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Verfasst am: 15.12.04, 00:13 Titel: Wann ist man Hauptberuflich selbstständig ?
Bitte um Informationen.
Meine Frau übte während ihrer beginnenden Selbstständigkeit als Web-Designerin gleichzeitigeine eine Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis (Büro) aus. Sie arbeitete selbstständig zwischen 19,25 und 22 Stunden wöchentlich und im angestellten Verhältnis 19,25 Stunden. Bezüglich der Einkünfte liegen beide bei ca. 1000 € . Soweit so gut.
Die zuständige Krankenkasse versicherte meine Frau zunächst als Pflichtversicherte.
Nach erneuter Prüfung stuftt die Krankenkasse sie nun als freiwillig zu Versicherte ein.
Ergebnis: Eine Beitragsrückforderung über ca 2400€. ( Frohe Weihnanchten)
Frage: Die Krankenkasse beruft sich auf § 5Abs.5 SGB V (hauptberuflich selbstständig)
obwohl
" Gemäß eines Urteils des Bundessozialgerichtes vom 29.9.97-10 RK 2/97 -USK 9766 ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann hauptberuflich, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom zeitlichen Einsatz her die übrigen Erwerbstätigkeit deutlich übersteigt."
Was bedeutet nun deutlich übersteigt. Bei meiner Frau scheint mir der Sachverhalt weder bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung als auch vom zeitlichen Einsatz her der Fall zu sein.
Bitte um Hilfe
Grüße Bernd[/u]
Verfasst am: 15.12.04, 00:30 Titel: Re: Wann ist man Hauptberuflich selbstständig ?
Eine eindeutige Definition gibt es nicht, deshalb die etwas schwammige Begründung der Krankenkasse.
Aber im Falle deiner Frau ist es so, daß vom Einkommen her beide Tätigkeiten gleichwertig sind, von der Arbeitszeit her die selbständige Tätigkeit aber überwiegt. Zumindest nach der Beschreibung. Somit wäre sie hauptberuflich selbständig. Schwieriger wäre es, wenn zwar das Einkommen überwiegt, die Arbeitszeit aber nicht, dann hilft das zitierte Urteil nicht weiter.
Die Folge daraus ist aber nicht einfach eine Nachforderung der freiwilligen Beiträge. Zunächst einmal sind die Beiträge aus der Arbeitnehmertätigkeit zu erstatten (davon geht die Hälfte an den Arbeitgeber, da er auch die Hälfte gezahlt hat). Beiträge aus freiwilliger Mitgliedschaft kann die Krankenkasse nur fordern, wenn deine Frau innerhalb von 3 Monaten ab Ende der Pflichtversicherung (also ab dem Zeitpunkt zu dem die selbständige Tätigkeit überwiegend war) bei der Krankenkasse schriftlich beantragt hatte, freiwilliges Mitglied zu werden. Wenn sie das nicht gemacht hat, ist sie endgültig aus der Krankenkasse ausgeschieden und muß auch keine Beiträge nachzahlen, bekommt also nur die Erstattung. Sollte sie zwischenzeitlich Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch genommen haben, wird es allerdings kompliziert.
Kompliziert ist auch die genaue Feststellung, was überwiegend war. Bei einer selbständigen Tätigkeit ist es recht schwierig, die Arbeitszeit genau zu erfassen. Und das Einkommen daraus sind nicht etwa die gezahlten Honorare, sondern der Gewinn.
Falls sie überwiegend nur für einen Auftraggeber tätig war, kommt mit der Rentenversicherung noch ein weiteres Problem auf sie zu.
Empfehlenswert wäre es, sich an einen der sehr wenigen Rechtsanwälte zu wenden, die sich mit der Sozialversicherung für Selbständige wirklich gut auskennen. Die Suche danach dürfte schwieriger sein als einen Karpfen in der Nordsee zu fangen.
Deine Frau sollte folgendes online-Handbuch sehr gründlich durchlesen:
Hallo,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
Habe mit meiner Frau heute eine Übersicht erstellt und festgestellt, das der Stundenanteil wie oben beschrieben ist. Bei den Einkünfte hatten wir jedoch nur die Einnahmenseite berücksichtigt und nicht die Ausgaben. Bei Berücksichtigung der Ausgaben, also dem Gewinn (vor Steuern) war der Verdienst im Angestelltenverhältnis um einiges höher.
Grüße Bernd
bevor ich es vergesse. Ist das Überbrückungsgeld, welches das Arbeitsamt zahlt, bei den Einnahmen aus der Selbständigkeit zu berücksichtigen?
Grüße Bernd
Hallo,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
Habe mit meiner Frau heute eine Übersicht erstellt und festgestellt, das der Stundenanteil wie oben beschrieben ist. Bei den Einkünfte hatten wir jedoch nur die Einnahmenseite berücksichtigt und nicht die Ausgaben. Bei Berücksichtigung der Ausgaben, also dem Gewinn (vor Steuern) war der Verdienst im Angestelltenverhältnis um einiges höher.
Grüße Bernd
Also: Arbeitszeit überwiegt selbständig, Einkommen überwiegt angestellt. Damit wird die Sache noch schwieriger, weil die beiden relevanten Kriterien sich widersprechen. Eine verlässliche Antwort ist deshalb erst recht nicht möglich.
Überbrückungsgeld als Einkommen: durch eine Gesetzesänderung wurde heuer festgelegt, daß der Existenzgründungszuschuss - also die andere Leistung des Arbeitsamtes in solchen Fällen - nicht als Einkommen bei der Krankenversicherung gilt. Das Überbrückungsgeld wurde dabei nicht erwähnt.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es könnte sein daß das Überbrückungsgeld vom Arbeitsamt nur für hauptberuflich selbständige Tätigkeiten gezahlt wird. Wenn man dann - falls es so ist - gegenüber der Krankenkasse mit Nebenberuflichkeit argumentiert, wäre das ein gewisser Widerspruch.
Stimmt.
Wir hatten bereits einen Termin beim Arbeitsamt. Für das Arbeitsamtspielt lediglich das Zeitkriterium eine Rolle, bei der Bewilligung von Überbrückungsgeld. Ansonsten hätte meine Frau das Überbrückungsgeld zurückzahlen müssen! Dieses hatte der nette Herr bei der Krankenkasse nämlich veranlassen wollen. Er hatte diesbezüglich Kontakt zum Arbeitsamt aufgenommen und meiner Frau "betrügerische Absichten" unterstellt.
Die Krankenkasse sieht aber nach der Rechtsprechung auf die sie sich beruft eine
"hauptberufliche Selbständigkeit" gegeben, wenn sie von der wirtschaftliche Bedeutung und vom zeitlichen Einsatz her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt.
( Urteil des Bundessozialgerichtes vom 29.09.97 - 10 RK 2/97 - USK 9766)
Grüße Bernd
p.s. Vielen Dank für die schnelle und informative Unterstützung !!!
Hollo,
Habe nochmals Frage allgemeiner Natur.
Ist es möglich, daß das Arbeitsamt zur Bewertung "hauptberuflich selbständig" kommt(Zahlung von Überbrückungsgeld) und man bei der Krankenkasse aufgrund von zwar höherem Stundenanteil der Selbständigkeit aber geringerem Einkommen aus dieser als "haupberuflich angestellt" bewertet werden kann? (Pflichtversichert)
Grüße Bernd
ich bin immer noch der gleiche Gast. Der Begriff "hauptberuflich" ist weder im SGB V (Krankenkasse) noch im SGB III (Arbeitsamt) definiert. Das zitierte Urteil bezieht sich aber auf das Thema Krankenversicherung. Wie auch in meinen vorherigen Antworten vermeide ich es bewußt, Ihnen eine konkrete Antwort mit ja oder nein zu geben, weil das unseriös wäre. Ich verweise nochmals auf einen spezialisierten Anwalt.
Was mir aber aufgefallen ist, war folgendes:
"Sie arbeitete selbstständig zwischen 19,25 und 22 Stunden wöchentlich und im angestellten Verhältnis 19,25 Stunden."
Daß in beiden Tätigkeiten die Stundenzahl 19,25 auftaucht, ist recht auffallend, und dazu kommt auch noch daß dies exakt die Hälfte der Vollzeit nach BAT ist. Ich will Ihnen nichts unterstellen (geht mich auch nichts an), aber die Krankenkasse könnte da auf die Idee kommen, Sie und Ihre Gattin hätten die Arbeitszeit in der selbständigen Tätigkeit exakt so ausgerechnet, daß es etwas mehr als im Arbeitsverhältnis ist und knapp über 50 %, damit das Arbeitsamt "hauptberuflich" anerkennt. Ich kann mir auch nicht recht vorstellen wie eine Unternehmerin ihre Arbeitszeit auf die Viertelstunde genau berechnen kann. Wenn sie Webdesignerin ist, gehört zur Arbeitszeit nicht nur die Zeit an der sie am PC Webseiten erstellt (und vielleicht diese Stunden in Rechnung stellt), sondern z.B. auch die Zeit, in der sie ihre Einnahmen und Ausgaben verbucht oder in der sie zum Bürohandel fährt um eine neue Tonerkartusche zu kaufen. Das läßt sich selten so exakt berechnen.
Wenn ich der zuständige Sachbearbeiter der Krankenkasse wäre, hätte ich ein anderes Urteil des BSG angeführt, nämlich das vom 10.3.1994 - 12 RK 1/94: "Eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist in der Regel dann gegeben, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit mehr als halbtägig ausgeübt wird."
Wenn man gegenüber dem Arbeitsamt erklärt hat daß die selbständige Tätigkeit mehr als 19,25 Stunden beträgt und wenn 19.25 Stunden als "halbtägig" gilt, muß die Krankenkasse eigentlich nur noch diese Erklärung als Begründung übernehmen.
Ich vermute, Ihre Frau muß entweder das Überbrückungsgeld zurück zahlen oder kann nicht als Arbeitnehmerin krankenversichert sein (eher die letztere Möglichkeit). Aber das ist nur eine Vermutung, vielleicht kommt das zuständige Sozialgericht zu einem anderen Ergebnis.
Die Situation ist eine "gewachsene".
Schritt 1 Beginn der Selbständigkeit mit Bewilligung des Überbrückungsgeldes.
Schritt 2 Parallel-Angebot als Angestellte mit Pflichtversicherung (Nach Rücksprache mit dem Arbeitsamt und leider nur mündlicher Zusage, das davon Überbrückungsgeld unberührt bleibt)
Schritt 3 Ende des Überbrückungsgeldes, Weiterführung der Selbständigkeit
Schritt 4 Ende des befristeten Angestelltenverhältnisses
Schritt 5 Antrag auf Familien- Versicherung, wegen schlechter Auftragslage und somit geringerer Stundenzahl ( Antragsfragen: Seit wann selbständig und mit welcher Stundenzahl etc.)
Schritt 5 Antrag löste Überprüfung aus, da die aktuelle Situation sich nicht im Antrag abbilden ließ und der Sachbearbeiter davon ausging, daß geringer Stundensatz von Beginn der Selbständigkeit galt und somit unrechmäßig Überbrückungsgeld gezahlt wurde.
Schritt 6 Meldung des Sachbearbeiters an das Arbeitsamt mit der Option die Situation wegen Betrugsverdacht zur Anzeige zu bringen.
Der Rest ist in den obigen Ausführungen enthalten.
Das Problem was sich nun ergibt ist nicht die Tatsache, daß Krankenkassenbeiträge zu zahlen sind (zur Zeit freiwillige Versicherung) sondern die Rückforderung in Höhe von 2400€. Die Selbständigkeit steht deshalb zur Zeit auf der "Kippe". Zum Glück wurden Rücklagen in vergleichbarer Höhe gebildet, sodass der Private Bereich einigermaßen "glimpflich" davon kommt.
Trotz alledem
Vielen vielen Dank für die Untertützung
Grüße Bernd
p.s. Die Seite ist wirklich auf einem hohen Niveau und ich werde sie weiter empfehlen !!!
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