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Abmahnung von Anwalt ohne Mandat

 
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Adromir
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 30.10.2005
Beiträge: 5610
Wohnort: Hannover

BeitragVerfasst am: 26.10.07, 01:59    Titel: Abmahnung von Anwalt ohne Mandat Antworten mit Zitat

Angenommen eine Person bekäme einen Brief eines Anwalts mit einer Abmahnung und der Aufforderung zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen angeblichen Verbreitens urheberrechtlich geschützten Materials über einen Torrent- Client.

Bei den beanstandeten Dateien handelt es sich aber nun um eine freie Software (sagen wir eine Open Source Linuxdistribution), deren Torrent von der offiziellen Softwareseite verbreitet wird.

Abgesehen davon, daß die Abmahnung obsolet ist, frage ich mich, wie das Verhalten des Anwalts zu bewerten sein dürfte, der hier Forderungen durchsetzen will, zu denen er gar nicht berechtigt ist, da es offensichtlich an der Mandatierung durch den Urheberrechtseigners fehlt..
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Milo
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 13.12.2004
Beiträge: 1572
Wohnort: Neu-Ulm

BeitragVerfasst am: 26.10.07, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn es so ist, dass hier keinesfalls der Urheber eine Vollmacht erteilt haben kann, weil es 100 % legal ist, diese Software zu verteilen, dann kommt hier meines Erachtens ein strafbares Handeln des Anwaltes in Betracht. 1) falsche Verdächtigung (den Inhaber der IP kann man nur über eine Strafanzeige ermitteln), 2) versuchter Betrug.

Da solche Sachen meistens in größerer Masse abgemahnt werden (kein Anwalt prüft selbst Torrent-Server, sondern Dienstleister scannen diese gezielt und kommerziell), könnte das Gesamtvolumen strafrechtlich ausreichen, um die Zulassung zu kosten und ggfs. sogar einzufahren. Dies müsste jedem Anwalt klar sein.

Ich bezweifele daher ernsthaft, dass der Abgemahnte hier die Rechtslage klar erfasst, da kein Anwalt mit so einer doofen Masche seine Existenz gefährdet, zumal ja bei jedem Einzelfall die Staatsanwaltschaft bereits beteiligt ist und diese im Rahmen des entsprechenden Antragsdelikts nach UrhG bestimmt auch prüft, ob der Anwalt antragsberechtigt ist.

Wäre dies ein echter Fall, würde ich in jedem Fall einen auf dem Gebiet des Urheberrechts erfahrenen Anwalt aufsuchen und diesen den Fall prüfen lassen, insbesondere die Vollmacht anfordern. Wenn keine Vollmacht beiliegt, gibt es hier durchaus Möglichkeiten, aus der Kostentragung rauszukommen, selbst wenn die Abmahnung doch aus irgendeinem Grund berechtigt sein sollte. (Wer liest schon das Licence Agreement komplett, welches bei Beginn der Installation aufpoppt)

Aber dieser fiktive Fall ist recht interessant. Wenn dem Erfinder neue Sachverhalte dazu einfallen, bitte mitteilen!
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Metzing
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 29.01.2006
Beiträge: 8913
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 26.10.07, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Milo hat folgendes geschrieben::
Wenn keine Vollmacht beiliegt, gibt es hier durchaus Möglichkeiten, aus der Kostentragung rauszukommen, selbst wenn die Abmahnung doch aus irgendeinem Grund berechtigt sein sollte.

Milo, vor welchem Gericht wird denn bei Abmahnungen noch § 174 analog angewendet? Geschockt

Beste Grüße

Metzing
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Milo
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 13.12.2004
Beiträge: 1572
Wohnort: Neu-Ulm

BeitragVerfasst am: 26.10.07, 22:50    Titel: Antworten mit Zitat

Metzing hat folgendes geschrieben::

Milo, vor welchem Gericht wird denn bei Abmahnungen noch § 174 analog angewendet? Geschockt



OLG Düsseldorf vom 21.11.2006 Aktenzeichen I-20 U 22/06

oder ist das inzwischen überholt?

(Ja, ich weiss, OLG Köln und OLG Karlsruhe sehen es anders)
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Adromir
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 30.10.2005
Beiträge: 5610
Wohnort: Hannover

BeitragVerfasst am: 26.10.07, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

Also noch ein paar Infos die ich zu dem Fall bekommen habe:

1) Es wurde keine Strafanzeige wg. Urheberrechtsverletzungen gestellt. Die Daten wurden anscheinend folgendermaßen ermittelt:

Der Torrent wurde über einen Server mit eigener IP runtergeladen. Durch die Eingabe dieser IP im Browser gelangt man auf die Seite des Serverbesitzers und dort über das Impressum an die Daten

2) Der Anwalt hat nur die Unterlassungserklärung gefordert, aber keine Gebühren erhoben.

3) Und ja der Softwaredownload war 100% legal, da es sich um den Torrent handelte, der vom Softwareherstellers auf der offiziellen Softwareseite als Downloadmöglichkeit bereitgestellt wurde.
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Metzing
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Anmeldungsdatum: 29.01.2006
Beiträge: 8913
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 27.10.07, 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

@ Milo:

Ach ja, stimmt Verlegen , OLG Düsseldorf sieht das ja noch anders. Aber OLG Köln, München, Hamburg, Karlsruhe, Berlin etc. sehen es wie ich Sehr glücklich

Grüße

Metzing
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I-user
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Anmeldungsdatum: 27.03.2006
Beiträge: 5309
Wohnort: Dortmund

BeitragVerfasst am: 27.10.07, 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

Milo hat folgendes geschrieben::
falsche Verdächtigung (den Inhaber der IP kann man nur über eine Strafanzeige ermitteln)
Adromir hat folgendes geschrieben::
Der Torrent wurde über einen Server mit eigener IP runtergeladen. Durch die Eingabe dieser IP im Browser gelangt man auf die Seite des Serverbesitzers und dort über das Impressum an die Daten
Das passt nicht zusammen Geschockt

Adromir hat folgendes geschrieben::
2) Der Anwalt hat nur die Unterlassungserklärung gefordert, aber keine Gebühren erhoben.
Welchen Sinn hat dann seine Abmahnung? Hatte er nichts zu tun und wollte einfach ohne Eigennutz jemandem etwas schreiben? Mit den Augen rollen

Metzing hat folgendes geschrieben::
Milo, vor welchem Gericht wird denn bei Abmahnungen noch § 174 analog angewendet?
Auf welches Gesetz bezieht sich § 174?
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Metzing
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Anmeldungsdatum: 29.01.2006
Beiträge: 8913
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 28.10.07, 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

I-User hat folgendes geschrieben::
Welchen Sinn hat dann seine Abmahnung? Hatte er nichts zu tun und wollte einfach ohne Eigennutz jemandem etwas schreiben?

Naja, sagen wir mal so: wenn der andere Teil die Unterlassungserklärung unterschreibt und dagegen verstößt, kann der Anwalt später, da die Unterlassungserklärung strafbewehrt (mit Vertragsstrafenvereinbarung) abgegeben wird, später die vereinbarte Vertragsstrafe einfordern. Es kann also trotzdem Sinn machen, wenn nicht die Gebühren, sondern die Vertragsstrafenvereinbarung für den Anwalt wesentlich sind (und der Anwalt könnte sich besonders schlau fühlen nach dem Motto: wenn ich keine Kosten berechne, unterschreibt die Gegenseite eher, weil sie das "Spiel" nicht durchschaut, sondern sich freut, daß sie keine Anwaltskosten zahlen soll).
I-User hat folgendes geschrieben::
Auf welches Gesetz bezieht sich § 174?

Auf § 174 BGB. (Jedenfalls) ein unbeugsames Gericht ist noch der Auffassung, daß man einer Abmahnung eine Originalvollmacht beigefügt sein muß, wenn man vermeiden will, daß die Abmahnung wegen fehlenden Vollmachtnachweises von der Gegenseite unverzüglich zurückgewiesen wird. Hintergrund ist, daß dieses Gericht annimmt, daß eine Abmahnung ähnlich einer einseitigen Willenserklärung (wie z. B. eine Kündigung) sei. Die Mehrheit der Gerichte sieht das allerdings anders.

Sorry, manchmal merkt man gar nicht, daß man in "Codes" schreibt, die nur Anwälte verstehen... Verlegen

Beste Grüße

Metzing
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I-user
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Anmeldungsdatum: 27.03.2006
Beiträge: 5309
Wohnort: Dortmund

BeitragVerfasst am: 29.10.07, 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Erklärung. Mir kann auch passieren, dass ich ein § nenne und vergesse, das Gesetz/ Gesetzbuch anzugeben. Also ist das nicht unbedingt "Anwaltscode". Mit Einbeziehung der Urteile vielleicht schon.

Der Anwalt kann sich zwar schlau fühlen, aber wenn die Gegenseite nicht vorhat, nochmal zu verstoßen, kann sie ja ruhig eine höhere Vertragsstrafe vereinbaren, um sich die Anwaltskosten zu sparen. Wir machen zurzeit u.a. Wettbewerbsrecht/ gewerblichen Rechtsschutz und dort hieß es auch, dass man meistens nur dann eine niedrigere Vertragsstrafe anstreben sollte, wenn man beabsichtigt, nochmal zu verstoßen. Je nach Einzelfall muss man auch beachten, ob das Risiko eines fahrlässigen Verstoßes vorhanden ist.
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