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Verfasst am: 13.10.06, 14:12 Titel: Freiheitsberaubung wegen Zwangseinweisung?
Hallo.
Ich schildere einfach mal den Fall:
Person A wurde in eine psychiatrische Klinik auf richterlichen Beschluss eingewiesen, da er eine Überdosis Diazepam genommen hat und daher für wenige Tage sehr verwirrt und selbstgefährdend war.
Ansonsten nimmt er keine Drogen und hat auch keinerlei psychische Krankheiten oder Behinderungen.
Nach wenigen Tagen gingen die Nachwirkungen des Diazepams vorbei und Person A wurde wieder vollständig geschäfts- und zurechnungsfähig.
Es war also alles auf die Wirkung des Diazepams zurückzuführen.
Jetzt ist Person A schon 3 Wochen dort und seit über 1,5 Wochen davon wieder geschäftsfähig, aber der Arzt will ihn nicht gehen lassen mit der Begründung dass er ja noch einige von ihnen verschriebene Medikamente einnehmen muss.
Diese Medikamente hat Person A bereits selbst ausgeschlichen.
Auf Beschluss des Richters soll Person A bis längstens 7.November dort bleiben müssen und der Arzt sagt, er wird auch frühestens an dem Tag entlassen.
Da er aber doch nun weder selbst- noch fremdgefährdend ist, das heißt da nun alle Faktoren die Grund für eine Zwangseinweisung sind längst weggefallen sind, müsste er doch eigentlich das Recht auf eine Entlassung haben.
Ansonsten würde sich die Klinik doch wegen Freiheitsberaubung strafbar machen.
Person A möchte definitiv gehen, doch der Arzt will da nicht mit sich reden lassen, obwohl wie gesagt alle Voraussetzungen zur Zwangseinweisung weggefallen sind.
Jetzt die Frage- darf der Arzt das überhaupt?
Hat Person A nicht eigentlich das Recht nun gehen zu dürfen wenn Person A will?
Wie kann man nun vorgehen um Person A dieses Recht einzuräumen?
A kann sich an das gericht wenden, das den Unterbringungsbeschluss erlassen hat und darstellen, weshalb die Voraussetzungen fürdie Unterbringung entfallen sind. Und wenn der richter das genauso sieht, dann kommt A ganz fix raus...
Verfasst am: 13.10.06, 14:44 Titel: Re: Freiheitsberaubung wegen Zwangseinweisung?
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Jetzt die Frage- darf der Arzt das überhaupt?
Hat Person A nicht eigentlich das Recht nun gehen zu dürfen wenn Person A will?
Wie kann man nun vorgehen um Person A dieses Recht einzuräumen?
Gegen den Beschluss zur Unterbringung könnte A sofortige Beschwerde einlegen. Nur bei erheblicher Selbst- oder Fremdgefährung darf der Patient gegen seinen Willen untergebracht werden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat schon 1981 klargestellt, dass Betreute in gewissen Grenzen ein Recht auf "Freiheit zur Krankheit" haben ( BVerfGE 58, 208 ). Die Grenzen sind in der erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht beschloss 1998, dass es nicht rechtens war, einen Mann, der meinte Wanze in den Ohren implantiert zu haben, zwangsweise unterzubringen. Ein drohende Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung reicht dazu nicht aus. Es muss auch nach Betreungsrecht eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen, sonst darf nicht zwangsweise untergebracht werden.
Bundesverfassungsgericht hat folgendes geschrieben::
"Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtsgut, daß sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (vgl. BVerfGE 45, 187 [223]). Die Einschränkung dieser Freiheit ist daher stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen. (...) Die von den behandelnden Ärzten des Klinikums Magdeburg geäußerte Einschätzung, das Wahnsystem des Beschwerdeführers drohe sich zu verfestigen, rechtfertigt demgegenüber allein die Annahme einer Gefahr, die keinen Aufschub duldet, nicht. Das gilt vor allem auch darum, weil die Ärzte eine Selbst- oder Fremdgefährdung nicht feststellen konnten."
Der Betreuer ist verpflichtet, die Unterbringung auch vorzeitig (vor Ablauf einer gerichtlichen Genehmigungsfrist) zu beenden, wenn die (medizinischen) Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und muss das VormG davon unterrichten (§ 1906 Abs. 3 BGB).
Bei Unterbringungssachen muss eigentlich ein Verfahrenspfleger eingesetzt werden. Dem Gericht kann ein Verfahrenspfleger vorgeschlagen werden. Es kann natürlich auch selbst ein Anwalt beauftragt werden, der dann ggf. bezahlt werden muss.
Als Schutz vor Zwangsbehandlungen emphielt es sich eine Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht einzurichten. Weitere Informationen finden sich hier.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 10:51, insgesamt 19-mal bearbeitet
Sowas wie einen Verfahrenspfleger hat er soweit ich weiß nichtmal bekommen.
Einen speziellen Betreuer gibt es ebenfalls nicht, die Betreuer sind hauptsächlich Zivis und Praktikanten und kümmern sich abwechselnd um alle.
Das ist auch das Problem, Person A hat dort keinerlei Ansprechpartner dafür.
Kann seine von den Ärzten verschriebene Medikamenteneinnahme als Grund für mögliche Selbstgefährdung benutzt werden?
Und wenn der Arzt dem Gericht gegenüber einfach behauptet er habe Psychosen oder es könne noch etwas passieren? Oder ist dies kein Grund für eine weitere Zwangsbetreuung?
Kommt dann jemand vom Gericht um mit Person A nochmal persönlich zu sprechen?
Sollte er sich dann also an einen Anwalt oder an das Gericht wenden wenn ich das richtig verstanden habe?
Und innerhalb welchen Zeitraumes wäre er dann draußen? Sofort?
Sowas wie einen Verfahrenspfleger hat er soweit ich weiß nichtmal bekommen.
Dann ist das Gericht davon ausgeganngen, dass er sich selbst um seinen Angelegenheiten kümmern kann. Insofern ist auch Einwilligungsfähig und darf nichts gegen seinen Willen zwangsbehandelt werden. Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) der ärztlichen Maßnahme nach Aufklärung erfassen kann (BGH NJW 1972, 335; OLG Hamm FG Prax 1997, 64).
A kann natürlich bei Gericht verlangen, dass ein Verfahrenspfleger bestellt wird.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Einen speziellen Betreuer gibt es ebenfalls nicht, die Betreuer sind hauptsächlich Zivis und Praktikanten und kümmern sich abwechselnd um alle.
Das ist auch das Problem, Person A hat dort keinerlei Ansprechpartner dafür.
Er wird vermutlich nach PsychKG untergebracht sein. In welchen Bundesland denn? In NRW darf z.B. nicht ohne Einwilligung eines gesetzlichen Betreuers zwangsweise behandelt werden. Unterbringung nach PsychKG ist nur bei erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung erlaubt.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Kann seine von den Ärzten verschriebene Medikamenteneinnahme als Grund für mögliche Selbstgefährdung benutzt werden?
Nein
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Und wenn der Arzt dem Gericht gegenüber einfach behauptet er habe Psychosen oder es könne noch etwas passieren?
Dazu müssen begründete Annahmen bestehen. GGf. muss ein unabhänger Gutachter beauftragt werden. Aus § 15 FGG in Verbindung mit § 406 ZPO folgt, dass der Gutachter abgelehnt werden kann, wenn ein Gründe vorhanden sind, die Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Gutachters rechtfertigen und die Besorgnis der Befangenheit des Gutachters begründen (§ 42 ZPO).
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Oder ist dies kein Grund für eine weitere Zwangsbetreuung?
Eine Psychose kann ein Grund für die Einrichtung einer Betreuung sein. Die Betreuung darf eigentlich nur für den Zeitraum bestehen, an die freie Willensbestimmung ausgeschlossen ist. Mit einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung kann man sich gegen eine Betreuung schützen. Siehe:
http://www.juraforum.de/forum/t106140/s.html und
http://www.recht.de/phpbb/viewtopic.php?p=457633#457633
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Kommt dann jemand vom Gericht um mit Person A nochmal persönlich zu sprechen?
Eine persönliche Anhörung muss stattfinden. Der Richter sollte ggf. darauf hingewiesen werden, dass die verabreichten Medikamente Nebenwirkungen haben können, diefalscherweise als Krankheitssymtome interpretiert werden könnten.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Sollte er sich dann also an einen Anwalt oder an das Gericht wenden wenn ich das richtig verstanden habe?
Die sofortige Beschwerde am besten direkt ans Landgericht und ans Amtsgericht richten.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Und innerhalb welchen Zeitraumes wäre er dann draußen? Sofort?
Das Verfahren dauert einige Tage. Es kann aber versucht werden eine einstweilige Verfügung bei Gericht zu erwirken. Die ist dann sofort gültig.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 13:32, insgesamt 2-mal bearbeitet
Was bedeutet einstweilige Verfügung? Und wie funktioniert das?
Also mein Plan ist jetzt folgender:
Am Montag(leider ist ja jetzt Wochenende und dann ist sicher niemand erreichbar) beim Amtsgericht anrufen und einen Gutachter bestellen. Klappt das?
Wie lange braucht das Gericht um einen Gutachter zu schicken?
Also mein Plan ist jetzt folgender:
Am Montag(leider ist ja jetzt Wochenende und dann ist sicher niemand erreichbar) beim Amtsgericht anrufen und einen Gutachter bestellen. Klappt das?
Wie lange braucht das Gericht um einen Gutachter zu schicken?
Die sofortige Beschwerde ist schriftlich zu formulieren und vom Betroffenen zu unterschreiben und dann möglichst schnell, also ruhig auch am Wochenende dem Gericht zuzustellen.
Begründung: Keine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung auch in Bezugnahme auf das Bundsverfassungsgerichtsurteil (BVerfG Beschluss 2 BvR 2270/ 96).
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 13:33, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nochmal zur einstweiligen Verfügung...
muss ich dann auch in den Beschwerdebrief schreiben dass man eine einstweilige Verfügung erwirken will? Mit Begründung eben der nicht existierenden Fremd und Selbstgefährdung?
Und erst DANN schicken die einen Gutachter oder wie funktioniert das?
Zunächst mal die sofortige Beschwerde ans Gericht. Das Gericht hat zu prüfen. Sollte das Gericht nicht schnell tätig werden, dann die einstweilige Verfügung erwirken.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 13:33, insgesamt 2-mal bearbeitet
Ja, aber wie erwirke ich die einstweilige Verfügung?
Also muss ich dann noch einen Brief schreiben, da anrufen oder wie soll das gehen?
Ich werde jetzt morgen einen Beschwerdebrief abschicken.
Schickt das Gericht dann den Gutachter?
Ja, aber wie erwirke ich die einstweilige Verfügung? Also muss ich dann noch einen Brief schreiben, da anrufen oder wie soll das gehen?
In dem du bei Gericht vorbei gehst. Aber erstmal den Weg der sofortigen Beschwerde gehen. Sollte sich das zu lange herauszögern, dann die Einstweilige Verfügung veranlassen.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Ich werde jetzt morgen einen Beschwerdebrief abschicken.
Schickt das Gericht dann den Gutachter?
Das Gericht wird den Betroffenen, die Ärzte und ggf. Bekannte, Freunde und Familienangehörige anhören und sich ein Bild machen. Ggf. wird es einen Gutachter bestellen.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 13:34, insgesamt 2-mal bearbeitet
Okay, danke.
Ich werde den Brief morgen einreichen.
Sagen wir innerhalb von 3 Tagen tut sich nichts- sollte ich dann schon beim Gericht vorbeigehen?
Und mit welcher Begründung?
Das Gericht kommt also in der Klinik vorbei, aber das ist doch in der Form eines Gutachters, oder?
Tut mir Leid wenn das dumme Fragen sind, aber ich hätte trotzdem gern Antworten und wüßte gern wieviel Zeit man etwa einplanen muss :-/
Okay, danke.
Ich werde den Brief morgen einreichen.
Sagen wir innerhalb von 3 Tagen tut sich nichts- sollte ich dann schon beim Gericht vorbeigehen?
Und mit welcher Begründung?/
In 2-3 Tagen einfach mal anrufen und nachfragen, wann die Anhörung stattfinden soll. Begründung: Dein Freund möchte, dass du anwesend bist.
BlackDahlia2 hat folgendes geschrieben::
Das Gericht kommt also in der Klinik vorbei, aber das ist doch in der Form eines Gutachters, oder?
Nein, die Richter kommen persönlich vorbei und befragen die Ärzte und den Betroffenen und entscheiden meist sofort.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 18.10.06, 13:34, insgesamt 2-mal bearbeitet
Ich meinte aber was ich dann als Grund für die einstweilige Verfügung nennen soll... dass es ein dringender Fall ist? Oder was sollte ich da genau sagen?
Die einstweilige Verfügung wird ja erst dann aktuell, wenn das Gericht nicht schnell auf die sofortige Beschwerde reagiert. Für die einweilige Verfügung argumentierst du dann genauso wie in der Beschwerde. Keine erhebliche Selbst- oder Fremgefährdung, also keine Grundlage für die Freiheitsentziehung.
Zuletzt bearbeitet von Heinz.B am 17.10.06, 20:36, insgesamt 1-mal bearbeitet
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