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Verfasst am: 04.12.07, 22:55 Titel: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
Guten Tag,
Vorinfo: Unsere Tochter besucht die 1. Klasse einer Grundschule. An der Schule gibt es leider Probleme mit Gewalt und Vandalismus, zuletzt wurden muwillig Toiletteneinrichtungen beschmutzt und beschädigt. Die Schulleitung versucht nun die Probleme durch Einrichtung einer "Toilettenpolizei" in den Griff zu bekommen.
Konkret soll das so aussehen, daß die Klassenlehrer vor Pausenbeginn zwei Kinder heimlich pro Klasse zu sog. Klo-Polizisten ernennen sollen, die während der Pause die Toiletten inspizieren und, sollten sie Mitschüler auf frischer Tat ertappen, Meldung bei einem Lehrer bzw. der Schulleitung machen sollen.
Bei dieser Regelung habe ich irgendwie Bauschschmerzen, da mich diese Bespitzelungspraxis an sehr dunkle Zeiten unseres Landes erinnern.
Daher meine Frage: Darf ein Kind, selbstverständlich nicht volljährig, dazu verpflichtet werden, in seiner Pause/Freizeit seine Schulkamaraden auszuspähen und deren Fehlverhalten melden zu müssen?
Wie kann ich gegenüber der Schulleitung argumentieren?
Verfasst am: 05.12.07, 14:45 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
DigiHurry hat folgendes geschrieben::
Guten Tag,
Vorinfo: Unsere Tochter besucht die 1. Klasse einer Grundschule. An der Schule gibt es leider Probleme mit Gewalt und Vandalismus, zuletzt wurden muwillig Toiletteneinrichtungen beschmutzt und beschädigt. Die Schulleitung versucht nun die Probleme durch Einrichtung einer "Toilettenpolizei" in den Griff zu bekommen.
Konkret soll das so aussehen, daß die Klassenlehrer vor Pausenbeginn zwei Kinder heimlich pro Klasse zu sog. Klo-Polizisten ernennen sollen, die während der Pause die Toiletten inspizieren und, sollten sie Mitschüler auf frischer Tat ertappen, Meldung bei einem Lehrer bzw. der Schulleitung machen sollen.
Finde ich persönlich eine gute Idee - die Kinder werden dazu erzogen, Unrecht als solches zu erkennen und zu behandeln. Der Unkultur des "Wegschauens" wird hier entgegengewirkt.
Zitat:
Bei dieser Regelung habe ich irgendwie Bauschschmerzen, da mich diese Bespitzelungspraxis an sehr dunkle Zeiten unseres Landes erinnern.
"Bespitzelung" ist das Ausforschen von persönlichem Verhalten im privaten Bereich. Was hier aber gewünscht ist, ist die Aktive Mithilfe bei der Aufklärung einer Straftat bzw. die Prävention vor weitern Straftaten. sonst wäre ja auch die Kamera-Überwachung von Geldinstituten oder eine Aufforderung wie hier: http://www.freelists.org/archives/bio-tud/01-2006/jpgwgCaVn0zSO.jpg ebenfalls "Ausspähen".
Zitat:
Daher meine Frage: Darf ein Kind, selbstverständlich nicht volljährig, dazu verpflichtet werden, in seiner Pause/Freizeit seine Schulkamaraden auszuspähen und deren Fehlverhalten melden zu müssen?
Bei dieser Formulierung: Nein. Aber: Es geht nicht um "Freizeit" sondern um "Schulpausen". Und auch nicht um "Bespitzelung" (= Ausspähen einer festen Person; z. B. wie oft bohrt er in der Nase? Was hat er auf seinem Butterbrot? mit wem spielt er?) sondern um Verhinderung von Straftaten.
Zitat:
Wie kann ich gegenüber der Schulleitung argumentieren?
Das einzige Argument, was meiner Meinung nach zieht, ist, dass der Elternbeirat bei einer solchen Maßnahme zustimmen sollte.
Gegenfrage: Angenommen, ein Viertklässler "verkloppt" regelmäßig in den Pausen die Erstklässler und setzt sich dabei seine Schalmütze so auf, dass die Kleinen ihn nicht identifiziern können. Empfänden Sie da eine "Schülerpolizei", die aus Schülern jeder Klassenstufe besteht und den Schulhof "bespitzeln" soll, ebenfalls als unangebracht? _________________ mitternächtliche Grüße.
Gott weiß alles - Lehrer wissen alles besser.
Bin kein Jurist: Wer mir glaubt, ist selber schuld.
Meine Damen und Herren, heute Abend sinkt für Sie: das Niveau!
"Toilettenpolizei" und dann noch in der GS.
Wo kommen wir denn da (wieder) hin
Schrieb in einem ähnlich gelagertem Fall (WC mit Videoüberwachung ö.ä) darüber.
Vielleicht wäre das eine Alternative.
Ansonsten: Eltern- und Schülervertreter laden zu einer Ausserordentlichen (Gesamt-) Konferenz.oder setzen es als zusätzlichen Punkt zur evtl. bald erfolgenden Gesamtkonferenz.
Liebe Grüße
see
****************
est modus in rebus
Verfasst am: 05.12.07, 16:48 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
mitternacht hat folgendes geschrieben::
Finde ich persönlich eine gute Idee - die Kinder werden dazu erzogen, Unrecht als solches zu erkennen und zu behandeln. Der Unkultur des "Wegschauens" wird hier entgegengewirkt.
Nach meiner Einschätzung werden die Kinder durch eine solche Praxis eher dazu erzogen, sich NICHT mit dem anderen verbal auseinaderzusetzen, d.h. im Idealfall ihn auf sein Fehlverhalten und auf die Folgen für ihn und die Allgemeinheit aufmerksam zu machen, sondern eben als kleine Denunzianten durchs Leben zu gehen.
Mit der "Unkultur des Gegschauens" haben meine Bedenken eigentlich herzlich wenig zu tun, selbstverständlich muß hier eine Lösung gefunden werden, der Vandalismus muß abgestellt werden und die Betroffenen zur Verantwortung gezogen werden. Allerdings bin ich nicht der Auffassung, daß man das Ziel um jeden Preis mit "polizeistaatlichen" Methoden erreichen muß.
DigiHurry hat folgendes geschrieben::
Bei dieser Regelung habe ich irgendwie Bauschschmerzen, da mich diese Bespitzelungspraxis an sehr dunkle Zeiten unseres Landes erinnern.
mitternacht hat folgendes geschrieben::
"Bespitzelung" ist das Ausforschen von persönlichem Verhalten im privaten Bereich. Was hier aber gewünscht ist, ist die Aktive Mithilfe bei der Aufklärung einer Straftat bzw. die Prävention vor weitern Straftaten.
Im juristischen Sinne mag meine Wortwahl der "Bespitzelung" unkorrekt sein, allerdings dürfte sehr wohl der von der SL gewünschte Sachverhalt der Denunziation vorliegen, umgangssprachlich auch als "Petzen" bekannt. Interessant der Beitrag in Wikipedia zum Stichwort Denunziation: "Unter Denunziation (lat. denuntiare „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“) versteht man die häufig anonyme Beschuldigung einer Person hinter deren Rücken durch jemanden, dessen Dienst- oder Rechtspflicht das Erstatten einer Anzeige nicht ist".
mitternacht hat folgendes geschrieben::
Gegenfrage: Angenommen, ein Viertklässler "verkloppt" regelmäßig in den Pausen die Erstklässler und setzt sich dabei seine Schalmütze so auf, dass die Kleinen ihn nicht identifiziern können. Empfänden Sie da eine "Schülerpolizei", die aus Schülern jeder Klassenstufe besteht und den Schulhof "bespitzeln" soll, ebenfalls als unangebracht?
Allerdings fände ich auch eine geheime Schülerpolizei unter diesen Bedingungen unangebracht. Mein Zugang hierzu, wie auch schon zum obigen Thema, wäre da eher die Stärkung der Zivilcorage. Motto: "Wir schauen eben nicht weg und mischen uns ein, aber Petzen ist trotzdem das Letzte"!
Verfasst am: 05.12.07, 21:47 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
DigiHurry hat folgendes geschrieben::
"Unter Denunziation (lat. denuntiare „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“) versteht man die häufig anonyme Beschuldigung einer Person hinter deren Rücken durch jemanden, dessen Dienst- oder Rechtspflicht das Erstatten einer Anzeige nicht ist".
Unter diese Definition fällt eine normale Strafanzeige oft auch. Etwas Verwerfliches kann ich erstmal nicht erkennen.
Die wenigsten Schüler werden die verbale Auseinandersetzung mit dem Übeltäter suchen, weil das in der Regel nur Ärger bedeutet, da gerade diese Kandidaten ein gewisses sagen wir mal "Konfrontationsrisiko" mit sich bringen dürften. _________________ Dass Laien am Rechtsverkehr teilnehmen ist zwar ärgerlich aber eben unvermeidbar. spraadhans (cave: Ironie) Forenregeln!
Verfasst am: 05.12.07, 22:06 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
DigiHurry hat folgendes geschrieben::
Nach meiner Einschätzung werden die Kinder durch eine solche Praxis eher dazu erzogen, sich NICHT mit dem anderen verbal auseinaderzusetzen, d.h. im Idealfall ihn auf sein Fehlverhalten und auf die Folgen für ihn und die Allgemeinheit aufmerksam zu machen, sondern eben als kleine Denunzianten durchs Leben zu gehen.
Ein Kind sollte also einem Aggressor entgegentreten, sich mit ihm "verbal auseinandersetzen"? Sorry, aber ich kenne die Größenunterschiede von Schülern. Und ich halte es für naheliegend, dass ein Schüler, der vor Gewalt gegen Sachen nicht zurückschreckt, auch nicht davor zurückschrecken würde, einen Kleineren zu vertrimmen, der versucht, sich mit ihm "verbal auseinaderzusetzen". Grundschüler sind keine Weltmeister der Wortgewalt. Und bei gewalttätigen Personen soll ein Kind nicht "Superman" spielen, sondern Hilfe holen. Das ist das einzig Vernünftige, wenn der andere größer und stärker ist.
Wer mal mehrere Kinder im Grundschulalter (oder jünger) hatte, kennt das Geschrei genau: "Papa, der X hat ..." "aber der Y hat zuerst ..." " ... aber der X hat doch ..." Schon der natürliche Mitteilungsdrang macht die Kinder zu "kleinen Denunzianten". Das "verbale Auseinandersetzen" lernen sie erst nach und nach - und ich kenne genügend Neunt- und Zehntklässler, die das immer noch nicht drauf haben. In dem Alter (15 - 16) wird's aber langsam höchste Zeit ... _________________ mitternächtliche Grüße.
Gott weiß alles - Lehrer wissen alles besser.
Bin kein Jurist: Wer mir glaubt, ist selber schuld.
Meine Damen und Herren, heute Abend sinkt für Sie: das Niveau!
Verfasst am: 09.12.07, 07:12 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
Gammaflyer hat folgendes geschrieben::
DigiHurry hat folgendes geschrieben::
"Unter Denunziation (lat. denuntiare „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“) versteht man die häufig anonyme Beschuldigung einer Person hinter deren Rücken durch jemanden, dessen Dienst- oder Rechtspflicht das Erstatten einer Anzeige nicht ist".
Unter diese Definition fällt eine normale Strafanzeige oft auch. Etwas Verwerfliches kann ich erstmal nicht erkennen.
Klar, oftmals ist das so. Der Unterschied liegt ja wohl nur darin, dass im vorliegenden Fall die Kinder ausdrücklich zur Denunziation aufgefordert werden bzw. es von "höherer Stelle", also Lehrern bzw. Schulleitung von ihnen erwartet wird. Zu der freien Entscheidung eines Erwachsenen, einen Sachverhalt zur Anzeige zu bringen, sehe ich da schon noch einen gravierenden Unterschied. Wiir wollen nicht vergessen, im vorliegenden Fall geht es um Kinder ab 5 Jahre, denen man nicht immer unterstellen kann, dass sie die Konsequenzen ihrer Handlungen vollständig überblicken. (OK, machen viele Erwachsene auch nicht ).
Zitat:
Die wenigsten Schüler werden die verbale Auseinandersetzung mit dem Übeltäter suchen, weil das in der Regel nur Ärger bedeutet, da gerade diese Kandidaten ein gewisses sagen wir mal "Konfrontationsrisiko" mit sich bringen dürften.
Völlig korrekt, machen werden es wohl die wenigsten, weil sie feige sind bzw. es nicht anders gelernt haben, als sich "wegzuducken". in diesem Bereich liegt noch viel pädagogische Arbeit vor den Lehrern und vor allem den Erziehungsberechtigten. Es rechtfertigt aber m.E. trotzdem nicht, Kinder mit Polizeiaufgaben zu beauftragen.
Verfasst am: 09.12.07, 07:58 Titel: Re: Spitzeldienst in Grundschule zulässig?
mitternacht hat folgendes geschrieben::
Ein Kind sollte also einem Aggressor entgegentreten, sich mit ihm "verbal auseinandersetzen"? Sorry, aber ich kenne die Größenunterschiede von Schülern. Und ich halte es für naheliegend, dass ein Schüler, der vor Gewalt gegen Sachen nicht zurückschreckt, auch nicht davor zurückschrecken würde, einen Kleineren zu vertrimmen, der versucht, sich mit ihm "verbal auseinaderzusetzen".
Es geht mir auch gar nicht darum, dass sich der "liebe" Schüler A als Supermann behauptet und dem "bösen Schüler" B eine Moralpredigt über Vandalismus und dessen Folgekosten unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftspolitischen Bedeutung von Verantwortung des Individuums ...'' hält.
Klar kenne ich die Größenunterschiede, aber die besagen eben nicht immer alles. Auch kann nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, nur weil ein Kind die WC`s beschmutzt (und zwar allerübelst) und noch gegen einen Mülleimer tritt, dass dieses "böse" Kind dann auch sofort seine Vorderschaftrepetierflinte zücken wird, wenn es auf sein Fehlverhalten angesprochen wird. Und dann ist es ja auch oftmals so, daß sich Kind A und Kind B oftmals bekannt sein dürften, das Aggressionspotential bzw. die Gewaltbereitschaft von B einschätzbar ist.
Außerdem geht es mir hier auch gar nicht um eine Verpflichtung, dass bei jedem Regelverstoß der Sündige auf sein Fehlverhalten angesprochen werden muß. Würde doch eh nichts bringen, zur Zivilcourage (im Einzelfall) kann man nicht verpflichtet werden, ist wohl eher eine Charakterfrage, allerdings auch ein Stück erlernbar.
Zitat:
Grundschüler sind keine Weltmeister der Wortgewalt. Und bei gewalttätigen Personen soll ein Kind nicht "Superman" spielen, sondern Hilfe holen. Das ist das einzig Vernünftige, wenn der andere größer und stärker ist.
... nicht jeder GS muß ein sprachlicher Einfalltspinsel sein und eingeschränke "Wortgewalt" findet man auch unter Erwachsenen.
...habe nichts dagegen, wenn Kind A sich Hilfe organisiert, mag nur nicht, wenn man ein Kind unter Druck setzt und von ihm verlangt, seine Mitschüler zu "verpfiefen" und genau das war ja auch meine Ausgangsfrage, nämlich:" darf ein Kind gezwungen werden?", nicht "was darf ein Kind?".
Zitat:
Wer mal mehrere Kinder im Grundschulalter (oder jünger) hatte, kennt das Geschrei genau: "Papa, der X hat ..." "aber der Y hat zuerst ..." " ... aber der X hat doch ..." Schon der natürliche Mitteilungsdrang macht die Kinder zu "kleinen Denunzianten". Das "verbale Auseinandersetzen" lernen sie erst nach und nach - und ich kenne genügend Neunt- und Zehntklässler, die das immer noch nicht drauf haben. In dem Alter (15 - 16) wird's aber langsam höchste Zeit ...
[/quote]
Knackpunkt ist für mich hier wieder die "Freiwilligkeit" einer Aussage.
Die Diskussion ist etwas in den pädagogischen Bereich abgedriftet, eine Rückkehr zur rein juristischen Fragestellung wäre schön.
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