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Verfasst am: 13.02.09, 17:02 Titel: 40€ Strafe für Schwarzfahren bei Unkenntnis der AGB
Sehr geehrte Damen und Herren,
folgenden Fall habe ich unlängst beobachtet, und mich interessiert stark was für eine Rechtslage in diesem Fall vorliegen mag.
Es geht um eine Strafzahlung in Höhe von 40€ für den Aufenthalt in einem Abteil der ersten Klasse eines Regionalzuges der [Firmenname entfernt - Klaus] Bahn. An sich ist dies denke ich relativ klar geregelt, aber in diesem Fall gibt es eine Besonderheit.
Der Fahrgast ist nicht deutsche Abstammung und des deutschen nur teilweise mächtig, er hatte keine Möglichkeit die AGBs der [Firmenname entfernt - Klaus] Bahn aus Erfahrung zu kennen, denn er ist nur kurz in Deutschland zu Besuch. Weiterhin wurde ihm beim Fahrkartenkauf kein Hinweis auf eine mögliche Strafzahlung gemacht.
Meine Auffassung nach ist es deshalb eigentlich nicht möglich dass die AGB der [Firmenname entfernt - Klaus] in Kraft getreten sind, da es dem Ausländer nicht möglich war diese i.S.d. §305 II BGB in zumutbarer Weise (Deutschkenntnisse) Kenntnissen von diesem zu erlangen.
Es würde mich zudem interessieren ob eine Auslegung des Tatbestandes als "Erschleichung einer Leistung" §265a StGB möglich ist, oder ob in diesem Falle durch den fehlenden Willen (Unkenntnis) ein solcher Vorwurf keinen Bestand hätte.
Unwisenheit schützt vor Strafe nicht
man kann sich nicht darauf berufen, dass man das nicht versteht.
Gruß roni
Grundsätzlich ist dieser Ansatz sicher richtig, allerdings finde ich in §305 II Nr.1 BGB die Formulierung dass die AGBs nur dann Bestandteil des Vertrages werden wenn bei Vertragsschluss ausdrücklich darauf hingewiesen wird bzw. durch "deutlich sichtbare Aushang am Orte des Vertragsschlusses" auf sie hingewiesen wird. Da der entsprechende Ausländer beim Kauf seines Tickets seinen Reisepass vorgelegt hat, wäre eigentlich eine Version des Vertrages auf Englisch zu erwarten gewesen, oder irre ich mich hier?
wenn ich eine Fahrkarte kaufe, schließe ich einen rechtsgültigen Vertrag ab.
Wenn ich die Sprache nicht verstehe, muss ich selbst nachfragen und kann nicht erwarten, dass andere wissen, dass ich der deutschen Sprache nicht mächtig bin.
Mein Name ist Hase, ich weis von nix, geht einfach nicht.
Stell dir das mal vor wieviele Leute da ohne gültige Karte unterwegs wären.
Da der entsprechende Ausländer beim Kauf seines Tickets seinen Reisepass vorgelegt hat, wäre eigentlich eine Version des Vertrages auf Englisch zu erwarten gewesen, oder irre ich mich hier?
Ist denn englisch die Muttersprache des Ausländers?
Falls nicht, wieso sollten die AGB in einer Fremdsprache des Ausländers mehr Rechtskraft entfalten, als die am Ort der Vertragsschließung gültige Amtssprache?
Für die Wirksamkeit der AGB dürfte es nicht Voraussetzung sein, dass diese jedem Fahrgast in seiner Muttersprache ausgehändigt werden. Selbst wenn man die AGBs in sämtlichen Amtssprachen vorhalten würde, müsste man einem Belgier 2 und einem Schweizer sogar 3 Fassungen aushändigen.
Bei weniger bekannten Ländern und deren Landessprachen dürfte das Verkaufspersonal schnell überfordert sein, zumal man ja kaum nachfragen kann, in welcher Sprache denn die AGBs genehm wären.
Verfasst am: 13.02.09, 17:51 Titel: Re: 40€ Strafe für Schwarzfahren bei Unkenntnis der AGB
naix hat folgendes geschrieben::
...
Der Fahrgast ist nicht deutsche Abstammung und des deutschen nur teilweise mächtig, er hatte keine Möglichkeit die AGBs der XXX Bahn aus Erfahrung zu kennen, denn er ist nur kurz in Deutschland zu Besuch.
...
Meines Wissens gibt es nicht nur in Deutschland den Züge mit 1. und 2. Klasse-Abteilungen. Ferner dürfte bekannt sein, daß die Benutzung der 1.-Klasse-Abteile in der Regel teurer ist. Ferner wird nicht nur bei uns ein erhöhtes Beförderungsentgelt fällig, wenn ein Zugabteil benutzt wird, ohne die dafür erforderliche Fahrkarte zu haben.
naix hat folgendes geschrieben::
...
Weiterhin wurde ihm beim Fahrkartenkauf kein Hinweis auf eine mögliche Strafzahlung gemacht.
...
Wie viele Sprachen sollen jetzt Fahrkartenverkäufer beherrschen, damit der Beförderungsvertrag rechtskräftig würde?
§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB findet hier keine Anwendung.
Es gilt wohl eher § 305a Nr. 1 BGB. Danach ist zwar eine Einbeziehungsvereinbarung erforderlich, keinesfalls aber, dass auf die AGB hingewiesen wird oder in zumutbarer Weise Kenntnisnahme möglich ist. Die schlüssige Einbeziehung erfolgt meines Wissens allein durch Nutzung des Verkehrsmittels.
Hallo,
leider wird hier in allen bisherigen Antworten der gleiche Fehler gemacht, nämlich über die wirksame Einbeziehung irgendwelcher AGB oder über die Frage des Beförderungsvertrages zu diskutieren. Diese Aspekte spielen für die Frage des erhöhten Fahrpreises keine Rolle. Denn:
§ 9 Abs. 1 EVO: Wenn der Tarif nichts anderes bestimmt, muß der Reisende bei Antritt der Reise mit einem Fahrausweis versehen sein.
§ 13 Abs. 1 Satz 1 EVO: Der Reisende hat Anspruch auf Beförderung in der Klasse, auf die sein Fahrausweis lautet.
§ 12 Abs. 1 EVO: Der Reisende ist zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er a)bei Antritt der Reise nicht mit einem gültigen Fahrausweis versehen ist...
Der Anspruch des Eisenbahnverkehrsunternehmens auf Zahlung des erhöhten Fahrpreises entsteht also gesetzlich. Voraussetzung ist, dass die Person tatsächlich mit der Bahn gereist ist und einen - für die 1. Klasse - nicht gültigen Fahrschein dabei hatte.
Die Frage Vorsatz/Fahrlässigkeit stellt sich nur in der strafrechtlichen Beurteilung. Erschleichung von Leistungen geht nur mit Vorsatz. In diesem Fall ist die Strafbarkeit also nicht gegeben. Der erhöhte Fahrpreis iHv 40 Euro muss jedoch entrichtet werden.
Gruß
Nordland
PS: Falls jemand Wikipedia bemühen sollte, der Artikel zur Beförderungserschleichung ist fehlerhaft. _________________ Freier Bürger? Nein, Fußballfan!
Anmeldungsdatum: 04.09.2005 Beiträge: 3541 Wohnort: Im schönen Rheintal
Verfasst am: 13.02.09, 22:10 Titel:
Und ?
§ 12 Abs. 5 der EVO sagt aber auch:
Zitat:
Der Tarif kann Fälle vorsehen, in denen von der Zahlung des nach den Absätzen 2 bis 4 zu entrichtenden Betrages ganz oder teilweise abgesehen werden kann.
Somit ist es eine Ermessensfrage, keinesfalls aber
Nordland hat folgendes geschrieben::
Der erhöhte Fahrpreis iHv 40 Euro muss jedoch entrichtet werden.
.
Weiterhin ist die EVO Bestandteil der Beförderungsbedingungen der Bahn, somit spielen die Diskussionen um den Beförderungsvertrag sehr wohl eine Rolle.
Gruss
report _________________ Suchet und ihr werdet finden. Fragt und euch wird geantwortet.
Doch verdammt sind jene, die nicht suchen und dennoch fragen. Selig ist der, der suchet und erst fragt, wenn er nichts gefunden hat.
wir können uns gerne darauf einigen, dass im vorliegenden Fall ein wirksamer Beförderungsvertrag (für die 1. Klasse) zustandegekommen ist und dass die Beförderungsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.
Du schreibst, die EVO sei Bestandteil der Beförderungsbedingungen. Das ist interessant, dann musst du den Ursprungsthread gelesen haben, bevor er editiert wurde. Ich kann nämlich nicht erkennen, um welche Eisenbahn und damit um welche Beförderunsgbedingungen es geht. Ich kann nur dazu sagen, dass in keiner der mir bekannten Beförderungsbedingungen gemäß § 12 Abs. 5 EVO mangelnde Sprachkenntnisse einen Grund darstellen, auf den erhöhten Fahrpreis zu verzichten. Wenn du mich vom Gegenteil überzeugen kannst, bitte.
Zurück zum Thema Beförderungsbedingungen. Dass dort ebenfalls Regelungen zum erhöhten Fahrpreis enthalten sind, ist ja gut und schön. Aber das Gesetz sagt bereits, dass alle Reisenden in bestimmten Fällen zur Zahlung der 40 Euro verpflichtet sind. Wenn die Regelungen der EVO auch in den BB enthalten sind, ist das übrigens nicht verkehrt. Denn § 12 Abs. 2 AEG besagt, dass die BB gegenüber jedermann in gleicher Weise angewendet werden müssen.
Worauf ich hinaus wollte, ist die immer wieder aufgestellte These, dass zum Beispiel ein bewusster Schwarzfahrer oder auch jemand, der fahrlässigerweise ohne gültiges Ticket fährt, keine Willenserklärung abgegeben hätte, zu den gültigen Bedingungen befördert zu werden und somit kein Anspruch der EIsenbahn auf die Zahlung des erhöhten Fahrpreises bestehe. Im vorliegenden Fall würde das heißen, dass der Fahrgast gar nicht in der 1. Klasse befördert werden wollte und somit auch nicht ein entsprechendes Beförderungsentgelt entrichten müsse.
Doch der Anspruch der Eisenbahn entsteht nicht (nur) aus Beförderungsvertrag oder Beförderungsbedingungen. Er entsteht gegenüber allen Reisenden aus dem Gesetz. Selbst wenn es Fälle gäbe, in denen jemand mit der Bahn fährt, aber keinen wirksamen Beförderungsvertrag abgeschlossen hat, entstünde ein Anspruch auf Entrichtung des Beförderungsentgelts, seien es die besagten 40 Euro oder nur 2,50 Euro.
Meine Forderung
Wenn ein Vertrag dann nicht gültig wird, weil er von einem der beiden Vertragspartner nicht verstanden wird bzw. dies nach Vetragsschluss oder -bruch so proklamiert wird, dann sollte dieses Recht auch für Deutsche in Deutschland gelten.
Meine weiteren Annahmen
Abe nehmen wir einmal an, die/der Reisende war tatsächlich der deutschen Sprache so wenig mächtig, dass sie/er den Vertrag nicht richtig verstanden und sich aber dennoch an die Fahrt gewagt hat.
Nehmen wir weiterhin an, die /der Reisende kommt aus einem Land, welches keinerlei Klassen bzw. Schichten kennt, weder bei der Bahn noch in anderen Bereiches des öffentlichen Lebens.
Dann müssten wir zum Schutz der/des Reiseden als drittes wohl annehmen, dass sie/er auch keine arabischen Ziffern lesen kann. Mit dieser sind doch die einzelnen Wagons in aller Deutlichkeit markiert.
Wobei die Sprachunkenntnis und Besonderheiten des Herkunftslandes des Reisegastes ihn nicht davon entbinden, sich im Vorfeld ggf. kundig zu machen.
Wenn ich in Frankreich oder Schweden mit Tempo 200 über die Autobahn kachel, würde ich mich höchst wahrscheinlich schwer tun mit der Ausrede "Man sei der Sprache nicht mächtig und in Deutschland darf man da, wo kein explizites Streckenverbot ist, so schnell fahren, wie das Auto hergibt" mich aus der Sache herauszureden. _________________ Geist ist Geil!
Meine weiteren Annahmen
Abe nehmen wir einmal an, die/der Reisende war tatsächlich der deutschen Sprache so wenig mächtig, dass sie/er den Vertrag nicht richtig verstanden und sich aber dennoch an die Fahrt gewagt hat.
Nehmen wir weiterhin an, die /der Reisende kommt aus einem Land, welches keinerlei Klassen bzw. Schichten kennt, weder bei der Bahn noch in anderen Bereiches des öffentlichen Lebens.
Dann müssten wir zum Schutz der/des Reiseden als drittes wohl annehmen, dass sie/er auch keine arabischen Ziffern lesen kann. Mit dieser sind doch die einzelnen Wagons in aller Deutlichkeit markiert.
Das mit arabischen Ziffern ist zwar vermutlich als Scherz gemeint, aber es ist m.W. durchaus möglich und realistisch, dass jemand über die Existenz der DB-Klassen "1" und "2" nicht informiert ist und mit diesen Angaben auf den Wagen erstmal nichts anfangen kann. Ich kenne auch Leute, die mit einer normalen Fahrlarte in einen Fernverkehrszug eingestiegen waren, sich dann wunderten, dass der Schaffner Ärger machte und sich 'veräppelt' fühlten als der Schaffner ihre Fahrkarte nicht zurückgegeben hatte und sie eine neue kaufen mussten. Diesen Leuten wurde dann extra in ihrer Muttersprache beigebracht, dass man die Züge mit durchgezogener roter Linie nicht benutzen sollte und dass sie in Fahrplänen rot gekennzeichnet sind . Dass man in den mit Ziffer 1 gekennzeichneten Zugabteilen nicht fahren sollte, wurde den Leuten bereits vor der Fahrt gesagt, also wussten sie das und achteten darauf, dass irgendwo Ziffer 2 stand.
Die Antwort von Beitragsschreiber dürfte trotzdem richtig sein. _________________ Recht ist interessant, aber sehr umfangreich; bin kein Fachmann
"Wenn ich schon lüge, dann am liebsten indem ich ausschließlich die Wahrheit sage."
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