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Lobbyarbeit + Demokratie: Bananenrepublik?
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jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.09.2004
Beiträge: 4985
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 08:43    Titel: Lobbyarbeit + Demokratie: Bananenrepublik? Antworten mit Zitat

Liebe Mitglieder und Leser,

unter der Überschrift "Verdeckte Lobbyarbeit in Bundesbehörden?" gab es gestern diese Meldung:

Zitat:
Etwa 300 Vertreter von Unternehmen und Verbänden haben in den Jahren 2004 bis 2006 in Bundesbehörden gearbeitet - drei Mal mehr als bislang bekannt. Die meisten von ihnen seien weiterhin von der Privatwirtschaft bezahlt worden, schreibt der Bundesrechnungshof in einem Bericht, der dem ARD-Magazin "Monitor" vorliegt. Die Prüfer bemängelten das "Risiko von Interessenkonflikten", das entstehe, wenn Beschäftigte aus der Privatwirtschaft in Ministerien und nachgeordneten Behörden arbeiteten

Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/externemitarbeiter2.html

Das Statement
Zitat:

Die Bundesregierung schloss eine "politische Einflussnahme auf Entscheidungen der obersten Bundesbehörden" aus.

erinnert an gezielte Desinformation, wie sie in "Bananenrepubliken" üblich ist.

Es ist noch nicht so lange her, da leitete ich als Vorsitzender eine Bundeskonferenz "Aufklärung von Abrechnungsmissbrauch" im Gesundheitswesen mit u.a. hochrangigen Vertretern aus der Politik, von den Krankenkassen, vom BKA und LKAs. Daher stechen mir die Parallelen nicht ganz unerwartet ins Auge: Sind Vorteilsannahme, Weitergabe von Dienstgeheimnissen, tendenziöse Ausschreibungen keine Kategorien, die einen Anfangsverdacht in Richtung Korruption nahe legen?

Durchblickern und Eingeweihten war wohl immer klar, wie wenig Demokratie wir wirklich haben. Aber wenn das jetzt öffentlich bekannt gegeben wird und das Wahlvolk Ruhe hält, dann kommt mir das schon mehr als seltsam vor.

Wie sehen Sie das? Aus meiner Sicht muss doch die Frage gestellt werden, ob wir in einer Demokratie leben oder nur in der Illusion gehalten werden, wir lebten in einer Demokratie. Erinnert Sie das nicht an "Matrix"?

Und wenn wir uns alle schon mit der Antwort "Illusion" abgefunden hätten, wie stabil ist so eine Illusion?
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Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.recht.de
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Adromir
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Anmeldungsdatum: 30.10.2005
Beiträge: 5610
Wohnort: Hannover

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 09:02    Titel: Antworten mit Zitat

Das wirtschaftliche Interessen von entsprechenden Industriezweigen bei der Gesetzgebung oftmals mehr wiegen, als Augenmaß und die Interessen der Bevölkerung ist ja nun mehr augenscheinlich.
Da wundert mich sowas nun auch nicht mehr Traurig
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Geist ist Geil!
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SpecialAgentCooper
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Anmeldungsdatum: 07.09.2006
Beiträge: 3296

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 09:03    Titel: Antworten mit Zitat

Das deutsche Wahlvieh ist doch in seiner großen Mehrheit weder willens noch in der Lage, ernsthafte Alternativen zu unserer Staatsform in Betracht zu ziehen. Und der einzig noch erkennbar mobilisierbare Teil unserer Bevölkerung, ich sage mal bewußt provokant und voruteilsbeladen der Harz-muß-weg-Pöbel, in all seinem Streben auf Realitätsverleugnung gerichtet.
So lange es noch genug Brot und Spiele für die meisten gibt wird sich daran auch nichts ändern.
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„Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
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ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 14.07.2006
Beiträge: 2166

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 09:17    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist das traurige daran.
Wenn man über Lobbyismus und den immensen Einfluss der Wirtschaft
spricht, wird das meistens als nicht beweisbare Allgemeinphrase abgetan.
Man will nicht wahrhaben, dass wir schon seit Jahrzehnten nicht von den
gewählten Volksvertretern regiert werden, sondern von der Wirtschaft.
Ungeheuerlich aber ist, dass selbst Abgeordnete und Ministerialmitarbeiter
bestreiten davon gewusst zu haben.


Zur Vertiefung:
http://www.uni-leipzig.de/~roose/fjnsb/alt/tagung/berlin03.htm



Gr.
ZetPeO
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Manche Menschen haben einen Gesichtskreis vom Radius Null und nennen ihn ihren Standpunkt
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Wenn die Sonne der Weisheit tief steht, werfen auch geistige Zwerge lange Schatten.
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SpecialAgentCooper
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Anmeldungsdatum: 07.09.2006
Beiträge: 3296

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann ja nicht mal behaupten, es erstaunte mich, dass der Skandal kaum jemanden zu interessieren scheint und schon mal gar, wenn uns niemand widerspricht. Neutral
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ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 14.07.2006
Beiträge: 2166

BeitragVerfasst am: 03.04.08, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wundert mich nicht, dass Sie das nicht wundert.

Sich durch etwas anderes zu informieren, als durch den alltäglichen Medienwahnsinn
verlangt schließlich eine gehörige Portion masochistische Leidensfähigkeit.( Cool )


Gr.
ZetPeO
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Dipl.-Sozialarbeiter
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Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 04.04.08, 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Wikipedia in: Lobbyismus hat folgendes geschrieben::
Der Lobbyismus wird in Anlehnung an die Vierte Gewalt auch als Fünfte Gewalt bezeichnet, da ohne Interessenpolitik kein realistisches Gesetzgebungsverfahren möglich ist. Anders als den institutionalisierten Gewaltenträgern unterliegen Interessenvertreter jedoch keinen klaren gesetzlichen Regelungen.

Der kleine Mann und Steuerzahler hat leider keine Lobby. Daher kann die Politik diesen Menschen die Sozialleistungen kürzen bzw. so richtig das Geld aus der Tasche ziehen. Das SGB II haben wir der Wirtschaft und der Hartz-Kommission zu verdanken.

jaeckel hat folgendes geschrieben::
Wie sehen Sie das? Aus meiner Sicht muss doch die Frage gestellt werden, ob wir in einer Demokratie leben oder nur in der Illusion gehalten werden, wir lebten in einer Demokratie.

Der Lobbyismus ist Teil der Demokratie, aber er sollte klar geregelt und offen sein. Juristen und Verwaltungsbeamten fehlt das Fachwissen in anderen Bereichen. Leider wird die nicht wirklich zur Kenntnis genommen. Winken
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Mount'N'Update
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Anmeldungsdatum: 17.09.2007
Beiträge: 1177
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 04.04.08, 21:27    Titel: Re: Lobbyarbeit + Demokratie: Bananenrepublik? Antworten mit Zitat

jaeckel hat folgendes geschrieben::
Das Statement
Zitat:

Die Bundesregierung schloss eine "politische Einflussnahme auf Entscheidungen der obersten Bundesbehörden" aus.

erinnert an gezielte Desinformation, wie sie in "Bananenrepubliken" üblich ist.


Wie hätte das Statement denn lauten sollen, damit es Sie an eine Demokratie erinnert?
Die Bundesregierung hat politische Einflussnahme ausgeschlossen. Ohne dass wir es besser wissen, zweifeln wir daran.

Denn wenn dem nicht so wäre, könnten wir uns so überflüssige Volksabstimmungen (aber ich halte diese generell für überflüssig) wie die zum Weiterbetrieb des Flughafens Tempelhof sparen, zumal es wohl kaum einen Wirtschaftsmenschen gibt (außer die von der Flughafengesellschaft vielleicht), der die Schließung Tempelhofs befürwortet.
_________________
Ich habe zu diesem Thema vor 15 Jahren eine Langzeitstudie anfertigen lassen, die ist allerdings noch in Arbeit.
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ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 14.07.2006
Beiträge: 2166

BeitragVerfasst am: 04.04.08, 23:30    Titel: Antworten mit Zitat

@Mount'N'Update

Ich habe das Gefühl, dass Sie die weiterführenden Links nicht gelesen haben.
Hier noch etwas zum Vertiefen:
http://www01.wdr.de/tv/monitor/lobbyismus.phtml

Bitte die einzelnen älteren Berichte auch lesen.


Zitat:
Die Bundesregierung hat politische Einflussnahme ausgeschlossen.


Ja um Gottes Willen, Sie glauben doch nicht allen Ernstes dass auch nur
ein Abgeordneter politischen Selbstmord begeht und die Einflussnahme von
Lobbyisten zu Gesetzesentwürfen zugibt.

Zitat:
Ohne dass wir es besser wissen, zweifeln wir daran.


Ich wusste schon warum ich das geschrieben hatte:
Zitat:
Wenn man über Lobbyismus und den immensen Einfluss der Wirtschaft
spricht, wird das meistens als nicht beweisbare Allgemeinphrase abgetan.


Lesen Sie sich in das Thema etwas ein, und ich bin sicher, dass Sie diese Meinung
revidieren werden, auch wenn das Bild vom Dienstherren ein erheblichen Kratzer
erhält.
Ich habe übrigens mehr Angst vor Politikern, - gestrichen, Typen, die beides,
entgegen ihrem Amtseid, in sich vereinen, ohne dass man eine direkte Verbindung zu Wirtschaftsverbänden erkennen kann.
( wieso fällt mir jetzt hier u.a. ein ehemaliger Innenminister ein?)


Gr.
ZetPeO
P.S.
Für meinen Geschmack hätte Herr Dr. Jäckel hatte den Thread sogar viel provozierender betiteln können, vielleicht “ Wer regiert uns wirklich”? oder
“Die Regierung in den Fängen der Krake Wirtschaft” ? etc….
Dann würde vielleicht etwas mehr “Action” sein, insofern, Danke für die
Fortsetzung. Winken
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Metzing
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 29.01.2006
Beiträge: 8913
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 01:31    Titel: Antworten mit Zitat

jaeckel hat folgendes geschrieben::
"Bananenrepubliken"

Haben wir. Haben Sie ernsthaft daran gezweifelt? Ich sehe, wie Politik "läuft" respektive beeinflußt wird, ich sehe (z. B. Zusteller-Mindestlohn) wie Gesetzgebung beeinflußt wird, und ich sehe regelmäßig in "meinem" eigenen beruflichen Bereich, wie die Rechtsprechung sich beeinflussen läßt (mal für mich, mal gegen mich, klar, daß ich auch "mitmache").
jaeckel hat folgendes geschrieben::
Es ist noch nicht so lange her, da leitete ich als Vorsitzender eine Bundeskonferenz "Aufklärung von Abrechnungsmissbrauch" im Gesundheitswesen mit u.a. hochrangigen Vertretern aus der Politik, von den Krankenkassen, vom BKA und LKAs.

Wie waren Ihre Erfahrungen?
jaeckel hat folgendes geschrieben::
Durchblickern und Eingeweihten war wohl immer klar, wie wenig Demokratie wir wirklich haben.

Advocatus diaboli: Sicher, lieber Herr Dr. Jäckel, daß es "wenig" ist? Man kann das auch umdrehen: ZUVIEL. Es mag arrogant erscheinen, aber ich denke manchmal, warum hat eigentlich der letzte Junkie, der Typ, der morgens um 8 Uhr stinkend vor Restalkohol mit einer ****-Zeitung neben mir in öffentlichen Verkehrsmitteln (die ich aus eben diesen Gründen meide Mit den Augen rollen ) sitzt und Ausländer anpöbelt (kann man, ggf. wie politisch/sozial gewollt, beliebig ausdehnen, leider zu sehr in alle Richtungen) ebenso EINE Stimme wie ich? Ist Demokratie der Wille der MASSEN (ohne jede Qualifikation)? Da fällt mir Einstein ein:
A. Einstein hat folgendes geschrieben::
Die Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind, und ihre Stimmen zählen genau wie unsere.

Ok, vielleicht bin ich antidemokratisch - ich bevorzuge allerdings: abgestuft demokratisch. Ja, das Dreiklassenwahlrecht ist prinzipiell eine gute Idee - allerdings nicht nach Einfluß, sondern nach Intelligenz gestuft. Böse

Und dann haben wir wirklich die Regierung, die wir verdienen... Lachen

Beste Grüße

Metzing
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Τὸν ἥττω λόγον κρείττω ποιεῖν.
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Dipl.-Sozialarbeiter
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 09:13    Titel: Antworten mit Zitat

Metzing hat folgendes geschrieben::
...
Ok, vielleicht bin ich antidemokratisch - ich bevorzuge allerdings: abgestuft demokratisch. Ja, das Dreiklassenwahlrecht ist prinzipiell eine gute Idee - allerdings nicht nach Einfluß, sondern nach Intelligenz gestuft. Böse

Und dann haben wir wirklich die Regierung, die wir verdienen... Lachen ...

Nun, ein Klassenwahlrecht möchte ich nicht unbedingt haben. Aber auch der Vergleich mit einer "Bananenrepublik" sehe ich noch nicht ganz erfüllt.

Wikipedia hat folgendes geschrieben::
Als Bananenrepublik werden Länder bezeichnet, in denen Korruption und Bestechlichkeit bzw. allgemein staatliche Willkür vorherrschen oder denen diese Eigenschaften zugeschrieben werden.

Manchmal leidet in unserer Republik etwas die "Rechtsstaatlichkeit". In dem Monitor-Beitrag "Heimliche Interessensvertreter: Lobbyisten in Bundesministerien" hat es die Bundesministerin a.D. Leutheusser-Schnarrenberger m.E. schön auf dem Punkt gebracht.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP, ehem. Bundesjustizministerin hat folgendes geschrieben::
"Für mich als ehemalige Ministerin ist selbstverständlich, dass Gesetzentwürfe von öffentlichen Bediensteten in den Ministerien, die Fachleute sind, entworfen werden. Dann der Meinungsaustausch mit den Verbänden erfolgt, dann im Ministerium, im Kabinett entschieden wird. Aber nicht, indem verdeckt mitgearbeitet wird von den interessierten Kreisen. Das erinnert mich wirklich an einen schlechten Krimi."

Nach unserem Grundgesetz ist die rechtliche Gleichberechtigung (nicht nur die der Männer und Frauen) ein Grundrecht (Siehe Art. 3 GG).

Art. 3 GG hat folgendes geschrieben::
...
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Richtig finde ich auch, daß wir als Grundrecht die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 GG haben. Im Prinzip ist es nicht zu beanstanden, daß sich Interessensgruppen an der politischen Meinungsbildung beteiligen. Aber Einzelinteressen sind nicht losgelöst von den Gesamtinteressen eines Volkes zu sehen. "Die LINKE" konnte m.E. deswegen so stark werden, weil sich viele sozial benachteiligte Menschen von der letzten und jetzigen Regierung nicht mehr vertreten sahen. Die Sozialpolitik ist nun mal in den Händen der Wirtschaft nicht gut vertreten.

Ein weiteres Beispiel der Auswüchse des Lobbyismus ist das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) von 1935. Ursprünglich von den Nazis eingeführt, um die Juristen jüdischen Glaubens aus der Rechtspflege zu verjagen, entwickelte sich dieses Gesetz nach 1945 zu einem Schutzgesetz für die wirtschaftlichen Interessen der Rechtsanwälte (s.a. Die Entstehung des RBerG). Im übrigen ist der Meisterzwang im Handwerk (als Auswuchs der damaligen Zünfte) auch nichts anderes, als die "gute Arbeit" der Lobby. Die berufsständischen Körperschaften sind aus ihrer Sicht erfolgreich. Dies zeigt das neue Rechtsdienstleistungsgesetz.

Mein Kritikpunkt ist nicht, daß Einzelinteressen vertreten werden. Es kommt hier nur auf das berühmte "Wie" an. An diesem Punkt bin ich mit der Meinung unserer ehemaligen Bundesjustizministerin vollkommen einig. Winken

________
Vertiefend: MONITOR Nr. 575 am 3. April 2008 - Heimliche Interessensvertreter: Lobbyisten in Bundesministerien - (TV-Beitrag)
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jaeckel
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Anmeldungsdatum: 12.09.2004
Beiträge: 4985
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Herr Metzing,

lassen Sie uns diesen Ansatz doch mal weiterdenken.
Metzing hat folgendes geschrieben::

Ja, das Dreiklassenwahlrecht ist prinzipiell eine gute Idee - allerdings nicht nach Einfluß, sondern nach Intelligenz gestuft.

Müsste man denn dazu z.B. das GG Artikel 3 angreifen?

Exkurs ins Gesundheitswesen:
Metzing hat folgendes geschrieben::
Wie waren Ihre Erfahrungen?

Das war interessant. Eine der widerstreitenden Interessensgruppen (Kassen vs. Leistungserbringer) im Gesundheitswesen, die untereinander einen ständigen Grabenkampf führen und damit jede Weiterentwicklung blockieren, hatte über die Politik geschafft, im SGB quasi eine Überwachungsrolle der Kassen gegenüber den Leistungserbringern zu installieren. Ich kannte auch die dunklen Geheimnisse beider Seiten. Die Teilnehmer hatten und haben bis heute vollkommen ausgeblendet, dass es dreiste Vorteilsannahme und Korruption in nicht unerheblichen Ausmaßen auch in ihren Reihen gibt. Die Leistungserbringer (Kliniken, Ärzte etc.) wurden dort aber komplett in die Verteidigungsposition gedrängt. Sie konnten nicht zum Gegenangriff übergehen, weil sie die dunklen Geheimnisse der anderen Seite nicht im Ansatz kannten/kennen. Der Vorsitzende fand natürlich klare Worte diesbezüglich. Winken Im Ergebnis ist das Ganze auch im GW ein abgekartetes schmutzigen Spiel gesteuert durch Interessensgruppen. Längst haben öffentlich-rechtliche Großinstitutionen genau wie Wirtschaftsunternehmen Eigeninteressen, die nicht dem Gemeinwohl verpflichtet sind.
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Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
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ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 14.07.2006
Beiträge: 2166

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
.....allerdings nicht nach Einfluß, sondern nach Intelligenz gestuft.


Ich bin immer wieder erstaunt wenn etwas vorgeschlagen wird was wir schon haben,
oder bezog sich das auf die zu Wählenden? Winken

Die Demokratie ist doch immer noch die beste politische Lebensform,
weil sie zumindest theoretisch den „Willen der Massen“ zulässt.
Leider ist sie gerade deswegen auch anfällig.
Da es immer mehr um Macht und dann um Machterhalt geht, ist auch vorprogrammiert,
dass der vielleicht noch ehrbar denkende Jungpolitiker im Laufe der Zeit erst
desillusioniert wird und dann ebenfalls zum Knecht des eigenen Erhaltungstriebes.

Gefragt sind hier die Medien, der wichtigste Bestandteil zum Erhalt einer Demokratie.
Nur müssten diese ungleich größere Anstrengungen aufbringen das durch sie
mitgetragene Verblödungsinformationssystem wieder rückgängig zu machen.
Dazu tragen aber auch schon Diskussionen bei, wie sie hier stattfinden, auch wenn
es bis gestern, selbst im hier eigentlich stark frequentierten Unterforum gerade
einmal 7 Beiträge mit noch nicht einmal 100 Aufrufen waren.
Insofern halte ich „politische Pannen“ für willkommene Aufhänger um auch
andere Missstände anzuprangern.
Zur Zeit sind große Teile der Bevölkerung unzufrieden und somit empfänglich für
solche, ich nenne es einmal „kleine Skandale“.

Gr.
ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

jaeckel hat folgendes geschrieben::
... Die Leistungserbringer (Kliniken, Ärzte etc.) wurden dort aber komplett in die Verteidigungsposition gedrängt. Sie konnten nicht zum Gegenangriff übergehen, weil sie die dunklen Geheimnisse der anderen Seite nicht im Ansatz kannten/kennen. Der Vorsitzende fand natürlich klare Worte diesbezüglich. Winken Im Ergebnis ist das Ganze auch im GW ein abgekartetes schmutzigen Spiel gesteuert durch Interessensgruppen. Längst haben öffentlich-rechtliche Großinstitutionen genau wie Wirtschaftsunternehmen Eigeninteressen, die nicht dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Hallo Dr. Jäckel,

gerade am Beispiel der Gesundheitsreform läßt sich der große Nachteil des Lobbyismus mit all seinen negativen Begleiterscheinung sehr schön aufzeigen. Der eigentliche Sieger der Gesundheitsreform sind m.E. die Pharmaunternehmen auf der einen Seite und der Verlierer läßt sich ebenfalls ausmachen. Dies sind die Versicherten, die für immer weniger Leistungen immer mehr Beiträge zahlen müssen. Zwischen diesen beiden Polen stehen die Leistungserbringer. Die kleine Arztpraxis oder der Landarzt kann ebenso zu den Verlierern gehören, wie die Krankenschwester in einem Krankenhaus.

Das Gesundheitswesen ist auch für mich zu komplex, um alle Einzelheiten zu erfassen und zu überprüfen. Um so wichtiger ist es, daß die Bevölkerung nicht das Vertrauen in die Arbeit der Ministerien und Behörden verliert. Aber noch funktioniert die "Vierte Gewalt" und so kann auch ich Beiträge wie "Koalition der Quacksalber" lesen.

Direkte Vertreter der Lobby, die von Dritten bezahlt werden, haben in den Behörden und Ministerien nichts zu suchen. Sie sollen gehört werden, dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Aber dafür führen die Fachausschüsse des Bundestages öffentliche Anhörungen durch.

§ 20 GG hat folgendes geschrieben::
...
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
...

Der jetzige Skandal in den Bundesministerien ist eine Sauerei. Die Abgeordneten des Bundestages können sich m.E. zu recht "belogen und betrogen" fühlen. Die Abgeordneten sind unsere gewählten Vertreter und haben sich in den Wahlkreisen der Diskussion mit den Bürgern zu stellen. Manche Abgeordnete beziehen vor Ort zu Unrecht "verbale Prügel" von ihren Wählern (leider zunehmend von den Nichtwählern). Der Lobbyismus gefährdet unsere Demokratie und ist somit an der Grenze der Verfassungsfeindlichkeit. Es bedarf nur noch eines kleinen Schrittes und dann wäre die Grenze überschritten. Ich hoffe nur, daß der Bundestag deutliche Worte für diesen Skandal findet.

Leider wird die Stellung der Parteien in Deutschland gern vergessen.

Art. 21 GG hat folgendes geschrieben::
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. ...

Ebenso ärgere ich mich darüber, wenn die Rolle der Abgeordneten immer wieder beschädigt wird.

Art. 38 GG hat folgendes geschrieben::
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. ...

Der in Monitor dargestellte "praktizierte Lobbyismus" gefährdet unsere Demokratie, weil sie zum Vertrauensverlust des Volkes in die unabhängige Arbeit der Bundesgesetzgebung führt.

In diesem Sinne ist zumindest der Verdacht einer Bananenrepublik verständlich. Winken

Liebe Grüße

Klaus
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Ronny1958
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 19.08.2005
Beiträge: 6981
Wohnort: "Küchenjunges" Ländle

BeitragVerfasst am: 05.04.08, 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich muß gestehen, dass mir Lobbyismus durchaus geläufig war, ich mir aber über die real existierende Lobbyarbeit und das Ausmaß der praktischen Einflußnahme (Stichwort: Beamte auf Zeit aus Wirtschaft und Interessenverbänden) nicht in dem jetzt bekanntgewordenen Umfang im Klaren war.

DAMIT hatte ich nicht gerechnet.

Offene Lobbyisten ja, verdeckte U-Boot-Arbeit in der Gesetzgebung nein.
Ich bekomme langsam Angst....

Grüße
Ronny Winken
_________________
Vielen Dank auch für die positiven Bewertungen. Winken
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