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Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen
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Roni
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Anmeldungsdatum: 21.01.2005
Beiträge: 4287

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

hallo

und wofür denn nun bitte das Schmerzensgeld. Hat der Arme sich ind die Hose gesch.. wegen der Androhung. Als er das Kind brutal und grausam getötet hat, hat er auch kein Mitgefühl oder gar Schmerzgefühl.
Außerdem ist es noch ein weiter Weg von einer Androhung bis zur Ausführung.

Gruß roni
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SpecialAgentCooper
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Anmeldungsdatum: 07.09.2006
Beiträge: 3296

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Zitat:
Hat Gefgen eigentlich Schmerzensgeld an die Eltern des Jungen zahlen müssen für den unendlichen Schmerz den er ihnnen zugefügt hat ?

Das sollten die Eltern in Erwägung ziehen, falls Gäfgen Schmerzensgeld zugesprochen werden sollte!
Denn mit welcher Berechtigung sollte G. es bekommen und die Eltern des ermordeten Kindes nicht?

Das ist absolut richtig. Schon deswegen macht die Klage durch Gäfgen aber auch Sinn, wenn sie die vollstreckungsrechtlichen Zugriffsmöglichkeiten der Hinterbliebenen denn erhöht. Einem nackten Mann in die Tasche packen macht wenig Sinn. Allerdings bin ich mir momentan nicht sicher, ob derartige Ansprüche überhaupt pfändbar wären.
Wobei klar bleibt: Schmerzensgeld gibt den Eltern ihr Kind leider auch nicht wieder.
_________________
„Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
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Ivanhoe
Gast





BeitragVerfasst am: 05.05.08, 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

SpecialAgentCooper hat folgendes geschrieben::
Wir sind uns also insoweit einig.
Dann soll Herr D. doch Größe zeigen und den von ihm verursachten Schaden direkt begleichen, damit der Steuerzahler verschont bleibt. Hätte Herr D. handwerklich sauberer gearbeitet, dann wäre uns einiges an Diskussionen und natürlich auch an Prozeßkosten erspart geblieben.


Dass das Ganze disziplinarische Maßnahmen für Herrn Daschner hat, ist ja in Ordnung.
Der Rest............

SpecialAgentCooper hat folgendes geschrieben::
Täterschutz trifft es natürlich nicht, aber da hatte ich ja bereits darauf hingewiesen. Und das Opfer war bekanntermaßen ohnehinlängst tot.


Und dass das Kind tot war, macht es besser für Gäfgen? Geschockt Mit den Augen rollen
Was aber zu diesem Zeitpunkt nur Gäfgen wusste!
Die Polizisten mussten davon ausgehen, dass das Kind noch lebte! Somit mussten sie alles in ihrer Macht befindliche unternehmen um das Kind zu retten!

SpecialAgentCooper hat folgendes geschrieben::
Blinder Aktionismus, der den Staat unnötig dem Foltervorwurf aussetzt. Wenn Verdächtige durch die Polizei behandelt werden wie Verurteilte, dann haben wir ein Problem.


Genau das, ist das Problem! Der Schutz des Täters zählt mehr, als das Leben eines Kindes. Ich schäme mich in einem Land zu leben, in dem das Leben eines unschuldigen Kindes geringeren Wert hat, als der Schutz eines Mörders. Böse
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Ivanhoe
Gast





BeitragVerfasst am: 05.05.08, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

Roni hat folgendes geschrieben::

Außerdem ist es noch ein weiter Weg von einer Androhung bis zur Ausführung.


Das "Problem" ist aber, dass die Androhung der Gewalt schon unzulässig ist! Traurig
Wäre die Aktion erfolgreich verlaufen, könnte sich Herr Daschner des Dankes der Eltern und vieler ander Mitbürger gewiss sein!
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SpecialAgentCooper
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Anmeldungsdatum: 07.09.2006
Beiträge: 3296

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Sie vermischen Elemente des Ermittluungsrechtes und der Gefahrenabwehr sachlich falsch und unnötig emotional mit solchen des Strafrechtes und der Strafrechtsphilosophie. Die Gefahrenabwehr war schlicht vorbei. Herr Gäfgen war verhaftet und hatte das Recht zu schweigen. Von ihm ging keine akute Gefahr mehr aus. Oder wollen Sie im das Recht z uschweigen und sich damit vor einer Selbstbelastung zu schützen neben dem Recht, von Folter verschont zu bleiben, auch absprechen? Dadurch, dass Sie auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig argumentieren wird das Bild dann schief.
Ich halte es für wichtig,in einem Staat zu leben, der garantieren muss, dass man als bloßer Tatverdächtiger von nüchtern arbeitenden Profis wie Polizisten nicht wie ein entmenschenrechteter, vogelfreier, dem folternden Pöbel ausgelieferter Kindemörder, ja wie ein "Untier" behandelt wird.
_________________
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Biber
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Anmeldungsdatum: 21.11.2005
Beiträge: 11363
Wohnort: This world is not my home - I'm only passing through!

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 18:13    Titel: Antworten mit Zitat

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Ich sage ja, Täterschutz geht vor!
Diese Behauptung wird auch durch Wiederholung nicht richtiger.

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Die Polizisten mussten davon ausgehen, dass das Kind noch lebte! Somit mussten sie alles in ihrer Macht befindliche unternehmen um das Kind zu retten!
Also gut, denken wir das doch mal weiter: G. wird gefoltert (auch ich wüßte gern, was Sie sich da konkret an erlaubten Maßnahmen vorstellen) und teilt dann irgendwann mit, daß Kind sei tot. Hört das Foltern dann auf? Oder muß noch ein bißchen mehr gefoltert werden, weil G. ja gelogen haben könnte? Oder darf / soll weiter gefoltert werden, bis G. auch den Ablageort der Leiche mitteilt und dieser durch Auffinden der Leiche als richtig bestätigt wird? Was wäre, wenn G. sich nicht mehr erinnern kann oder wenn die Leiche aus welchen Gründen auch immer schlicht nicht auffindbar ist? Foltern bis zum Exitus?

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Das "Problem" ist aber, dass die Androhung der Gewalt schon unzulässig ist!
Nein, das ist kein "Problem" - das ist rechtsstaatlich.

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Wäre die Aktion erfolgreich verlaufen, könnte sich Herr Daschner des Dankes der Eltern und vieler ander Mitbürger gewiss sein!
Und wenn er nun einen Unschuldigen foltern lassen würde - wäre das auch okay?

Ivanhoe hat folgendes geschrieben::
Ich schäme mich in einem Land zu leben, in dem das Leben eines unschuldigen Kindes geringeren Wert hat, als der Schutz eines Mörders.
Mal abgesehen davon, daß G. zum Zeitpunkt des Geschehens noch Tatverdächtiger war: für Erwachsene dürfte also nicht gefoltert werden?

karli hat folgendes geschrieben::
Ich persönlich halte es für bewundernswert, daß die verantwortlichen Polizisten die Courage bewiesen haben, trotz der Ihnen drohenden Konsequenzen nichts unversucht zu lassen, das Kind noch zu retten!
Wie weit dürfen denn Polizisten Ihrer Meinung nach gehen?

Ich bin übrigens froh, in einem Land zu leben, das sich (zumindest meistens noch) durch Einhaltung der eigentllich allgemein anerkannten Grundregeln der Rechtsstaatlichkeit auszeichnet und sich in seinem Verhalten eben nicht auf das Niveau irgendwelcher Kriminellen begibt.
_________________
Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.
Sapere Aude! (Kant)
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ZetPeO
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Anmeldungsdatum: 14.07.2006
Beiträge: 2166

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 18:40    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmals für mein Verständnis.

Ich bilde mir ein, gelesen zu haben, dass, wenn man Gäfgen bei, oder während seiner Festnahme Gewalt angedroht hätte, dies zur Gefahrabwehr erlaubt gewesen wäre.
Hintergrund ist wohl der Unterschied, dass er sich zu exakt diesem Zeitpunkt noch nicht in sicherem Gewahrsein befand.
Ist das so, oder ähnlich korrekt?
Wenn ich etwas durcheinander gebracht haben sollte, - gerne.

Gr.
ZetPeO
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Manche Menschen haben einen Gesichtskreis vom Radius Null und nennen ihn ihren Standpunkt
David Hilbert

Wenn die Sonne der Weisheit tief steht, werfen auch geistige Zwerge lange Schatten.
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0Klaus
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 30.12.2004
Beiträge: 2595

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

kann man nicht einfach sagen, dass die Androhung von Gewalt zwar eine disziplinarrechtlich unerlaubte Handlung war, zivilrechtlich jedoch zulässig.

Zur Verallgemeinerung:

Ein Täter entführt jemanden, Man fasst den Täter. Man geht weiter davon aus, dass das Opfer wohl bald sterben wird (verdursten oder was auch immer). Somit muss innerhalb kurzer Zeit das Opfer gefunden werden. Dieser Sachverhalt ist unstreitig. Könnte man jetzt sagen, vom Täter geht noch ein "Angriff" aus, weil das Opfer noch freiheitsberaubt ist. Mit dem Einsperren hat der Täter quasi eine Garantenstellung, das Opfer freizulassen.

Somit kann jeder Notwehr üben. Notwehr ist diejenige Verteidigung, die notwendig ist, den gegenwärtigen Angriff abzuwehren. Der Angriff ist auch noch gegenwärtig, da der Täter durch sein dauerndes Unterlassen einen "Angriff" auf das Opfer ausübt, der Angriff also fortdauert. (Muss so sein, sonst könnte der eingesperrte selbst seinen Täter nicht überwältigen, zB Schlüssel klauen, um zu fliehen).

Notwehr kann nicht nur defensiv, sondern auch offensiv ausgeübt werden. Hier wird sie durch Gewaltanwendung offensiv ausgeführt.

Vergleichbar ist das ganze mit einen Täter, der den Schlüssel hat aber nicht herausgibt. Jeder kann nun diesen Schlüssel mittels Gewaltanwendung entziehen, um das Opfer zu retten.

Einmal ist der Schlüssel ein physischer Gegenstand, einmal eine Preisgabe von Gedanken (dh Versteck des Opfers).

Hier haben Polizisten in Notwehr gehandelt. Dieses Recht erlischt nicht mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse. Es tritt lediglich disziplinarrechtliche Unzulässigkeit ein. Disziplinarrecht wird aber ausschließlich im öffentlichen Interesse ausgeübt und dient nicht subjektiven Rechten, soweit diese nicht durch Gesetz besonders begründet werden.

Somit ist das Verhalten strafrechtlich gerechtfertigt. Damit scheidet Schadenersatz aus (keine unerlaubte Handlung mehr).

Falls dieser Auffassung nicht gefolgt wird: Wie würde sich der Sachverhalt verhalten, wenn der Täter durch einen Privaten (nicht verwandt mit Opfer) aufgegriffen würde?

Man könnte auch argumentieren, der Täter hat durch sein Schweigen ein ganz erhebliches Mitverschulden.
_________________
mfg
Klaus
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Dipl.-Sozialarbeiter
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 21:49    Titel: Re: Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen Antworten mit Zitat

Roni hat folgendes geschrieben::
hallo

heute aus der Presse entnommen:

Der Kindsmörder M.Gäfken darf mit Steuergeldern das Land Hessen auf Schmerzensgeld verklagen, weil ihm Poluisten bei der Ermittlung mit Schmerzen drohten-Das Oberlandesgericht Frankfurt folgt in einer am Samstag zugestellten Entscheidung dem entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts.

Gäfken hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe und fordert mehr al 10 000€ .

Jetzt müssten die Richter unter anderem klären, ob sein Geständnis mit einer Folter erzwungen wurde.
Bei einem Erfolg könnte der Mörder eine Wiederaufnahme seines Verfahrens verlangen.

( der hat doch den Mord begangen, die werden den doch nicht noch auf unsere Kosten freisprechen ).

Gruß roni

Hallo Roni,

Magnus Gäfgen hat den Mord begangen. Daran gibt es sicher keinen Zweifel. Folter (bzw. die Androhung der Folter) ist aber mit der Menschenwürde nach Art. 1 GG nicht vereinbar (s.a. BVerfG - 1 BvR 1807/07). Ich kann die hochkochenden Emotionen der Bevölkerung verstehen. Insbesondere dann, wenn Kinder Opfer eines Kapitalverbrechen geworden sind, oder - (wie Polizei im Verhör ausging) - von einem Kapitalverbrechen bedroht.

Nur die Rechtsstaatlichkeit darf auch in diesen Fällen nicht zur Disposition stehen. Dies ist schwer zu ertragen, aber wo wollen wir dann die Grenze ziehen?

Im Kern wäre die Frage zu stellen, ob Folter in Deutschland erlaubt werden sollte? Lassen wir die Folter oder die Androhung der Folter zu, dann machen wir uns im als Rechtsstaat unglaubwürdig. Dann wäre auch der Schritt zur Todesstrafe nicht mehr weit.

Manche Namen - wie z.B. der von Jürgen Bartsch - prägten sich mir im Laufe meines Lebens ein. Der Name "Magnus Gäfgen" gehört dazu.

Liebe Grüße

Klaus
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Rena Hermann
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 23.12.2005
Beiträge: 2886

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 22:28    Titel: Re: Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen Antworten mit Zitat

Dipl.-Sozialarbeiter hat folgendes geschrieben::
Magnus Gäfgen hat den Mord begangen. Daran gibt es sicher keinen Zweifel. Folter (bzw. die Androhung der Folter) ist aber mit der Menschenwürde nach ]Art. 1 GG nicht vereinbar. Ich kann die hochkochenden Emotionen der Bevölkerung verstehen. Insbesondere dann, wenn Kinder Opfer eines Kapitalverbrechen geworden sind, oder - (wie Polizei im Verhör ausging) - von einem Kapitalverbrechen bedroht.

Nur die Rechtsstaatlichkeit darf auch in diesen Fällen nicht zur Disposition stehen. Dies ist schwer zu ertragen, aber wo wollen wir dann die Grenze ziehen?

Ich glaube, die kann man nur persönlich ziehen.

Will heißen, man ist sich über die Gesetze klar, trifft aus persönlichen Entscheidungen jedoch eine andere Wahl.
Folge: Möglicherweise hat man was bewirkt (hier leider nicht, das Opfer war ja schon tot, wußte jedoch niemand) und dennoch muss man natürlich für das Verhalten, sei es disziplinarisch oder auch strafrechtlich oder auf andere Weise, Verantwortung übernehmen.
So ungewöhnlich ist das übrigens auch gar nicht, wenn man es mal auf das Prinzip runterbricht.*

Eine ganz persönliche Entscheidung eben, jemandem (dem Opfer) helfen zu wollen und sich damit gleichzeitig selbst ggf. strafbar (gegenüber dem Täter) zu machen.

Das heißt nicht, dass das geltende Recht hier nicht zum Einsatz kommen sollte. Aber vielleicht wird damit deutlich, dass Gesetze zwar viel regeln können aber der Mensch letztlich entscheidet, ggf. mit den entsprechenden Konsequenzen eben.

Ehrlich gesagt bin ich darüber auch ganz froh, zeigt es doch auf, dass der Mensch wesentlich vielfältiger ist, als die paar Millionen Gesetzestextseiten und er eben nicht schlichtweg "programmiert" von jenen ist, sondern immer noch und trotzdem selbst entscheidet was er tut - aber ggf. natürlich auch die Konsequenzen tragen muss, klar.
Dass er (und andere) sich dann natürlich verteidigt, argumentiert und sich rechtfertigt - also seine persönliche Entscheidung erklärt, ggf. um die Konsequenzen zu mildern, für Verständnis wirbt und hier und da auch bekommt - daran sehe ich nichts Verwerfliches.

Gruß
Rena

* Ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich. Wesentlich weniger gravierend aber verdeutlicht vielleicht, was ich damit meine und dass jeder immer mal wieder solche persönlichen Entscheidungen trifft:
Die vierteljährliche Umsatzssteuerabführung fällt an. Man hat vielleicht gerade Liquiditätsprobleme, Eingangszahlungen stehen aber die nächsten paar Wochen an. Ggf. ist das bewusste Nicht-Zahlen (nicht rechtskonform) und daraus folgendes Anmahnen inkl. Säumniszuschlag (die rechtliche Konsequenz) für das Unternehmen besser als z.B. vom Sozialversicherungsträger insolvent gemeldet zu werden oder die Bank macht dicht. Denn dann wäre möglicherweise Unternehmen inkl. Arbeitsplätze ggf. futsch. Klar würde ich mir dann lieber den Ärger des FA aufs Haupt laden und die Säumniszuschläge, wenn einen Monat später angemahnt wird, halt bezahlen. Das wäre mir der Unternehmens-/Arbeitsplatzerhalt wert (meine persönliche Entscheidung eben, auch wenn sie nicht rechtskonform ist).

Und noch ein Beispiel: Meine Straßenbahn geht gleich aber die Fußgängerampel ist rot. Verpass ich nun die Straßenbahn oder geh ich über Rot (meine persönliche Entscheidung aber nicht rechtskonform), wenn kein Auto kommt, und nehm ggf. ein Bußgeld (die Konsequenz) in Kauf, wenn ich erwischt werde?

Alles persönliche Entscheidungen obwohl man sich der rechtlichen Bedingungen durchaus bewusst ist. Alle natürlich von weit geringerer Tragweite als der Fall, um den es hier geht. Aber das _Prinzip_ der Entscheidung ist im Grunde das selbe.


Zuletzt bearbeitet von Rena Hermann am 05.05.08, 22:58, insgesamt 1-mal bearbeitet
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Dipl.-Sozialarbeiter
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Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 22:57    Titel: Re: Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen Antworten mit Zitat

Rena Hermann hat folgendes geschrieben::
...
Ich glaube, die kann man nur persönlich ziehen.

Will heißen, man ist sich über die Gesetze klar, trifft aus persönlichen Entscheidungen jedoch eine andere Wahl.
Folge: Möglicherweise hat man was bewirkt (hier leider nicht, das Opfer war ja schon tot, wußte jedoch niemand) und dennoch muss man natürlich für das Verhalten, sei es disziplinarisch oder auch strafrechtlich oder auf andere Weise, Verantwortung übernehmen.*
...

Hallo Rena,

mir stellt sich hier mehr die Frage einer Gewissensentscheidung oder dem Vorliegen eines Gewissenskonfliktes. Wenn diese bei den Polizeibeamten vorgelegen haben, dann ist das Verhalten der Polizeibeamten für mich nachvollziehbarer. Sollte Gäfgen durch sein Verhalten oder Auftreten die Polizeibeamten "quasi zu Mittätern" gemacht haben, dann würde ich die Polizeibeamte noch mehr verstehen (s.a. Daschner-Prozess).

Um so wichtiger halte ich es, daß dies in einem Gerichtsverfahren geklärt wird.

Liebe Grüße

Klaus
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Rena Hermann
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Anmeldungsdatum: 23.12.2005
Beiträge: 2886

BeitragVerfasst am: 05.05.08, 23:17    Titel: Re: Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen Antworten mit Zitat

Hallo Klaus,
klar sollte das geklärt werden, mit welchen Konsequenzen auch immer.

Aber ehrlich gesagt habe ich dann (-> weil du jetzt plötzlich die mögliche Gewissensentscheidung/den möglicher Gewissenskonflikt ansprichst?) wohl dein vorhergehendes Posting, also das drei weiter oben, bzgl. "mit der Menschenwürde nicht vereinbar" oder "wo sollen wir dann die Grenze ziehen", also alles in allem sowas wie "nein, das geht ja wohl gar nicht", so kam es jedenfalls sinngemäß bei mir an, nicht wirklich verstanden. Oder ich bring's zumindest nicht zusammen ... Frage

Vielleicht hilfst du mir dabei. Smilie

Gruß
Rena
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Dipl.-Sozialarbeiter
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Anmeldungsdatum: 09.12.2006
Beiträge: 11996

BeitragVerfasst am: 06.05.08, 00:37    Titel: Re: Gäfgen darf Staat mit Steuergeldern verklagen Antworten mit Zitat

Rena Hermann hat folgendes geschrieben::
...
Aber ehrlich gesagt habe ich dann (-> weil du jetzt plötzlich die mögliche Gewissensentscheidung/den möglicher Gewissenskonflikt ansprichst?) wohl dein vorhergehendes Posting, also das drei weiter oben, bzgl. "mit der Menschenwürde nicht vereinbar" oder "wo sollen wir dann die Grenze ziehen", also alles in allem sowas wie "nein, das geht ja wohl gar nicht", so kam es jedenfalls sinngemäß bei mir an, nicht wirklich verstanden. Oder ich bring's zumindest nicht zusammen ... Frage

Vielleicht hilfst du mir dabei. Smilie ...

Hallo Rena,

ich versuche mal meine Haltung zu erläutern. In dem Urteil - 1 BvR 357/05 - hat das Bundesverfassungsgericht die Aufrechnung "Leben gegen Leben" für unzulässig erklärt. Auch dies halte ich rational betrachtet für richtig. Art. 1 GG kommt mit der Bindung der Legislative, Exekutive und Judikative nach Abs. 3 als unmittelbares Recht eine besondere Bedeutung zu. Um möglicherweise mehr Menschenleben zu retten ist es nicht erlaubt ein Passagierflugzeug mit weniger Menschen abzuschießen. Dies zu Ende gedacht heißt, ein von Terroristen entführtes Flugzeug mit 100 Passagieren an Bord und in Anflug auf Berlin dürfte nicht abgeschossen werden.

Ein Abschußbefehl von einem Vorgesetzten an einen Untergebenen wäre rechtswidrig. Ein Kampfpilot der die Möglichkeit hätte dieses Flugzeug über unbewohntes Gebiet abzuschießen und dies aus Gewissensgründen tut, rettet vermutlich die Menschen in Berlin, tötet aber die Menschen im Flugzeug. Er verstößt einerseits gegen das Gesetz, aber er rettet tausende Menschenleben. Wie diese Gewissensentscheidung von einem Gericht beurteilt wird, weiß ich nicht.

Du hattest geschrieben:

Zitat:
... Ich glaube, die kann man nur persönlich ziehen.

Will heißen, man ist sich über die Gesetze klar, trifft aus persönlichen Entscheidungen jedoch eine andere Wahl.
Folge: Möglicherweise hat man was bewirkt (hier leider nicht, das Opfer war ja schon tot, wußte jedoch niemand) und dennoch muss man natürlich für das Verhalten, sei es disziplinarisch oder auch strafrechtlich oder auf andere Weise, Verantwortung übernehmen.
So ungewöhnlich ist das übrigens auch gar nicht, wenn man es mal auf das Prinzip runterbricht. ...

Ich sehe einen erheblichen Unterschied zwischen einer "persönlichen Entscheidung" und einer "Gewissensentscheidung". Eine persönliche Entscheidungsfreiheit kann es m.E. für die Exekutive nicht geben. Vielmehr ist die Exekutive an Recht und Gesetz gebunden.

Wohl aber kann es m.E. bei einem einzelnen Menschen zu einer Gewissensentscheidung bei einem Gewissenskonflikt kommen. Daher ist das vorherige Posting von mir unter rechtlichen Gesichtspunkten richtig. Dein Einwand mit der "persönlichen Entscheidung" wäre Unrecht. Die eigentliche Frage die sich mir stellt ist der Stellenwert eines "Gewissenskonfliktes" und der "Gewissensentscheidung".

Art. 4 (I) GG hat folgendes geschrieben::
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

Ich frage mich, wie wohl das Verfahren gegen die Polizeibeamten ausgegangen wäre, wenn sie sich auf ihr Gewssen berufen hätten.

Liebe Grüße

Klaus
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SpecialAgentCooper
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Anmeldungsdatum: 07.09.2006
Beiträge: 3296

BeitragVerfasst am: 06.05.08, 08:03    Titel: Antworten mit Zitat

Nicht anders. Sie haben fehlerhaft gearbeitet und selbst wenn man - ähnlich wie bei der Fragestellung zum Luftsicherheitsgesetz - über diese hochtrabenden, tragischen Gewissensentscheidungen nachdenken will, bedarf es dazu erst einmal vorher der nötigen Sachverhaltsarbeit.
Denn sonst käme der Folterpolizist nie in die Situation, vorher wirklich alles versucht zu haben, um dann nach seinem Gewissen eine Entscheidung zu fällen.
Schlamperei und Heldentum paßt gerade im Fall Gäfgen nicht zusammen.

Und die Beantwortung der Frage, wie die Folterbefürworter diese dann rechtsstaatlich umsetzen wollen, bleibt dabei natürlich unbeantwortet. Finsteres Mittelalter und Rechtsstaat bekommt man nicht miteinander in Einklang. Schon gar nicht in einem Rechtssystem, das kein striktes Beweisverwertungsverbot für derartige Fälle des offensichtlichen Verfassungsbruchs kennt.

P. S.: Weswegen wird eigentlich überhaupt nicht darüber diskutiert, dass Polizisten, die angeblich Gewissenskonflikte hatten, deswegen vielleicht den Dienst hätten verweigern müssen? Mir wird in diesem Fall einfach zu viel überemotionalisiertes Kindchenschema als Rechtfertigung für Inkompetenz herangezogen.
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karli
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FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 19.05.2006
Beiträge: 2440
Wohnort: Ronneburg

BeitragVerfasst am: 06.05.08, 08:37    Titel: Antworten mit Zitat

Biber hat folgendes geschrieben::
karli hat folgendes geschrieben::
Ich persönlich halte es für bewundernswert, daß die verantwortlichen Polizisten die Courage bewiesen haben, trotz der Ihnen drohenden Konsequenzen nichts unversucht zu lassen, das Kind noch zu retten!
Wie weit dürfen denn Polizisten Ihrer Meinung nach gehen?


Auch meiner Ansicht nach sind die Verantwortlichen, in Kenntnis der für sie zu erwarten Konsequenzen, hier zu weit gegangen und dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Das nenne ich Courage.
In der Annahme, daß das Kind noch lebt, hätte Bürokratisches Rechtsgeklüngel die Chancen, das Kind noch lebend zu finden, höchstwahrscheinlich noch verringert.

Ich finde, das Bestreben von Herrn Gäfgen dient lediglich dazu, seine Opfer und den Rechtsstaat zu Verhöhnen. Und für seinen Spott misbraucht er genau die Mittel die Ihm von unserer Rechtstaatlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
_________________
Wir machen das mit den Fähnchen!
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