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Grenzen der Beweisvereitelung?

 
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Björn78
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Anmeldungsdatum: 13.09.2006
Beiträge: 111
Wohnort: Senftenberg

BeitragVerfasst am: 27.12.08, 01:29    Titel: Grenzen der Beweisvereitelung? Antworten mit Zitat

Hallo,

da "Beweisvereitelung" grds. alles sein kann, was dem Gegner dessen Beweisführung erschwert oder vereitelt, kann die Obliegenheit zur "Beweiserhaltung" die Privatautonomie stark beschränken. Ist z.B. jemand der Meinung, ein bestimmter PKW-Fahrer habe seinen PKW beim Rangieren auf einem Parkplatz beschädigt, ist nicht auszuschließen, dass der Geschädigte versuchen könnte, einen solchen Sachverhalt in einem Zivilprozess zu beweisen. Ob das aber überhaupt geschehen wird und, wenn ja, wann, bleibt bis zu einer entsprechenden Erklärung des Gegners allerdings unklar.

Ist der PKW-Fahrer (und Eigentümer) zur Vermeidung der Gefahr, dadurch eine Beweisvereitelung (SV-Gutachten hinsichtl. mögl. Spuren am PKW) zu begehen,nun an einem geplanten Verkauf seines PKW gehindert? Müsste er den potentiellen Gegner vielleicht davon in Kenntnis setzen und unter Fristsetzung auffordern, zu entscheiden, ob er ein selbständiges Beweisverfahren einleiten will oder nicht?

An sich unterscheidet sich diese Konstellation nämlich nicht von denen, in denen der BGH die Aufbewahrung behauptet defekter Fahrzeugteile verlangt hat, nur, dass hier der "Vereiteler" der Anspruchsgegner wäre. Für diesen gelten die Grundsätze der Beweisvereitelung jedoch auch.

Kann es also möglich sein, am Verkauf seines PKW gehindert zu sein, nur weil jemand möglicherweise zu einem unbekannten Zeitpunkt innerhalb der Verjährungsfrist von 3 Jahren Klage erheben könnte? Andererseits wäre der PKW nach einem Verkauf weg.

Danke schonmal im Voraus

LG
Björn
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Tim_S.
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Anmeldungsdatum: 25.11.2008
Beiträge: 305

BeitragVerfasst am: 27.12.08, 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

Moin,
Zitat:
da "Beweisvereitelung" grds. alles sein kann, was dem Gegner dessen Beweisführung erschwert oder vereitelt,

So heiß wird die Suppe dann doch nicht gegessen. Eine "Beweisvereitelung" kommt zum einen nur bei schuldhaftem Verhalten in Betracht, zum anderen muss die Relevanz für einen Prozess erkannt werden können. Es handelt sich nach m. M. um einen Ausfluss aus § 242 BGB, also um eine Mißbrauchsschranke, die hohe Hürden hat und eher selten eingreift. Wäre der zitierte Satz richtig, wären die gesetzlichen Beweislastregeln verwässert, das kann also nicht ganz richtig sein.

Zitat:
in denen der BGH die Aufbewahrung behauptet defekter Fahrzeugteile verlangt hat,

Hätten Sie vielleicht davon die Fundstelle parat, die Entscheidung interessiert mich.

Konkret würde ich zum Beispielsfall sagen, dass dort der Verkauf in einem eventuellen späteren Prozess kein Fall von Beweisvereitelung wäre.

Grüße
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Björn78
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 13.09.2006
Beiträge: 111
Wohnort: Senftenberg

BeitragVerfasst am: 27.12.08, 12:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, VIII ZR 43/05
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Tim_S.
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Anmeldungsdatum: 25.11.2008
Beiträge: 305

BeitragVerfasst am: 27.12.08, 14:25    Titel: Antworten mit Zitat

danke.

In einem Fall wie dem der BGH-Entscheidung hätte es übrigens schon geholfen, wenn einfach Lichtbilder von dem corpus delikti gemacht werden, befor es vernichtet oder verkauft wird.

Grüße
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Michael A. Schaffrath
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 29.12.08, 16:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tim_S. hat folgendes geschrieben::
Eine "Beweisvereitelung" kommt zum einen nur bei schuldhaftem Verhalten in Betracht


Wie sieht es eigentlich im deutschen Recht z.B. mit der Aufbewahrungspflicht für geschäftliche Emails aus? Ist in deren (anlaßloser) Löschung bereits generell eine Beweisvereitelung zu sehen (wenn dies vielleicht Jahre später herauskommt, wenn ein Prozeß geführt wird, in dem Inhalte dieser Mails relevant wären)? Ich frage das deshalb, weil diese nicht zielgerichtete, aber doch grob verfahrenswidrige Maßnahme in den USA durchaus als spoliation of evidence angesehen werden kann.
Oder, wenn nein, wäre das dann der Fall, wenn das Löschen zwar nicht konkret verfahrensbezogen, aber mit der Absicht erfolgt "vielleicht könnte uns der Inhalt mal einer Sache überführen, derer wir lieber nicht überführt werden wollen"?
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Tim_S.
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Anmeldungsdatum: 25.11.2008
Beiträge: 305

BeitragVerfasst am: 29.12.08, 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

N´abend MAS,
Zitat:
Wie sieht es eigentlich im deutschen Recht z.B. mit der Aufbewahrungspflicht für geschäftliche Emails aus?

Dazu kenne ich keinerlei Entscheidungen. Allerdings erscheint mir die Annahme einer Beweisvereitelung eher fernliegend, wenn im Zeitpunkt des Löschens von E-Mails (oder vergleichbar des Wegwerfens von Post oder Faxen) der Löschende annehmen kann, der Absender könnte eine Kopie haben, oder ganz generell: Wenn der das potentielle Beweismittel Vernichtende annehmen durfte, es gäbe noch mehr/andere Beweismittel.

Grüße
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Michael A. Schaffrath
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 30.12.08, 10:15    Titel: Antworten mit Zitat

Tim_S. hat folgendes geschrieben::
Allerdings erscheint mir die Annahme einer Beweisvereitelung eher fernliegend, wenn im Zeitpunkt des Löschens von E-Mails (oder vergleichbar des Wegwerfens von Post oder Faxen) der Löschende annehmen kann, der Absender könnte eine Kopie haben,


Ich denke aber auch an Fälle, in denen Firma A gegen Firma B klagt und nachweisen will, daß B mit Firma C unzulässige Absprachen getroffen hat. Wenn B nun Emails, die mit C ausgetauscht wurden, gelöscht hat, würde es A ggfs. nichts mehr nützen, wenn C die Emails noch hat (weil C vielleicht in Korea sitzt und von dort keine Beweise einzutreiben sind).

Tim_S. hat folgendes geschrieben::
oder ganz generell: Wenn der das potentielle Beweismittel Vernichtende annehmen durfte, es gäbe noch mehr/andere Beweismittel.


Überzeugt mich noch nicht. Immerhin könnte man damit die Verantwortung völlig auf (unerreichbare) Dritte abschieben nach dem Motto "Ich dachte, der X hat noch eine Kopie - das ist dann ja wohl die Schuld des X, wenn der sie auch gelöscht hat".
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Tim_S.
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Anmeldungsdatum: 25.11.2008
Beiträge: 305

BeitragVerfasst am: 30.12.08, 14:06    Titel: Antworten mit Zitat

je länger man darüber diskutiert, desto mehr Grenzfälle - in denen dann die Einzelfallabwägung des Richters gefragt ist - können erdacht werden.

Ausnahmeregelungen (und diejenigen der Beweisvereitelung gehören dazu) sollten einem jedoch nicht den Blick auf die Grundprinzipien verstellen. Das Grundprinzip zu der hier diskutierten Fragestellung lautet, das jeder zunächst einmal selbst die Beweislast für die ihm günstigen Behauptungen hat. Dieses Prinzip impliziert es, dass der Beweisbelastete eben beweisfällig bleibt, wenn er eben die für seinen Anspruch benötigen Beweismittel nicht beibringen kann. Im neu gebildeten Beispielsfall spricht ganz klar gegen die Anwendbarkeit der Regeln der BV, dass der Beweisbelastete A für den Vernichtenden "Dritter" wäre, er hätte mit der Korrespondenz zwischen Vernichtendem und dem "Koreaner" nicht unmittelbar zu tun. Es läge dann offensichtlich keine Beweisvereitelung zu Lasten des Beweisbelasteten A vor.
Für das Ausnahmeprinzip "Beweisvereitelung" müssen hohe Hürden bleiben, sonst wäre es nicht mehr die Ausnahme.

Grüße
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