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Verfasst am: 09.02.09, 16:37 Titel: Frage zur Gesundheitssorge
Ich habe eine Frage zum Betreuungsrecht. Es geht um eine Frau, die starke paranoide Züge zeigt. Aufgrund ihrer Weigerung, zum Arzt zu gehen, konnte nie eine ordentliche Diagnose gestellt werden. Dennoch konnte eine Betreuung durch einen gesetzlichen Vertreter durchgesetzt werden. Da sie von einer großen Verschwörungstheorie gegen sie ausgeht, die ihren ehemaligen Arbeitgeber, Geldinstitute, Ärzte, staatliche Einrichtungen etc. mit einschließt, ist die Ausübung einer Tätigkeit für sie ausgeschlossen. Sie weigert sich, eine Wohnung anzumieten und lebt in einer staatlichen Unterkunft, zu der sie nur in den Abend- und Nachtstunden Zugang hat. Im letzten Jahr konnte der Betreuer mit Hinblick auf eine potentielle Gefährdung ihrerseits in dieser Situation eine Zwangseinweisung in eine psychiatrische Klinik veranlassen, in der sie ein paar Tage blieb, Medikamente bekam und ohne Diagnose wieder entlassen wurde. Ihre Paranoia schließt den größten Teil der Familie mit ein, selbst die Leute, zu denen sie noch Vertrauen hat, hält sie für beeinflußt.
Soweit ich die Situation verstehe, trägt der Betreuer nicht die Gesundheitsfürsorge, ansonsten wäre es nicht so problematisch gewesen, die Einweisung durchzusetzen. Da der Klinikaufenthalt aber erfolglos blieb und keine Diagnose gestellt wurde, meine Fragen:
1. Wenn der Betreuer die Gesundheitssorge hat, kann er dann problemlos eine Einweisung in eine andere, geeignetere Institution und Therapie veranlassen?
2. Wird in so einem Fall für gewöhnlich dem Antrag auf Erlangung der Gesundheitssorge stattgegegeben?
Die Patientin gefährdet zwar sich selbst und Andere nicht direkt, aber natürlich ist die Situation unhaltbar. Für die Angehörigen ist es eine große Belastung, da sie der Situation hilflos gegenüberstehen und mitansehen müssen, wie das Leben der Patientin immer mehr den Bach 'runtergeht.
Anmeldungsdatum: 07.10.2007 Beiträge: 4915 Wohnort: Bad Honnef
Verfasst am: 09.02.09, 17:16 Titel:
1. Der Aufgabenkreis eines Betreuers wird von dem Vormundschaftsgericht bestimmt, das den Betreuer bestellt hat. Das Vormundschaftsgericht kann den Aufgabenkreis des Betreuers auf die Gesundheitsfürsorge für den Betreuten erstrecken, wenn es das für erforderlich hält.
2. Wenn die Gesundheitsfürsorge für den Betreuten zum Aufgabenkreis des Betreuers gehörte, könnte der Betreuer eine Therapie in einer geeigneten Einrichtung veranlassen. Eine Unterbringung des Betreuten, die mit Freiheitsentziehung verbunden wäre, dürfte der Betreuer nur veranlassen, wenn die in § 1906 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen vorlägen. Sie wäre außerdem nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig.
Wenn ich noch drei Fragen stellen dürfte - wer muß den Antrag auf Erweiterung des Aufgabenkreises stellen, der Betreuer oder die Angehörigen (der Betreuer ist ein Familienfremder, weil die Familie es aufgrund der Paranoia für besser hielt, nicht noch mehr Mißtrauen seitens der Kranken gegen die Familie zu schüren)?
Und was Punkt 2. des § 1906, Abs. 1 betrifft: Wenn ich richtig verstehe, geht es nur darum, ob das Gericht eine Diagnose und Behandlung für notwendig befindet - wenn dem so wäre, würde es aller Wahrscheinlichkeit nach dem Antrag auf Erlangung der Gesundheitssorge stattgeben. Ich weiß, daß keine Rechtsauskunft gegeben werden darf, aber wird im Allgemeinen bei einem solch doch relativ starken Fall von Paranoia die Gesundheitssorge auf den Betreuer gelegt bzw. darf man zumindest davon ausgehen, daß ein solcher Antrag Erfolg verspricht?
Und zu guter Letzt, wenn keine akute körperliche Gefährdung vorliegt, wie lange dauert es von der Antragstellung bis zur Stattgabe im Allgemeinen?
Anmeldungsdatum: 07.10.2007 Beiträge: 4915 Wohnort: Bad Honnef
Verfasst am: 09.02.09, 18:11 Titel:
ChatNoir hat folgendes geschrieben::
Wenn ich noch drei Fragen stellen dürfte -
Zitat:
- wer muß den Antrag auf Erweiterung des Aufgabenkreises stellen, der Betreuer oder die Angehörigen (der Betreuer ist ein Familienfremder, weil die Familie es aufgrund der Paranoia für besser hielt, nicht noch mehr Mißtrauen seitens der Kranken gegen die Familie zu schüren)?
Eine Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers kann der Betreuer, aber auch ein Angehöriger des Betreuten beim Vormundschaftsgericht anregen.
Zitat:
Und was Punkt 2. des § 1906, Abs. 1 betrifft: Wenn ich richtig verstehe, geht es nur darum, ob das Gericht eine Diagnose und Behandlung für notwendig befindet - wenn dem so wäre, würde es aller Wahrscheinlichkeit nach dem Antrag auf Erlangung der Gesundheitssorge stattgeben. Ich weiß, daß keine Rechtsauskunft gegeben werden darf, aber wird im Allgemeinen bei einem solch doch relativ starken Fall von Paranoia die Gesundheitssorge auf den Betreuer gelegt bzw. darf man zumindest davon ausgehen, daß ein solcher Antrag Erfolg verspricht?
Darüber lässt sich nichts Genaueres sagen.
Zitat:
Und zu guter Letzt, wenn keine akute körperliche Gefährdung vorliegt, wie lange dauert es von der Antragstellung bis zur Stattgabe im Allgemeinen?
Das hängt im Allgemeinen davon ab, für wie dringlich das Gericht die Angelegenheit hält.
Der Aufgabenkreis der Gesundheitssorge alleine reicht nicht aus um eine Unterbringung und Therapie in einer geschlossenen Abteilung nach Betreuungsrecht zu veranlassen.
Dazu wäre der Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung mit Entscheidung über die Unterbingung notwendig.
Mit diesem Aufgabenkreis könnte der Betreuer eine Unterbringung veranlassen, wobei er sich dabei an die Vorgaben des § 1906 BGB zu halten hat. Die Unterbringung selbst wäre vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen.
Der § 1906 BGB und Urteile dazu sind allerdings recht eng. Wenn Sie selbst schreiben, dass sich die Patientin nicht direkt selbst gefährdet, sind die Möglichkeiten eine Unterbringung zu erwirken gering. Die persönliche Freiheit und auch das Recht auf eigene Entscheidung bzgl. einer psychischen Erkrankung sind sehr hoch angesiedelt - zu Recht.
Ausserdem ist eine Unterbringung noch keine Therapie. Zwangsmedikation bedarf ebenso einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. _________________ Grüße Lichtaus
Die genaue Erstreckung der Aufgabenkreise muß ich noch erfragen - wie ich es jetzt verstehe, muß die Gesundheitssorge ja schon dazugehören, sonst hätte der Betreuer ja nicht die erstmalige Einweisung erwirken können. Nun habe ich aber auch gefunden, daß das Bundesverfassungsgericht dem Patienten das "Recht auf Freiheit zur Krankheit" zugesteht. Es ist ja richtig, daß dieses Thema sehr behutsam gehändelt wird, aber klar ist doch, daß der Patient in einem solchen Falle sehr wohl sich selbst schadet - wenn auch nicht akut körperlich, so doch seelisch. Daß diese seine Entscheidung auf der Krankheit beruht, liegt auch auf der Hand. Daß man in so einem Fall nichts machen kann, um dem Patienten zu helfen, will mir nicht in den Kopf. Eine Diagnose und Behandlung wäre in jedem Falle zum Wohl des Patienten, und ich dachte eigentlich, dies sollte im Vordergrund stehen. Deswegen suche ich eigentlich nach Beispielfällen, in denen ein Durchsetzen einer Behandlung auch gegen den - krankheitsbedingten - Willen des Patienten durchzusetzen war. (Genauso suche ich nach einer Antwort auf die Frage, ob dies medizinisch sinnvoll ist, wie ich glaube. Die Mediziner verweisen auf die Rechtslage, erkundigt man sich danach, wird auf medizinische Indikationen hingewiesen, die ohne Diagnose aber kaum beurteilbar sind...)
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