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der Beitrag von Carn hat bei mir die Frage aufgeworfen, weshalb Herr L. nicht einfach die Grundgesetzwidrigkeit großer Vermögen vom Bundesverfassungsgericht feststellen lässt, anstatt nur darüber zu reden.
Könnte er oder auch irgendein anderer Bürger dieses Landes überhaupt in dieser Angelegenheit bis zum BVerfG vordringen?
der Beitrag von Carn hat bei mir die Frage aufgeworfen, weshalb Herr L. nicht einfach die Grundgesetzwidrigkeit großer Vermögen vom Bundesverfassungsgericht feststellen lässt, anstatt nur darüber zu reden.
Könnte er oder auch irgendein anderer Bürger dieses Landes überhaupt in dieser Angelegenheit bis zum BVerfG vordringen?
Hi,
also ich äußer mich hier mal ausschließlich verfahrensrechtlich.
Eine solche Möglichkeit besteht nicht, da es hierfür kein Verfahren gibt. Diese sind, mit wenigen aber nicht einschlägigen Ausanehmen, in Art. 93 Abs. 1 GG aufgeführt. Herr L. hätte insoweit lediglich die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. Hierfür müsste er sich aber gegen einen Akt einer der 3 Gewalten wenden und zugleich die Verletzung eines eigenen Grundrechts durch diese geltend machen.
Dass jemand anderes ein großes Vermögen hat, ist aber kein staatlicher Akt, so dass bereits aus diesem Grunde eine Verfassungsbeschwerde ausscheidet.
Natürlich könnte man sich auch abstrakt dagegen wenden, dass Menschen überhaupt große Vermögen anhäufen dürfen. Problematisch ist nur, dass das generell ersteinmal von Art. 14 GG gedeckt ist. Diese Norm ist aber selbst Verfassungrecht und somit per se nicht verfassungswidrig (auf die dogmatischen Theorien des verfassungswidrigen Verfassungsrechts gehe ich jetzt mal nicht ein, da das zu weit führen und hier auch nicht wirklich weiterhelfen würde).
So man sich gegen die einfachen Gesetze wendet, die große Vermögen und somit Art. 14 GG nicht einschränken, könnte man theoretisch ein gesetzgeberisches Unterlassen rügen (so man der Ansicht ist, der Gesetzgeber wäre von Verfassungs wegen zu soetwas verpflichtet). Hier hätte L aber bereits keine Antragsbefugnis, da das ein abstraktes Normenkontrollverfahren wäre (sog. negative Normenkontrolle iSd. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG).
Aber selbst wenn er das könnte, müsste er erstmal ein eigenes Grundrecht geltend machen, dass dadurch verletzt ist, dass andere große Vermögen haben. Hier könnte man theoretisch auch Art. 14 GG anführen, aber der schützt eigentlich nur dass, was man hat, nicht das, was man nicht bekommt.
Letztlich müsste man sich also gegen die Prinzipen der Wirtschaftsverfassung wenden, das ist aber wiederum kein Grundrecht.
Und schließlich bliebe noch immer das Problem, dass man ja vor dem BVerfG festgestellt haben möchte, dass der Gesetzgeber es "unterlässt", bestimmte Regelungen zu treffen, die das Vermögen anderer einschränken. Hier haben wir wieder das Grundproblem, dass Grundrechte, die L ja einzig vor dem BVerfG geltend machen kann, nur Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe sind, aber keine Leistungsrechte, die von diesem etwas fordern können (auch hier gibt es Ausnahmen, aber dann wirds richtig kompliziert).
In der Quintessenz lese ich daraus, dass Herr L. nicht klagebefugt ist, solange durch das Unterlassen/Duldung der Regierung keines seiner Grundrechte eingeschränkt wird.
Falls ich das richtig verstanden habe, möchte ich den Faden noch etwas weiter spinnen und annehmen, dass die großen Vermögen tatsächlich grundgesetzwidrig sind. Dies können sie doch aber nur dann sein, wenn durch das Vermögen bzw. dessen Nichtabschöpfung irgendwelche Grundrechte Dritter eingeschränkt werden.
Insofern müsste doch einer dieser Dritten die Verfassungsmäßigkeit oder -widrigkeit großer Vermögen feststellen lassen können.
Könnte dies beispielsweise ein Familienvater sein, der den Standpunkt vertritt, der Staat würde die Familie nicht ausreichend schützen, da es zu wenig Kindergeld, Kindergartenplätze oder ähnliches gibt?
der Ruf nach der Verstaatlichung der Schlüsselindustrie ist ja nicht neu. Allerdings wäre m.E. nicht das VerfG das Organ, das dieses vorantreiben könnte.
Hier bleibt eigentlich nur der Weg über die Wahlen zum Bundestag andere Mehrheiten zu schaffen, um bestimmte politische Ziele durchzusetzen.
Die Enteignung (gegen Entschädigung) wäre aber m.E. verfassungsrechtlich möglich.
Dipl. Soz hat ja schon das entscheidendes gesagt. Hinzu noch:
Zitat:
In der Quintessenz lese ich daraus, dass Herr L. nicht klagebefugt ist, solange durch das Unterlassen/Duldung der Regierung keines seiner Grundrechte eingeschränkt wird.
Nicht nur deswegen, sondern auch, weil das Dulden/Unterlassen sich auf die Gesetzeslage bezieht und diese in anderen Verfahren überprüft wird (das ist jetzt mal etwas grob formuliert).
Zitat:
Falls ich das richtig verstanden habe, möchte ich den Faden noch etwas weiter spinnen und annehmen, dass die großen Vermögen tatsächlich grundgesetzwidrig sind.
Tja, der Diskussion hilft es aber nur weiter, wenn auch gesagt wird, weshalb sie "grundgesetzwidrig" wären, gegen welche Artikel sie verstoßen. Denn nur hierüber kann auch geklärt werden, wie es verfahrenstechnisch weiter geht.
Zitat:
Dies können sie doch aber nur dann sein, wenn durch das Vermögen bzw. dessen Nichtabschöpfung irgendwelche Grundrechte Dritter eingeschränkt werden.
Nein, das GG besteht ja noch aus reichlich mehr Artikeln als den paar Grundrechten. Hier gibts schon eine Reihe Möglichkeiten, dass etwas verfassungswidrig ist.
Zitat:
Insofern müsste doch einer dieser Dritten die Verfassungsmäßigkeit oder -widrigkeit großer Vermögen feststellen lassen können.
Wie gesagt, nur, wenn es sich hierbei um einen unmittelbaren Eingriff einer staatlichen Gewalt handelt. Dritte, also der Vermögensinhaber, sind ja nicht an die Grundrechte anderer gebunden (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG).
Zitat:
Könnte dies beispielsweise ein Familienvater sein, der den Standpunkt vertritt, der Staat würde die Familie nicht ausreichend schützen, da es zu wenig Kindergeld, Kindergartenplätze oder ähnliches gibt?
Solche Verfahren sind möglich aber sehr kompliziert, denn
1. Müsste der Vater einen konkreten Leistungsanspruch geltend machen, zB. solche Plätze zu schaffen. Die allgemeine Feststellung, Geld ist falsch verteilt, ist eine politische, keine rechtliche;
2. Bräuchte er ein eigenes Grundrecht, auf dass sich dieser Anspruch stützt. Art. 14 GG kann es für ihn nicht sein, da aus der Eigentumsfreiheit ja kein Recht auf Kindergartenplätze resultieren kann. Hier wäre ggf. Art. 6 GG denkbar.
Aber wie gesagt, muss man hier zwei Sachen vollkommen trennen. Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz, ggf. darauf, dass mehr geschaffen werden, ist etwas ganz anderes als die Geltendmachung, andere haben zu viel Geld. Denn warum es für die Plätze zu wenig Geld gibt, ist ja keine Frage des Anspruchs. Hier kommt man in reine politische Bereiche, die jedenfalls in der Art nicht justiziabel sind.
Hier bleibt eigentlich nur der Weg über die Wahlen zum Bundestag andere Mehrheiten zu schaffen, um bestimmte politische Ziele durchzusetzen.
Das ist schon klar.
Mir geht es aber eigentlich um die Frage, ob jemand, der ja gerne mal dieses oder jenes für verfassungswidrig erklärt überhaupt die Möglichkeit hätte, dagegen vorzugehen.
Oder ob er das tatsächlich davon abhängig machen darf/muss, ob er zuvor mit allen Würden der Macht ausgestattet wird.
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Mir geht es aber eigentlich um die Frage, ob jemand, der ja gerne mal dieses oder jenes für verfassungswidrig erklärt überhaupt die Möglichkeit hätte, dagegen vorzugehen.
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Aber wie gesagt, muss man hier zwei Sachen vollkommen trennen. Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz, ggf. darauf, dass mehr geschaffen werden, ist etwas ganz anderes als die Geltendmachung, andere haben zu viel Geld. Denn warum es für die Plätze zu wenig Geld gibt, ist ja keine Frage des Anspruchs. Hier kommt man in reine politische Bereiche, die jedenfalls in der Art nicht justiziabel sind.
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Hallo dea,
der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ist bereits im SGB VIII verankert (§§ 22 - 26). Allerdings gibt es den Landesrechtsvorbehalt (siehe dazu die einzelnen Kindergartengesetze der Länder) und die Umsetzung liegt im Verantwortungsbereich der Kommunen.
Dass jemand anderes ein großes Vermögen hat, ist aber kein staatlicher Akt, so dass bereits aus diesem Grunde eine Verfassungsbeschwerde ausscheidet.
Auch dann nicht, wenn er es ggfs. erst durch staatliches Handeln (Steuerrückzahlungen, Enteignungsentschädigungen, Schadensersatzzahlungen) erhält? _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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Aber wie gesagt, muss man hier zwei Sachen vollkommen trennen. Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz, ggf. darauf, dass mehr geschaffen werden, ist etwas ganz anderes als die Geltendmachung, andere haben zu viel Geld. Denn warum es für die Plätze zu wenig Geld gibt, ist ja keine Frage des Anspruchs. Hier kommt man in reine politische Bereiche, die jedenfalls in der Art nicht justiziabel sind.
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Hallo dea,
der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ist bereits im SGB VIII verankert (§§ 22 - 26). Allerdings gibt es den Landesrechtsvorbehalt (siehe dazu die einzelnen Kindergartengesetze der Länder) und die Umsetzung liegt im Verantwortungsbereich der Kommunen.
Liebe Grüße
Klaus
Hi,
ich weiß, trotzdem Danke. Hier ging es ja auch nur um das Prinzip eines Anspruchs, der direkt aus dem Grundgesetz folgen müsse. Voraussetzung wäre dafür natürlich, dass es keine Gesetz dafür gibt.
Dass jemand anderes ein großes Vermögen hat, ist aber kein staatlicher Akt, so dass bereits aus diesem Grunde eine Verfassungsbeschwerde ausscheidet.
Auch dann nicht, wenn er es ggfs. erst durch staatliches Handeln (Steuerrückzahlungen, Enteignungsentschädigungen, Schadensersatzzahlungen) erhält?
Hi,
schwierig. Natürlich kann man nach dem modernen Eingriffsbegriff allein von der Schutzbereichsbeeinträchtigung her argumentieren. Allerdings gibt es auch hier Grenzen.
Auch in der modernen Eingriffsdefinition muss die Schutzbereichsbeeinträchtigung noch irgendwie eine dem staatlichen Handeln einigermaßen zuordenbare Folge darsellen. Ansonsten wäre letztliche jeder Akt als Eingriff zu bewerten. Insbesondere dann, wenn es um die Umverteilung von Gütern geht.
Zudem müsste der Beschwerdeführer ja geltend machen, dass, wie und in welchem Umfang sein Grundrecht durch solche Maßnahmen konkret beeinträchtigt ist. Die Tatsache, dass der Staat Geld durch wie zB. genannt Steuerrückzahlungen an A zahlt, bedeutet ja noch lange nicht, dass es andernfalls (zum Teil) B zustünde.
Hier würde es daher nach dem Verständnis der verfassungsrechtlichen Eingriffsdogmatik an einem Eingriff fehlen.
Und schließlich fehlt es mir eigentlich noch immer am Grundrecht. Art. 14 GG scheidet m.E. aus, da wir weder eine Eingriffs- und Schrankendefinition haben (das wäre ja umgekehrt gerade eine notwendige Grundlage der Vermögensmidnerung bei Dritten) noch eine Enteignung. Letztlich geht es um allgemeine Chancen der Teilnahme an einer Anzahl vorhandender Güter. Das ist m.E. kein grundrechtsrelevanter Bereich, sondern eine Frage der staatlichen Wirtschaftspolitik oder des Wirtschaftssystems als solchem.
Und schließlich fehlt es mir eigentlich noch immer am Grundrecht. Art. 14 GG scheidet m.E. aus, da wir weder eine Eingriffs- und Schrankendefinition haben (das wäre ja umgekehrt gerade eine notwendige Grundlage der Vermögensmidnerung bei Dritten) noch eine Enteignung. Letztlich geht es um allgemeine Chancen der Teilnahme an einer Anzahl vorhandender Güter. Das ist m.E. kein grundrechtsrelevanter Bereich, sondern eine Frage der staatlichen Wirtschaftspolitik oder des Wirtschaftssystems als solchem.
Das klingt einleuchtend.
Dann würde meine Eingangsfrage aber schon daran scheitern, dass der reine Besitz eines Vermögens nicht gegen eine Regelung des Grundgesetzes verstößt und daher eine diesbezügliche Klage gar nicht ausreichend begründet werden kann um überhaupt zugelassen zu werden.
Insofern dürfte sich die Frage nach der Klagebefugnis gar nicht erst stellen.
Dann würde meine Eingangsfrage aber schon daran scheitern, dass der reine Besitz eines Vermögens nicht gegen eine Regelung des Grundgesetzes verstößt und daher eine diesbezügliche Klage gar nicht ausreichend begründet werden kann um überhaupt zugelassen zu werden.
Insofern dürfte sich die Frage nach der Klagebefugnis gar nicht erst stellen.
Das ist vollkommen richtig. Interesant war lediglich die weitergehende Überlegung, ob man aus eigenen Grundrechten gegen Staat einen bestimmten Anspruch geltend machen könnte, der letztlich dazu führt, dass das Eigentumsrecht Dritter in dieser Art beschnitten werden muss.
Aber das wäre von Umfang und Anspruch her eher für eine Dissertation geeigntet, als für ein Forum.
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