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Verfasst am: 30.09.05, 09:23 Titel: Zum Begriff der Flugverspätung
Vor einiger Zeit haben wir uns hier im Forum damit beschäftigt, was eigentlich im rechtlichen Sinne eine Flugverspätung ist - kurz gesagt: geht es nur um den verspäteten Abflug oder (auch) um die verspätete Ankunft?
Nils-Christian Engel hat folgendes geschrieben::
mosaik hat folgendes geschrieben::
Die Verordnung zielt ja auch dahinauf aus, dass eine versprochene Abflugszeit nicht mehr so ohne weiteres verschoben werden kann. Jedoch erkennt auch der Rat, dass sich im Verlauf einer Reise Dinge ereignen können, die den Verlauf beeinflussen und nicht im Einflussbereich des Leistungserbringers liegen (können).
Naja, Vorsicht! Das heißt aber nicht, dass nur eine Abflugverspätung eine Verspätung ist ... auch das sog. "Reiserecht" kann nicht die komplette Realität expressis verbis beschreiben - daher sollte man zum Beispiel das Werkvertragsrecht und weitere interessante Kapitel des BGB nicht unter den Tisch fallen lassen. Das gilt zumindest für Deutschland
Das war die Kernfrage; "Verordnung" meint natürlich die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar 2004 (findet man z.B. auf www.luftrecht-online.de). Der zitierte Thread steht hier.
Der "neue Führich" führt dazu aus:
Ernst Führich, Reiserecht, Randnummer 1042 hat folgendes geschrieben::
... Verspätung ist ein nicht rechtzeitiges Eintreffen des Flugzeugs am Zielort. Die Rechtzeitigkeit ergibt sich aus dem Flugschein oder Flugplan. Sie liegt erst vor, wenn die Beförderung nicht innerhalb eines objektiv angemessenen Zeitraums erfolgt, welche ein vernünftiger Fluggast in seine Überlegungen einbezieht ...
Führich betont, dass die einschlägigen Abkommen und Verordnungen den Begriff der Flugverspätung nicht beschreiben; das heißt, was eine Verspätung ist, bestimmt die Rechtsprechung.
Quelle: Ernst Führich, Reiserecht. Handbuch des Reisevertrags-, Reiseversicherungs- und Individualreiserechts. 5., neu bearbeitete Auflage. Heidelberg, 2005.
Führich hat auch einen guten Grunde, weshalb er noch ausdrücklich auf keine einheitliche Rechtsprechung zum Thema Verspätungen gibt:
Bei einer Abflugsverspätung ist alles klar:
Die Airline fixiert den Zeitpunkt X als Abflug und muss zu diesem Zeitpunkt zumindest vom Terminal oder der Parkposition "ablegen".
Wie aber soll eine Fluglinie dann später entstehende Verspätungen beeinflussen können?
Thermiken
Jetstreams in großer Höhe gegen das Flugzeug
Unwetter (Hurrikans...)
Überlastung von Fluglotsen --> Änderung der Flugroute
Schlechtwetter im Landegebiet (dazu noch Anm.1)
Diese und andere Faktoren könnten auch bei Zwischenlandungen oder Umsteigeverbindungen zu Verzögerungen führen. Ich meine, hier hat Führich richtig erkannt, dass eine rechtliche Verordnung wohl zu eng gelegt wäre. Schließlich gibt es mittlerweile zig Flugstrecken über 10.000 km ohne Flugunterbrechung - da ist dann eine Stunde Verspätung durchaus möglich.
Ich finde es daher aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt, wenn man über die Mittelstrecke (3.500 km) hinaus auch Ansprüche bei verspäteter Ankunft geltend machen kann. Ich begründe diese Meinung nach wie vor auf dem Umstand, dass Reisen auch in der heutigen Zeit mit nicht kalkulierbaren Faktoren besetzt ist und daher ein gewisser Freiraum bzw. unberechenbarer Zustand auch in Zukunft vorhanden sein wird.
Die entstehenden Diskussionen gründen zu einen Gutteil auf dem Zug der Zeit, keine Zeit mehr für die Zeit zu haben. Ich gebe hier auch - bei Fernstrecken - zu bedenken, dass es rein gesundheitlich ein "Selbstmord" ist, nach einem 12- oder 15-stündigen Flug sofort "top fit eine Stunde nach Landung den Geschäftsabschluss des Monats" landen zu wollen.
In Urteilen zu Verspätungen von Zügen zu Abflügen und dem damit zusammen hängenden Versäumnis wird immer wieder betont, dass der Kunde einen angemessenen Sicherheitszeitraum bemessen muss. Analog sehe ich diese Forderungen auch im Flugverkehr als gegeben.
Das Schöne am neuen Buch von Führich ist ja, dass er verweist auf vorhandene Rechtsgrundlagen, seine eigenen Überlegungen und auf Korrekturen seiner eigenen Aussagen in früheren Auflagen!. Was ich als dynamische Entwicklung in der Reiserechtssprechung als sehr positiv beurteilen und in keiner Weise als "früher falsch" sehe.
Anm. 1
Gerade diese Thematik - Schlechtwetter im Zielgebiet - war ja aktuell bei der Bruchlandung dieses Jahr in Montreal. Der Kapitän hätte vielleicht gar nicht landen dürfen. Da jedoch er derjenige ist, der selbst bei einem Hinweis vom Tower entscheidet, ob Landung oder nicht, lastet auf ihm dann vielleicht auch noch der Druck: wenn du jetzt abdrehst und eine Landeverspätung, ja sogar noch auf einem anderen Flughafen, dann zahlt deine Gesellschaft jetzt viel Geld? Wäre das förderlich für die Flugsicherheit???
Verspätungen aufgrund von Umständen, die die Airline nicht zu vertreten hat, sind ja eine andere Frage - z.B. wg. höherer Gewalt.
Und dass für die Beförderung ein "objektiv angemessener Zeitraum" zur Verfügung steht - nicht die gebuchte Landezeit nach Minuten und Sekunden! - ist auch klar.
Dass "bei einer Abflugverspätung" alles klar sei, sehe ich allerdings nicht. Was, wenn die Landung trotz erheblicher Abflugverspätung doch noch innerhalb eines tolerablen Zeitrahmens erfolgt? Oder wenn die Abflugverspätung noch unerheblich ist, die Landung aber nicht mehr zumutbar verspätet? Zugegeben, eine kleine Griffelspitzerei
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