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Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 114 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 28.02.05, 09:29 Titel: Verbeamtung auf Lebenszeit bei HIV-Infektion
Hallo Leute,
nehmen wir den Fall an, der A. sei HIV-positiv. Diese Diagnose habe er kürzlich in einem anonymen Testverfahren beim Gesundheitsamt erhalten. Gesundheitliche Einschränkungen in Form von HIV-bedingten Krankheiten lägen nicht vor. Ferner sei A. Beamter auf Probe und stehe kurz vor der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit.
A. macht sich Sorgen um seine berufliche Zukunft und hat Angst vor der amtsärztlichen Untersuchung.
Folgende Fragen beschäftigen den A.:
1. Steht eine HIV-Infektion ohne Krankheitssymptome der gesundheitlichen Eignung zu Verbeamtung auf Lebenszeit entgegen?
2. Muss der A. den Amtsarzt bzw. den Dienstherrn auf die Infektion hinweisen? Darf er entsprechende Fragen ggfs. wahrheitswidrig beantworten (Lügerecht)?
3. Werden bei der ärztlichen Untersuchung auf Beamtendiensttauglichkeit HIV-Tests durchgeführt?
4. Kann im Falle des Verschweigens die Ernennung ggfs. zurückgenommen werden, weil ein Fall von arglistiger Täuschung vorliegt?
5. Wie sollte sich der A. verhalten?
Hinweis: Die HIV-Infektion ist wegen der anonymen Testung nur dem A. bekannt. Ärztlich dokumentiert ist sie noch nicht. Im Falle der Verbeamtung auf Lebenszeit wird die arglistige Täuschung nachträglich nicht nachzuweisen sein.
Für rechtliche Hinweise wäre ich euch dankbar. Für die Nennung der Rechtsgrundlagen noch vielmehr.
Danke im Voraus,
euer
R.H. _________________ Vor Gericht und auf hoher See bist du mit Gott allein...
A hat reletiv Glück.
Allein ihm ist die Diagnose bekannt. Niemand kann ihm nachweisen, dass ihm seine eigene Erkrankung bekannt ist. Deshalb kann er sich "dumm" stellen bei allen gesundheitlichen Tests, Überprüfungen etc. im Zusammenhang mit der Lebenszeitverbeamtung. Tipp: Gelassenheit zeigen, positive Lebenseinstellung ausstrahlen (nicht übersteigert) und die Ausübung sportlicher regelmäßiger Hobbys ruhig ansprechen, damit der ärztl. Dienst nichts präsentiert bekommt, aus dem sich Argwohn ableiten lässt.
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 196 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 02.03.05, 18:20 Titel:
Guten Abend,
wenn niemand will, werde ich mich mal daran machen, die Fragen von R. H. nach bestem Wissen und Gewissen wie folgt zu beantworten:
Zu 1.:
Wird der Beamte auf Probe nicht spätestens am Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit (also der z.A.-Zeit) wegen mangelnder Bewährung - also auch der Nichteignung in gesundheitlicher Hinsicht - entlassen, so kann ihm der Dienstherr die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht mehr verwehren (OVG Koblenz, Urteil v. 7.11.1984 - 2 A 134/83 - AS 19, 125 = DVBl. 1985 S. 461 = NVwZ 1985 S. 926). Daraus folgt
Zu 2.:
Der Beamte muss auch nicht auf seine Erkrankung hinweisen.
Wird er aber zu seinem Gesundheitzustand ausdrücklich gefragt (was im Zusammenhang mit der Ernennung zum BaL nicht erfolgt weil irrelevant, aber vor Verleihung eines ersten Amtes = Ernenung zum Beamten auf Probe im statusrechtlichen Sinne zulässig), muss er wahrheitsgemäß antworten. Ansonsten täuscht er arglistig.
Der Vollständigkeit halber: Zweifelhaft ist, ob ein Kandidat auch ungefragt Auskünfte geben muss. Nach überwiegender Meinung wird das dann bejaht, wenn der Beamte weiß oder bewusst in Kauf nimmt, dass die Auskunft für die Entscheidung der Ernennungsbehörde von Bedeutung ist oder sein kann (BVerwGE 13. 158; 18,267, v. Münch S. 31, Schütz Rn 12 LBG Rn 5 mit weiteren Nachweisen).
Eine andere Meinung nimmt in diesem Fall jedoch nur dann eine Offenbarungspflicht an, wenn der Beamte erkennt, dass die Behörde von Umständen ausgeht, die nicht vorliegen. Jedenfalls besteht eine Offenbarungspflicht nicht, wenn es sich um einen Einstellungsbewerber handelt, für den ja zum Zeitpunkt ex ante die Treuepflicht als Grundlage für die Offenbarungspflicht noch nicht greift. Die Behörde ist dann in diesem Falle gezwungen, ihre Auskünfte selbst zu erforschen (BVerwGE 39, 334, 358).
Zu 3.: Ob dies bei Einstellungsbewerbern erfolgt, ist mir nicht bekannt. Anl. von Ernennungen zum Bea.a.Pr. und auf Lz. erfolgt der HIV-Test jedenfalls nicht.
Zu 4.: Siehe vorstehende Ausführungen (Frage beantwortet sich von selbst).
Zu 5.:
Diese Frage berührt den Rechtsberatungsbereich und ist hier unzulässig. Ich würde mich aber so verhalten, wie Quasterich vorschlägt.
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 114 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 03.03.05, 12:12 Titel:
Lieber Herr Belz,
ehrlich gesagt hatte ich auf Ihre Meinung zu meiner Frage sehr gehofft. Ich war schon fast verzweifelt, als ich lesen musste, dass Sie ihre Gebeine der kanarischen Sonne zur Verfügung gestellt haben *frechguck*
Nein im Ernst: Vielen Dank für Ihre Rechtsauffassung und die ausführlichen Hinweise. Ihre Beiträge halte ich für sehr fundiert!
Allen Anderen an dieser Stelle natürlich auch meinen besten Dank für die Unterstützung.
Ihr
R. H. _________________ Vor Gericht und auf hoher See bist du mit Gott allein...
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 114 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 09.03.05, 14:32 Titel:
Danke für die Rechtsquellen.
Leider sind sie schon so alt, dass sie online nicht mehr zu recherchieren sind. Aber sie sind in den einschlägigen Komentaren zitiert und unterstützen oben genannte Rechtsauffassung.
Herzliche Grüße
R. H. _________________ Vor Gericht und auf hoher See bist du mit Gott allein...
Zu 3.: Ob dies bei Einstellungsbewerbern erfolgt, ist mir nicht bekannt. Anl. von Ernennungen zum Bea.a.Pr. und auf Lz. erfolgt der HIV-Test jedenfalls nicht.
In Bayern scheint es Routine zu sein, siehe folgende Nachricht, ganz am Ende des Textes:
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 196 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 09.03.05, 16:24 Titel:
Gut recherchiert, FM! Danke.
Also in Bayern (wie war es anders zu erwarten) HIV-Negativattest (nur) bei Neueinstellung - nicht aber bei Ernennung zum Bea. auf Lz.
Der A. müsste sich also beeilen, das 27. Lj. zu vollenden. Der bayerische Brauch ist möglicherweise nur der Einstieg zu umfassenderen Tests.
Verfasst am: 09.03.05, 16:46 Titel: Erfahrungsbericht aus Bayern
Ich bin zwar Bundesbeamter, aber als bei mir 1990 die BaL-Untersuchung anstand, wurde diese in einem bayerischen Gesundheitsamt durchgeführt. HIV-Test war dabei obligatorisch.
Ich habe mich seinerzeit nicht danach erkundigt, welche Folgen eine evtl. Verweigerung des Tests gehabt hätte.
Nun war Anfang der 90'er die Aids-Hysterie noch deutlich größer als heute, ich gehe aber davon aus, dass das auch heute noch so gehandhabt wird. _________________ MfG
Old Piper
_____________________
Behörden- und Gerichtsentscheidungen sind zwar oft recht mäßig, aber meistens rechtmäßig.
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 196 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 10.03.05, 17:42 Titel:
Ihre Erfahrung, lieber Old Piper, wirft natürlich die Frage auf, was denn passiert wäre, wenn der HIV-Test positiv ausgefallen wäre. Das Urteil des OVG Koblenz dürfte doch auch für Bayern bindend sein. Oder ist der Freistaat so frei, dass er sich darüber hinweg gesetzt hätte?
In Bayern ist alles anders, werter Herr Belz.
Gott sei dank musste ich mich mit dieser Frage nicht auseinandersetzen, weil der Test negativ war, außerdem war und ist mein Dienstherr eine Bundesbehörde und die Untersuchung beim örtlichen Gesundheitsamt erfolgte lediglich in deren Auftrag. _________________ MfG
Old Piper
_____________________
Behörden- und Gerichtsentscheidungen sind zwar oft recht mäßig, aber meistens rechtmäßig.
Der Vollständigkeit halber: Zweifelhaft ist, ob ein Kandidat auch ungefragt Auskünfte geben muss. Nach überwiegender Meinung wird das dann bejaht, wenn der Beamte weiß oder bewusst in Kauf nimmt, dass die Auskunft für die Entscheidung der Ernennungsbehörde von Bedeutung ist oder sein kann (BVerwGE 13. 158; 18,267, v. Münch S. 31, Schütz Rn 12 LBG Rn 5 mit weiteren Nachweisen).
Eine andere Meinung nimmt in diesem Fall jedoch nur dann eine Offenbarungspflicht an, wenn der Beamte erkennt, dass die Behörde von Umständen ausgeht, die nicht vorliegen. Jedenfalls besteht eine Offenbarungspflicht nicht, wenn es sich um einen Einstellungsbewerber handelt, für den ja zum Zeitpunkt ex ante die Treuepflicht als Grundlage für die Offenbarungspflicht noch nicht greift. Die Behörde ist dann in diesem Falle gezwungen, ihre Auskünfte selbst zu erforschen (BVerwGE 39, 334, 358).
[
OK, das dürfte der Fall sein, wenn jemand noch nie im öffentlichen Dienst gearbeitet hat.
Was ist aber, wenn person X seit 15 jahren als Angestellter tätig ist (also nach BAT unkündbar), erst im Laufe ihrer Beschäftigung von der Infektion erfährt und dann aber das Angebot erhält, ins Beamtenverhältnis übernommen zu werden, allerdings mit der üblichen Probezeit. Da fällt auch eine Eignungsuntersuchung an. Muss diese Person dann "die Wahrheit" sagen und vor allem kann sie dann vor Ablauf der Probezeit wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entlassen werden, obwohl sie im Angestelltenstatus unkündbar war???[/quote]
Anmeldungsdatum: 22.09.2004 Beiträge: 114 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 10.05.05, 05:09 Titel:
Hallo Adi,
der Angestellte, der eine Ernennungsurkunde zum Beamten auf Probe annimmt, "verlässt" den Bereich des Tarifvertrages und "tritt" in den Bereich des jeweiligen Beamtengesetzes "ein". Der Schutz des Tarifvertrages entfällt und der Beamte auf Probe unterliegt nur noch den Regelungen des jeweiligen Beamtengesetzes, mit der Folge, dass er wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entlassen werden kann bzw. muss, sofern der Amtsarzt nicht die Beamtendiensttauglichkeit feststellt.
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass der Bewerber bei den Fragen des Amtsarztes nach Erkrankungen des Blutes seine HIV-Infektion offenlegen muss, obwohl es hier letzten Endes sehr auf die genaue Wortwahl ankommt. Soweit ich weiß, ist die HIV-Infektion noch keine "Erkrankung" sondern lediglich eine "Infektion". Auf den mir bekannten Anamnesebögen des Amtsarztes wird jedoch nach allen möglichen "Erkrankungen" gefragt. Im Zweifel wird der Richter entscheiden, ob das Verschweigen einer HIV-Infektion als arglistige Täuschung gewertet werden kann, und somit ein Grund für die Rücknahme der Ernennung vorliegt.
Das wirkliche Risiko des von Ihnen dargestellten Sachverhaltes liegt m.E. darin, dass der Beamte nicht nur wegen mangelnder Eignung während der Probezeit entlassen werden kann, sondern dass die Ernennung sogar zurück genommen werden könnte, da sie im Zweifel erst durch arglistige Täuschung zustande gekommen ist.
Dies wird wesentlich von der Beweislage abhängen.
Viele Grüße
R. H. _________________ Vor Gericht und auf hoher See bist du mit Gott allein...
Hallo Adi,
Das wirkliche Risiko des von Ihnen dargestellten Sachverhaltes liegt m.E. darin, dass der Beamte nicht nur wegen mangelnder Eignung während der Probezeit entlassen werden kann, sondern dass die Ernennung sogar zurück genommen werden könnte, da sie im Zweifel erst durch arglistige Täuschung zustande gekommen ist.
R. H.
Danke für die Antwort, ich werde aber die Juristerei wohl nie verstehen. Ein unkündbarer Angestellter braucht seinem Arbeitgeber seine HIV-Infektion nie mitzuteilen und kann sowieso nicht entlassen werden. Lässt er sich aber verbeamten (und kann genausowenig entlassen werden wie vorher) und "verschweidgt" er seine Infektion, die er sowieso schon bei demselben Arbeitgeber hatte, ohne sie offenbaren zu müssen, begeht er "arglistige Täuschung". Also ich glaube im Umkehrschluss müsste der Dienstherr beweisen, dass ihm im Falle einer solchen "Täuschung" ein konkreter "Schaden" entstanden ist.
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