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Rechtswahl und Schweizer IPR

 
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Cicero
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Anmeldungsdatum: 24.11.2005
Beiträge: 5793

BeitragVerfasst am: 03.12.07, 12:08    Titel: Rechtswahl und Schweizer IPR Antworten mit Zitat

Guten Tag,

in Deutschland kann ja laut Art. 27 EGBGB zwischen Unternehmern grundsätzlich das anwendbare Recht frei vereinbart werden. (Nebenbei: Geht das auch bei reinen Inlandssachverhalten?)

Wie ist es in der Schweiz? Kann zum Beispiel ein Schweizer Unternehmen mit einem türkischen Unternehmen die Anwendbarkeit des deutschen Rechts vereinbaren? Oder gibt es die Forderung nach einem Sachzusammenhang oder ähnlichem?
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hbaumann
Interessierter


Anmeldungsdatum: 03.08.2006
Beiträge: 19
Wohnort: Baden, Schweiz

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 14:24    Titel: Rechtswahl + Schweizer IPR Antworten mit Zitat

Hallo

Ich kann die Frage nur aus schweizerischer Sicht beantworten. Gemäss Schweizer IPR ist eine Rechtswahl grundsätzlich frei möglich. Ein Deutscher + ein Schweizer können danach auch türkisches Recht vereinbaren. Ausgenommen sind jedoch gewisse Vertragsarten (z.B. Versicherung, Miete, Arbeit, Konsumentenverträge). Liegt kein solcher Vertrag vor, wird die Rechtswahl zwar beachtet. Es kann jedoch zutreffen, dass gewisse zwingende Vorschriften des abgwählten Rechtes trotzdem angewendet werden (vgl. dazu Art. 18 + 19 IPRG).

Die Möglichkeit der Rechtswahl findet sich in der Schweiz im IPRG, das nur dann zur Anwendung gelangt, wenn ein internationaler Sachverhalt vorliegt. Bei einem innerschweizerischen Sachverhalt kann das Recht demgegenüber nicht gewählt werden. Man kann jedoch trotzdem einen Vertrag aufsetzen und beispielsweise bestimmen, dass das Kaufrecht des BGB vereinbart sei. Dies ist dann keine echte Wahl des deutschen Rechtes, vielmehr wird das Kaufrecht des BGB bloss Teilinhalt des Vertrages, auf den im Übrigen schweizerisches Recht anwendbar bleibt.

Gruss HB
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moro
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Anmeldungsdatum: 19.06.2005
Beiträge: 1438

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 14:38    Titel: Re: Rechtswahl und Schweizer IPR Antworten mit Zitat

Cicero hat folgendes geschrieben::
in Deutschland kann ja laut Art. 27 EGBGB zwischen Unternehmern grundsätzlich das anwendbare Recht frei vereinbart werden.


Die Rechtswahlfreiheit im Schuldrecht besteht in Deutschland nicht nur zwischen Unternehmern, sondern grundsätzlich; allerdings gelten für Verbraucherverträge und Arbeitsverträge die Einschränkungen der Art. 29-30 EGBGB, ferner gelten die Grenzen des Art. 34 EGBGB.

Gruß,
moro
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Cicero
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 24.11.2005
Beiträge: 5793

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 14:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich kann die Frage nur aus schweizerischer Sicht beantworten


Super, genau darum geht es mir auch! Sehr glücklich

Ich kann die Frage nämlich nur aus deutscher Sicht beantworten, was mir aber nur so lange etwas nützt, wie eine Klage vor eine deutschen und nicht vor einem schweizerischen Gericht anhängig gemacht wird. Dann frage ich ja aus der Sicht des deutschen IPR, ob die Geltung des deutschen Sachrechts wirksam vereinbart worden ist.

Bei reinen Inlandssachverhalten in CH ist eine Rechtswahl also nicht möglich. Mal angenommen, es sei (bei einem Inlandssachverhalt in der Schweiz zwischen Unternehmern) ein ausschließlicher internationaler Gerichtsstand in Deutschnd vereinbart und es würde in der Schweiz geklagt. Würde das dann nicht dazu führen, dass sich das Gericht in der Schweiz für unzuständig erklärt und schon aus diesem Grund die Streitfrage nicht nach schweizerischem Recht entschieden würde?
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hbaumann
Interessierter


Anmeldungsdatum: 03.08.2006
Beiträge: 19
Wohnort: Baden, Schweiz

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Mal angenommen, es sei (bei einem Inlandssachverhalt in der Schweiz zwischen Unternehmern) ein ausschließlicher internationaler Gerichtsstand in Deutschnd vereinbart und es würde in der Schweiz geklagt.

In dieser Situation müsste ein schweizerisches Gericht seine Zuständigkeit grundsätzlich ablehnen. Wenn dann das deutsche Gericht die Zuständigkeit bejahen würde, käme natürlich deutsches IPR zur Anwendung. Ob deutsche Gerichte ihre Zuständigkeit bei innerschweizerischen Sachverhalten und Parteien bejahen, entzieht sich meiner Kenntnis. Die CH-Gerichte haben jedenfalls die Möglichkeit, derartige Streitigkeiten trotz der Gerichtstandsklausel abzulehnen, wenn kein genügender Bezug zum Gerichtsstand vorliegt.

Gruss HB
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Cicero
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Anmeldungsdatum: 24.11.2005
Beiträge: 5793

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

Na das wird doch mal richtig spannend!

Das wäre ja schließlich die Lösung. Das deutsche Gericht müsste anhand von 27 EGBGB die Wirksamkeit der Rechtswahl prüfen und würde über dessen Abs. 4 in Verbindung mit Art. 31 nach den Maßstäben des deutschen REchts prüfen, ob die Rechtswahlklausel wirksam war. Zum Schweizer IPRG käme es gar nicht. Alles natürlich unter der Voraussetzung, dass sich das deutsche Gericht für zuständig hält.

In Deutschland ist allerdings die Frage umstritten, ob ein reines Inlandsgeschäft einem ausländischen Recht unterstellt werden kann - Rechtsprechung scheint es zu dieser Frage nicht zu geben. Es bestünde also immer noch das Risiko, dass sich ein deutsches Gericht aufgrund allgemeiner Überlegungen anders entscheidet.

@moro, was meinen Sie?
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moro
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 19.06.2005
Beiträge: 1438

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 18:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Cicero,

habe ich den Fall, über den wir (jetzt zuletzt) diskutieren, richtig verstanden? Zwei Schweizer Kaufleute unterstellen ihren schuldrechtlichen Vertrag (der ansonsten ausschließlich mit der Schweiz und überhaupt nicht mit Deutschland verbunden ist) deutschem Recht und vereinbaren die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts?

Meines Erachtens wird das deutsche Gericht dadurch international und örtlich zuständig (§ 38 II ZPO). Aus deutscher Sicht handelt es sich um einen Fall mit Auslandsbezug. Das Gericht wird daher Art. 27 EGBGB heranziehen und den Fall nach deutschem Recht entscheiden, mit Ausnahme der zwingenden Bestimmungen des Schweizer Rechts (Art. 27 III EGBGB). Die letztgenannte Einschränkung entfiele, wenn es sich - wie im Ausgangsfall - z.B. um einen Lieferungsvertrag aus der Schweiz in die Türkei handeln würde.

Gruß,
moro
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Cicero
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Anmeldungsdatum: 24.11.2005
Beiträge: 5793

BeitragVerfasst am: 04.12.07, 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, genau dieser Fall ist gemeint. Das Ganze stößt natürlich an seine Grenzen, wenn zum Beispiel eine allgemeine Haftungsklausel die deliktische Haftung eines der beiden begrenzen soll.
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