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Vorhabenbezogener Bebauungsplan

 
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Thali
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Anmeldungsdatum: 29.03.2006
Beiträge: 125
Wohnort: Stuttgart

BeitragVerfasst am: 31.01.09, 01:44    Titel: Vorhabenbezogener Bebauungsplan Antworten mit Zitat

Werte Kollegen,

folgender Fall:

Die aus 5 Stadtteilen bestehende große Kreisstadt S (in Ba.-Wü.) hat einen Stadtteil, der an einem Talhang liegt. Der gegenüberliegende Talhang besteht aus einer Naturlandschaft, die von dem Stadtteil aus aussichtsmäßig genossen werden kann. Der Stadtteil hat u.a. deshalb eine bevorzugte Wohnlage. Die Grundstücke 1 - 10 liegen, talabwärts mit schönerAussicht hinter einem fußballfeldgrossen Grundstück, für das der Bebauungsplan bislang keine Bebauungsmöglichkeit vorsah. Dort ist befindet sich ein grosser Parkplatz und Grünflächen.

Die Stadt S erlässt für dieses Grundstück nun einen partiellen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der vorsieht, dass auf dem Grundstück 4 grosse Wohngebäude errichtet werden sollen. Die Eigentümer der mit Einfamilienhäusern bebauten, hinter dem Baugrundstück befindlichen Grundstücke 1 - 10 stellen nun fest, dass die geplanten Gebäude so groß und hoch werden sollen, dass ihnen die Aussicht komplett zugebaut werden soll. Erkundigungen ergeben, dass der Verkehrswert eines jeden der 10 Grundstücke um 50.000.-€ sinken wird, falls das Bauvorhaben verwirklicht wird.
Die Stadt S macht geltend, öffentliche Interessen hätten sie zum Planerlass gezwungen. Sie müsse dem, durchaus vorhandenen Siedlungsdruck entgegenwirken, daher auch die beträchtliche Grösse der geplanten Wohngebäude. Das Bauvorhaben sei für die städtebauliche Entwicklung unverzichtbar. Man könne es sich i.d.S. nicht leisten, solch grosse Grundstücke unbebaut zu lassen.
Die Eigentümer machen geltend, der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei rechtswidrig. Ihre privaten Belange seien nicht im erforderlichen Maße mit abgewogen worden. Die Stadt habe ihre Einsprüche gegen d Bebplan einfach übergangen. Die Bewohner der neuen Gebäude würden die Aussicht genießen, die ihnen genommen werden solle. Zudem weisen sie darauf hin, dass sie, selbst wenn sie den Bebauungsplan nicht verwerfen lassen könnten, Entschädigungsansprüche i.H.v. insges. 500.000.-€ (10 mal 50.000.-€) gegen die Stadt hätten.

Fallfragen:
1. Ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan rechtmäßig?

2. Angenommen, dies wäre der Fall, hätten die Eigentümer den behaupteten Entschädigungsanspruch?

Ich hatte so einen Fall noch nicht, meine aber, dass der Lösungansatz vielleicht bei § 1 VII BauGB zu suchen ist. Kennt jemand Rechtssprechung zu diesem Fall mit Aussicht? Ich würde den Bebauungsplan gefühlsmäßig für rechtswidrig halten. Die grosse Kreisstadt S besteht aus 5 Stadtteilen. Daß man also woanders nicht mehr bauen kann, halte ich für schwer darstellbar, aber das wäre Tatfrage.

Hinsichtlich der 2. frage meine ich, dass einem Entschädigungsanspruch nichts entgegensteht. wenn das projekt unbedingt erforderlich ist, aber das vermögen Privater mindert, muss die Stadt eben entschädigen. Nach meinem Rechtsempfinden müssen die Privaten die Vermögensminderung nicht einfach entschädigungslos hinnehmen. Wie denken sie
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0Klaus
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Anmeldungsdatum: 30.12.2004
Beiträge: 2595

BeitragVerfasst am: 31.01.09, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

zu berücksichtigen sind die Belange nach § 1.

Die schöne Aussicht auf das Naturschutzgebiet ist nur ein Rechtsreflex bezüglich des Bauverbots. Die Leute durften sich dessen Anblick nur zufällig erfreuen, weil aus städteplanerischen Gesichtspunkten dort davor noch keine Bebauung vorgesehen war.

Nunmehr wäre zu prüfen, ob Belange des § 1 Verletzt sind. Ich würde dies auf den ersten Blick verneinen. Auf die Aussicht ist keine Rücksicht zu nehmen. Die Aussicht als solche ist nicht städtebaulich geschützt. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn die Hochhäuser einen erheblichen Schattenwurf verursachen würden. In diesem Fall wären ggf. die gesunden Wohnverhältnisse betroffen.

Die Wertminderung ist hinzunehmen, wenn der BPlan rechtmäßig ist. Das ist insbesondere auch deshalb der Fall, da die Wertsteigerung gerade nicht auf eigene Leistung zurückzuführen ist, sondern durch einen glücklichen Umstand von außen bewirkt wird.

Unabhängig vom Fall hätte man rein praktisch dieses Problem vermeiden können, wenn die Anwohner das Zwischengrundstück gekauft hätten. Weiter gedacht, könnte dann jeder kommen und sich über Bebauungspläne beschweren, weil er nun nicht mehr in den Wald, auf die Wiese, auf einen Teich oder sonstwo hin schauen kann.

- ohne Gewähr -
_________________
mfg
Klaus
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Thali
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Anmeldungsdatum: 29.03.2006
Beiträge: 125
Wohnort: Stuttgart

BeitragVerfasst am: 01.03.09, 13:53    Titel: Rechtsprechung Antworten mit Zitat

Hallo,

ich darf noch mitteilen, was ich seinerzeit noch herausgefunden hatte:

Grundsätzlich ist eine Blickaussicht nicht geschützt, durch deren Versperrung eintretende Wertminderungen am Grundstück sind hinzunehmen. Es gibt daher keinen Vertrauensschutz im Hinblick auf den Erlass von neuen oder ändernden Bebauungsplänen.

Dies wurde z.B. festgestellt für die Aussicht auf eine Streuobstwiese oder diejenige auf eine innenstädtische weitere Sicht.

Etwas anderes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer über eine besonders schöne Aussicht über eine Naturlandschaft verfügt und ihm diese planerisch


durch ein Bauvorhaben auf einem unmittelbaren Nachbargrundstück - nahezu vollständig

versperrt werden soll. (BVerwG, Urteil vom 29.07.1992-BSR 54 Nr.42)

Anderes gilt nach BVerwG NVwZ 1995, S.895 f., wenn das die Aussicht versperrende Bauvorhaben 300 m entfernt ist.

Bezüglich des Ausgangsfalles würde ich daher meinen, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan rechtswidrig ist, da das Bauvorhaben in geringer Entfernung unmittelbarer Nachbargrundstücke verwirklicht werden soll. (Davon darf ausgegangen werden.)

Grüsse, Thali
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0Klaus
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Anmeldungsdatum: 30.12.2004
Beiträge: 2595

BeitragVerfasst am: 02.03.09, 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich kenne das Urteil nicht und würde empfehlen, das vollständige Urteil zu lesen.

Es ist wohl tatsächlich, so dass jegliche persönlichen Vorteile, auch auf die, auf die kein Anspruch besteht, abgewogen werden müssen.

http://www.jura.fu-berlin.de/einrichtungen/we3/professoren/ls_heintzen/veranstaltungen/0304ss/v_gk_oer_IV/040629_vorlesung1.pdf

Nach § 214 BauGB muss ein offensichtlicher Bewertungs- oder Feststellungsmangel vorliegen. Dabei kommt der Stadt eiin weiter Beurteilungsspielraum zu. Hier stellt sich nun die Frage, wieso die Stadt an genau dieser Stelle bauen musste. Dies könnte ein offensichtlicher Mangel sein, zumal bei einer Stadt mit 5 Ortsteilen Fläche vorhanden sein dürfte (sonst wäre dieser Hinweis wohl nicht notwendig).
_________________
mfg
Klaus
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