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Verfasst am: 05.11.08, 18:44 Titel: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13 GG
Ist Art. 37 Abs. 3 VwZVG mit dem Richtervorbehalt aus Art. 13 GG vereinbar?
Art. 37 Abs. 3 hat folgendes geschrieben::
Die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der
Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten sind, soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert,
befugt, die Wohnung des Pflichtigen zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen.
Anmeldungsdatum: 17.09.2007 Beiträge: 1177 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 05.11.08, 21:30 Titel:
Die Zweifel sind angebracht. Die im Art. 13 genannten Ausnahmen der Unverletzlichkeit der Wohnung enthalten keine Durchführung des Verwaltungszwangs. Ich halte dies nebenbei für unangemessen und unverhältnismäßig. _________________ Ich habe zu diesem Thema vor 15 Jahren eine Langzeitstudie anfertigen lassen, die ist allerdings noch in Arbeit.
Das Problem liegt nicht am Verwaltungszwang, da dieser als Teil der Verwaltungsvollstreckung prinizipiell nichts anderes ist, als die Vollstreckung nach der ZPO oder nach den Landespolizeigesetzen (und die erlauben fraglos eine Einschränkung des Art. 13 GG). Die Einschränkung des Art. 13 GG ist (Art. 19 Abs. 1 GG geschuldet) ja auch in Art. 40 BayVwZVG genannt. Das BayVwZVG kann daher grundsätzlich Art. 13 GG einschränken.
Das Problem ist das Fehlen des Richtervorbehalts in Art. 37 VwZVG, der gem. Art. 13 Abs. 2 GG notwendig ist. Eine, wie es Art. 37 BayVwZVG vorsieht, Anordnung durch die gesetzlich vorgesehenen Organe darf gem. Art. 13 Abs. 2 Satz 2 GG nur bei Gefahr im Verzug erfolgen. Diese Einschränkung enthält Art. 37 BayVwZVG nicht.
Ich gebe zu, dass mir derzeit keine Lösung des fehlenen Richtervorbehaltes einfällt. Muss nochmal das ganze Gesetz lesen.
Anmeldungsdatum: 17.09.2007 Beiträge: 1177 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 05.11.08, 22:03 Titel:
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
Das Problem liegt nicht am Verwaltungszwang, da dieser als Teil der Verwaltungsvollstreckung prinizipiell nichts anderes ist, als die Vollstreckung nach der ZPO oder nach den Landespolizeigesetzen (und die erlauben fraglos eine Einschränkung des Art. 13 GG).
Ist das wirklich so fraglos?
Im Artikel 13 steht u.a.:
Zitat:
...bei Gefahr im Verzuge...
Zitat:
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat,...
Zitat:
Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr,...
Zitat:
...nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher .
Von Verwaltungsvollstreckung finde ich nichts, selbst mit richterlicher Anordnung nicht. Habe ich da etwas überlesen? _________________ Ich habe zu diesem Thema vor 15 Jahren eine Langzeitstudie anfertigen lassen, die ist allerdings noch in Arbeit.
Was Dea wohl meint, ist, dass Verwaltungszwang mit richterlicher Anordnung dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 2 GG entsprechen würde und daher (selbstverständlich) zulässig ist.
Das spätestens mit dem Öffnen von Türen und Behältern der Begriff der Durchsuchung ausgefüllt ist (BVerwG: "ziel- und zweckgerichtetes Suchen nach ... Sachen..."), dürfte noch unstrittig sein, auch wenn im VwZVG von Durchsuchung nicht die Rede ist.
Danke Dea für den Vergleich der Verwaltungsvollstreckung mit der nach der ZPO, dafür hat das BVerfG nämlich festgestellt, dass 758 ZPO dahingehend ergänzt werden müsse, dass ein Richtervorbehalt auch hier zu beachten ist. Somit war der Ausspruch der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften in der ZPO dazu nicht erforderlich (BVerfG 1 BvR 994/76).
Nach dem Studium der Beschlussbegründung, gehe ich davon aus, dass auch die bayer. Regelung im VwZVG in der Praxis zumindest dahingehend ergänzt werden müsse.
Eine weitergehende Einschränkung könnte sich lediglich noch aus Art. 106 Abs. 3 Bayer. Verfassung (BV) ergeben, da dieser im Gegensatz zu Art. 13 Grundgesetz keine geschriebene Schranke für die Unverletztlichkeit der Wohnung enthält.
Bei der Anwendung ungeschriebener Schranken müsste jedoch wohl zusätzlich historisch ausgelegt, d.h. der Wille des historischen Verfassungsgebers erforscht werden, was mir zu dieser späten Stunde nicht mehr möglich ist
Zur Verdeutlichung. Der Denkfehler liegt darin, dass Art. 13 GG hier falsch angewendet wird. Das Grundrecht sagt letztlich lediglich, dass die Wohnung zwar an sich unverletztlich ist, das ist aber einschränkbar. Wenn eine Einschränkung erfolgt, bedarf es dabei auch einer richterlichen Entscheidung dazu, so nicht ausnahmsweise Gefahr im Verzug vorliegt.
Was Art. 13 GG überhaupt nicht regelt und auch nicht regeln muss ist, auf welcher Grundlage nun eine solche Einschränkung erfolgen kann. Denn das kann der Gesetzgeber regeln, er muss dabei aber den Richtervorbehalt beachten. Würde das in Art. 13 GG selbst drinstehen, so müsste das Grundrechte alle möglichen Gesetze aufzählen, die es einschränken können (was ein Grundrecht des GG grundsätzlich nie macht und auch nicht machen muss). Es müsste also zB. nennen: ZPO, StPO, alle Landespolizeigesetze, alle Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze und das Bundesverwaltungsvollstreckungsgesetz, etc., etc.
Das wäre aber unsinnig, weil der Gesetzgeber schon selbst entscheiden darf, wie er Art. 13 GG (und auch die anderen Grundrechte, die durch Gesetz einschränkbar sind) einschränkt, solange er dabei die Anforderungen beachtet, die Art. 13 GG ihm dabei stellt (also den Richtervorbehalt, bzw. die Regelung von Gefahr im Verzug). Zudem muss gem. Art. 19 Abs. 1 GG das Zitiergebot beachtet werden, das jeweilige Gesetz also sagen, welche Grundrechte es einschränkt. Andernfalls müsste zudem auch jedesmal die Verfassung geändert werden und Art. 13 GG wäre, wie alle anderen Grundrechte, zig Seiten lang.
Anmeldungsdatum: 17.09.2007 Beiträge: 1177 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 06.11.08, 22:27 Titel:
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
Danke, hätte es nicht besser ausdrücken können.
@ Mount'N'Update:
Zur Verdeutlichung. Der Denkfehler liegt darin, dass Art. 13 GG hier falsch angewendet wird. Das Grundrecht sagt letztlich lediglich, dass die Wohnung zwar an sich unverletztlich ist, das ist aber einschränkbar. Wenn eine Einschränkung erfolgt, bedarf es dabei auch einer richterlichen Entscheidung dazu, so nicht ausnahmsweise Gefahr im Verzug vorliegt.
Hm... bin wohl diesbezüglich etwas schwer von Kape, aber womöglich habe ich das jetzt geistig mitgeschnitten.
Verständnisfrage: Muss denn die richterliche Anordnug im Gesetz stehen, oder genügt es, wenn wenn zur Durchführung des Gesetzes eine richterliche Anordnung stattfindet, weil sie im GG vorgesehen ist? _________________ Ich habe zu diesem Thema vor 15 Jahren eine Langzeitstudie anfertigen lassen, die ist allerdings noch in Arbeit.
Faktisch ist das Grundgesetz bindend, praktisch muss das Verfahren natürlich genauer im (einfachen) Gesetz geregelt sein.
Jupp. Die Frage wäre halt, ob die fehlende Normierung des Richtervorbehaltes das Gesetz verfassungswidrig macht. Davon müsste man eeeeiiiiiiigentglich schon ausgehen. Das BVerfG sieht das wohl eher....praktisch
Verfasst am: 28.12.08, 12:33 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
spraadhans hat folgendes geschrieben::
Ist Art. 37 Abs. 3 VwZVG mit dem Richtervorbehalt aus Art. 13 GG vereinbar?
Art. 37 Abs. 3 hat folgendes geschrieben::
Die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der
Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten sind, soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert,
befugt, die Wohnung des Pflichtigen zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen.
Bedarf es hier nicht eines zus. Beschlusses durch einen ges. Richter nach Art. 101 GG und müßte der o.a. Art. 37 sich nicht auch dem Zitiergebot nach Art. 19 (1) GG "unterwerfen", da jedes Gesetz, welches dagegen verstößt, nichtig ist ?
Verfasst am: 28.12.08, 12:46 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
Bedarf es hier nicht eines zus. Beschlusses durch einen ges. Richter nach Art. 101 GG
Das war doch genau das Thema der gesamten vorgegangenen Diskussion....
Zitat:
und müßte der o.a. Art. 37 sich nicht auch dem Zitiergebot nach Art. 19 (1) GG "unterwerfen", da jedes Gesetz, welches dagegen verstößt, nichtig ist ?
Der findet sich in Art. 40. Es genügt, wenn das gesamte Gesetz die Zitierung enthält, es braucht keine für jede einzelne Regelung innerhalb des Gesetzes.
Verfasst am: 28.12.08, 12:56 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
Bedarf es hier nicht eines zus. Beschlusses durch einen ges. Richter nach Art. 101 GG
Das war doch genau das Thema der gesamten vorgegangenen Diskussion....
Zitat:
und müßte der o.a. Art. 37 sich nicht auch dem Zitiergebot nach Art. 19 (1) GG "unterwerfen", da jedes Gesetz, welches dagegen verstößt, nichtig ist ?
Der findet sich in Art. 40. Es genügt, wenn das gesamte Gesetz die Zitierung enthält, es braucht keine für jede einzelne Regelung innerhalb des Gesetzes.
Gruß
Dea
Und der Art. 40 müßte alle GG-Einschränkungen enthalten, ansonsten wäre das ges. Gesetz nichtig ?
Verfasst am: 28.12.08, 13:15 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
Und der Art. 40 müßte alle GG-Einschränkungen enthalten, ansonsten wäre das ges. Gesetz nichtig ?
Nein, Art. 19 Abs. 1 GG und das hierein verankerte Zitiergebot gilt einerseits nur für die Einschränkung von Grundrechten. Weiterhin gilt es nur für solche Grundrechte, die aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen. Das sind diejenigen Grundrechte, die bereits in ihrem Normtext selbst beinhalten, dass sie "auf Grund eines Gesetzes" eingeschränkt werden dürfen, bzw. in sie eingegriffen werden darf (vgl. u.a.. Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG, Art. 6 Abs. 3 GG oder eben auch Art. 13 Abs. 2 und 3 GG).
Verfasst am: 28.12.08, 13:21 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
Und der Art. 40 müßte alle GG-Einschränkungen enthalten, ansonsten wäre das ges. Gesetz nichtig ?
Nein, Art. 19 Abs. 1 GG und das hierein verankerte Zitiergebot gilt einerseits nur für die Einschräknung von Grundrechten. Weiterhin gilt es nur für solche Grundrechte, die aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen. Das sind diejenigen Grundrechte, die bereits in ihrem Normtext selbst beinhalten, dass die "auf Grund eines Gesetzes" eingeschränkt werden dürfen, bzw. in sie eingegriffen werden darf (vgl. u.a.. Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG, Art. 6 Abs. 3 GG oder eben auch Art. 13 Abs. 2 und 3 GG).
Gruß
Dea
Zum "nein":
Kommentar zum GG, Sachs, S. 595 Rn 18-22 Ein Verstoß gegen das Zitiergebot führt zur Nichtigkeit des Gesetzes !
Selbst gültige Gesetze könnten ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Änderung gegen Art. 19 (1) GG verstößt.
BVerfG 1 BvR 668/04 vom 27. Juli 2005,Leitsatzt:
"Führt die Änderung eines Gesetzes zu neuen Grundrechtseinschränkungen, ist das betroffene Grundrecht im Änderungsgesetz auch dann gemäß Art 19 Abs. 1 Satz 2 GG zu benennen, wenn das geänderte Gesetz bereits eine Zitiervorschrift im Sinne dieser Bestimmung enthält."
Verfasst am: 28.12.08, 13:27 Titel: Re: Vereinbarkeit von Art. 37 Abs. 3 (Bay-)VwZVG mit Art. 13
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
TanteMüller hat folgendes geschrieben::
Und der Art. 40 müßte alle GG-Einschränkungen enthalten, ansonsten wäre das ges. Gesetz nichtig ?
Nein, Art. 19 Abs. 1 GG und das hierein verankerte Zitiergebot gilt einerseits nur für die Einschräknung von Grundrechten. Weiterhin gilt es nur für solche Grundrechte, die aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen. Das sind diejenigen Grundrechte, die bereits in ihrem Normtext selbst beinhalten, dass die "auf Grund eines Gesetzes" eingeschränkt werden dürfen, bzw. in sie eingegriffen werden darf (vgl. u.a.. Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG, Art. 6 Abs. 3 GG oder eben auch Art. 13 Abs. 2 und 3 GG).
Gruß
Dea
Zum "nein":
Kommentar zum GG, Sachs, S. 595 Rn 18-22 Ein Verstoß gegen das Zitiergebot führt zur Nichtigkeit des Gesetzes !
Selbst gültige Gesetze könnten ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Änderung gegen Art. 19 (1) GG verstößt.
BVerfG 1 BvR 668/04 vom 27. Juli 2005,Leitsatzt:
"Führt die Änderung eines Gesetzes zu neuen Grundrechtseinschränkungen, ist das betroffene Grundrecht im Änderungsgesetz auch dann gemäß Art 19 Abs. 1 Satz 2 GG zu benennen, wenn das geänderte Gesetz bereits eine Zitiervorschrift im Sinne dieser Bestimmung enthält."
Ein Missverständnis. Das "Nein" bezog sich nicht darauf, dass ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 GG keine Nichtigkeit zur Folge hätte, sondern darauf, dass das Zitiergebot für
Zitat:
alle GG-Einschränkungen
gelten würde (was meiner Begründung eigenltich auch offensichtlich zu entnehmen war).
Ist Art. 19 Abs. 1 GG einschlägig, ist ein Gesetz bei Nichtbeachtung natürlich verfassungswidrig und nichtig.
Gruß
Dea
PS: Ich kann übrigens auch nicht fettgedruckte Beiträge lesen.
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