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Anfechtung eines Übertragungsvertrages wegen Demenz

 
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 24.02.09, 22:32    Titel: Anfechtung eines Übertragungsvertrages wegen Demenz Antworten mit Zitat

Angenommen zwei Geschwister erhalten, in vorweggenommener Erbfolge, Immobilien von ihrer Mutter zu je ein Halb. Die Übertragung erfolgt per notariellen Vertrag und der Vertrag wird auch vom Notar vor allen Beteiligten verlesen. In diesem Vertrag wird festgehalten, dass die ‚Aufhebung der Gemeinschaft auf Dauer ausgeschlossen sein soll.’ Dies wird auch im Grundbuch vermerkt.
Nach vier Jahren möchte einer der Geschwister wegen dieser Klausel den Übertragungsvertrag anfechten. Zu diesem Zeitpunkt ist die Mutter bereits seit drei Jahren tot.
Wäre der Vertrag nichtig, würde das an den Besitzverhältnissen nichts ändern, denn die natürliche Erbfolge wurde eingehalten und mit der Übertragung auch der elterliche Wunsch lt. notariellem Testament lediglich vorweggenommen, mit Ausnahme der Unteilbarkeit der Gemeinschaft. Dies war nicht gemeinschaftlicher elterlicher Wunsch.
Der Geschwisterteil argumentiert, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Übertragung bereits dement war und dies auch von verschiedenen Ärzten diagnostiziert wurde. Sie sei nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Ärztliche Unterlagen können vorgelegt werden. Es liegt unter anderem ein Schreiben vor, indem das Versorgungsamt die 100%ige Schwerbehinderung bescheinigt und in der Liste der Behinderungen wird u.A. die Demenz aufgeführt. Das Schreiben datiert zwei Monate vor der Übertragung. Es gibt auch Zeugen beim ehemaligen Pflegedienst, die die Demenz bezeugen könnten. Möglicherweise kann sogar ein Gutachten des MDK vorgelegt werden.

Kann der Geschwisterteil den Vertrag anfechten, obwohl es von der Demenz der Mutter wusste? Wenn ja welche Konsequenzen hätte das?
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Franz Königs
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 07.10.2007
Beiträge: 4915
Wohnort: Bad Honnef

BeitragVerfasst am: 25.02.09, 15:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Vertrag ist unwirksam, wenn einer der Vertragschließenden bei Abschluss des Vertrages geschäftsunfähig ist. Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 BGB).

Ein Vertrag, der unwirksam ist, bedarf keiner Anfechtung.

Wenn ein Vertrag, durch den das Eigentum an Grundstücken übertragen worden ist, unwirksam ist, ist das Eigentum an den Grundstücken nicht übergegangen.

Wenn der Vertrag, durch den die Mutter ihre Immobilien an ihre Kinder übertragen hat, nichtig wäre, wäre die Mutter Eigentümerin der Immobilien geblieben. Nach ihrem Tod wäre das Eigentum an den Immobilien auf ihre Erben in (ungeteilter) Erbengemeinschaft übergegangen.

Auch wenn die Erben der Mutter bereits als Eigentümer der Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind, müsste die Grundbucheintragung trotzdem berichtigt werden, da die Geschwister nicht Eigentümer der Grundstücke je zur Hälfte, sondern in Erbengemeinschaft wären. Diese Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil der Eigentümer eines Bruchteilsanteils an einem Grundstück über diesen Bruchteil frei verfügen kann, ein Miterbe aber nicht über einen Anteil an einem zur Erbschaft gehörenden Grundstück allein verfügen kann.

Da bei der Unwirksamkeit eines Grundstücksübertragungsvertrags die Rechtsanwendung sehr kompliziert sein kann, dürfte es sich empfehlen, wenn derjenige, der die Unwirksamkeit des Vertrags geltend machen will, sich von einem Rechtsanwalt beraten und gegebenenfalls vertreten lassen würde.
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 26.02.09, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antwort.
Wie erfolgversprechend wäre es überhaupt in so einem Fall eine bereits verstorbene Mutter im nachhinein als geschäftsunfähig deklarieren zu lassen? Angenommen es lägen Gutachten vom Medizinischem Dienst der Krankenkasse vor, die die Pflegestufe ermittel hat und auch vom Versorungsamt, das den Grad der Schwerbehinderung ermittelte. Ist so etwas ausreichend? Oder wie kann so etwas nachgewiesen werden?
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Franz Königs
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 07.10.2007
Beiträge: 4915
Wohnort: Bad Honnef

BeitragVerfasst am: 26.02.09, 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

Weder ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse zur Ermittlung einer Pflegestufe, noch ein Gutachten des Versorgungsamts zur Ermittlung des Grads der Behinderung wird wohl zur Feststellung einer Gechäftsunfähigkeit geeignet sein, weil beide Gutachten eine andere Zielrichtung hatten.

Geeignet sein kann ein medizinisches Gutachten, das zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit erstattet worden ist und das auch Feststellungen zur geistig-seelischen Verfassung der begutachteten Person enthält. Ein solches Gutachten kann auch nach dem Tod einer Person erstattet werden, wenn der Gutachter über ausreichende Erkenntnisse über den geistig-seelischen Zustand der zu begutachtenden Person während des in Betracht kommenden Zeitraums vor ihrem Tod verfügt.

Eine Abschätzung von Erfolgsaussichten ist nicht möglich.
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 27.02.09, 19:58    Titel: Antworten mit Zitat

Interessant, das wusste ich noch nicht. Ein Gutachten muss also im Vorfeld darauf abzielen die Geschäftsfähigkeit zu ermitteln. Wenn ich sie richtig verstehe, dann muss ein Gutachter sich noch an die demente, verstorbene Person erinnern und die Lage einschätzen können. Das ist sicher interessant wenn die betroffene Person gerade erst verstorben ist, aber je mehr Zeit vergeht, umso schwieriger wird es.
Was mich noch interessieren würde ist, ob es denn nicht medizinische Diagnosen gibt, die so eindeutig sind, dass eine Geschäftsfähigkeit außer Frage steht. Bei einer Demenz kann man sich um Grad und Schwere streiten. Bei einer von verschiedenen Ärzten nachgewiesenen physiologischen Veränderung und Schrumpfung des Gehirns nicht mehr. Was wäre z.B. wenn in einem der medizinischen Gutachten nicht nur eine Demenz, sondern das Hops Syndrom diagnostiziert wurde und bereits eine physiologische Schrumpfung des Gehirns stattgefunden hätte, die selbst ein Laie auf dem Röntgenfoto erkennt?
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Franz Königs
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 07.10.2007
Beiträge: 4915
Wohnort: Bad Honnef

BeitragVerfasst am: 27.02.09, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

bright_side hat folgendes geschrieben::
Was mich noch interessieren würde ist, ob es denn nicht medizinische Diagnosen gibt, die so eindeutig sind, dass eine Geschäftsfähigkeit außer Frage steht.

Das ist möglich.

Zitat:
Bei einer Demenz kann man sich um Grad und Schwere streiten. Bei einer von verschiedenen Ärzten nachgewiesenen physiologischen Veränderung und Schrumpfung des Gehirns nicht mehr. Was wäre z.B. wenn in einem der medizinischen Gutachten nicht nur eine Demenz, sondern das Hops Syndrom diagnostiziert wurde und bereits eine physiologische Schrumpfung des Gehirns stattgefunden hätte, die selbst ein Laie auf dem Röntgenfoto erkennt?

Das kann nur ein Fachmann (Arzt) beurteilen.
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 28.02.09, 00:00    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für ihre Antworten!
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hws
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Anmeldungsdatum: 07.07.2007
Beiträge: 2038
Wohnort: Unna

BeitragVerfasst am: 28.02.09, 00:28    Titel: Re: Anfechtung eines Übertragungsvertrages wegen Demenz Antworten mit Zitat

bright_side hat folgendes geschrieben::
..Übertragung erfolgt per notariellen Vertrag und der Vertrag wird auch vom Notar vor allen Beteiligten verlesen...
.. und der Notar erkannte keine Anzeichen einer Demenz oder sonstige Anzeichen?
Der Notar wurde auch nicht bestochen oder der "angeblich Demente" war nicht anwesend? ( Verlegen ok, hab ich nicht gesagt)
Hat ein Rechtsanwalt oder Notar bei solchen Sachen nicht die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu prüfen?

hws
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Franz Königs
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 07.10.2007
Beiträge: 4915
Wohnort: Bad Honnef

BeitragVerfasst am: 28.02.09, 10:20    Titel: Re: Anfechtung eines Übertragungsvertrages wegen Demenz Antworten mit Zitat

hws hat folgendes geschrieben::
Hat ein Rechtsanwalt oder Notar bei solchen Sachen nicht die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu prüfen?

Fehlt einem Beteiligten nach der Überzeugung des Notars die erforderliche Geschäftsfähigkeit, so soll die Beurkundung abgelehnt werden. Zweifel an der erforderlichen Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten soll der Notar in der Niederschrift feststellen (§ 11 Abs. 1 BeurkG).

Aber auch wenn der Notar keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eines an einer notariellen Beurkundung Beteiligten hatte, kann dieser bei der Beurkundung trotzdem geschäftsunfähigkeit gewesen sein.
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 28.02.09, 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
und der Notar erkannte keine Anzeichen einer Demenz oder sonstige Anzeichen?
Der Notar wurde auch nicht bestochen oder der "angeblich Demente" war nicht anwesend? ( Verlegen ok, hab ich nicht gesagt)
Hat ein Rechtsanwalt oder Notar bei solchen Sachen nicht die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu prüfen?


Nur mal angenommen: Was wäre eigentlich, wenn der beurkundende Notar in den Übertragungsverträgen nicht einmal erwähnt, dass er sich von der Geschäftsfähigkeit überzeugt hat? Ist das nicht üblich? Muss ein Notar nicht reinschreiben dass er sich zuvor von der Geschäftsfähigkeit aller Beteiligten überzeugt hat? Was wäre mit einem Übertragungsvertrag in dem dieser Passus fehlt?

Und das in Kombination mit diversen medizinischen Gutachten...?
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CruNCC
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Anmeldungsdatum: 01.01.2007
Beiträge: 2239
Wohnort: Baden-Württemberg

BeitragVerfasst am: 28.02.09, 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="bright_side"]
Zitat:

Nur mal angenommen: Was wäre eigentlich, wenn der beurkundende Notar in den Übertragungsverträgen nicht einmal erwähnt, dass er sich von der Geschäftsfähigkeit überzeugt hat? Ist das nicht üblich?

Dieser "Passus" wird lediglich bei der Beurkundung eines Testaments/Erbvertrages oder bei Generalvollmchten aufgenommen, nicht jedoch bei Übertragungs- oder Kaufverträgen.
Zitat:
uss ein Notar nicht reinschreiben dass er sich zuvor von der Geschäftsfähigkeit aller Beteiligten überzeugt hat?

Nein.
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bright_side
Interessierter


Anmeldungsdatum: 24.02.2009
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 01.03.09, 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

An dieser Stelle noch mal vielen Dank an alle die hier geantwortet haben.
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