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Verfasst am: 29.01.09, 00:19 Titel: Widerspruchsgründe gegen Eigenbedarfskündigung nachschieben?
Hallo,
angenommen, Mieter M wohnt ganz allein in einem Haus mit 5 Wohnungen. Die anderen Mieter sind ausgezogen oder haben sich mit dem Vermieter auf eine Auflösung des Mietvertrages geeinigt. Mieter M erhält nun vom Vermieter eine Eigenbedarfskündigung mit dem Inhalt, dass dieser das Haus sanieren und umbauen will und dabei eine große Wohnung für sich und seine Familie schaffen will. Und am besten würde ihm diese große Wohnung gefallen, wenn sie auch die Räume von M mit einschliessen würde.
M widerspricht dieser Kündigung mit der Begründung, dass angesichts der beträchtlichen Wohnfläche, die im Haus zur Verfügung steht, eine derartige Kündigung nicht gerechtfertigt sei.
Gehe ich recht in der Annahme, dass das Gericht nun entscheiden würde, ob es dem Vermieter zuzumuten ist, seinen Wohnungswunsch auf andere Weise zu befriedigen? Z.B. durch Sanierung des derzeit unbewohnbaren Dachgeschosses und Wohnen auf 2 Ebenen, Inkaufnahme von 3 Durchgangszimmern (der einzig mögliche Flur führt durch Wohnung M) und mit finanziellen Nachteilen (Sanierung DG teurer als Umbau EG)?
Frage: Kann der Mieter bis zum Prozess oder im Prozess noch weitere Widerspruchsgründe (z.B. Mietdauer über 20 Jahre, Schwerbehindertenstatus, Verwurzelung in der Wohnung) nachschieben, oder hätte er die gleich mit seinem Widerspruch angeben müssen? Angenommen, der Vermieter hat um Auskunftserteilung gebeten...
Das Gericht kann eigentlich nur zu Gunsten des VMs entscheiden mit der Begründung "der VM braucht nicht soviel Platz". Denn es steht weder dem Mieter noch dem Gericht zu darüber zu befinden wieviel Platz der VM für sich und seine Familie nutzen will. Dies wurde so vom Bundesverfassungsgericht gesagt.
Der Mieter kann nur dieser Eigenbedarfskündigung widersprechen wenn dies für ihn eine unzumutbare Härte darstellt. Diese Härte wird er nachweisen müssen. Ausser ganz vielleicht der Schwerbehindertenstatus sind die andere Gründe keine unzumutbare Härte. Ferner sollte der Mieter sich im klaren sein, das er die Kündigung eh nur aufschieben kann, niemals verhindern. Zumal der VM ja auch gut den Grund "Schwerbehindertenstatus" entkräften kann, er muss nur eine angemessene Wohnung für den Mieter finden und schon hat der Mieter ein Problem.
Nachtrag zu den Fristen: Die sind im § 574b BGB geregelt.
Dort heißt es: "Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen".
Die Verpflichtung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Mieter hier vollumpfänglich alle seine Gründe darzulegen hat. Es ist damit auch nicht gesagt, dass er nicht später - im Prozess - noch Gründe nachlegen könnte.
Aber - der Richter hat neben der Entscheidung über die Streitfrage auch eine über die Verfahrenskosten zu treffen. Wenn der Mieter also erstmal nur Blödsinn erzählt, die wichtigen Gründe aber verschweigt und so das Gerichtsverfahren erst provoziert, dann wird der Richter ihm zwar bezüglich des Widerspruchs Recht geben, ihn aber die Kosten des Verfahrens tragen lassen (§ 93b ZPO). _________________ Es heißt Frist, nicht Frits, auch nicht First, sondern Frist, Frist, Frist, Frist, Frsit... Ich lern's nicht mehr.
Denn es steht weder dem Mieter noch dem Gericht zu darüber zu befinden wieviel Platz der VM für sich und seine Familie nutzen will. Dies wurde so vom Bundesverfassungsgericht gesagt.
Es liegt dem Mieter fern, dem Vermieter seinen Anspruch auf eine 6-Zimmer-Wohnung streitig machen zu wollen. Allerdings findet er, dass der Vermieter seinen Wunsch auch erfüllen könnte, ohne die Wohnung des Mieters nutzen zu müssen. Es gibt schliesslich Planungsalternativen - der VM findet die zwar nicht so optimal, aber für den Mieter würde es echt viel bedeuten .... Also ist es dem VM vielleicht doch zuzumuten, die genannten Nachteile in Kauf zu nehmen, weil die Vorteile für den Mieter das wettmachen.
Strider hat folgendes geschrieben::
Ferner sollte der Mieter sich im klaren sein, das er die Kündigung eh nur aufschieben kann, niemals verhindern.
Aber wenn der VM seinen Wohnungbedarf nach gerichtlicher Meinung anders decken kann, wäre die Kündigung doch komplett hinfällig, oder?
Die Verpflichtung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Mieter hier vollumpfänglich alle seine Gründe darzulegen hat. Es ist damit auch nicht gesagt, dass er nicht später - im Prozess - noch Gründe nachlegen könnte.
Danke.
Mal wieder ein schönes Gleichbehandlungs-Beispiel: der VM hat schliesslich alle Kündigungsgründe umfassend im Kündigungsschreiben darzulegen und darf keine nachschieben (es sei denn, sie sind nachträglich entstanden).
Es liegt dem Mieter fern, dem Vermieter seinen Anspruch auf eine 6-Zimmer-Wohnung streitig machen zu wollen. Allerdings findet er, dass der Vermieter seinen Wunsch auch erfüllen könnte, ohne die Wohnung des Mieters nutzen zu müssen. Es gibt schliesslich Planungsalternativen - der VM findet die zwar nicht so optimal, aber für den Mieter würde es echt viel bedeuten .... Also ist es dem VM vielleicht doch zuzumuten, die genannten Nachteile in Kauf zu nehmen, weil die Vorteile für den Mieter das wettmachen.
Nein, dem VM ist es nicht zuzumuten, er kann seine Wohnung so planen wie er es will (und die Bauvorschriften es erlauben). Er muss sich da auch nicht vom Mieter reinquatschen lassen, weil dieser meint er es wäre so besser für alle.
Das Gericht wird niemals, in Bezug auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil, urteilen das der VM seine Plannung anders vornehmen muss. Naja es könnte schon, allerdings wird das dann sehr wahrscheinlich in der nächsten Instanz gekippt.
Aber wenn der VM seinen Wohnungbedarf nach gerichtlicher Meinung anders decken kann, wäre die Kündigung doch komplett hinfällig, oder?
So funktioniert das aber nicht. Neben dem, was Strider schreibt, ist auch noch eine andere Überlegung zu machen: Der Widerspruch ist dann gerechtfertigt, wenn der Umzug eine besondere Härte für den Mieter bedeuten würde. Die Gründe wird er also bei sich und seiner Situation suchen müssen, nicht beim Vermieter und dessen Vorhaben.
Dass der Vermieter evenutell völlig übertriebene Wohnraumansprüche hat, begründet keine Härte für den Mieter (ausser mal zählt fehlende Einsicht als solche). Und ob der Vermieter hinterher 5000 oder nur 50 Quadratmeter zur Verfügung hat, macht den Umzug nicht mehr oder weniger 'hart'.
Erst dann, wenn der Mieter seine Härtengründe 'herausgefunden' hat, werden die den Interessen des Vermieters gegenüber gestellt. Da kann es auch zu einer Gewichtung dieser Art kommen. Es ist aber nicht so, dass die Härte des Auszugs in einem proportionalen Verhältnis zur Absurdität der Vermieterwünsche steht. _________________ Es heißt Frist, nicht Frits, auch nicht First, sondern Frist, Frist, Frist, Frist, Frsit... Ich lern's nicht mehr.
Zuletzt bearbeitet von Karsten am 29.01.09, 13:33, insgesamt 1-mal bearbeitet
Das Gericht wird niemals, in Bezug auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil, urteilen das der VM seine Planung anders vornehmen muss.
Dein Wort in Gottes Ohr ... oder im richterlichen (sofern es da einen Unterschied gibt )
Apropos Bundesverfassungsgericht: ist hier das BVerfG, 1 BvR 29/99 vom 20.5.1999, Abs. 15 http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk19990520_1bvr002999.html gemeint? Das wurde ja ans Landesgericht zurückverwiesen. Weiss jemand, wie das Ganze dann ausgegangen ist (oder wo ich die Info finden kann)?
Der Widerspruch ist dann gerechtfertigt, wenn der Umzug eine besondere Härte für den Mieter bedeuten würde. Die Gründe wird er also bei sich und seiner Situation suchen müssen, nicht beim Vermieter und dessen Vorhaben.
Also sollte der Mieter bis spätestens zum Prozess noch einen Grund finden, der mit "für mich ist der Umzug unzumutbar, weil ... " anfängt. Wenn er das nicht schafft, wäre sogar der Widerspruch nicht gerechtfertigt. Und wenn er es doch schafft, wird das Gericht abwägen, für wen die Nichterfüllung seines Wunsches (VM: Wohnen wie geplant / M: weiter in der Mietwohnung wohnen) härter ist?
Na, dann hat der Mieter ja vielleicht doch ne Chance - Behinderung, 20 Jahre Mietdauer, hohe Umzugskosten und die Unmöglichkeit, eine von Lage und Preis her auch nur annährend vergleichbare Wohnung zu finden müssen doch einfach schwerer wiegen als ein "ich möchte gern eine Wohnung ohne Treppen und Durchgangszimmer, und das zu möglichst minimalen Kosten" des Vermieters. Der VM kann sich ja auch anders einrichten, ohne allzu große Abstriche zu machen ... für den Mieter wird das deutlich schwerer.
So einfach wird es nicht sein. Die Kündigung gehört generell zum Lebensrisiko eines Mieters. 20 Jahre Mietdauer, hohe Umzugskosten fallen da schonmal als Kriterien für den Widerspruch raus. Lage und Preis sind auch nur sehr bedingt tauglich, denn der Mieter muss in Kauf nehmen das eine neue Wohnung auch etwas teurer sein kann als die alte, besonders wenn die alte weiter unter dem üblichen vermietet wurde. Bei der Behinderung käme es drauf an wieso die jetzt einen Umzug entgegen steht. Eine spezielle behinderten gerechte Ausstattung der Wohnung könnte ein Argument sein. Ist die Wohnung allerdings ohnehin nicht behinderten gerecht ausgestattet wird die Behinderung nicht mehr so ins Gewicht fallen, dann dürfte es meiner Meinung nach, essig aussehen mit dem Widerspruch.
Beide Parteien sollten in jeden Fall bedenken, dass der Verlierer des Prozesses die gesamten Kosten tragen wird. Da der Streitwert vermutlich eine Jahresmiete ist, werden entsprechend hoch die Kosten sein. Besser ist es man findet eine einvernehmliche Lösung, z.B. der Mieter lässt sich raus kaufen. Je nach dem wie weit der VM erpressbar ist, funktioniert das in den meisten Fällen sehr gut.
Eine spezielle behinderten gerechte Ausstattung der Wohnung könnte ein Argument sein. Ist die Wohnung allerdings ohnehin nicht behinderten gerecht ausgestattet wird die Behinderung nicht mehr so ins Gewicht fallen, dann dürfte es meiner Meinung nach, essig aussehen mit dem Widerspruch.
Die Behinderung ist eher psychischer Art. Da kann man nix behindertengerecht ausstatten, wohl aber zusätzliche Belastungen durch einen Wechsel des Wohnumfeldes vermeiden.
Strider hat folgendes geschrieben::
Beide Parteien sollten in jeden Fall bedenken, dass der Verlierer des Prozesses die gesamten Kosten tragen wird. Da der Streitwert vermutlich eine Jahresmiete ist, werden entsprechend hoch die Kosten sein. Besser ist es man findet eine einvernehmliche Lösung, z.B. der Mieter lässt sich raus kaufen. Je nach dem wie weit der VM erpressbar ist, funktioniert das in den meisten Fällen sehr gut.
Naja, der Streitwert (Kaltmiete?) liegt nur bei 1500 EUR. Die Kosten bleiben also im Rahmen. Und der VM ist leider rechtsschutzversichert und nicht bereit, mehr als die fälligen Umzugs- und Maklerkosten - bzw. einen Betrag in ähnlicher Höhe, ca. 1000 EUR - zu übernehmen. Und das angeblich auch nur, weil er es moralisch gerechtfertigt findet - der Mieter soll halt wenigstens nicht finanziell unter den Plänen des VM leiden.
Anmeldungsdatum: 07.03.2006 Beiträge: 3729 Wohnort: Ober-Ramstadt | Das Tor zum Odenwald
Verfasst am: 29.01.09, 15:08 Titel:
nehmen wir mal an der M kommt damit durch, der VM baut sich das haus so um wie er es eben für nötig hält u. kündigt dem M dann wegen BGB§ 573a - kommt er durch od. nicht u. kann der M dann immer noch argumentieren das es eine härte wäre? _________________ LAIENMEINUNG! <---> Lese hier nur öfters!
Ab jetzt nurnoch Ringelpitz ohne anfassen!
Ja der VM könnte dann wegen 573a BGB kündigen, ebenso kann der Mieter wie bei der jetzigen Kündigung wegen sozialer Härte widersprechen. Allerdings wirds dann spannend. Weil eine Kündigung nach 573a BGB braucht keine Begründung des VMs, aber vor Gericht findet ja eine Interessensabwägung statt. Nur in dem Fall hat nur der Mieter ja Gründe vorgetragen und der VM brauchte dies nicht tun. Dementsprechend müssen ja logischerweise die Gründe des Mieters überwiegen. Das heisst wenn der Richter nun für den Mieter entscheidet, ist das Gesetz nur Schall und Rauch. Dabei hat der Gesetzgeber den Spass ja extra eingeführt um dem privaten VM eine leichtere Kündigungsmöglichkeit zu geben.
Bei einer Kündigung nach 573a findet - nach Palandt - weder 573,3, noch 574,3 Anwendung. In dem Fall kann der Vermieter, genau so wie der Mieter, seine Gründe auch noch in der Verhandlung vorbringen. _________________ Es heißt Frist, nicht Frits, auch nicht First, sondern Frist, Frist, Frist, Frist, Frsit... Ich lern's nicht mehr.
nehmen wir mal an der M kommt damit durch, der VM baut sich das haus so um wie er es eben für nötig hält u. kündigt dem M dann wegen BGB§ 573a ...
Geht das überhaupt? Ich dachte immer, es käme auf den Zeitpunkt an, zu dem das Mietverhältnis abgeschlossen wurde. Okay, für Neufünfland gibt es ne Ausnahmeregelung. Aber ob sich der fragliche Vertrag als "vor-der-Wende-abgeschlossen" entpuppen könnte, halte ich für fraglich. M ist in den 20 Jahren innerhalb des Hauses umgezogen, hat 2000 einen neuen Vertrag abgeschlossen, weil der Vermieter die Altverträge nicht mehr hatte ... Naja, man kann natürlich auf einen Richter hoffen, der das anders sieht
Davon mal abgesehen - wenn es auch dann zu einer Abwägung kommen sollte, wären die Chancen für den VM wohl noch geringer. Immerhin hat er sein Hauptargument - Wohnungsnot - dann ja nicht mehr.
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