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Verfasst am: 13.01.08, 23:36 Titel: Klage gegen Widerspruchsbescheid-keine aufschiebende Wirkung
Hallo zusammen
Folgendes fiktives Szenario: Ein Schüler hatte auf dem Weg aus dem Schulgebäude raus ein Zigarettenpäckchen aus einer Jackentasche rausgeholt und gleich darauf wieder in eine andere Tasche eingesteckt. Er wurde dabei von einem Lehrer beobachtet und dieser verlangte, dass ihm der Schüler die Zigaretten aushändigt. Dieser sagte schlicht "Nein", der Lehrer drohte ihm daraufhin mit Anzeige bei der Polizei. Am nächsten Tag behauptete der Lehrer, der Schüler habe laut Polizei eine Ordnungswidrigkeit begangen, eine Beschlagnahme wäre gerechtfertigt gewesen und er müsse für seine Weigerung 1 Stunden nachsitzen.
Von den Eltern wurde schriftlich Widerspruch gegen die Maßnahme eingereicht:
1. Besitz stellt keine Ordnungswidrigkeit und keinen Verstoß gegen Schulordnung dar
2. verlangte Beschlagnahme war durch nichts gerechtfertigt
3. Maßnahme wurde nicht durch entscheidende Stelle angesetzt (der KL will damit nix zu tun haben )
4. Anhörung Schüler wurde nicht durchgeführt
5. Maßnahme wurde nicht begründet
Daraufhin wurde durch die Schulleitung ohne Nennung einer Begründung und ohne den Schüler selbst anzuhören insgesamt viermal ein Termin zu diesem Nachsitzen anberaumt, dem die Eltern immer wieder widersprachen und absagten - der letzte Termin wäre kurz vor Ablauf der 3-Monatsfrist gewesen.
Nach 3,5 Monaten liegt Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vor - ablehnend und mit 150 Euro Gebühren, fällig mit Bekanntgabe des Bescheids, versehen.
Begründung:
- der Schüler habe sich aus dem Päckchen eine Zigarette in den Mund gesteckt
- das Fehlverhalten habe sich nicht in einer Unterrichtsstunde zugetragen, somit habe die Maßnahme auch durch die x-beliebige Lehrkraft ausgesprochen werden können
- die Gelegenheit zur Anhörung wurde durch diesen x-beliebigen Lehrer im Auftrag der Schulleitung geleistet
- die Maßnahme wurde ausreichend begründet und man entnehme dem Widerspruch, dass den Eltern der zugrunde liegende Sachverhalt und die rechtliche Wertung der Schule vollumfänglich bekannt sei
- das Führen der Zigarette zum Mund stelle einen Verstoß gegen das an der Schule geltende Rauchvorbot dar - vom Sinn und Zweck des Rauchverbots her ist bereits das öffentlich zur Schau gestellte In-den-Mund-stecken als Rauchen zu bewerten und habe bewusst provozierend stattgefunden
- 1 Stunde Nachsitzen entspricht somit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit und ist frei von Ermessensfehlern
- es ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um die mildeste aller Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen handelt
- die Schule ist somit nicht gehindert, einen neuen Termin festzusetzen
- die Höhe der Gebühren bemisst sich nach dem Verwaltungsaufwand sowie der Bedeutung des Gegenstands und ist in der Höhe ermessensgerecht
Gegen diesen Bescheid soll nun Klage eingereicht werden, da der geschilderte Ablauf "der Schüler habe sich aus dem Päckchen eine Zigarette in den Mund gesteckt" nicht der Wahrheit entspricht (Zeugen vorhanden), die formalen Voraussetzungen für die Maßnahme nicht den Anfordernissen des § 90 SchG genügen (auch wenn das im Bescheid so behauptet wird) und auch nicht das mildestes Mittel gem SchG, eine pädagogische Maßnahme, in Erwägung gezogen wurde. Eine Ermessensentscheidung wäre im Falle 'Rauchen auf Schulgelände' auch nicht möglich gewesen, denn in der Schule existiert seit 2005 eine Verwaltungsrichtlinie mit festgeschriebenen Maßnahmen dazu.
Wie geht man nun vor? Welche Klagearte(en) wählt man um folgende Ziele zu erreichen:
- Entscheidung zur Sache (das Nachsitzen ist unrechtmäßig angeordnet)
- Verhinderung eines Vollzugs der Nachsitzstunde (es ist zu erwarten, dass die Schule umgehend einen neuen Termin festlegt, in BaWü keine aufschiebende Wirkung)
- Aussetzung Gebühren Widerspruchsbescheid bis zur endgültigen Entscheidung
Die Klage kann beim Verwaltungsgericht zur Niederschrift eingereicht werden - bedeutet das, dass dort (ähnlich wie beim Arbeitsgericht) ein Rechtspfleger bei der Wahl der korrekten Klageart und der Formulierung der Klage hilft?
Danke + Gruß
PS: Bitte nicht ins Schulrecht verschieben - mir gehts nur um die folgende verwaltungsrechtliche Klage, nicht um eine Klärung der schulrechtlichen Seite!
Anmeldungsdatum: 29.01.2006 Beiträge: 8913 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 14.01.08, 01:14 Titel:
hispanola hat folgendes geschrieben::
PS: Bitte nicht ins Schulrecht verschieben - mir gehts nur um die folgende verwaltungsrechtliche Klage, nicht um eine Klärung der schulrechtlichen Seite!
Als ich es halb gelesen hatte, zuckte bei mir schon der Zeigefinger...
hispanola hat folgendes geschrieben::
Die Klage kann beim Verwaltungsgericht zur Niederschrift eingereicht werden - bedeutet das, dass dort (ähnlich wie beim Arbeitsgericht) ein Rechtspfleger bei der Wahl der korrekten Klageart und der Formulierung der Klage hilft?
Ja, obwohl ich es nach wie vor für einen Verstoß gegen das RBerG halte...
mich metzing anschließend bitte ich sie (und alle anderen user) damit auch von der beantwortung folgender fragen abstand zu nehmen:
Zitat:
Wie geht man nun vor? Welche Klagearte(en) wählt man um folgende Ziele zu erreichen:
- Entscheidung zur Sache (das Nachsitzen ist unrechtmäßig angeordnet)
- Verhinderung eines Vollzugs der Nachsitzstunde (es ist zu erwarten, dass die Schule umgehend einen neuen Termin festlegt, in BaWü keine aufschiebende Wirkung)
- Aussetzung Gebühren Widerspruchsbescheid bis zur endgültigen Entscheidung
letzte frage:
wa shat in BaWü keine aufschiebende wirkung? förmliche rechtsbehelfe im verwaltungsverfahren grds. immer, siehe 80 I 1 VwGO.
nur wenn ein fall des 80 II 1 Nrn 3 oder 4 vorliegt, haben widerspruch und anfechtungsklage ( ) keine aufschiebende wirkung
es werden Erziehungsmaßnahmen und Ordnungsmaßnahmen (DisziMaßn) unterschieden. Bei ErzM wird in der Regel ein Verwaltungsakt verneint, da sie keine Rechtswirkung nach außen hätten (zB Schüler soll weggeworfenes Papier ordentlich in Papierkorb legen).
Fraglich ist nun wo der Nachsitzunterricht hingehört. Falls man es als Verwaltungsakt wertet (verlässt schulinternen Bereich und Schüler wird in seiner Freizeit beeinträchtigt), findet dagegen Anfechtungsklage statt.
Man beantragt die Nachsitzverfügung aufzuheben.
Weiter beantragt man beim VG die Vollziehung auszusetzen.
Die Gebühren halte ich nicht für das Problem, da man die beim Prozessgewinn zurückbekommt. Hier dürfte gg. Sicherheitsleistung ausgesetzt werden können, wobei 150 € nicht allzu viel ist und das ggf. eine soziale Härte voraussetzt.
Falls die Nachsitzverfügung kein VA ist (und das RP im Widerspruchsbescheid unnötigerweise eine Sachprüfung vorgenommen hat) erhebt man Feststellungsklage, da mit der Feststellung der Unrechtmäßigkeit dem Nachsitzen kein Nachdruck mehr verliehen werden kann (zB durch einen Schulverweis oder durch polizeiliche Vorführung). Einstweilen kann man durch eine einstw. Anordnung Rechtsschutz bekommen (es wird beantragt, einstweilen anzuordnen, dass die Behörde es unterlässt, den Schüler zum nachsitzen zu laden). _________________ mfg
Klaus
Als ich es halb gelesen hatte, zuckte bei mir schon der Zeigefinger...
Ein Glück hat der Zeigefinger bis ans Ende des Textes durchgehalten.
spraadhans hat folgendes geschrieben::
wa shat in BaWü keine aufschiebende wirkung?
"Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt". Zu finden in § 90 Abs. 3 Satz 2 SchG Baden-Württemberg.
@ 0Klaus
Hallo und danke für die Infos.
Macht es einen Unterschied bezüglich der Wertung als VA, wenn die anberaumten Termine ausschließlich nachmittags und über 1 Stunde nach Schulschluss angesetzt werden?
Wobei ich schonmal irgendwo ein Urteil eines VG gelesen hatte, bei dem zugrundeliegender Streitpunkt 2 Nachsitzstunden waren. Dies wurde am gleichen Gericht verhandelt wie hier zuständig wäre. Da in BaWü das Nachsitzen auch als Maßnahme nach dem SchG angeordnet wird, würde ich den VA so aus dem Bauch raus schon bejahen.
Zitat:
Hier dürfte gg. Sicherheitsleistung ausgesetzt werden können, wobei 150 € nicht allzu viel ist und das ggf. eine soziale Härte voraussetzt.
Als Laie muss ich dumm fragen: Bedeutet das, dass man die 150 Euro Gebühren bei Gericht hinterlegt und diese dann den Zahlungsanspruch des Regierungspräsidiums bis zur endgültigen Entscheidung aussetzt?
Macht es einen Unterschied bezüglich der Wertung als VA, wenn die anberaumten Termine ausschließlich nachmittags und über 1 Stunde nach Schulschluss angesetzt werden?
Es wird wohl kaum gehen, dass man Nachsitzunterricht vormittags zur regulären Unterrichtszeit veranstaltet.
Aus § 90 Abs 3 vorletzter Satz SchulG ist allerdings abzuleiten, dass man das als VA sieht, da der Gesetzgeber festgelegt hat, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufsch. Wirkung haben (und die gibt es nur bei VAen).
Damit müsste beim VG die Herstellung der aufschiebenden Wrkung beantragt werden.
zu den Kosten:
§ 80 VwGO
(2) 1Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfällt nur
1.bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten
...
(4) 1Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. 2Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. 3Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(6) 1In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. 2Das gilt nicht, wenn
1.die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.eine Vollstreckung droht.
- - -
Diese Regelung ist eigentlich für Leistungsbescheide gedacht, in denen erhebliche Abgaben festgesetzt werden (zb 10.000 € Straßenausbaubeiträge). Diese können dann gegen eine Bankbürgschaft ausgesetzt werden. Eine Sicherheitsleistung wird man für 150 € Widerspruchsgebühr kaum erheben. Ggf. setzt die Behörde die Gebühr auf Antrag bis zum Urteil aus.
Zu beachten ist, dass ein VG Verfahren einige Zeit in Anspruch nimmt und der Schüler zu einer rechtskräftigen Entscheidung die Schule schon verlassen haben könnte, zumal die Sache keine existenzgefährdende Bedeutung hat.
Da ich mittlerweile etwas schlauer bin: Für Otto-Normalo, sprich Kläger ohne anwaltliche Vertretung, ist das Wissen um die Klageart gar nicht nötig für das weitere Vorgehen.
Man erhebt
1. Klage wegen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme und beantragt, den Widerspruchsbescheid aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Maßnahme nicht zu vollziehen
und stellt
2. Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen
Bezüglich der Gebühren erging der Rat zu zahlen, allerdings müsse man sich damit nicht soooo beeilen, da der Beklagte für seine Äußerung zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (aufschiebende Wirkung) nur 14 Tage Zeit hat und man demzufolge mit einer Entscheidung des Gerichts zu diesem Antrag binnen 3 Wochen rechnen kann.
Gemäß dem von Dir genannten Punkt
(4) 3 Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen
könnte man dann - sollte das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen und damit gleichzeitig seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des VA kundgeben - die Aussetzung der Gebühren beantragen. In der Regel würde aber das VG, wenn es dem Antrag folgt, auch die Aussetzung der Gebühren gleich mit anordnen - auch wenn dies nicht explizit beantragt wurde.
Zitat:
Zu beachten ist, dass ein VG Verfahren einige Zeit in Anspruch nimmt und der Schüler zu einer rechtskräftigen Entscheidung die Schule schon verlassen haben könnte, zumal die Sache keine existenzgefährdende Bedeutung hat.
Mal davon abgesehen, dass man dann später um die Rechtmäßigkeit eines VA streitet, der gar nicht mehr vollzogen werden kann - was genau sollte man da beachten, wenn der Schüler vor Entscheidung die Schule verlässt?
wenn der Schüler dÃe Schule vor dem Urteil verlässt, dürfte das Verfahren enigestellt werden, da kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Eine Zukunftswirkung gibt es nicht, weil ähnliche Fälle nicht zu befürchten sind. _________________ mfg
Klaus
Natürlich gibt es ein Rechtschutzbedürfnis: Die mit dem Widerspruchsbescheid erhobenen Gebühren. Wie sonst will der Kläger diesen Anspruch auf Rückzahlung geltend machen, wenn nicht geklärt wird ob der zugrundeliegende VA rechtmäßig war oder nicht?
Wenn dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz entsprochen und die Aussetzung der Gebühren abgeordnet wurden, würde sich das Problem mit einer Einstellung auch nicht lösen - die Gebührenschuld würde dann weiter bestehen.
Ich kann ich mir nicht vorstellen, dass es da mit einer Einstellung getan und erledigt ist.
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