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Polizei macht Richtervorbalt zur Farce?
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 13:30    Titel: Polizei macht Richtervorbalt zur Farce? Antworten mit Zitat

Im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Anti-Islam-Kongress kam es offenbar zu einer größeren Anzahl von Ingewahrsamnahmen. Zur richterlichen Vorführung der Betroffenen kann man bei Indymedia folgendes lesen:
Zitat:
Nach ca. 4 bis 5 Stunden müssen Leute im „Polizeigewahrsam“ einem/r Richter/In vorgeführt werden. Die in Anwaltskreisen nicht gerade als polizeikritisch bekannte Richterin des Amtsgerichts Köln, Frau Nagel, war ab 17 Uhr in Brühl. Bis 22 Uhr schaffte es die Polizeiorganisation vor Ort, ihr gerade mal 7 Leute von den ca. 500 vorzuführen. Bei allen 7 ordnete Frau Nagel die Freilassung an, da kein weiterer Haftgrund bestünde.

Dann gab es keine weiteren Vorführungen mehr, weil die Polizei eine neue Lagebeurteilung für die Stadt Köln hatte und die Gefangenen nicht in die Stadt zurücklassen wollte.

Frau Nagel verließ daraufhin unter Protest gegen das Chaos in Brühl die GeSa. Danach gab es schlicht keine/n Haftrichter/in mehr.

Unterstellt das ist so richtig. Ist ein solches Verhalten der Polizei oder auch der Richterin rechtmäßig?
Ich meine mich zu erinnern, Karlsruhe hatte mal entschieden, dass in solchen Fällen nicht zwingend eine persönliche Vorführung erfolgen muss, sondern die Richter durchaus auch nach Aktenlage entscheiden dürfen und wie in Rostock dann offenbar auch geschehen, die Entlassung anordnen sollten, wenn die Polizei in angemessener Zeit keine Akten vorlegen. Sind die Haftrichter eigentlich vernünftig auf derartige Einsätze vorbereitet, in dem Sinne, dass sichergestellt ist, dass ihnen die einschlägige Rechtssprechung bekannt ist?
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Klein-Fritzchen
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Anmeldungsdatum: 25.05.2005
Beiträge: 2262

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 13:48    Titel: Re: Polizei macht Richtervorbalt zur Farce? Antworten mit Zitat

DanielB hat folgendes geschrieben::

Unterstellt das ist so richtig...


Das hier:
Zitat:
Nach ca. 4 bis 5 Stunden müssen Leute im „Polizeigewahrsam“ einem/r Richter/In vorgeführt werden.

...ist jedenfalls nicht richtig.
_________________
Wenn alle das täten, was viele mich könnten, käme ich nicht mehr zum Sitzen!
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 14:38    Titel: Re: Polizei macht Richtervorbalt zur Farce? Antworten mit Zitat

Klein-Fritzchen hat folgendes geschrieben::
DanielB hat folgendes geschrieben::

Unterstellt das ist so richtig...


Das hier:
Zitat:
Nach ca. 4 bis 5 Stunden müssen Leute im „Polizeigewahrsam“ einem/r Richter/In vorgeführt werden.

...ist jedenfalls nicht richtig.

Ob das stimmt, ist aber eher eine rechtliche Frage. Mit unterstellt das ist richtig meinte einen richtig geschilderten Ablauf. Das ist den Polizeigesetzen in der Tat unverzüglich steht, ist schon richtig, wobei das eben unter dem Vorbehalt steht, dass sich die Freiheitsentziehung dadurch nicht verlängern soll. Das führt dann dazu, dass die Polizei offenbar häufig bei einer Freiheitsentziehung von "nur" 4 Stunden den Richter gar nicht erst benachrichtigt.
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D.R.
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Anmeldungsdatum: 18.03.2008
Beiträge: 693

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Art 104 II Grundgesetz
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 18:07    Titel: Antworten mit Zitat

D.Ritter hat folgendes geschrieben::
Art 104 II Grundgesetz

Ja sicherlich. In den Polizeigesetzen steht dazu aber auch nichts anderes. (Das einzige Problem ist, dass Festhalten für Maßnahmen nach §81b StPO von der Rechtssprechung nicht als Freiheitsentziehungen gesehen werden, selbst wenn sie 8 oder mehr mehr Stunden dauern). Darum aber ging es mir eigentlich nicht, ich wollte eher mal wissen, wie man sich das mit dem Richtervorbehalt praktisch vorzustellen hat - so wie in der nicht immer ganz zuverlässige Quelle Indymedia beschrieben, darf das meiner Meinung nach jedenfalls nicht ablaufen.
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D.R.
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Anmeldungsdatum: 18.03.2008
Beiträge: 693

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 18:10    Titel: Antworten mit Zitat

DanielB hat folgendes geschrieben::
.... Das einzige Problem ist, dass Festhalten für Maßnahmen nach §81b StPO nicht als Freiheitsentziehung gesehen wird, selbst wenn das 8 oder mehr mehr Stunden dauert. ...



Das ist so nicht richtig Ausrufezeichen


Wo liegt den die Unterscheidung von Freiheitsentziehung (Richtervorbehalt) und der - Beschränkung (kein Richtervorbehalt lt. Art 104IIGG)
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

DanielB hat folgendes geschrieben::
D.Ritter hat folgendes geschrieben::
Art 104 II Grundgesetz

Ja sicherlich. In den Polizeigesetzen steht dazu aber auch nichts anderes. (Das einzige Problem ist, dass Festhalten für Maßnahmen nach §81b StPO von der Rechtssprechung nicht als Freiheitsentziehungen gesehen werden, selbst wenn sie 8 oder mehr mehr Stunden dauern). Darum aber ging es mir eigentlich nicht, ich wollte eher mal wissen, wie man sich das mit dem Richtervorbehalt praktisch vorzustellen hat - so wie in der nicht immer ganz zuverlässige Quelle Indymedia beschrieben, darf das meiner Meinung nach jedenfalls nicht ablaufen.


Kannst Du dafür mal eine Quelle nennen? M.E. ist das eine Frage der Unverzüglichkeit der Richtervorführung, aber dass es Rechtsprechung gibt, die ein Festhalten für 8 Std. als Freiheitsbeschränkung deklariert, ist mir unbekannt (wobei ich aber gerne dazulerne). Denn die Freiheitsentziehung definiert sich ja nicht über den Zweck der Maßnahme, sondern einzig über Art und Dauer der Beeinträchtigung (vgl. etwa die grundlegenden Ausführungen in BVerfG, Beschluss vom 13.12.2005 - Az. 2 BvR 447/05, wo bereits bei 2 Std. fraglos eine Freiheitsentziehung angenommen wurde).

Gruß
Dea
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 19:47    Titel: Antworten mit Zitat

cmd.dea hat folgendes geschrieben::
DanielB hat folgendes geschrieben::
D.Ritter hat folgendes geschrieben::
Art 104 II Grundgesetz

Ja sicherlich. In den Polizeigesetzen steht dazu aber auch nichts anderes. (Das einzige Problem ist, dass Festhalten für Maßnahmen nach §81b StPO von der Rechtssprechung nicht als Freiheitsentziehungen gesehen werden, selbst wenn sie 8 oder mehr mehr Stunden dauern).

Kannst Du dafür mal eine Quelle nennen? M.E. ist das eine Frage der Unverzüglichkeit der Richtervorführung, aber dass es Rechtsprechung gibt, die ein Festhalten für 8 Std. als Freiheitsbeschränkung deklariert, ist mir unbekannt (wobei ich aber gerne dazulerne). Denn die Freiheitsentziehung definiert sich ja nicht über den Zweck der Maßnahme, sondern einzig über Art und Dauer der Beeinträchtigung (vgl. etwa die grundlegenden Ausführungen in BVerfG, Beschluss vom 13.12.2005 - Az. 2 BvR 447/05, wo bereits bei 2 Std. fraglos eine Freiheitsentziehung angenommen wurde).

Bei letzterem ging es doch wohl um Poliziegewahrsam in Zusammenhang mit dem Castor?

Als Quelle könnte ich neben der Tatsache, dass diese Auffassung wohl in Polizeikreisen verbreitet ist, auf das Landgericht Hamburg verweisen:
Zitat:
„Zu diesen Zwecke (fotographieren) durfte der Beschuldigte auch zwangsweise zur Polizeibehörde gebracht und dort bis zur Erledigung dieser Maßnahme festgehalten werden, worin im übrigen weder eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG noch eine vorläufige Festnahme im Sinne von § 127 Abs.2 StPO zu erblicken war, sondern allein eine - notwendige und auf der Grundlage von § 81 b StPO auch zulässige - Maßnahme des unmittelbaren Zwangs. Unter Berücksichtigung der am Abend des 27.09.2003 nach Aktenlage vorherrschenden weiteren Umstände - mit dem Beschuldigten mussten aus den gleichen Gründen noch 83 weitere Personen festgehalten werden, das Gelände war unübersichtlich, es setzte bereits Dunkelheit ein, im Umfeld des Geländes war es zu einer Versammlung von Demonstranten gekommen - begegnet es strafprozessual auch keinen Bedenken, dass der Beschuldigte zunächst in eine Polizeiwache und sodann ins Polizeipräsidium verbracht worden ist, um dort - und nicht schon vor Ort- Lichtbilder von seiner Person anzufertigen. dass diese - zur Sicherung der Durchführung eines Strafverfahrens zulässigen - Maßnahmen sodann noch einige Stunden in Anspruch genommen haben, war jedenfalls angesichts der Vielzahl der festgehaltenen und später ebenfalls zu fotographierenden Personen auch verhältnismäßig, zumal der Gesetzgeber selbst für Zwecke der bloßen Identitätsfeststellung eine Höchstdauer von Immerhin 12 Stunden als hinnehmbar angesehen hat.... Der Beschuldigte hat sich die dadurch hervorgerufenen Unannehmlichkeiten letztlich selbst zuzuschreiben, wenn er - wie hier - ein Verhalten an den Tag legt, welches den dringenden Verdach begründet, zusammen mit einer Vielzahl offenbar Gleichgesinnter die Straftat eines Hausfriedensbruchs begangen zu haben.“
(LG Hamburg, Beschluss vom 05.10.2004, Az.: 612 Qs 53/04)

Dazu sollte man allerdings wissen, dass das Landgericht Hamburg im Jahr 2004 die Zulässigkeit derartiger Freiheitsbeschränkungen mehrfach und uneinheitlich entschieden hat; inzwischen scheint sich das Thema in Hamburg jedoch dadurch erledigt zu haben, dass das Bundesverfassungsgericht 2006 (2 BvR 1255/04) entschieden hat, dass nicht nur wie das Landgericht festgestellt hat, das Festhalten zur ED-Behandlung, sondern schon zur Identitätsfeststellung rechtswidrig war.
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bei letzterem ging es doch wohl um Poliziegewahrsam in Zusammenhang mit dem Castor?


Jupp!

Zitat:
Als Quelle könnte ich neben der Tatsache, dass diese Auffassung wohl in Polizeikreisen verbreitet ist,


Oh weia! Wenn alle Auffassungen, die in Polizeikreisen weit verbreitet sind, Recht wären, hätten wir ein Problem (und bräuchten auch keine Gerichte).


Zitat:
„Zu diesen Zwecke (fotographieren) durfte der Beschuldigte auch zwangsweise zur Polizeibehörde gebracht und dort bis zur Erledigung dieser Maßnahme festgehalten werden, worin im übrigen weder eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG noch eine vorläufige Festnahme im Sinne von § 127 Abs.2 StPO zu erblicken war, sondern allein eine - notwendige und auf der Grundlage von § 81 b StPO auch zulässige - Maßnahme des unmittelbaren Zwangs. Unter Berücksichtigung der am Abend des 27.09.2003 nach Aktenlage vorherrschenden weiteren Umstände - mit dem Beschuldigten mussten aus den gleichen Gründen noch 83 weitere Personen festgehalten werden, das Gelände war unübersichtlich, es setzte bereits Dunkelheit ein, im Umfeld des Geländes war es zu einer Versammlung von Demonstranten gekommen - begegnet es strafprozessual auch keinen Bedenken, dass der Beschuldigte zunächst in eine Polizeiwache und sodann ins Polizeipräsidium verbracht worden ist, um dort - und nicht schon vor Ort- Lichtbilder von seiner Person anzufertigen. dass diese - zur Sicherung der Durchführung eines Strafverfahrens zulässigen - Maßnahmen sodann noch einige Stunden in Anspruch genommen haben, war jedenfalls angesichts der Vielzahl der festgehaltenen und später ebenfalls zu fotographierenden Personen auch verhältnismäßig, zumal der Gesetzgeber selbst für Zwecke der bloßen Identitätsfeststellung eine Höchstdauer von Immerhin 12 Stunden als hinnehmbar angesehen hat.... Der Beschuldigte hat sich die dadurch hervorgerufenen Unannehmlichkeiten letztlich selbst zuzuschreiben, wenn er - wie hier - ein Verhalten an den Tag legt, welches den dringenden Verdach begründet, zusammen mit einer Vielzahl offenbar Gleichgesinnter die Straftat eines Hausfriedensbruchs begangen zu haben.“
(LG Hamburg, Beschluss vom 05.10.2004, Az.: 612 Qs 53/04)


Interessantes Urteil. Hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht. Dennoch gehe ich davon aus, dass man das nicht als herrschende Rechtsprechung bezeichnen kann, und dass das vor dem BVerfG, dass sich regelmäßig zu Inhalt und Umfang von Freiheitsentziehungen/-Beschränkungen geäußert hat, nicht standhalten würde.
Aber dennoch nett zu wissen, dass das auch mal so gesehen wurde.
Zitat:


Dazu sollte man allerdings wissen, dass das Landgericht Hamburg im Jahr 2004 die Zulässigkeit derartiger Freiheitsbeschränkungen mehrfach und uneinheitlich entschieden hat; inzwischen scheint sich das Thema in Hamburg jedoch dadurch erledigt zu haben, dass das Bundesverfassungsgericht 2006 (2 BvR 1255/04) entschieden hat, dass nicht nur wie das Landgericht festgestellt hat, das Festhalten zur ED-Behandlung, sondern schon zur Identitätsfeststellung rechtswidrig war.


Jo, dort wurde bereits das Verbringen zur Polizeistation als unverhältnismäßig erachtet, da man das auch vor Ort hätte machen können. Aber wie gesagt sehe ich vor der ständigen Rechtsprechung des Gerichts zu Art. 2 Abs. 2 GG auch keinen Raum für eine 8-stündige Freiheitsbeschränkung.

Gruß
Dea
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 22.09.08, 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

cmd.dea hat folgendes geschrieben::
Oh weia! Wenn alle Auffassungen, die in Polizeikreisen weit verbreitet sind, Recht wären, hätten wir ein Problem (und bräuchten auch keine Gerichte).

Es ist ja auch nicht so, dass es Aufgabe der Polizei wäre, über die Rechtmäßigkeit solchen Vorgehens zu entscheiden. Das Problem ist aber, dass die Polizei in dieser Auffassung dann natürlich die Betroffenen, weil das eben gesetzlich auch nicht normiert ist, keinem Richter vorführt, sondern sie aus eigenen Machtvollkommenheit festhält.

cmd.dea hat folgendes geschrieben::
Interessantes Urteil. Hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht. Dennoch gehe ich davon aus, dass man das nicht als herrschende Rechtsprechung bezeichnen kann, und dass das vor dem BVerfG, dass sich regelmäßig zu Inhalt und Umfang von Freiheitsentziehungen/-Beschränkungen geäußert hat, nicht standhalten würde.
Aber dennoch nett zu wissen, dass das auch mal so gesehen wurde.

Das war nicht das einzige Urteil, was so ausgefallen ist und die Verfassungsbeschwerden dagegen wurden soweit ich da richtig informiert bin nicht zur Entscheidung angenommen.
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 23.09.08, 08:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das war nicht das einzige Urteil, was so ausgefallen ist und die Verfassungsbeschwerden dagegen wurden soweit ich da richtig informiert bin nicht zur Entscheidung angenommen.


Schade, denn genau das wären hier die entscheidendenn Quellen gewesen. Wie gesagt hat meine kurfristige JURIS-Recherche über BVerfG-Entscheidungen zu eben diesem Thema etwas anderes ergeben, so dass ich erhebliche Zweifel habe, dass das Gericht ein Festhalten von 8 Std. nicht als Feiheitsentziehung und damit ohne Richtervorbehalt als rechtmäßig ansehen würde. Vielleicht findest Du ja noch die Entscheidungen.

Gruß
Dea
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D.R.
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Anmeldungsdatum: 18.03.2008
Beiträge: 693

BeitragVerfasst am: 23.09.08, 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

cmd.dea hat folgendes geschrieben::
..... Denn die Freiheitsentziehung definiert sich ja nicht über den Zweck der Maßnahme, sondern einzig über Art und Dauer der Beeinträchtigung ...



nein - so ist das nicht ganz richtig !

Die Unterscheidung ist:

- Zweck
- Intensität
- Dauer



Wobei ein Gewicht beim Zweck liegen dürfte, jedes andere Kriterium jedoch auch ausreichend ist aus einer Beschränkung eine Entziehung zu machen, die lediglich ein Unterfall der Beschränkung ist.




d.h. wenn der Zweck der Maßnahme ein vollstädniges Aufheben der Bewegungsfreiheit zum Ziel hat und auch wenn es nur 5 Minuten dauert, so ist es eine Entziehung der Freiheit.
Oder wenn das Anhalten zur IDF (Beschränkung) weit über das übliche Zeitmaß hinaus geht.

Jedoch ist die Unterscheidung zwischen Beschränkung und Entziehung strittig. Das macht aber nix, denn die Polizeigesetze gehen über den verfassungsmäßigen Mindeststandard des Art 104 II GG hinaus und verlangen für jegliche Freiheitsbeschränkung, die über das bloße Anhalten hinausgehen einen Richtervorbehalt.
Somit sollte in analoger Anwendung auch bei repressiven Handeln der Richervorbehalt beachtet werden und nicht auf den Streit der Unterscheidung zweier Begrifflichkeiten eingegangen werden.
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 23.09.08, 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

D.Ritter hat folgendes geschrieben::
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
..... Denn die Freiheitsentziehung definiert sich ja nicht über den Zweck der Maßnahme, sondern einzig über Art und Dauer der Beeinträchtigung ...



nein - so ist das nicht ganz richtig !


Doch!

Ein zweckorientierte Bestimmung wäre einzig unter Zugrundelegung des finalen Eingriffsbegriffs möglich. Diesen hat das BVerfG jedoch schon vor etlichen Jahren zugunsten des modernen Eingriffsbegriffs aufgegeben, der Art und Umfang der Grundrechtsbeeinträchtigung allein vom Schutzbereich und dessen Ausübungsbeschränkung her defniert. Der Zweck der Maßnahme spielt daher schon seit langem eine Rolle mehr bei der Eingriffsdefinition.


Zuletzt bearbeitet von cmd.dea am 23.09.08, 16:28, insgesamt 2-mal bearbeitet
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 23.09.08, 13:11    Titel: Antworten mit Zitat

D.Ritter hat folgendes geschrieben::
Somit sollte in analoger Anwendung auch bei repressiven Handeln der Richervorbehalt beachtet werden und nicht auf den Streit der Unterscheidung zweier Begrifflichkeiten eingegangen werden.


Was sein "sollte", is hier aber irrelevant. Die Frage ist allein, was "ist", und das ist etwas anderes als das Ihrerseits Behauptete.
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DanielB
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Anmeldungsdatum: 08.06.2005
Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: 23.09.08, 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

D.Ritter hat folgendes geschrieben::
cmd.dea hat folgendes geschrieben::
..... Denn die Freiheitsentziehung definiert sich ja nicht über den Zweck der Maßnahme, sondern einzig über Art und Dauer der Beeinträchtigung ...

Jedoch ist die Unterscheidung zwischen Beschränkung und Entziehung strittig. Das macht aber nix, denn die Polizeigesetze gehen über den verfassungsmäßigen Mindeststandard des Art 104 II GG hinaus und verlangen für jegliche Freiheitsbeschränkung, die über das bloße Anhalten hinausgehen einen Richtervorbehalt.
Somit sollte in analoger Anwendung auch bei repressiven Handeln der Richervorbehalt beachtet werden und nicht auf den Streit der Unterscheidung zweier Begrifflichkeiten eingegangen werden.

Das tun Poliizeigesetze und StPO leider nur bei solchen Maßnahmen, bei denen der Gesetzgeber explizit über eine Freiheitsentziehung nachgedacht hat (Festnahme, Polizeigewahrsam und Identitätsfeststellung; bei anderen Maßnahmen - auch der richterlich angeordneten Durchführung eines Gentests - ist dieser Punkt gar nicht explizit geregelt), ohne eine explizite gesetzliche Regelung läuft der Freiheitsentzug dann über den unmittelbaren Zwang, dass der zu längeren Freiheitsentziehungen führt, war wohl vom Gesetzgeber nie wirklich eingeplant. Mir ist kein Polizeigesetz bekannt, dass auf mögliche freiheitsentziehende Auswirkungen der Anwendung unmittelbaren Zwangs außerhalb solcher Standardmaßnahmen wie Polizeigewahrsam und Identitätsfeststellung eingeht, weder in dem diese verboten werden noch explizit unter einen Richtervorbehalt gestellt werden. Gerade deswegen, weil das bei den genannten Standardmaßnahmen so explizit geregelt ist, verwundert es dann auch überhaußt nicht, dass die Polizei im Umkehrschluß davon ausgeht, dass eine Entscheidung des Richters in anderen Fällen nicht erforderlich ist.

cmd.dea hat folgendes geschrieben::
Schade, denn genau das wären hier die entscheidendenn Quellen gewesen. Wie gesagt hat meine kurfristige JURIS-Recherche über BVerfG-Entscheidungen zu eben diesem Thema etwas anderes ergeben, so dass ich erhebliche Zweifel habe, dass das Gericht ein Festhalten von 8 Std. nicht als Feiheitsentziehung und damit ohne Richtervorbehalt als rechtmäßig ansehen würde. Vielleicht findest Du ja noch die Entscheidungen.

Mir wäre nicht bekannt, dass die veröffentlicht wurden, Aktenzeichen kenne ich auch nicht, insofern könnte ich da wohl höchstens über die beteiligten Anwälte näheres herausfinden (die mir teilsweise immerhin namentlich bekannt sind). Dabei ging es aber eher um die Frage, ob eine zwangsweise Vorführung verhältnismäßig ist, wenn die Polizei vorher nicht versucht hat, die Betroffenen vorzuladen, ob auch der Richtervorbehalt angegangen wurde ist mir nicht bekannt.

Ansonsten wollte ich noch einmal daran erinnern, dass mich da eigentlich viel eher interessieren würde, wie mit dem Richtervorbehalt bei Masseningewahrsamnahmen in der Praxis umzugehen wäre und tatsächlich wird. So wie bei Indymedia das in Bezug auf die Situation in Brühl geschildert wird, kann das meiner Meinung nach jedenfalls nicht so ganz korrekt sein.
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