabt haben, um zu wissen, was Elend ist. Dabei gehockt sein, wenn in solch einer Wohnung vier, fünf Leute zusammen kiffen, die primitive, selbstgebaute Wasserpfeife und die Briefwage, Brett und scharfes Messer auf dem Tisch. Ein Sozialarbeiter oder - therapeut, der das nicht kennt, hat doch gar keine Ahnung, wovon seine Klientel überhaupt redet. Und wer nicht weiß, wovon einer redet, der kann auch nicht beeinflussen und helfen. _________________ Grüße,
Abrazo
ich stimme Dir völlig zu, finde lediglich den Satz
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Ich halte das auch für unbedingt nötig, denn die Fähigkeiten der 'Sesselfurzer' in ihren Büros lassen doch oft zu wünschen übrig
aber unangebracht. Ich weiß jetzt nicht, wen genau Du mit "Sesselfurzern im Büro" meinst, aber diese sind weder dazu ausgebildet, noch ist es deren Aufgabe, diese Art der Tätigkeiten zu machen. Insofern sollte man hier fair sein und jeden nach dem Beurteilen, was seine Aufgabe ist.
Dea, ich habe mich in der Vergangenheit einfach zu oft und zu viel über die Theoretiker in den warmen Büros ärgern müssen.
Einer derer, um die ich mich früher mal gekümmert hatte, ist mir deswegen sogar hopps gegangen. Die 'klugen', ausgebildeten Therapeuten waren nämlich der Ansicht, Abrazo sei dämlich, rege sich unnötig auf und habe von der Materie keine Ahnung: der Kanditat sei mitnichten suizidgefährdet, dem ginge es nur noch nicht dreckig genug, als dass er sich helfen ließe.
Die beste Hilfe sei, ihn aus der Klinik zu entlassen.
Eine Woche später war er tot. Selbstmord.
Mein Grimm kommt nicht von ungefähr.
Übrigens, ich weiß vom eigenen Hören und Sehen, dass ich nicht der einzige Grimmbold war. Eine Menge Polizisten, die man so 'am Wegesrand' trifft, fluchten genau so - die haben nämlich auch unmittelbar vor Augen, wie es am Rande unserer Gesellschaft tatsächlich aussieht. Die wissen nämlich auch, wie es da riecht, wo das Elend sich aufhält. _________________ Grüße,
Abrazo
Es ist die Aufgabe der Polizei - wenn nichts anderes mehr geht.
Wenn aber anderes geht, so ist es Aufgabe desjenigen, der es kann.
Man nennt das u.a. auch Schadensvermeidung.
Etwas, was die Polizei selbst übrigens auch betreibt: sie nennt das Deeskalation.
Und die meisten Prügeleien werden von den Freunden und Bekannten derjenigen verhindert, die sich gerne prügeln möchten.
Wenn anderes geht, so ist es auch Aufgabe der Gesellschaft, dieses andere zu tun.
Sich einfach nur auf die angebliche Allzuständigkeit der Polizei zu verlassen, ist etwas, was ich nicht für richtig halte; die Polizei übrigens auch nicht.
Und letztlich auch der Gesetzgeber nicht. Denn es gibt da manchmal so gewisse Dinge, die strafmildernd wirken oder denjenigen an den Kanthaken ziehen, der - angeblich - mit der Prügelei gar nichts zu tun hat.
Schlussendlich ist es auch eine Frage des persönlichen Gewissens. Ich selbst z.B. lasse keine Prügelei aufkommen und berufe mich dann darauf, wat han isch damit ze donn, soll das doch die Polizei machen, wenn ich die Lage so einschätze, dass ich die Prügelei verhindern kann. _________________ Grüße,
Abrazo
Ich halte Streetworker für eine gute Unterstützung/Ergänzung bestehender Strukturen. Der gewaltige Unterschied, der sich durch das Arbeitsfeld ergibt, ist der in meinen Augen bessere Zugang und eine Art Vertrauensverhältnis zu Gruppen, zu denen man ansonsten - wenn überhaupt - nur unzureichend Zugang erhält.
Gerade Jugendliche, die auf der Straße leben, oder Suchtkranke in diesem Bereich haben eine extrem hohe Hemmschwelle im Umgang mit Behörden, und der "normale" Sozialarbeiter ist auch mit diesem Problem behaftet.
Ein Streetworker ist mit Sicherheit kein Allheilmittel, aber eine notwendige Ergänzung.
Dabei wird es nie Aufgabe eines Streetworkers sein, Ordnungsbehörde oder Polizei zu spielen, aber er kann vielleicht steuern, dass es nicht so weit kommt.
Wenn ich allerdings den Zeitungsartikel so sehe, ist manches Mal ein Ruf nach einem Streetworker wohl auch das Zeichen einer gewissen Hilflosigkeit...
Auf dem Parkplatz war es in der jüngsten Vergangenheit wiederholt zu handgreiflichen Auseinandersetzungen gekommen.
Wessen Aufgabe ist es denn für "Sicherheit und Ordnung" zu sorgen?
Also den Einwand verstehe ich jetzt vor dem Hintergrund des Themas nicht.
Es ist doch offensichtlich, dass im Falle einer Schlägerei die Gefahrenabwehrbehörden zuständig sind.
Genauso offensichtlich ist es jedoch zugleich, dass der Ruf nach den Streewtorkern nicht deshalb ergeht, damit diese effektiver die Schlägerei beenden, sondern damit sie im Vorfeld daran arbeiten, dass es zu diesen erst garnicht kommt.
Konnte man das jetzt irgendwie anders verstehen (weshalb ich auch das ganze Thema eigentlich nicht nachvollziehen kann)?
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