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Verfasst am: 17.02.09, 08:14 Titel: HILFE! Generelle Frage zur Abschreibung im Privatsteuerrecht
Hallo, möchte in diesem Forum ein Paar Fragen zum Privatsteuerrecht äußern,
die mich seit Monaten begleiten - vielleicht weiß jemand eine Antwort darauf und kann diese ggf. mit Literaturangaben belegen. Schon mal herzlichen Dank im Voraus.
1) Habe Negativeinkünfte aus einem geschlossenen Gewerbebestrieb 2007, welche ich in meiner Einkommenssteuer 2008 ansetzen könnte, laut Angaben FA. Ich arbeite allerdings seit Anfang 2008 nicht mehr in Deutschland, sondern in Österreich.
Ist es richtig, dass dieser Negativbetrag, der mein kleines Brutto aus 2008 in BRD übersteigt auf meine Einkommenssteuer 2007 in BRD automatisch rückgetragen werden kann?
2) Würde ich diesen Negativbetrag aus 2007 NICHT in meiner Steuer 2008 angeben -verfällt mein dann Anspruch, wenn ich nach einigen Jahren wieder in Deutschland arbeite und Steuern zahlen würde und diesen Negativbetrag ansetzen möchte? - nach meiner Meinung eher nicht, da ja SteuerSCHULDEN auch nicht so leicht verfallen...?!
3) Ein Gedankenspiel - Die Kapitalerstragssteuer usw. wird bei mir jedes Jahr in Deutschland fällig - berechtigt dies es, z.B. in 2009 ! meinen Verlust aus Gewerbe in der Deutschen Steuer geltend zu machen (normale Steuererklärung mit Anlagen KAP, GSE etc., so dass wiederum (siehe 1.) ein Rücktrag auf 2008 und 2007 möglich wäre? Habe ich dadurch noch einen "Fuß in der Türe"?
4) Gibt es nicht EU-Regelungen, die die Abschreibung von Verlusten EU-weit vereinfachen, also egal ob man in BRD oder Österreich arbeitet, so dass Punkt 1-3 als obsolet zu betrachten sind und ich mir zuviele Gedanken mache? Das geht ja auch z.B. mit den Rentenbeiträgen so... Gäbe es da einen Weg?
Verfasst am: 17.02.09, 09:33 Titel: Re: HILFE! Generelle Frage zur Abschreibung im Privatsteuerr
lainzer hat folgendes geschrieben::
Hallo, möchte in diesem Forum ein Paar Fragen zum Privatsteuerrecht äußern,
die mich seit Monaten begleiten - vielleicht weiß jemand eine Antwort darauf und kann diese ggf. mit Literaturangaben belegen. Schon mal herzlichen Dank im voraus.
1) Habe Negativeinkünfte aus einem geschlossenen Gewerbebestrieb 2007, welche ich in meiner Einkommenssteuer 2008 ansetzen könnte, laut Angaben FA. Ich arbeite allerdings seit Anfang 2008 nicht mehr in Deutschland, sondern in Österreich.
Für die Einkommensteuerveranlagung in Deutschland ist es unerheblich, wo man arbeitet. Interessant ist, ob man in Deutschland (unbeschränkt) einkommensteuerpflichtig ist, wobei z. B. die Frage des Wohnsitzes erheblich ist.
lainzer hat folgendes geschrieben::
Ist es richtig, daß dieser Negativbetrag, der mein kleines Brutto aus 2008 in BRD übersteigt auf meine Einkommenssteuer 2007 in BRD automatisch rückgetragen werden kann?
2) Würde ich diesen Negativbetrag aus 2007 NICHT in meiner Steuer 2008 angeben -verfällt mein dann Anspruch, wenn ich nach einigen Jahren wieder in Deutschland arbeite und Steuern zahlen würde und diesen Negativbetrag ansetzen möchte? - nach meiner Meinung eher nicht, da ja SteuerSCHULDEN auch nicht so leicht verfallen...?!
Der Anspruch "verfällt", sofern er nicht im richtigen Veranlagungszeitraum angesetzt wird. Daß Steuerschulden nicht so leicht "verfallen", ist ein völlig anderes "Problem".
lainzer hat folgendes geschrieben::
3) Ein Gedankenspiel - Die Kapitalerstragssteuer usw. wird bei mir jedes Jahr in Deutschland fällig - berechtigt dies es, z.B. in 2009 ! meinen Verlust aus Gewerbe in der Deutschen Steuer geltend zu machen (normale Steuererklärung mit Anlagen KAP, GSE etc., so daß wiederum (siehe 1.) ein Rücktrag auf 2008 und 2007 möglich wäre? Habe ich dadurch noch einen "Fuß in der Türe"?
Nein. Es gilt allein, ob man in Deutschland (unbeschränkt) einkommensteuerpflichtig ist. Daß deutsche Kapitalerträge auch für Ausländer zu versteuern sind, hat wieder nichts mit der persönlichen Einkommensteuerpflicht zu tun.
lainzer hat folgendes geschrieben::
4) Gibt es nicht EU-Regelungen, die die Abschreibung von Verlusten EU-weit vereinfachen, also egal ob man in BRD oder Österreich arbeitet, so daß Punkt 1-3 als obsolet zu betrachten sind und ich mir zuviele Gedanken mache? Das geht ja auch z.B. mit den Rentenbeiträgen so... Gäbe es da einen Weg?
Dazu ist mir nichts bekannt. Ich glaube, da müßte man ein "Europäisches Einkommensteuergesetz" oder so verfassen. Das gibt es noch nicht.
lainzer hat folgendes geschrieben::
Nochmals danke für alle ernstgemeinten Antworten!
T.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald _________________ Vielen Dank für positive Bewertungen...
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
"Wer Steuergesetze nicht kennt, muß für den zahlen, der sie gut kennt." (Louis Verneuil, 1893 - 1952)
Ja, danke erstmal für die Antwort - Ich als deutscher Staatsbürger definiere
meinen Lebensmittelpunkt in Österreich, bin also dort einkommenssteuerpflichtig
und nicht in Deutschland, wo ich ebenfalls mit Wohnsitz noch gemeldet bin. Klar.
Verstehe das nicht so genau mit der "Verfall der Negativeinkünfte...sofern er nicht im richtigen Veranlagungszeitraum angesetzt werden"?!
Aber vor allem wüsste ich gern einen Weg, der mir für das Steuerjahr 2007 oder
2008 das Ansetzen meines Gewerbeverlustes erlaubt...
Mit Wohnsitz im Inland ist man nach § 1 Abs. 1 S.1 in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Diese Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche in- und ausländischen Einkünfte, wobei eventuelle Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten wären. _________________ Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
Wobei noch die Frage zu klären ist, ob es für die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht ausreichend ist, daß man in Deutschland einen Wohnsitz hat, also auch im Einwohnermeldeamt (mit Hauptwohnung) gemeldet ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald _________________ Vielen Dank für positive Bewertungen...
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"Wer Steuergesetze nicht kennt, muß für den zahlen, der sie gut kennt." (Louis Verneuil, 1893 - 1952)
Der Wohnsitz im Sinne §8 AO ist der einzige Anknüpfungspunkt der Steuerpflicht! Es ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (AEAO vor §§8,9 AO). Die reine An-Abmeldung bei den Zuständigen Behörden entfaltet keine unmittelbare steuerliche Wirkung (AEAO Nr. 2 zu §8 AO, BFH 14.11.1969).
Der Begriff der Ansässigkeit des DBA's ist auf die Anwendung hierauf beschränkt und hat keine Auswirkung auf die persönliche Steuerpflicht, AEAO vor §§8,9 AO!
Hier empfiehlt sich der Weg zu einer Fachperson des Vertrauens, da möglicherweise nutzbare Verlustvorträge vorliegen!
taxpert _________________ Your friendly bavarian tax collector
Motto: "Das Leben ist zum Lachen da, drum nehm' ich Psychopharmaka!" Die Ärzte: "Jazz ist anders"
"Bitte, Danke und Verzeihung wandern auf die Liste der bedrohten Wörter!"
bavarian tax collector hat folgendes geschrieben::
Es ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (AEAO vor §§8,9 AO). Die reine An-Abmeldung bei den Zuständigen Behörden entfaltet keine unmittelbare steuerliche Wirkung (AEAO Nr. 2 zu §8 AO, BFH 14.11.1969).
Das meinte ich.
Ronald _________________ Vielen Dank für positive Bewertungen...
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
"Wer Steuergesetze nicht kennt, muß für den zahlen, der sie gut kennt." (Louis Verneuil, 1893 - 1952)
Verfasst am: 19.02.09, 21:07 Titel: Hallo und danke...
.... danke für die Antworten!
Leider bin ich nicht der Experte, um die möglichen Wege zu verstehen...
1) Vorlustvortrag (unbeschränkt) möglich. D.h., dass ich ab dem Zeitpunkt, wo ich Deutschland wieder Steuern zahle, die Negativeinkünfte geltend machen kann.
Einen beschränkten Zeitraum (2-4-10 oder x Jahre ab 2007) gibt es nicht. Richtig?
2) Ein Rücktrag der Verluste gibt es für 1 Steuerjahr.
3) Steuern werden da gezahlt, wo diese anfallen. ESt. in Österreich, Kapitalerstragsteuer in Deutschland etc.
4) Übersteigt die Negativeinkunft das "Jahresbrutto" (salopp gesagt), kann man Punkt 2)
und wenn weiter noch was zum Abschreiben übrig bleibt, Punkt 1) nutzen (automatisiert durch das FA)?! Richtig?
5) Hätte ich in Deutschland 2008 nur einen "Cent" Einkommenssteuer gezahlt, so kann ich
für 2008 die Steuererklärungen abgeben und meinen in 2008 durch das FA anerkannten Verlust (aus 2007) ansetzen - welcher dann "rückgetragen" werden kann (Punkt 3).
Somit würde ich wieder Verluste geltend machen können aus 2007. Richtig?
6) Wenn 5) richtig wäre (...) dann muss doch auch eine andere Steuerart (KAP etc.) - ohne in Deutschland gezahlte Einkommenssteuer - zur Steuererklärung in 2008 berechtigen. Die Abgabe des Bogens GSE (Verlsut unter §17 ESt) könnte man beilegen und die "Steuergewinne" mit den "Verlusten" wieder verrechnen... Alles andere kommt mir sehr einseitig vor. Steuern zahlen zu jeder Zeit und überall: "JA" - Abschreibung von reellen Verlusten: "NUR WENN" oder gar "NEIN"?! Das wäre wie im Mittelalter.
7) Eine ganz andere Überlegung ist die, dass man EU-weit arbeiten gehen kann - Steuern zahlt - versichert ist - Rente bekommt. Alles wird irgendwie verrechnet...
Alles prima. Dann sollte es ja auch möglich sein, in Österreich zu arbeiten und Negativeinkünfte aus Deutschland geltend machen können. Das müsste ja auch unter den Ämtern in Deutschland und Österreich verrechnet werden.
>>> Kennt da jemand einen Passus, der mir weiterhelfen könnte? "Ad Ronald": es gibt ja so was wie die "Welteinkünfte-Regelung" (habe das mal gehört...?!)
Ein bischen Steuergerechtigkeit oder zumindest Wege, meinen Verlust aus 2007 irgendwie ansetzen zu können sollte es doch geben! - Börsianer verspielen Milliarden, Lauschangriffe, Kriege wegen Öl oder zur Aufbesserung der Staatskassen - alles rechtlich einwandfrei. Und meine Abschreibung soll unmöglich sein?!
Herzlichen Dank für Eure weiteren Bemühungen !!!!!!, T.
Grundsätzlich wäre ein Verlustvortrag unbefristet möglich. Dreh- und Angelpunkt bleibt aber die Steuerpflicht nach §1 EStG! Verluste müssen, damit sie vor- oder rückgetragen werden können gesondert festgestellt werden. Und dies auf jeden 31.12. neu! Sie mindern sich um ggf. steuerpflichtige Einkünfte, auch wenn diese z.B. wegen des Grundfreibetrages noch zu keiner Steuer führen!
zu 2. Richtig!
zu 3.
Die Steuerpflicht regelt das EStG, das Besteuerungsrecht dass entsprechende DBA (so eins vorhanden!)! Es besteht sogar die Möglichkeit das ein DBA BEIDEN Staaten das Besteuerungsrecht zuweist! Z.B. DBA Spanien bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung! Die Doppelbesteuerung wird dann durch das sogenannte Anrechnungsverfahren vermieden.
zu 4.
Fast richtig!
Dem Gesetz nach wird der Verlust zurückgetragen, bis die Einkünfte im Vorjahr 0 (nicht die Steuer!). Ein verbleibender Rest wird vorgetragen. Nur auf Antrag wird der Rücktrag begrenzt, ggf. auf 0 €. Automatisch ist also grundsätzlich der Rücktrag und nicht der Vortrag!
zu 5.
Soweit eine Steuerpflicht in D vorliegt können Sie eine Erklärung in D abgeben. Die Verluste '08 können sich so durch Rücktrag in '07 auswirken.
Zu 6. Siehe 5.. Steuerpflicht muss vorliegen.
Zu 7.
Es erfolgt keine Verrechnung zwischen Ämtern verschieden Staaten!
Das Welteinkommensprinzip, das in D gilt, besagt, dass bei vorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht in D, Sie mit Ihrem gesamten Welteinkommen in D steuerpflichtig sind. Egal ob es sich um Einkünfte aus A oder Burkina Faso handelt! Kommt es durch diese Vorschrift zu einer Doppelbesteuerung, so wird diese durch die Freistellungsmethode (Zuweisung Besteuerungsrecht durch bilaterale Vereinbarung, DBA) oder Anrechnungsmethode (§34c EStG) vermieden.
taxpert _________________ Your friendly bavarian tax collector
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Verfasst am: 19.02.09, 22:53 Titel: Re: Hallo und danke...
Hallo lainzer,
lainzer hat folgendes geschrieben::
Leider bin ich nicht der Experte, um die möglichen Wege zu verstehen...
bitte nicht falsch verstehen: Möglicherweise erwarten Sie etwas zu viel von einem Internet-Forum. Aus der Ferne wird Ihnen in Ihrem konkreten Fall schwerlich jemand helfen können. Sie sollten sich steuerlich beraten lassen und dies sollten Sie bei der weiteren Diskussion nicht aus dem Auge verlieren.
danke für die vielen Antworten! Schön, dass sich so viele Leute meinem Problem annehmen wollen! Natürlich ist mit diesem Fall auch ein Steuerberater beauftragt, und zwar der, der meine Steuern seit Jahren regelt - und seit Jahren nicht unbedingt den vollen Durchblick hat. Jedenfalls kann er mit meinen angeführten Gedankenspielen (welche sicherlich etwas laienhafthaft von mit formuliert wurden) nicht besodners viel anfangen. Die hier im Forum genannten Fakten wurden von ihm zum Großteil noch nicht einmal andiskutiert... Also "Hut ab" vor den Kollegen hier im Forum. Nochmals danke!
Jeder wird sich fragen, warum ich nicht dann den Berater wechsel - dazu muss ich sagen, dass ich mich in der Beratungskompetenz hab täuschen lassen und nun, durch
meinen Umzug ins Ausland bedingt, erstrecht vor der Schwierigkeit stehe, einen neuen kompetenten Berater aus Deutschland zu finden... Shit happens.
Ich möchte nun eher die Informationen aus diesem Forum sammeln, so dass ich eine Gesprächsgrundlage aufbauen und ggf. dem Berater meine "eigene" Strategie vorstellen kann - vielleicht hat er ja die gleichen Ideen (wenn er kompetent ist - ja).
Kann jemand, anhand der Vielzahl von wichtigen genannten Fragmenten, eine Strategie bzw. einen Lösungsweg für den Fall aufzeigen, wenn in 2008 KEINE ESt, gezahlt wurde und lediglich KAP etc.? In den Zusammenhang verstehe ich "Zu 6. Siehe 5.. Steuerpflicht muss vorliegen." nicht ganz - ich bin als Techniker wenig mit den Formulierungen der Rechtswissenschaften vertraut... Bezieht sich die Steuerpflicht auf das Einkommen durch nichtselbständige Arbeit oder auch auf andere Steuerarten?
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