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Robbi
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 30.11.2004
Beiträge: 89

BeitragVerfasst am: 13.03.05, 01:07    Titel: Lebensversicherung Antworten mit Zitat

Angenommen ein Versicherungsvertrag wurde am 05.11.2002 abgeschlossen, es handelt sich um eine (natürlich) fiktive Lebensversicherung bei der "WIXA"-Versicherung, fondsgebunden und dynamisch. Der Versicherungsnehmer ist Italiener mit schlechten Deutschkenntnissen und die Versicherung wurde ihm wohl aufgedreht. Jetzt möchte er aus dem Vertrag raus. Zwar bestehen ja Möglichkeiten, wie Beitragsfreistellung oder Kündigung, was aber in beiden Fällen zu seinem Nachteil ausfallen wird, er muß also mit recht hohen Verlusten leben.

Der Antrag, ausgestellt am 05.11.2002 weist jedoch nur eine Unterschrift des Vermittlers auf, jedoch keine des Versicherungsnehmers. Ist der Vertrag nach inzwischen über 2 Jahren noch anfechtbar oder muß er mit den beiden verbleibenden Möglichkeiten Freistellung und Kündigung leben?
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StuWa
FDR-Moderator


Anmeldungsdatum: 14.03.2005
Beiträge: 935
Wohnort: Bonn

BeitragVerfasst am: 14.03.05, 07:58    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst einmal ist festzustellen, dass hier m.E. schlicht ein Fall der Vertragsreue vorliegen dürfte (ohne jetzt jemandem auf die Füße treten zu wollen). Aber bereits die Tatsache, dass es sich hier um eine fondsgebundene Lebensversicherung handelt und die Frage auf eine mögliche Anfechtung zielt um ohne Verluste - etwa durch Kündigung oder Beitragsfreistellung - aus dem vertrag rauszukommen, spricht dafür. Indes ist hierbei auch die sehr verbreitete Neigung der Versicherungsvermittler zu beachten, aufgrund hoher Provisionen gerade die fondsgebundene Lebensversicherung als besonders gewinbringend anzupreisen und die Kunden darüber im Unklaren zu lassen, dass dies wohl bis zum Börsencrash Anfang des Jahrteusends so gewesen sein mag, in heutigen Zeiten jedoch eher mit Verlusten verbunden ist ... und wenn den Leuten das dann aufgeht, wollen sie meist durch irgendeine Art von Anfechtung aus der Sache rauskommen (beliebt ist auch der Weg über § 5a VVG, wenn der Vertrag noch kein Jahr alt ist - lustigerweise haben die Leute ihre Versicherungsscheinnummer dann stets und ständig aus den Kontoauszügen, da sie ja angeblich keine Unterlagen haben ....).

So, und nun nach der allgemeinen VN- und Vermittlerschelte (für die ich mich an dieser Stelle vorsorglich mal entschuldige, die aber auf der anderen Seite auch einfach mal raus musste) zur eigentlichen Frage:

M.E. dürfte hier der Weg über eine Anfechtung wenig Aussicht auf Erfolg haben. Selbst, wenn man hier zur Vereinfachung der Rechtsfrage Anfechtungsgrund (wohl § 119 oder § 123 BGB) und Einhaltung der Frist bejahen wollte, ist hier die Besonderheit des versicherungsrechtlichen Vertragsschlusses zu berücksichtigen:

Der Versicherungsvertrag kommt nicht alleine durch den Antrag des VN und die Annahme dessen durch den Versicherer zustande (hierauf zielt wohl die Sache mit der Unterschrift nur des Vermittlers ab), sondern vielmehr im Wesentlichen dadurch, dass der Versicherer die Versicherungsunterlagen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG an den VN übersendet und dieser nicht innerhalb der 14tägigen Frist (sei es aus § 5a VVG bei Übersendung oder aus § 8 VVG bei Übergabe) widerruft. Der Vertrag kommt dann rückwirkend zustande, wobei hierbei spätestens nach Ablauf der Jahresfrist nach erster Beitragszahlung (soweit Unterlagen nicht vollständig waren) der Dampfer endgültig abgefahren ist - insoweit haben wir es hier mit einer Fiktion zu tun!

Des Weiteren stellt sich hier auch noch das Problem der Zurechnung, soweit aus arglistiger Täuschung angefochten werden soll: oft ist völlig unklar, ob der Vermittler als Erfüllungsgehilfe des Versicherers einzustufen ist oder nicht und ergeben sich hier entsprechende Schwierigkeiten hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für den VN. Die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des BGH dürfte zumindest in dieser Konstellation insoweit nicht anwendbar sein.

Soweit will ich es jetzt mal dabei bewenden lassen, bevor die Antwort noch den Umfang einer Dissertation kriegt (zumal sich der akademische Wert der Ausführungen in Grenzen halten dürfte)
_________________
mit besten Grüßen aus Bonn Smilie und übrigens: auch ich bin renoméegeil und freue mich über grüne Punkte Winken
Und noch was, nachdem ich einmal deswegen "belehrt" wurde: wenn ich die maskuline Form verwende, meine ich natürlich auch die Damen Winken
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Robbi
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 30.11.2004
Beiträge: 89

BeitragVerfasst am: 14.03.05, 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank erst mal für die äußerst umfangreiche Antwort! Ich dachte mir schon, daß er wohl in den sauren Apfel beißen muß, hätte ja aber sein können, daß es doch noch eine Möglichkeit gäbe, aus dem Vertrag raus zu kommen.

Die Problematik mit der teils zweifelhaften Seriösität der Versicherungen und deren Vermittler ist mir schon länger aufgefallen, vor allem wenn es sich um Ausländer handelt, die unsere Sprache nicht beherrschen. Natürlich sind auch die Versicherungsnehmer nicht unschuldig. Selbst Ausländer sollten zumindest erkennen können, daß sie bei Erhalt der Versicherungspolice einen Vertrag in der Hand halten und im Zweifelsfall jemanden fragen können, der sich auskennt.Nur leider kommt dies, wie in besagtem Fall, meist viel zu spät.

Viele Grüße
Robbi
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