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Verfasst am: 31.01.06, 02:53 Titel: Bankvollmacht und "Verfügung zugunsten Dritter".
Guten Tag,
meine Frage: der Vater eines Bekannten hat ihm vor einigen Jahren eine Bankvollmacht und ein Investmentdepot mit der Bemerkung "Verfügung zugunsten Dritter" bei seiner Bank unterschrieben. Nun fängt bei seinem Vater an sich eine Altersdemenz zu entwickeln und er befürchten muss dass er irgendwann in ein Pflegeheim muss.
Kann mein Bekannter nun heute schon das Investmentdepot von Konto seines Vaters abziehen bevor es ,wenn es soweit kommen sollte , das Sozialamt sich bedient? Er weiss es ist nicht Fair dem Sozialamt gegenüber aber erstens ist es noch lange nicht soweit und zweitens muss er ja auch an seine Zukunft denken denn es ist wirklich nicht leicht mit einem Demenzkranken zusammenzuleben.
hier scheint mir notwendig zu sein, einiges auseinander zu halten.
1) Verfügung zu Gunsten Dritter
Die Verfügung zu Gunsten Dritter (ich vermute, der Dritte ist der Sohn) greift mit dem Todesfall. Bis dahin bleibt der Vater Eigentümer, kann den Vertrag jederzeit widerrufen und kann dieses Geld daher noch für ein Pflegeheim verwenden.
Konsequenterweise schützt dieser Vertrag auch nicht, dass das Sozialamt, zunächst einmal fordern wird, dieses Geld einzusetzen.
2) Vollmacht
Kraft der Bankvollmacht kann der Sohn über das Depot verfügen. Er kann die Wertpapiere verkaufen, das Geld neu anlegen oder verfügen.
Aber: Er darf keine Geschäfte mit sich selbst abschliessen. Dies wäre z.B. eine Schenkung dieses Guthabens an sich selbst (z.B. eine Auflösung des Depots und Überweisung des Gegenwertes an ein eigenes Konto)
3) Betrügen des Sozialamts
Gedacht ist hier wohl an eine Konstruktion, dass das Geld entwender an den Sohn verschenkt (s.oben) oder auf ein Konto im Ausland verbracht wird.
Beides ist ok, sofern dies dem Sozialamt nicht verschwiegen wird. Leider ist es dann auch ziemlich sinnlos.
Wenn dem Sozialamt hingegen diese Transaktionen/Gelder verschwiegen werden, sollte
- der Sachverhalt im Brett "Strafrecht" gepostet werden und
- der Verbrecher, der dies macht, seine gerechte Strafe erhalten
Anmeldungsdatum: 28.01.2005 Beiträge: 640 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 31.01.06, 18:16 Titel:
Hallo,
gaaaanz selten habe ich den stets guten Antworten von Karsten noch etwas hinzuzufügen, heute ist es soweit :
1.)
Ganz exakt heisst das "Vertrag zu Gunsten Dritter". Der greift nicht automatisch mit dem Todesfall. Vielmehr wird in dem Vetrag eine so genannte aufschiebende Bedingung festgelegt, unter der das Eigentum übergeht. Das kann der Tod des Kontoinhabers genauso sein wie z.B. die Volljährigkeit oder die Hochzeit des Berechtigten. Es ist also wichtig zu wissen, was in dem Vertrag drinsteht.
2.)
Mit einer normalen Vollmacht kann der Sohn verfügen, aber es gibt (selten) auch Vollmachten auf dem Todesfall, die erst dann gelten. Der Hinweis auf das so genannte Selbstkontrahierungsverbot (§181 BGB) passt hier nicht, das ist für privatschriftliche Vollmachten oder Generalvollmachten wichtig. Die Standardvollmacht einer Bank erlaubt dem Bevollmächtigten, Geld abzuheben. Wenn er das für sich behält, ist das keine "Schenkung an sich selbst" sondern vielmehr eine Bereicherung, für die er sich im Innenverhältnis mit dem Vollmachtgeber (oder dessen Erben) rechtfertigen muss. Die Bank ist da raus.
3.)
Auch wenn ich ansatzweise Verständnis für das Anliegen habe, sein Geld zusammen zu halten, kann ich ein Abverfügen des Geldes mit dem Zweck, sich der Leistungspflicht zu entziehen, nicht gutheißen. Ein "Betrug" (im Wortsinn eigentlich falsch) des Sozialamtes geht auch immer gegen den Steuerzahler (also gegen mich) und da werde ich komisch. Daher mal die ganze Härte des deutschen Straf- und Zivilrechts: Ein Gläubiger (Sozialamt) kann Rechtshandlungen des Schuldners, die auf die Benachteiligung der Gläubiger abzielten, nachträglich anfechten. Wenn das Beiseiteschaffen des Vermögens bei drohender Zwangsvollstreckung passiert, ist das Ganze sogar strafbar. (§ 3 AnfG, § 288 StGB)
3.)
Auch wenn ich ansatzweise Verständnis für das Anliegen habe, sein Geld zusammen zu halten, kann ich ein Abverfügen des Geldes mit dem Zweck, sich der Leistungspflicht zu entziehen, nicht gutheißen. Ein "Betrug" (im Wortsinn eigentlich falsch) des Sozialamtes geht auch immer gegen den Steuerzahler (also gegen mich) und da werde ich komisch. Daher mal die ganze Härte des deutschen Straf- und Zivilrechts: Ein Gläubiger (Sozialamt) kann Rechtshandlungen des Schuldners, die auf die Benachteiligung der Gläubiger abzielten, nachträglich anfechten. Wenn das Beiseiteschaffen des Vermögens bei drohender Zwangsvollstreckung passiert, ist das Ganze sogar strafbar. (§ 3 AnfG, § 288 StGB)
Hallo Hans Jürgen,
danke für den Hinweis im Absatz 3 aber gilt das auch nach 2-3 Jahren?
Wenn er das für sich behält, ist das keine "Schenkung an sich selbst" sondern vielmehr eine Bereicherung, für die er sich im Innenverhältnis mit dem Vollmachtgeber (oder dessen Erben) rechtfertigen muss. Die Bank ist da raus
Ach nochwas Hans Jürgen,
soviel ich weiss fällt eine "Verfügung zugunsten Dritter" nicht in die Erbmasse, Ergo
müsste sich mein Bekannter gegenüber etwaiger Erben nicht über das "vorabgezogene
Geld" rechtfertigen.
Anmeldungsdatum: 28.01.2005 Beiträge: 640 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 01.02.06, 08:35 Titel:
- das Sozialamt kann Verfügungsgeschäfte (Schenkung etc.) noch zehn Jahre zurück anfechten
- Beim Vertrag zu Gunsten Dritter trifft ja nicht der Bevollmächtigte die Verfügung, sondern die Bank aufgrund des Kundenauftrages. Daher entfällt auch eine "Rechtfertigung" gegenüber der Erben. Wie schon richtig gesagt, fällt das Guthaben nicht in die Erbmasse. Wichtig sind noch zwei Dinge:
-- Der Vertrag zu Gunsten Dritter auf einen Todesfall wird von der Bank erst ausgeführt, wenn sie vom Tod erfährt (logisch). Bis zur Ausführung (genauer gesagt: bis zur Benachrichtigung des Begünstigten über den Eintritt der Bedingung) hat aber der Kontoinhaber bzw. dessen Erben ein Widerrufsrecht. Wenn also die Erben sich vorher bei der Bank melden und den Vertrag zu Gunsten Dritter widerrufen, ist er hinfällig. Der BGH hat das vor langer Zeit mal bestätigt.
-- Wenn jemand aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter Geld erhält, kann er das nicht in jedem Fall behalten. Der Begünstigte dieser Schenkung muss Pflichtteilsberechtigte befriedigen, wenn der Nachlass dafür nicht ausreicht.
Anfechten ist vielleicht nicht der ganz korrekte Begriff. Der Schenker kann von dem Beschenkten zehn Jahre lang das Geld zurückverlangen, wenn er verarmt, § 528 BGB. Und dieser Rückforderungsanspruch wird bei der Beantragung von Sozialhilfe automatisch auf das Sozialamt übergeleitet, d. h. das Sozialamt kann den Anspruch zehn Jahre lang geltend machen. Passiert in letzter Zeit häufiger, weil die Sozialämter über verbesserte Abfragemöglichkeiten solchen Vermögensverschiebungen leichter auf die Spur kommen (hatte gerade wieder einen Fall, in denen 50.000 EUR kurz vor Beantragung von Sozialleistungen verschoben und verschenkt wurden, das Sozialamt hat es festgestellt).
Anmeldungsdatum: 28.01.2005 Beiträge: 640 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 08.02.06, 19:52 Titel:
Hallo Milena,
Zitat:
Anfechten ist vielleicht nicht der ganz korrekte Begriff
Aber sicher! Falls es nicht bekannt ist, empfehle ich mal die Lektüre des "neuen" (seit 1999) Anfechungsgesetzes. Kurz gesagt, hat damit ein Gläubiger die Möglichkeit, vorsätzliche Rechtsgeschäfte des Schuldners anzufechten, wenn sie dazu dienten, das Geld vor den Gläubigern in Sicherheit zu bringen (z.B. Schenkung). Strafbar war das bei drohender Zwangsvollstreckung schon immer, aber mit dem Anfechtungsgesetz ist auch die zivilrechtliche Seite geklärt. Ich gebe aber zu, vom Duktus hätte es besser ins BGB gepasst. So fristet das Gesetz sein Schattendasein...
Keine Sorge, das Anfechtungsgesetz kenne ich bestens. Das setzt aber voraus, dass ein Gläubiger mit tituliertem Anspruch gegen eine Vermögensverschiebung vorgeht. Schenkungsanfechtungen innerhalb von vier Jahren ab Schenkungen können ohne große Nachweisprobleme angefochten werden, bei der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligungsanfechtung ist es aber das Problem, dass die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Gebenden und die Kenntnis des Beschenkten nachgewiesen werden muss. Das muss bei familiären Vermögensübertragungen z. B. in Vorwegnahme einer Erbschaft nicht immer gerade leicht sein.So wie es ingesamt problematisch sein kann, eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligungsabsicht durchzubringen.
Demgegenüber ist der Anspruch des verarmten Schenkers gem. § 528 BGB an keine subjektiven Voraussetzungen gebunden (keine bösen Absichten bei der Schenkung etc.) und kann damit vom Sozialamt leichter durchgesetzt werden. Bisher war dies gem. § 90 I 1 BSHG möglich. Im neuen Gesetz zur Grundsicherung ist die Überleitungsvorschrift auf das Sozialamt zwar nicht mehr explizit genannt, aber das Problem entsprechend anwendbar, weil in diesen Fällen das Sozialamt die Bedürftigkeit verneinen wird und den Schenker auf seinen Bereicherungsanspruch gegen den Beschenkten verweisen wird.
Anmeldungsdatum: 28.01.2005 Beiträge: 640 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 09.02.06, 23:48 Titel:
Hallo,
sorry, das sollte nicht überheblich klingen, meiner Erfahrung nach ist das Anfechtungsgesetz aber nicht so weit verbreitet, wie es das eigentlich verdient hätte.
Das die Anfechtung an hohe Hürden geknüpft ist, hatte ich gesagt.
Der Hinweis, dass im Falle der Schenkung der Weg über 528 BGB einfacher ist und nicht so viel Voraussetzungen vorliegen müssen, ist völlig richtig, das hatte ich noch nicht so entdeckt. Dafür ist ein Rennommepunkt unterwegs.
Ne, das ist hier auch nicht so angekommen !!
Tatsächlich sind sich viele Schuldner ja nicht bewußt, dass ein "Verschieben" von Vermögen aus Flucht vor den Gläubigern angefochten werden kann. Richtig interessant wurde es ja auch erst, als 99 die Anfechtungsfristen verlängert wurden.
Ich hatte erst neulich wieder einen Fall, in denen der Schuldner sich verlustreich durch die Instanzen verklagen ließ, dann endgültig verloren hat und dann noch schnell seine Eigentumswohnung an die Frau übertragen hat und sich dabei wohl besonders schlau fühlte. Letztendlich hat diese "Verschiebeaktion" ihn bzw. seine Frau dann noch ein paar tausend EUR extra gekostet (RA-Kosten, Notar- und Grundbuchkosten etc.), ohne dass es ihm geholfen hätte. Er war aber auch anwaltlich schlecht beraten (was er aber wohl bis heute nicht richtig wahrgenommen hat).
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