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Mietkaution vs. Schadensersatz - schwieriger Fall
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Lustikuss
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Anmeldungsdatum: 04.08.2005
Beiträge: 87
Wohnort: Quickborn/Hamburg

BeitragVerfasst am: 01.12.08, 01:41    Titel: Mietkaution vs. Schadensersatz - schwieriger Fall Antworten mit Zitat

Hallo,

stellen wir uns mal folgenden fiktiven Fall vor:

Ein Mieter zieht aus. Bei der Übergabe werden einige Schäden festgestellt. Der VM äußert sich dahingehend, dass bei der Mieterin sowieso nichts zu holen sei und er deshalb wohl auf dem Schaden sitzenbleiben wird.

Es passiert auch zunächst nichts. Nach 6 Monaten fordert die Mieterin den Vermieter auf, die gezahlte Kaution abzurechnen und zu überweisen. Nach mehreren Erinnerungsschreiben und nachdem seit Auszug 10 Monate vergangen sind, macht der Vermieter erstmals die Schäden geltend, beziffert diese erstmals der Höhe nach und gibt an diese mit der Kaution verrechnet zu haben, so dass davon nichts mehr übrig sei.

Ist das zulässig? Nach 548 BGB verjähren Ansprüche wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache nach 6 Monaten, so dass hier Verjährung eingetreten ist. Andererseits steht dem Vermieter grundsätzlich ein Aufrechnungsrecht mit der Kaution zu.

Der Schaden ist erst mit der Übersendung der Schadensaufstellung und dem von dem Vermieter dafür geschätztem Betrag fällig geworden. 2 Monate nach Ablauf der Verjährung. Darf trotzdem verrechnet werden, obwohl der Betrag der Höhe nach (das Schäden vorhanden waren ist ja unbestritten) erst nach der Verjährung geltend gemacht wurden und damit erst nach der Verjährung zur Zahlung fällig war.

Vielen Dank für Eure Antwort

Volker
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Karsten
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Anmeldungsdatum: 12.11.2004
Beiträge: 9688
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 01.12.08, 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin auch erst darauf reingefallen, den Beginn der Fälligkeit mit dem Entstehungszeitpunkt des Anspruchs gleichzusetzen.
§ 215 BGB sieht aber vor, dass verjährte Forderungen auch dann aufgerechnet werden können, wenn sie vorher als nichtverjährte Ansprüche einander gegenüber gestanden haben.
Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution entsteht spätestens mit dem Ende des Vertrages, der Anspruch des Vermieters auf Schadenersatz entsteht mit dem Schadensereignis.
Beide Ansprüche bestanden also schon vor Ablauf der Verjährung, waren also auch aufrechenbar und bleiben es daher auch über die Verjährungsfrist hinaus, - auf ewig.
_________________
Es heißt Frist, nicht Frits, auch nicht First, sondern Frist, Frist, Frist, Frist, Frsit... Ich lern's nicht mehr.
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Lustikuss
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 04.08.2005
Beiträge: 87
Wohnort: Quickborn/Hamburg

BeitragVerfasst am: 02.01.09, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Puh – ist das wirklich so? Die Bestimmung nach § 548 BGB, dass Ansprüche wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache nach 6 Monaten verjähren, dürfte doch geschaffen worden sein, um so etwas wie Rechtssicherheit herzustellen. Dass der Mieter davon ausgehen kann, dass nach diesem Zeitraum keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden können. Wenn jetzt trotzdem nach § 215 BGB noch verrechnet werden kann, würde dies ja bedeuten, dass ein Vermieter im Extremfall völlig überraschend sogar noch bis zu 30 Jahren irgendeine Forderung aus dem Ärmel ziehen könnte (sofern der Mieter eine alte Forderung geltend macht, die diesem langen Verjährungszeitraum unterliegt, und sich beide Forderungen irgendwann mal gegenüber gestanden haben). Nach meinem Rechtsempfinden kann das irgendwie nicht sein.

Muss der Anspruch nicht geltend gemacht worden und fällig sein? Es muss doch zumindest bekannt sein, dass ein Anspruch geltend gemacht wird. In diesem Fall hatte der Vermieter ausdrücklich bekundet, dass er keinen Anspruch geltend machen wird, da bei der Mieterin sowieso nichts zu holen sei. Nachdem von der Mieterin auf die Rückzahlung der Kaution bestanden wurde, wird jetzt plötzlich nach Ablauf der Verjährungsfrist und erstmals ein Schadensersatz geltend gemacht, von dem die Mieterin keine Kenntnis hatte. Kann das wirklich rechtlich zulässig sein?

Vielleicht eine Spitzfindigkeit (aber das ist ja nicht ungewöhnlich im Recht ): Nach der ständigen Rechtssprechung kann ein Mieter frühestens 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der Kaution beanspruchen. Die Gerichte sind der Auffassung, dass dem Vermieter diese 6 Monate zur Abrechnung der Betriebskosten etc. gewährt werden müssen. Dies würde doch bedeuten, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution erst 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses überhaupt entsteht, während der Anspruch auf Schadensersatz bereits 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses verjährt ist. Somit haben sich die beiden Ansprüche doch eigentlich niemals gegenüber gestanden. Oder sehe ich das falsch?

Vielen Dank für Eure Antworten
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CWisnewski
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Anmeldungsdatum: 16.05.2006
Beiträge: 532
Wohnort: Kiel

BeitragVerfasst am: 03.01.09, 00:18    Titel: Antworten mit Zitat

Mich würde die Art der Schäden interessieren.

Und eine Frage an die Cracks: Müßte dem Mieter nicht zunächst Gelegenheit gegeben werden, die Schäden selbst zu beheben?
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Karsten
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Anmeldungsdatum: 12.11.2004
Beiträge: 9688
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 03.01.09, 01:18    Titel: Antworten mit Zitat

@Lustikuss: Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entsteht nicht erst sechs Monate nach dem Ende des Mietverhältnisses, sondern genau mit dessen Ende. Dass er da noch nicht einklagbar ist, ist eine andere Baustelle.
Auch der Anspruch auf Regulierung eines Schadens entsteht im Moment seines Auftretens und nicht erst mit seiner Einforderung.
Worauf sollte sich sonst eine Forderung stützen, wenn nicht auf einen vorher bestehenden Anspruch?
§ 215 verlangt nur, dass sich die Ansprüche unverjährt gegenüber gestanden haben, nicht die Forderungen. Sooo ungerecht finde ich das übrigens nicht, das der Eine noch eine alte, unbezahlte Rechnung rausholen kann, wenn der andere doch genau das Gleiche tut.

@CWisnewski: Bei Schadenersatzansprüchen entscheidet der Geschädigte, ob und von wem er den Schaden behoben haben will. Du würdest dich bedanken, wenn du erstmal dem Blödmann, der dir die Beule ins Auto gefahren hat, die Gelegenheit geben müsstest, den Schaden selbst mit Spachtel und Farbdose zu reparieren. - Da verläßt man sich doch lieber auf den Handwerker seines Vertrauens.
Anders sieht das mit vertraglich geschuldeten Leistungen, wie Schönheitsreparaturen, aus. Da ist der Mieter eben genau dieser beauftragte Handwerker des Vertrauens. Und wenn der seine Sache schlecht oder gar nicht macht, dann muss man ihm in der Regel eine Nachfrist zur Nachbesserung geben, - genau so, wie wenn die Vertragswerkstatt die Beule nicht richtig repariert.
_________________
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CWisnewski
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Anmeldungsdatum: 16.05.2006
Beiträge: 532
Wohnort: Kiel

BeitragVerfasst am: 03.01.09, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Genau auf die Schönheitsreparaturen wollte ich hinaus, daher auch meine Frage nach der Art der Schäden.
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Frank Oseloff
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Anmeldungsdatum: 15.01.2006
Beiträge: 5347
Wohnort: 58332 Schwelm

BeitragVerfasst am: 03.01.09, 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

Lustikuss hat folgendes geschrieben::
In diesem Fall hatte der Vermieter ausdrücklich bekundet, dass er keinen Anspruch geltend machen wird, da bei der Mieterin sowieso nichts zu holen sei.

Das stimmt so nicht.

Zitat:
Ein Mieter zieht aus. Bei der Übergabe werden einige Schäden festgestellt. Der VM äußert sich dahingehend, dass bei der Mieterin sowieso nichts zu holen sei und er deshalb wohl auf dem Schaden sitzenbleiben wird.

Daraus abzuleiten, der Vermieter würde auf Forderungen verzichten, ist etwas gewagt. Er hat lediglich die Befürchtung geäussert, auf dem Schaden sitzen zu bleiben.

Zitat:
Nach der ständigen Rechtssprechung kann ein Mieter frühestens 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der Kaution beanspruchen. Die Gerichte sind der Auffassung, dass dem Vermieter diese 6 Monate zur Abrechnung der Betriebskosten etc. gewährt werden müssen.

Das ist so nicht ganz richtig. Die Gerichte geben dem Vermieter bis zu 6 Monate Zeit, Veränderungen oder Verschlechterungen an der Mietsache festzustellen und zu überlegen, ob und wie er gegen die Kaution aufrechnen will. Sein Anspruch auf Aufrechnung jedoch entseht bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Mietsache zurückerhält und genau zu diesem Zeitpunkt könnte er auch aufrechnen, muss er aber nicht.

Zitat:
Dies würde doch bedeuten, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution erst 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses überhaupt entsteht, während der Anspruch auf Schadensersatz bereits 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses verjährt ist. Somit haben sich die beiden Ansprüche doch eigentlich niemals gegenüber gestanden. Oder sehe ich das falsch?

Der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution entsteht nicht erst nach Ablauf von X Monaten, sondern mit Rückgabe der Mietsache.(Schmidt-Futterer, 9. Auflage, §551 BGB Rdn. 97) Er ist zu diesem Zeitpunkt lediglich noch nicht fällig, aber erfüllbar. Darauf kommt es an. Ergo stehen sich beide Ansprüche also unverjährt gegenüber; siehe Schmidt-Futterer, 9. Auflage, §548 BGB Rdn. 41

 
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Lustikuss
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Anmeldungsdatum: 04.08.2005
Beiträge: 87
Wohnort: Quickborn/Hamburg

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 03:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Beide Ansprüche bestanden also schon vor Ablauf der Verjährung, waren also auch aufrechenbar und bleiben es daher auch über die Verjährungsfrist hinaus, - auf ewig.

Und über die Brücke mag ich so noch nicht gehen. §215 BGB besagt:
"Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte." Mir fehlt da die Geltendmachung und die Fälligkeit des Anspruches. Der Vermieter hat 10 Monate nach Auszug erstmals die Schäden geltend gemacht und der Höhe nach beziffert. Dies bedeutet doch, dass erstmals zu dem Zeitpunkt, als die Höhe der Schäden betragsmäßig beziffert worden ist, eine Aufrechung hätte erfolgen können. Die Voraussetzung des §215, nämlich das der Anspruch zu einem Zeitpunkt, als er noch nicht verjährt war, hätte aufgerechnet werden können, liegt somit nicht vor. Wie hätte den vor der Verjährung aufgerechnet werden können? Es stand doch noch kein Betrag fest bzw. dieser war zumindest nicht geltend gemacht worden.




Zitat:
Mich würde die Art der Schäden interessieren.
Kann ich gerne drauf eingehen. Aber ist der Übergang nicht fließend? Fällt ein Loch in der Wand unter Schönheitsreparaturen oder ist es ein Schaden?



Zitat:
Anders sieht das mit vertraglich geschuldeten Leistungen, wie Schönheitsreparaturen, aus.

Was ist vertraglich geschuldet? Ich habe mir mal einen Einheitsmietvertrag vorgenommen und dort beispielsweise die Bestimmung gefunden: "Der Mieter hat die gemieteten Räume, …schonend zu behandeln und ordnungsgemäß zu reinigen" Wenn jetzt trotzdem Schäden vorhanden sind, hat der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Muss ihm dann nicht eine Nachfrist gesetzt werden?

Eine weitere interessante Bestimmung: "Kommt der Mieter den von ihm vorstehend übernommenen Verpflichtungen trotz Mahnung und Fristsetzung nicht nach, kann der Vermieter, ohne dass es einer Ablehnungsandrohung bedarf, die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters durchführen lassen oder Schadensersatz in Geld verlangen, im Falle der Schönheitsreparaturen steht dem Vermieter dieses Recht erst bei Beendigung des Mietverhältnisses zu." Danach muss der Vermieter den Mieter abmahnen und eine Frist setzen. Da hier für die Schönheitsreparaturen eine Ausnahmeregelung besteht, muss sich die grundsätzliche Bestimmung doch wohl auf die pflegliche Behandlung und damit auf die Schäden beziehen?

Zitat:
Die Gerichte geben dem Vermieter bis zu 6 Monate Zeit, Veränderungen oder Verschlechterungen an der Mietsache festzustellen und zu überlegen, ob und wie er gegen die Kaution aufrechnen will.

Kann ich das so verstehen, dass der Vermieter innerhalb von 6 Monaten seinen Anspruch geltend machen muss und nicht, wie im vorliegenden Fall, sich 10 Monate Zeitl lassen darf, um zu überlegen, ob er gegen die Kaution aufrechnen möchte?
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Frank Oseloff
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Anmeldungsdatum: 15.01.2006
Beiträge: 5347
Wohnort: 58332 Schwelm

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 09:06    Titel: Antworten mit Zitat

Lustikuss hat folgendes geschrieben::
Zitat:
Die Gerichte geben dem Vermieter bis zu 6 Monate Zeit, Veränderungen oder Verschlechterungen an der Mietsache festzustellen und zu überlegen, ob und wie er gegen die Kaution aufrechnen will.

Kann ich das so verstehen, dass der Vermieter innerhalb von 6 Monaten seinen Anspruch geltend machen muss und nicht, wie im vorliegenden Fall, sich 10 Monate Zeitl lassen darf, um zu überlegen, ob er gegen die Kaution aufrechnen möchte?

Der Anspruch wird zu dem Zeitpunkt geltend gemacht, zu dem der Vermieter die Beschädigung bemerkt und den Mieter auf die Beschädigung hinweist. Dies ist hier gegeben.

Zitat:
Ein Mieter zieht aus. Bei der Übergabe werden einige Schäden festgestellt.


Es kommt also auf die Entstehung des Anspruchs an und nicht darauf, wann die Forderung gestellt wird.

Der Vermieter hat sich entschieden, die Kaution mit der Schadenssumme zu verrechnen. Ob er verpflichtet ist, dies dem Mieter innerhalb von 6 Monaten mitzuteilen oder erst bei einer Rückforderung des Mieters weiss ich nicht.

Zitat:
Der VM äußert sich dahingehend, dass bei der Mieterin sowieso nichts zu holen sei und er deshalb wohl auf dem Schaden sitzenbleiben wird.

Bei der Mieterin ist etwas zu holen, nämlich die Kaution. Es scheint, als würden die Kosten zur Beseitigung der Beschädigung den Kautionsbetrag übersteigen. Man kann die Aussage des Vermieters so auslegen, dass er auf weitere Schadenersatzforderungen verzichtet und sich nur mit der Kaution begnügt.

 
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@migo
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Anmeldungsdatum: 19.05.2005
Beiträge: 2271
Wohnort: im Ländle

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

Code:
Vermieter darf Kaution nicht einfach nutzen
Halle/Berlin (dpa/tmn) - Zieht ein Mieter aus, darf der Vermieter die hinterlegte Kaution nicht ohne weiteres für sich nutzen. Zuvor muss die Berechtigung seiner Forderung zweifelsfrei feststehen, hat das Landgericht Halle entschieden.
Denn eine Kaution diene nur dazu, die Ansprüche des Vermieters zu sichern - nicht aber dazu, um sie schneller zu erfüllen, erläutert der Deutsche Anwaltverein (DAV) in Berlin (Az.: 2 S 121/07). Im verhandelten Fall hatten sich beide Parteien zunächst darüber gestritten, ob der Mieter bei seinem Auszug zu gewissen Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Im Zuge der Auseinandersetzung wollte sich der Vermieter dann die hinterlegte Kaution auszahlen lassen. Um das zu verhindern, beantragte der Mieter eine einstweilige Verfügung, und die Richter gaben ihm recht.

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Karsten
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Anmeldungsdatum: 12.11.2004
Beiträge: 9688
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

@Lustikuss:
Du verwechselst schlicht den Eintritt der Fälligkeit mit dem Beginn des Schuldnerverzuges.
Die Fälligkeit eines Schadenersatzanspruches tritt mit dem Schaden ein. Obendrein ist jede Schuld, für deren Begleichung kein Zeitpunkt festgelegt ist, von Gläubiger sofort einforderbar. Da der 215 nicht voraussetzt, dass die Forderung schon eingefordert wurde, sondern lediglich, dass dies hätte geschehen können, greift diese Regel in unserem Fall.

Zitat:
Was ist vertraglich geschuldet? Ich habe mir mal einen Einheitsmietvertrag vorgenommen und dort beispielsweise die Bestimmung gefunden: "Der Mieter hat die gemieteten Räume, …schonend zu behandeln und ordnungsgemäß zu reinigen" Wenn jetzt trotzdem Schäden vorhanden sind, hat der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Muss ihm dann nicht eine Nachfrist gesetzt werden?

Eine Nachfrist für die schonende Behandlung? - Soll er nochmal den Türpfosten streicheln und um Verzeihung für die mangelnde Zuwendung bitten? Lachen
Naja, wem's gefällt. Wichtiger ist aber, dass die übermäßige Abnutzung der Mietsache eine Beschädigung darstellt, die nun mal einen Schadenersatzanspruch auslöst.
Der 'Vertragsbruch' würde, wenn man denn Gedanken mal aufnimmt, bestenfalls neben den Schadenersatzanspruch treten, nicht aber an seine Stelle.
_________________
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Zuletzt bearbeitet von Karsten am 04.01.09, 11:35, insgesamt 1-mal bearbeitet
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Lustikuss
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Anmeldungsdatum: 04.08.2005
Beiträge: 87
Wohnort: Quickborn/Hamburg

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

So, ich habe jetzt mal ein wenig gegoogelt und dabei folgendes gefunden:

OLG Hamm, Urteil vom 12.05.2006 - 12 U 44/05
1. Hat der Besteller eine Schadensersatz- sowie der Architekt aus einem anderen Vertrag eine Honorarforderung und war die Schadensersatzforderung bereits verjährt, als die Fälligkeit der Honorarforderung des Architekten eintrat, so ist die Aufrechnung des Bestellers ausgeschlossen.
2. Das gilt auch dann, wenn die Fälligkeit der Honorarforderung nur deshalb nach Verjährung der Schadensersatzforderung eingetreten ist, weil sich der Architekt mit der Stellung einer Schlussrechnung sehr viel Zeit gelassen hat (hier: fünf Jahre).

Aus diesem Urteil schliesse ich, dass auf den Zeitpunkt der Geltendmachung bzw. der Fälligkeit der Forderung abgestelt wird. Der Anspruch des Architekten auf sein Honorar bestand seit 5 Jahren und zeitgleich (wahrscheinlich über einen Zeitraum von 3 Jahren) mit der Schadensersatzforderung. Es konnte aber erst aufgerechnet werden, nachdem der Architekt eine Rechnung erstellt, damit seinen Anspruch auch geltend gemacht hat, und dadurch Fäligkeit eingetreten ist. Da war der Anspruch der anderen Seite aber bereits verjährt.

In dem hier diskutierten Fall müßte doch Ähnliches gelten. Der Vermieter hat die Schäden erst 10 Monate nach Auszug der Mieterin geltend gemacht und der Höhe nach im Rahmen einer Rechnung beziffert. Zu diesem Zeitpunkt der Geltendmachung und der Fälligkeit war seine Forderung aber aufgrund der kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB von 6 Monaten bereits verjährt. Eine Aufrechnung nach §215 BGB müßte daher ausgeschlossen sein.

Ich habe noch was gefunden. BGH V ZR 40/05
http://www.lrz-muenchen.de/~Lorenz/urteile/bghz138_49.htm
Hier geht es um ebenfalls um die Verrechnung einer Kaution, wobei diese allerdings in Form einer Bankbürgschaft geleistet wurde. Im Urteil wird § 390 Satz 2 BGB zitiert, die alte Fassung des neuen § 215 BGB. Zitat:

"Die unmittelbare Anwendung von § 390 Satz 2 BGB a.F. setzt eine vor
Eintritt der Verjährung bestehende Aufrechnungslage voraus und kommt deshalb
- weil es andernfalls an einer Aufrechnungslage fehlte - nur in Betracht,
wenn die Forderung des Gläubigers (Hauptforderung) entstanden und mindestens
erfüllbar war, bevor die Gegenforderung verjährte (vgl. § 387 BGB sowie
Staudinger/Gursky, BGB [2000], § 390 Rdn. 44)."

Hier wird darauf abgestellt, dass die Forderung erfüllbar gewesen sein muss, bevor sie verjährt ist. Es ist hier ausdrücklich von einer Forderung und nicht etwa von einem Anspruch die Rede. Eine Forderung existierte in diesem Fall jedoch nicht, da die VM diese vor Eintritt der Verjährung nicht geltend gemacht hat und erfüllbar wäre sie in diesem Zeitraum auch nicht gewesen, da sie der Höhe nach nicht beziffert worden ist.

Weiteres Zitat aus obigen Urteil: "Auch eine entsprechende Anwendung des § 390 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Der Revision ist zwar einzuräumen, daß die Klägerin, wenn der Beklagte eine Barkaution geleistet hätte, nach dieser Vorschrift gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution auch mit verjährten Ansprüchen hätte aufrechnen können (vgl. BGHZ 101, 244, 252). Im vorliegenden Fall war eine Barkaution aber gerade nicht vereinbart worden; der Vertrag sah vielmehr von vornherein nur die vom Beklagten dann beigebrachte Bankbürgschaft vor. Auch fehlt es an einer dem Normtatbestand des § 390 Satz 2 BGB vergleichbaren Konstellation; der Beklagte war der Klägerin gegenüber nicht mit eigenen Gegenansprüchen, etwa auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde, hervorgetreten, so daß sich seine Stellung auf die eines Schuldners beschränkte und eine der Aufrechnungslage entsprechende Situation schon aus diesem Grunde nicht bestand (vgl. Blesch aaO; vgl. auch LG Wiesbaden WuM 1986, 253).

Ich verstehe das so, dass es für das Entstehen einer Aufrechnungslage außerdem erforderlich ist, das zumindest der (Gegen)anspruch während der unverjährten Zeit geltend gemacht worden sein muss. Die Mieterin hat ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aber erst nach 7 Monaten und damit nach Eintritt der Verjährung dem VM gegenüber geltend gemacht. In dem unverjährten Zeitraum war sie lediglich Schuldnerin, so dass eine Aufrechnungssituation überhaupt nicht eingetreten ist.

Also nach meiner Meinung gab es in dem unverjährten Zeitraum somit keine Forderung des Vermieters, da diese nicht geltend gemacht, nicht fällig und somit nicht erfüllbar war, und keine Forderung des Mieters, da er diese nicht geltend gemacht hatte. Es gab nichts. Die zwingende Voraussetzung des §215, nämlich das die Ansprüche zu einem Zeitpunkt, als sie noch nicht verjährt waren, hätten aufgerechnet werden können, liegt somit nicht vor. Und zwar für keinen der beiden Ansprüche.
Oder sehe ich das falsch?
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Lustikuss
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Anmeldungsdatum: 04.08.2005
Beiträge: 87
Wohnort: Quickborn/Hamburg

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 13:11    Titel: Antworten mit Zitat

@@migo: Vielen Dank für Deinen hilfreichen Hinweis. Ich habe das Gefühl, dass das in diesem Fall bestimmt noch mal nützlich sein wird.

Wenn der Vermieter trotzdem auf die Kaution zugreift, bevor seine Berechtigung zweifelsfrei feststeht, liegt dann eigentlich ein Straftatbestand vor? Unterschlagung, Veruntreuung? Ich kenne mich im Strafrecht nicht aus.
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Strider
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Anmeldungsdatum: 13.09.2004
Beiträge: 11040

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, da liegt kein Straftatbestand vor. Der VM kann sich quasi immer wegen allen möglichen Sachen aus der Kaution bedienen, wenn der Mieter damit nicht einverstanden ist, muss er, da das Mietverhältnis beendet ist, auf Zahlung der Kaution klagen. Dann entscheidet ein Gericht darüber ob der VM richtig gehandelt hat oder nicht.
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Karsten
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Anmeldungsdatum: 12.11.2004
Beiträge: 9688
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: 04.01.09, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Beim Urteil des OLG Hamm sollte man erstmal rauskriegen, was dort vertraglich zur Fälligkeit der Honorarrechnung des Architekten vereinbart wurde. Außerdem ist eine Honorarforderung eben keine Schadenersatzforderung. Und eine Rechnung ist für die Fälligkeit einer Forderung in der Regel nicht erforderlich.

Das im zitierten Text von 'Forderungen' geredet wird, ergibt sich einfach daraus, dass das Gericht nur über Forderungen zu entscheiden hat.

Im zweiten Fall, die Aufrechnung der Schdenersatzforderung des Vermieters gegen eine Bankbürgschaft, scheitert die Aufrechnung nach Ansicht des Gerichts schlicht schon daran, dass es gar keine Hauptforderung (des Mieters) gibt, mit der aufgerechnet werden könnte. Das ergibt sich aus dem 'gefetteten' Teil des Textes. Das Gericht stellt außerdem weiter oben fest, dass eine analoge Anwendung der Aufrechnungsregeln des § 390,2 BGB a.F. für Bürgschaften nicht möglich ist; für Barkautionen aber eben sehr wohl:
Zitat:
Der Revision ist zwar einzuräumen, dass die Klägerin, wenn der Beklagte eine Barkaution geleistet hätte, nach dieser Vorschrift gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution auch mit verjährten Ansprüchen hätte aufrechnen können

Da haben wir's doch. Übrigens ist hier von 'Ansprüchen' die Rede.

Und nochmal: Die Fälligkeit ist der Zeitpunkt, ab dem erstmalig 'gefordert' werden kann. Würde die Forderung erst die Fälligkeit herbeiführen, gäb's auch nichts einzufordern, denn was nicht fällig ist, kann ich auch nicht fordern. Jetzt soll mir keiner daher kommen mit : Fordern kann man immer ... Ihr wisst, was ich meine.Sehr glücklich
Man muss aber auch sehen, dass die Begriffe auch in der Rechtsprechung durchaus einige Unschärfen haben.
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