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Verletzung des Wesensgehalt ohne Textverletzung moeglich?

 
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carn
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Anmeldungsdatum: 15.02.2006
Beiträge: 2872

BeitragVerfasst am: 11.12.07, 15:18    Titel: Verletzung des Wesensgehalt ohne Textverletzung moeglich? Antworten mit Zitat

wiki:
"Der Wesensgehalt ist der absolute Kern des Grundrechts. Dieser ist nur dann berührt, wenn das Grundrecht im Einzelfall aus unzureichendem Anlass begrenzt wird bzw. das so begrenzte Grundrecht im Leben des Gemeinwesens letztlich keine Bedeutung mehr entfalten kann."

Kann der Wesensgehalt eines Grundrechtes durch ein Gesetz verletzt sein, auch wenn das Gesetz dem Text des Grundrechtes nicht wiederspricht?

Dummes Beispiel:
"(2) 1Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. 2Die Freiheit der Person ist unverletzlich. 3In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."

Folgendes Gesetz:
"Polizeibeamte muessen gegen jede maennliche Person ohne weibliche Begleitung und gegen jede weibliche Person ohne maennliche Begleitung unmittelbar toedliche Gewalt einsetzen."
Ich sehe jetzt nicht, dass dieses Gesetz gegen den Wortlaut von GG2 versteosst, da ja der Eingriff ins Lebensrecht aufgrund eines Gesetzes erfolgt. Der Gleichbehandlung von Mann und Frau aus GG3 ist ebenfalls genuege getan. Dennoch habe ich den Verdacht, dass dieses Gesetz gegen den Kern von GG 2.1 und 2.2 versteosst, womit es ein Beispiel waere, fuer den Wortlaut einhalten aber gegen den Wesensgehalt verstossen.
Waere dieses Gesetz nur aus wahrscheinlich unzureichenden Anlass oder wuerde dieses Gesetz auch dafuer sorgen, dass Lebens- oder Freiheitsrecht keine ausreichende Bedeutung mehr entfalten koennen?
("Unzureichender Anlass" duerfte beinahe immer zutreffen, mir faellt kein Szenario ein, in dem es zum Schutz anderer wichtiger Rechtsgueter Sinn machen wuerde, Leute einfach zu erschiessen, weil sie ohne entsprechende Begleitung unterwegs sind)


Ist vielleicht nicht das beste Beispiel, deswegen, gab es schon Gesetze, die zwar den Wortlaut des GGs nicht wiedersprachen, die dann aber trotzdem vom BVG kassiert wurden, weil sie eben den Kern beruehrten?

Gruesse,
Carn
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spraadhans
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Anmeldungsdatum: 26.11.2005
Beiträge: 7758
Wohnort: SMS Bayern

BeitragVerfasst am: 11.12.07, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

m.e. der völlig falsche ansatz:

ein gesetz, welches wie im beispiel die tötung von personen verlangt, widerspricht ja dem wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG.
Das ist das Grundrecht, Satz 3 hingegen ist die geschriebene Schrankenbestimmung. Die Schranke selber, also das Gesetz, muss natürlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, dessen Maßstäbe im Falle des Rechtes auf Leben sehr hoch anzusetzen sind. Von daher ist das fiktive Gesetz eine unzulässige Schrankenbestimmung, die mit Art. 2 GG nicht vereinbar und damit verfassungswidrig ist.
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Mount'N'Update
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Anmeldungsdatum: 17.09.2007
Beiträge: 1177
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 12.12.07, 23:14    Titel: Re: Verletzung des Wesensgehalt ohne Textverletzung moeglich Antworten mit Zitat

carn hat folgendes geschrieben::
Folgendes Gesetz:
"Polizeibeamte muessen gegen jede maennliche Person ohne weibliche Begleitung und gegen jede weibliche Person ohne maennliche Begleitung unmittelbar toedliche Gewalt einsetzen."
...Dennoch habe ich den Verdacht, dass dieses Gesetz gegen den Kern von GG 2.1 und 2.2 versteosst, womit es ein Beispiel waere, fuer den Wortlaut einhalten aber gegen den Wesensgehalt verstossen.


Dieses Gesetz verstieße nach meiner Rechtsauffassung nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen mehrere Vorschriften des Strafgesetzbuches (§211ff.). Insofern spare ich mir weitere Details wie zum Thema Gleichberechtigung, die es übrigens nicht nur zwischen Frau und Mann gibt (geben sollte...). Winken
_________________
Ich habe zu diesem Thema vor 15 Jahren eine Langzeitstudie anfertigen lassen, die ist allerdings noch in Arbeit.
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ThoT
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Anmeldungsdatum: 25.01.2006
Beiträge: 848

BeitragVerfasst am: 13.12.07, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

Spraadhans hat Recht:
Die Grundrechte sind grds Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Nach Art. 2 II GG hat der Bürger also das Recht, dass der Staat bitte nicht in sein Grundrecht auf Leben einzugreifen hat.
Der Eingriff darf, wie schon gesagt wurde nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen, welches hier in ihrem fiktiven Tötungs-Gesetz zu sehen wäre.
Dieser Eingriff in das Grundrecht des Lebens müsste auch gerechtfertigt sein.
Hier ist zunächst einmal fraglich ob bei einem Eingriff in das Leben nicht immer schon der Kern des Grundrechts betroffen ist, denn greift man in das GR auf Leben ein tritt an seine Stelle zwangsläufig der Tod. Vom Grundrecht bleibt also nichts mehr übrig. Hier macht man allerdings idR. die Einschränkung, dass nur der absolute Wesensgehalt nicht betroffen sein darf. Dh. subjektiv für den einzelnen kann das GR im Kern angetastet werden, für die Allgemeinheit muss jedoch noch ein Rest verbleiben (Stichwort: Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses).
Zu fragen ist daher nach der Verhältnismäßigkeit des Gesetzes, wobei man hier schon den legitimen Zweck verneinen müsste, denn welchen legitimen Zweck verfolgt ein Gesetz welches es Menschen untersagt ohne Begleitung auf die Straße zu gehen?
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Redfox
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Anmeldungsdatum: 31.10.2005
Beiträge: 8443
Wohnort: Am Meer

BeitragVerfasst am: 13.12.07, 15:41    Titel: Re: Verletzung des Wesensgehalt ohne Textverletzung moeglich Antworten mit Zitat

carn hat folgendes geschrieben::
gab es schon Gesetze, die zwar den Wortlaut des GGs nicht wiedersprachen, die dann aber trotzdem vom BVG kassiert wurden, weil sie eben den Kern beruehrten?


Eigenartige Frage. Dieser Tread ist schon bekannt? --> www.recht.de/archiv/viewtopic.php?t=57165
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Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. (Goethe, Maximen und Reflexionen).
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carn
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Anmeldungsdatum: 15.02.2006
Beiträge: 2872

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

doppelt

Zuletzt bearbeitet von carn am 17.12.07, 21:55, insgesamt 1-mal bearbeitet
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carn
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Anmeldungsdatum: 15.02.2006
Beiträge: 2872

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

ThoT hat folgendes geschrieben::

Dieser Eingriff in das Grundrecht des Lebens müsste auch gerechtfertigt sein.
...
Zu fragen ist daher nach der Verhältnismäßigkeit des Gesetzes, wobei man hier schon den legitimen Zweck verneinen müsste, denn welchen legitimen Zweck verfolgt ein Gesetz welches es Menschen untersagt ohne Begleitung auf die Straße zu gehen?


Aber im Wortlaut von GG2 steht nichts davon, dass der Eingriff verhaeltnissmaessig sein muss. Somit wuerde das Gesetz zwar nicht GG2 im Wortlaut wiedersprechen, waere aber immer noch unzulaessig, da es die nicht in GG2 explizit formulierte Bedingung der Verhaeltnissmaessigkeit nicht erfuellt.

@Redfox
Ich denke auch, dass das Luftsicherheitsgesetz diesen Zustand - mit dem Wortlaut vereinbar, aber trotzdem GG-widrig - erfuellt. Nur hat mir ein Diskussionspartner mehrfach gesagt, dass meine Idee - ein Gesetz kann den Wortlaut erfuellen, aber trotzdem GG-wiedrig sein - vollkommen hirnverbrannt und laecherlich ist. Um das neutral zu ueberpruefen, dieser Thread.
Ich bin momentan der Meinung, dass Gesetze sehr wohl den Wortlaut des GGs erfuellen koennen, aber trotzdem GG-widrig sind, wie das z.b. beim LuSichG der Fall war.
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spraadhans
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 26.11.2005
Beiträge: 7758
Wohnort: SMS Bayern

BeitragVerfasst am: 17.12.07, 23:57    Titel: Antworten mit Zitat

ich empfehle dir mal ein zwei definitionen von grundrechten und ein prüfungsschema anzuschauen und zu verinnerlichen.

und nochmal: jedes gesetz das ein grundrecht beeinträchtigt, verletzt dieses auch erstmal in seinem wortlaut, auch dein beispiel.

die frage ist immer, ob der eingriff zulässig ist.
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carn
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Anmeldungsdatum: 15.02.2006
Beiträge: 2872

BeitragVerfasst am: 18.12.07, 09:07    Titel: Antworten mit Zitat

spraadhans hat folgendes geschrieben::

und nochmal: jedes gesetz das ein grundrecht beeinträchtigt, verletzt dieses auch erstmal in seinem wortlaut, auch dein beispiel.


Ich habe einen Fehler bei der Eingangsfrage gemacht, da ich mit Verletzung des Wortlautes des Grundrechtes eigentlich meinte, dass der das Grundrecht betreffende Paragraf des GGs im Wortlaut verletzt wird.

Also das Grundrecht auf Leben wird natuerlich durch mein Gesetz im Wortlaut verletzt.
Aber soweit ich sehe wird GG2 als ganzes nicht im Wortlaut verletzt, ist aber aufgrund von nicht im Wortlaut von GG2 enthaltenen Ueberlegungen trotzdem unzulaessig.
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spraadhans
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Anmeldungsdatum: 26.11.2005
Beiträge: 7758
Wohnort: SMS Bayern

BeitragVerfasst am: 18.12.07, 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

deshalb geht man ja nicht nach dem reinen wortlaut Winken

verfassungsrecht setzt relativ viel hintergundwissen über grundrechte, deren schranken und eingriffsprüfungen voraus, von daher ist das manchmal sicherlich etwas schwer nachvollziehbar
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