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Verfasst am: 17.11.05, 15:47 Titel: Änderungsverbot des Art 79 Abs. 3 GG abschaffen ?
Hallo,
ich habe eine Frage zum Verfassungsrecht und bitte um eine Erläuterung.
Artikel 79 Abs. 3 GG verbietet die Änderung des Grundgesetzes bezüglich bestimmter, dort aufgeführter Grundrechte.
Die übrigen Bestimmungen des Grundgesetzes hingegen können mit einer 2/3-Mehrheit des Bundestages sowie einer 2/3-Mehrheit des Bundesrates geändert werden.
Wäre es nun nicht denkbar, das Änderungsverbot des Art. 79 Abs. 3 dadurch zu umgehen, dass zunächst dieser Art. 79 Abs. 3 selbst mit 2/3-Mehrheit von Bundestag und Bundesrat abgeschafft und dann die durch diesen Artikel ehemals vor Änderungen geschützten Grundrechte doch geändert würden?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja - warum verbietet der Art. 79 Abs. 3 nicht auch die Änderung seiner selbst?
Lässt "man" sich da etwa absichtlich ein Hintertürchen offen? Wozu?
[...] ist es ein Gebot der Normlogik, daß außer den für unantastbar erklärten anderen Verfassungssätzen auch der Verfassungssatz selbst, der die Unantastbarkeitt ausspricht, unantastbar sein muß.
Hallo,
vielen Dank, moro, für den Hinweis auf den Kommentar und auch Gammaflyer für den Hinweis auf die zu diesem Thema bereits stattgefunden habende Diskussion. Ich hatte zwar schon vermutet, dass ich nicht der erste sei, der auf diese Idee gekommen ist, dennoch habe ich bei einer, zugegebenermaßen recht kurzen, Forensuche nichts dergleichen gefunden.
@moro
Der Kommentar ist zwar schön und gut und sein Inhalt auch einsichtig, dennoch frage ich mich:
Hat ein Kommentar zu einem Artikel des Grundgesetzes Verfassungsrang?
Deshalb bleibt meine zweite Frage:
Oberlehrer Lempel hat folgendes geschrieben::
Warum verbietet der Art. 79 Abs. 3 nicht auch die Änderung seiner selbst?
Lässt "man" sich da etwa absichtlich ein Hintertürchen offen? Wozu?
immer noch offen - und ich schätze, dass auch Gammaflyer und vielleicht noch andere an der Beantwortung dieser Frage interessiert wären.
Der Kommentar ist zwar schön und gut und sein Inhalt auch einsichtig, dennoch frage ich mich:
Hat ein Kommentar zu einem Artikel des Grundgesetzes Verfassungsrang?
Nein, der Kommentar gibt die Ansicht seiner Autoren wieder, wie der Grundgesetzartikel zu verstehen ist. Ich persönlich halte die Ansicht von Maunz und Dürig für richtig und denke auch, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Sinne entscheiden würde, falls Bundestag und Bundesrat je auf die Idee kommen sollten, den Art. 79 III GG abzuschaffen, und es dann zu einem Verfahren in Karlsruhe käme.
Zitat:
Warum verbietet der Art. 79 Abs. 3 nicht auch die Änderung seiner selbst?
Ich vermute mal: Weil die Verfasser des Grundgesetzes das als implizit selbstverständlich angesehen haben und gar nicht auf die Idee gekommen sind, dass es da Zweifel geben könnte.
In jedem Jahrgang wird einmal diese Frage in der Staatsrechtsvorlesung gestellt...
Das GG wurde - wie jedes Gesetz - von Juristen und v.a. für Juristen geschrieben und nicht für Hausfrauen. Insofern ist es auch mit der juristischen Methodenlehre zu erfassen.
In jedem Jahrgang wird einmal diese Frage in der Staatsrechtsvorlesung gestellt...
Und wie lautet die Antwort für angehende Juristen? _________________ Dass Laien am Rechtsverkehr teilnehmen ist zwar ärgerlich aber eben unvermeidbar. spraadhans (cave: Ironie) Forenregeln!
Ja. Aber trotzdem ist die Frage nicht trivial. Selbst Maunz / Dürig (Zitat siehe oben) - keine Hausfrauen - sprechen von einer "dogmatisch keineswegs einfach zu beantwortenden Frage".
Das GG wurde - wie jedes Gesetz - von Juristen und v.a. für Juristen geschrieben und nicht für Hausfrauen.
achso ... und ich dachte immer, Gesetze seien für die Menschen da, zu denen ich im übrigen auch die Hausfrauen zähle, insbesondere meine Frau.
Sind für Sie nur Juristen Menschen?
Gesetze richten sich - sekundär - immer an einen Richter, der ggfs. über einen Streit entscheiden müsste. Bei einer Änderung des Art. 79 Abs. 3 GG wären das die Bundesverfassungsrichter.
Primär richten sich Gesetze an sehr unterschiedliche Gruppen (die man dann die jeweiligen Normadressaten nennt) und die man auch unterschiedlich weit fassen kann. Das BGB z.B., so könnte man sagen, richtet sich an alle (die am Privatrechtsverkehr teilnehmen). Aber man kann es auch enger sehen: "Richtet" sich z.B das Mietrecht an den Eigentümer einer selbst genutzten ETW? Er braucht es nicht und kommt damit nicht in Berührung. Er muss es nicht kennen. Das HGB richtet sich nur an Kaufleute. Auch das Strafrecht richtet sich nicht an jedermann, es gibt Delikte, die nur Amtswalter begehen können. Die Grundrechte dürften sich an alle bzw. alle Deutschen richten. Aber - um zum Thema zurückzukommen - Art. 79 Abs. 3 GG richtet sich ausschließlich an den verfassungsändernden Gesetzgeber (nicht einmal an den einfachen Gesetzgeber, wie es zT Art. 79 Abs. 1 und 2 GG tun). Und der verfassungsändernde Gesetzgeber, so sollte man hoffen, verfügt über verfassungsrechtlichen Sachverstand erster Güte, sodass er die Norm in jeder HInsicht richtig beurteilen kann .
Gruß, dos _________________ Diese Auskunft stellt keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzt nicht die Beratung durch einen Anwalt. Eine Gewähr für die Richtigkeit besteht nicht.
Ja. Aber trotzdem ist die Frage nicht trivial. Selbst Maunz / Dürig (Zitat siehe oben) - keine Hausfrauen - sprechen von einer "dogmatisch keineswegs einfach zu beantwortenden Frage".
Das bezieht sich aber allenfalls auf die - praktisch irrelevante - dogmatische Begründung, keinesfalls auf das Ergebnis. Das steht fest.
Oberlehrer Lempel hat folgendes geschrieben::
achso ... und ich dachte immer, Gesetze seien für die Menschen da
Falsch gedacht. Der Normadressat ist derjenige, der das Gesetz zu befolgen hat / den es betrifft, nicht aber der, der es auch verstehen muß. Deshalb gibt es ja Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege, die Ihnen notfalls auch vom Staat bezahlt werden.
Gesetze richten sich also an Juristen. Diese haben das Menschsein allerdings tatsächlich nicht gepachtet
Das bezieht sich aber allenfalls auf die - praktisch irrelevante - dogmatische Begründung, keinesfalls auf das Ergebnis. Das steht fest.
Sie meinen also, die juristische Dogmatik diene nicht etwa dazu, das richtige Ergebnis zu finden, sondern nur dazu, ein feststehendes - woher weiß man, dass es feststeht? wie wurde es festgestellt? - Ergebnis zu begründen?
Dux hat folgendes geschrieben::
Gesetze richten sich also an Juristen.
Sicher richten sie sich an Juristen. Sie meinen aber wohl: nur an Juristen? Solches wurde in der Vergangenheit in der Tat vereinzelt vertreten, so von Max Ernst Mayer, Rechtsnormen und Kulturnormen, Breslau 1903, und Julius Binder, Der Adressat der Rechtsnorm und seine Verpflichtung, Leipzig 1927. Ob dergleichen in der Gegenwart überhaupt noch jemand vertritt, weiß ich nicht, wenn überhaupt ist es eine Mindermeinung und sollte daher hier nicht im Ton juristischer Gewissheit verkündet werden.
Sie meinen also, die juristische Dogmatik diene nicht etwa dazu, das richtige Ergebnis zu finden, sondern nur dazu, ein feststehendes - woher weiß man, dass es feststeht? wie wurde es festgestellt? - Ergebnis zu begründen?
Ach bitte! Ich meinte natürlich nicht generell, sondern im vorliegenden Fall, wo das Ergebnis evident ist. Man sollte vor lauter Rechtsdogmatik nicht den gesunden Menschenverstand ausschalten!
moro hat folgendes geschrieben::
Sicher richten sie sich an Juristen. Sie meinen aber wohl: nur an Juristen? Solches wurde in der Vergangenheit in der Tat vereinzelt vertreten, so von Max Ernst Mayer, Rechtsnormen und Kulturnormen, Breslau 1903, und Julius Binder, Der Adressat der Rechtsnorm und seine Verpflichtung, Leipzig 1927. Ob dergleichen in der Gegenwart überhaupt noch jemand vertritt, weiß ich nicht, wenn überhaupt ist es eine Mindermeinung und sollte daher hier nicht im Ton juristischer Gewissheit verkündet werden.
Das Gesetze sich an Juristen (v.a. den Richter) richten, lernt man schon im ersten Semester. Es bedarf auch keiner weiteren Begründung, weil die meisten Gesetz eben nicht allgemeinverständlich und daher ohne juristische Ausbildung nicht zu erfassen sind. Das sich z.B. das BGB nicht an den Normalbürger richtet, liegt auf der Hand, denn wenn man als Laie den Text durchblättert, kann man den Sinn einfach nicht erfassen.
"Moro", ich respektiere Ihre Gründlichkeit, aber gute Rechtskenntnis ersetzt nicht den eigenen Gedankengang. Man muß Offensichtliches nicht zu Tode begründen.
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