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Mir bisher unbekannter Text zur Abwehrhandlung, stimmt das?
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Volker13
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BeitragVerfasst am: 15.01.09, 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

@cmd,

natürlich haben Sie nie von Kopfschuss gesprochen. Die Ausgangsfrage lautete aber so.

Ihr Fachwissen in allen Ehren. Aber ein Kopfschuss gegen einen flüchtenden Täter ist niemals geboten und auch nicht erforderlich.

Selbst wenn wir hier jetzt über die Begriffe "Verhältnismäßigkeit" oder gebotenheit stundenlang diskutieren könnten, steht der Schusswaffengebrauch - hier Kopfschuss - im krassen Missverhältnis. (MDR /H 79 985 u.a. )

Der dogmatische Unterschied zwischen Erforderlichkeit, Gebotenheit und Verhältnismäßigkeit würde mich mal interessieren. Roxin, T/F und Joecksch geben dazu irgendwie nichts her.
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Abrazo
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Anmeldungsdatum: 30.05.2005
Beiträge: 5941
Wohnort: Köln

BeitragVerfasst am: 15.01.09, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Kleiner Hinweis: beim Kopfschuss - es handelt sich hier um meinen Thread "Demonstration mit Kopfschuss" - ist nicht die Notwehr, sondern die Notwehrprovokation entscheidend, heißt, ob es sich überhaupt um Notwehr handelt.

Einfaches, klares Beispiel: wer einen anderen angreift, kann sich nicht auf Notwehr berufen, wenn er, nachdem der sich Notwehrende ihn in Gefahr bringt, diesen niederstreckt.

Heißt: bevor Notwehr verhandelt wird, muss erst mal geklärt werden, ob es sich überhaupt um Notwehr handelt.

Ignoriert man diese Notwendigkeit der Klärung, ob es sich um Notwehr handelt, dann, in der Tat, kommt man zu abstrusen Ergebnissen, zu denen es aber, wenn die Notwehrfrage geklärt ist, gar nicht mehr kommt.
_________________
Grüße,
Abrazo
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cmd.dea
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Anmeldungsdatum: 31.05.2008
Beiträge: 1872
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 15.01.09, 11:06    Titel: Antworten mit Zitat

Volker13 hat folgendes geschrieben::
@cmd,

natürlich haben Sie nie von Kopfschuss gesprochen. Die Ausgangsfrage lautete aber so.

Ihr Fachwissen in allen Ehren. Aber ein Kopfschuss gegen einen flüchtenden Täter ist niemals geboten und auch nicht erforderlich.

Selbst wenn wir hier jetzt über die Begriffe "Verhältnismäßigkeit" oder gebotenheit stundenlang diskutieren könnten, steht der Schusswaffengebrauch - hier Kopfschuss - im krassen Missverhältnis. (MDR /H 79 985 u.a. )


Ich verstehe Ihren Einwand jetzt nicht ganz. Ich hatte Ihnen doch vollkommen zugestimmt und auch ursprünglich selbst gesagt, dass der Schusswaffeneinsatz - egal ob Kopf- oder Beinschuss - gegen einen Apfeldieb iRd. Notwehr nicht gerechtfertigt ist. Sie rennen hier bei mir offene Türen ein.

Zitat:
Der dogmatische Unterschied zwischen Erforderlichkeit, Gebotenheit und Verhältnismäßigkeit würde mich mal interessieren. Roxin, T/F und Joecksch geben dazu irgendwie nichts her.


Grundsätzlich könnte man es so sagen (rechtsdogmatisch dargestellt):

I. "Verhältnismäßigkeit" ist ein Begriff, der juristisch eigentlich nur aus dem öffentlichen Recht kommt. Er hat, wie ich bereits sagte, seine Grundlage in Art. 20 Abs. 3 GG, dem Rechtsstaatsprinzip.

Inhalt bedeutet er, dass jedes staatliche Handeln, dass in Rechte des Bürgers eingreift, in einem angemessenen Verhältnis zur Beeinträchtigung liegen muss. Hiebei haben sich als Inhalt der Verhältnimäßigkeit folgende bei jeder belastenden staatlichen Maßnahme notwendiger Weise (kumulativ) vorliegenden Aspekte in der Rechtswissenschaft herausgebildet. Demnach ist ein staatlicher Eingriff verhältnismäßig, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Legitimer Zweck:
Die staatliche Maßnahme muss einen gesetzlich anderkennten und gebilligten Zweck verfolgen (der Staat darf also keine rechtswidrigen Zwecke erreichen wollen)

b) Geeignetheit:
Die Maßnahme muss geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen

c) Erforderlichkeit:
Von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen muss die angewendete diejenige sein, die den Bürger in seinen Rechten am geringsten beeinträchtigt.

d) Angemessenheit:
Das ist oft der Kernpunkt des Problems - es muss auch ein angemessenes Verhältnis zwischen dem mit dem staatlichen Eingriff verfolgten Ziel und der Rechtsbeeinträchtigung beim Bürger vorliegen. Das ist letztlich eine Abwägungsfrage dahingehend, ob beide Interessen noch in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen.

II. "Erforderlichkeit" ist ein Begriff, der an verschiedenen Stellen in der Rechtswissenschaft vorkommt, u.a. als Teil der Verhältnismäßigkeit und auch iRd. Notwehr. Die Definition ist immer die obige.
Aber: Die Erforderlichkeit ist nur ein Teilaspekt der Verhältnismäßigkeit und bezieht sich nur darauf, dass von mehreren gleich geeigneten das mildeste Mittel angewendet werden muss. Sie enthält keine Abwägung der Relation der Güter zueinander (denn das wäre oben d)). Daher sind Erforderlichkeit und Verhältnimäßigkeit strikt zu trennen.
Daher ist die Notwehrhandlung immer dann erforderlich, wenn das angewendete Verteidigungsmittel von mehreren zur Abwehr gleich geeigneten das mildeste war. Wie gesagt findet eine zusätzliche Angemessenheitsprüfung nicht statt. Es gibt keine Abwägung beider Rechtsgüter (bis auf die genannten ganz wenigen Beispiele, wie den der Schuss auf den Apfeldieb).

III. "Gebotenheit" iRd. § 32 StGB ist etwas schierig, da es eine Art "sozial-ethische" Einschränkung des Notwehrrechts darstellt. Sinn und Zweck dieses Aspekt liegt kurz (und etwas oberflächlich) gesagt darin, Pervertierungen des Notwehrrechts zu verhindern, da es anerkanntermaßen Ergebnisse gibt, die im gesellschaftlichen Miteinander und auf der Grundlage moralischer Gemeinvorstellungen als nicht mehr tragbar angesehen werden. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine immer iRd. Notwehr mitwirkende Einschränkung, sondern um eine Art absolute Obergrenze des durch die Notwehr Möglichen, wenn das hierbei erzielte Ergebnis schlichtweg nicht mehr tragbar ist.

Hierfür haben sich inzwischen folgende Fallgruppen herausgebildet:

a) Angriff im Zustand fehlender oder erheblich eingeschränkter Schuld (wie etwa vollkommen Betrunkene oder Kinder)

b) Im Verhältnis zu den Folgen der Abwehr völlig unerheblicher Angriff (der Schuss auf den Apfeldieb)

c) Enge persönliche Beziehungen (das kann gerade im Familienbereich zu Einschränkungen führen)

d) Rechtswidrig provozierte Angriffe

Ein weiterer bekannter Fall ist der Daschner Prozess vor dem LG Frankfurt. Da die Androhung von Folter juristisch bereits selbst als Folter angesehen wird, konnte die Hanldung nicht über Nothilfe gerechtfertigt werden. Denn eine Handlung, die als Folter angesehen wird, ist niemals geboten iRd. § 32 StGB (bitte jetzt hierüber keine Diskussionen lostreten, juristisch ist es eben so).

Das bedeutet nicht, dass es bei oben genannten Aspekten keine Notwehr gibt, das Maß der Verteidigungsmöglichkeiten ist aber eingeschränkt und man muss ggf. ausnahmsweise auch die Rechtsgutbeeinträchtigung hinnehmen.

Gruß
Dea
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Volker13
Gast





BeitragVerfasst am: 15.01.09, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo cmd,

Erklärung ist gut und jetzt auch für den TE verständlich.
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Volker13
Gast





BeitragVerfasst am: 15.01.09, 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

@abrazo,

Nein. Der Kopfschuss kam vom Fragesteller!!!!!!!!!!!
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Abrazo
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 30.05.2005
Beiträge: 5941
Wohnort: Köln

BeitragVerfasst am: 15.01.09, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Jo, stimmt, mal wieder was verwechselt.
Kommt schon mal vor.
_________________
Grüße,
Abrazo
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