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Forumsbeitrag: (wahre) Tatsachenbehauptung, Schadensersatz?

 
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Anmeldungsdatum: 09.05.2008
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 28.05.08, 22:33    Titel: Forumsbeitrag: (wahre) Tatsachenbehauptung, Schadensersatz? Antworten mit Zitat

Habe mal eine allgemeine Frage zu straf- oder zivilrechtlichen Folgen einer Äußerung in einem Internetforum.

Mal angenommen, Kunde K veröffentlicht folgenden Forenbeitrag in einem Forum für Autos:


"Hatte vor einigen Tagen mein Fahrzeug bei Werkstatt W zur Fahrwerksvermessung und zum Tausch zweier mitgebrachter Reifen.

Per Telefon wurde mir der Preis von 129 € für die Vermessung und 50 € für den Reifentausch genannt, jeweils plus MwSt.

Den Preis für die Vermessung finde ich angemessen für gute Arbeit. 50 € für den Reifentausch ist nicht günstig, aber noch ok.

Auf der Rechnung wurden dann zusätzlich 39 € für die Montage der Räder vom/auf das Fahrzeug verlangt, die 50 € seien ja nur für das Wechseln der Reifengummis auf der Felge und das Wuchten gewesen!

Die Rechnung wurde vom Werkstattbesitzer B selbst erstellt mit der Ausführung, für die Rädermontage müsste man 30 min. rechnen inkl. Freiräumung der Bühne, Auf- und Abfahren der Bühne etc. Dies wäre dann immer noch günstiger als in der Vertragswerkstatt.

Also habe ich für Wechsel zweier Reifen 89€ plus MWst bezahlt. Empfunden habe ich das wie eine "Abzocke" . Aber wegen mangelnder Zeit konnte keine Einigung herbeigeführt werden. Außerdem war der Mitarbeiter, mit dem ich den Preis telefonisch vereinbart hatte, leider im Urlaub.

Wer hat Vergleichswerte für Reifenmontagen, z.B. von einer Vertragswerkstatt oder einer freien Werkstatt?"


Besitzer B der Werkstatt W liest diesen Beitrag im Internet und fordert Kunden K zu einer Richtigstellung auf. Diese lehnt K ab mit dem Hinweis, dass nichts Unrichtiges geschrieben worden wäre. Er ergänzt aber in einem weiteren Beitrag, dass er dem B keine betrügerische Absicht unterstelle.

Zwischenzeitlich lesen andere User den Forumsbeitrag. Ein User schreibt, dass er wegen der beschriebenen Verhaltensweise des B nicht zur Werkstatt W gefahren ist, sondern lieber zu einer anderen Werkstatt.

B droht dem K über Anwalt mit Unterlassungsklage, da der Forumsbeitrag eine negative, rufschädigende Erklärung sei. Diese sei dann nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn wesentliche Umstände verschwiegen oder Tatsachen falsch behauptet werden oder die Äußerungen nur schädigenden Charakter haben.

Die im Forum beschriebenen Fakten werden von Werkstattbesitzer B nicht direkt bestritten. Der höhere Preis sei durch Richtwerte des Herstellers begründet (das stimme mal, dürfte aber nicht bei vorher vereinbartem Preis gelten). Der B beschwert sich aber darüber, dass Kunde K Halbwahrheiten veröffentlich und positive Aspekte bewusst weggelassen hätte, um den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. So habe K im Beitrag nicht erwähnt, dass er ein kostenloses Glas Wasser bekommen habe und sein Wagen kostenlos (aber ohne Auftrag) von Hand gewaschen wurde. Dies hält K nicht für wesentlich.


Es geht bei meiner Frage nicht direkt um die Werkstattrechnung selbst, sondern nur um juristische Folgen dieses Forumsbeitrags.

Wie ist also die Rechtslage?

1. Ist der Forumsbeitrag des K eine a) Meinungsäußerung oder eine b) Tatsachenbehauptung?

2. Kann man davon sprechen, dass wesentliche Umstände verschwiegen oder Tatsachen falsch behauptet werden oder die Äußerungen nur schädigenden Charakter haben?

3. Ist hier üble Nachrede und damit strafrechtliche Konsequenz denkbar oder eher völlig abwegig? (offenbar wichtig für Beweislast, s.4.)

4. Wer ist im Fall b) Tatsachenbehauptung in der Beweispflicht für die Wahrheit der Tatsachen? Die telefonische Preisvereinbarung lässt sich z.B. nicht beweisen. Die Berechnung der 89 € für die Arbeiten allerdings schon (über die vorhandene Rechnung).

5. Ist ein Schadensersatzanspruch des Werkstattbesitzers B denkbar und unter welchen Voraussetzungen? Bewiesene Unwahrheit?

6. Was zählt als Schaden: entgangener Gewinn des abgesprungenen Kunden und/oder Anwaltskosten? Wie hoch wären angemessene Anwaltskosten, wären z.B. 750 € angemessen?

7. Gilt ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz auch, wenn durch den abgesprungenen Kunden zwar Schaden entstanden ist, die Tatsachenbehauptung aber dennoch nicht als zivilrechtlicher Verstoß gesehen wird? Also Ersatz des Schadens, der durch eine wahre oder zumindest nicht bewiesen unwahre Tatsachenbehauptung entstanden ist?

Vielen Dank für Eure Antworten!
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Michael A. Schaffrath
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 29.05.08, 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

ad 1.

Meinungsäußerung bezüglich der "Abzocke", ansonsten Tatsachenbehauptung.

ad 2.

Wenn die Darstellung hier im Forum korrekt und vollständig war, dann nicht.

ad 3.

Objektiv nicht, wenn K die Wahrheit gesagt hat.

ad 4.

Wer eine Tatsachenbehauptung aufstellt, die geeignet ist, generell den Tatbestand der §§185-187 StGB zu erfüllen ("der hat mich abgezockt, weil er mich mit einer falschen Preisangabe gelockt hat"), wäre im Zweifel dafür beweispflichtig.

Bei Behauptungen von Kunden gegenüber Firmen ist es eine Einzelfallbetrachtung. Grundsätzlich wird im Sinne des Verbraucherschutzes dem Kunden zugestanden, auf Mißstände auch dann aufmerksam machen zu dürfen, wenn er sie nicht lückenlos gerichtsfest beweisen kann, solange keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß er in schädigender Absicht handelt.
Ansonsten dürfte niemand mehr schreiben "Die Teledumm hat mir am Telefon einen Vertrag aufgeschwatzt, den ich gar nicht haben wollte" oder "Ich habe bei Blafasel GmbH bestellt und bezahlt, aber keine Ware erhalten" (im letzteren Fall läge die Beweislast eh bei der Gegenseite).

ad 5.

Bei erwiesener Unwahrheit (bzw. nicht beweisbarer Wahrheit) oder bei erkennbarer Schädigungsabsicht (Boykottaufruf etc.). Letztere kann auch bei offensichtlicher Wahrheit durch die Form gegeben sein.

ad 6.

Beides. Wie hoch der Streitwert wäre, aus dem sich die Anwaltskosten bemessen, kann man so nicht vorhersagen. W müßte wohl einen Wert ansetzen und im Zweifel begründen.

ad 7.

Verstehe ich nicht so ganz. Entweder #5 ist erfüllt, dann muß K Schadensersatz leisten. Oder #5 ist nicht erfüllt, dann nicht.
_________________
DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.

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Verwunderter
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Anmeldungsdatum: 09.05.2008
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 29.05.08, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank, das hilft sehr! Sehr glücklich

Zu ad 4. und ad 5.:
Ist hier aus diesem Beitrag eine Schädigungsabsicht erkennbar? Ggf. durch die Form? Oder dadurch, dass nur Kritik geäußert wurde und keine positiven Aspekte genannt wurden?
(Ich meine: Eindeutig nicht. Sonst wäre jede öffentliche Kritik schon Schädigungsabsicht)

Zu ad. 7:
Ich meinte: Muss ein Schaden ersetzt werden, der durch eine Äußerung entstanden ist, die weder erwiesene Unwahrheit (bzw. nicht beweisbare Wahrheit) ist noch mit erkennbarer Schädigungsabsicht erfolgt ist?
Oder setzt eben der Schadenersatz die erwiesene Unwahrheit, nicht beweisbare Wahrheit oder Schädigungsabsicht voraus? (Der Schaden kann ja trotzdem entstanden sein).
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