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ich vereinfache in einem ersten Schritt die Frage etwas:
jurico hat folgendes geschrieben::
Lässt sich ...Sprache ... einzwängen?
Natürlich!
Sprache ist ein formales System von Symbolen zur Kommunikation, dass definierten Regeln unterliegt. Ein solches System ist grundsätzlich ein Teilmenge aller denkbaren Symbole und aller denkbaren Regeln. Die konkrete Sprache ist daher genau dadurch definiert, dass nur eine begrenzte Zahl von Symbolen und Regeln mit festen Bedeutungen erlaubt werden.
Von daher ist ist die deutsche Sprache ein Einzwängung auf
- 26 Buchstaben + Umlaute
- 10 Wortarten
usw.
Ohne Einzwängung ist man Einwohner von Babel.
Da die Sprache der Kommunikation dient, ist eine Verständigung unter den Nutzern der Sprache auf die verwendeten Symbole, Regeln und Bedeutungen zwingend notwendig.
Wie diese Verständigung erfolgt ist Kern der Frage.
Da die Zahl der Nutzer sehr hoch ist, ist eine zentrale Autorität (Normungsinstanz) sinnvoll. Fehlt diese, so teilt sich die Sprache (z.B. in Dialekte).
Diese zentrale Normungsinstanz kann ein Referenztext (Lutherbibel), ein privates Unternehmen (früher Duden, heute [Wortsperre: Firmenname] Rechtschreibprüfung), eine (halb-)staatliche Stelle (z.B DIN) oder auch der Gesetzgeber sein.
Wie sieht es jetzt aus, wenn diese Stellen in Konkurenz treten (z.B. die FAZ mit dem Anspruch, der Status quo sei perfekt und die Kultusminister mit dem Wunsch nach Änderungen)?
Dann ist es zwingend notwendig, eine Hierachie zwischen diesen möglichen Normungsinstanzen zu schaffen. Und wer würde daran zweifeln, dass die Legitimation der demokratisch gewählen Instanzen höher zu bewerten ist, als die von mir hochgeschätzte FAZ oder die Duden-Redaktion.
jurico hat folgendes geschrieben::
Lässt sich (Schrift-)Sprache rechtlich einzwängen oder läßt sie sich nicht?
Sprache ist ein formales System von Symbolen zur Kommunikation, dass definierten Regeln unterliegt.
Und wer definiert?
Karsten11 hat folgendes geschrieben::
Da die Zahl der Nutzer sehr hoch ist, ist eine zentrale Autorität (Normungsinstanz) sinnvoll. Fehlt diese, so teilt sich die Sprache (z.B. in Dialekte).
Unterscheidet sich das Sprechen vom Schreiben eigentlich wesentlich? Dürfte man es rechtlich verbieten, Dialekt zu sprechen? Zwang, hochdeutsch zu sprechen? Dürfte man Goethe - wenn er denn noch lebte - zwingen, in einer bestimmten Weise zu schreiben?
Sprache ist ein formales System von Symbolen zur Kommunikation, dass definierten Regeln unterliegt. Ein solches System ist grundsätzlich ein Teilmenge aller denkbaren Symbole und aller denkbaren Regeln. Die konkrete Sprache ist daher genau dadurch definiert, dass nur eine begrenzte Zahl von Symbolen und Regeln mit festen Bedeutungen erlaubt werden.
Leider vollkommen falsch.
Sprachphilosophie und Sprachlogik haben schon in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts (angefangen hat damit im Grunde sogar Frege) diese Auffassung vollkommen über den Haufen geworfen. Zwar ist es möglich (und angebracht), in speziellen Sprachbereichen (z.B. Wissenschaftssprache) Termini zu definieren, also vor Gebrauch festzulegen, im gesamten Sprachbereich jedoch bestimmt der Kontext, in dem Wörter verwandt werden, ihre Bedeutung, die man tatsächlich nicht klar eingrenzen kann, sondern nur so ungefähr. Wittgenstein sprach von einer Familienähnlichkeit, die die mit einem Wort bezeichneten Objekte miteinander haben.
Klassisches Beispiel für tatsächlich nicht definierbare Wörter: definiere Spiel! _________________ Grüße,
Abrazo
die Ausgangsfrage lautete, ob der Sprachgebrauch rechtlich steuerbar ist. Dies ist selbstverständlich der Fall, sobald staatliche Entscheidungsträger meinen, dies tun zu müssen und im Falle der Rechtschreibreform hat die Kultusministerkonferenz entsprechend gehandelt. Die Rechtschreibreform war allerdings schon anfänglich verfassungswidrig aus dem einzigen Grund, daß sie nicht in Gesetzesform gegossen wurde, aber trotzdem allgemeinverbindlich sein soll. Nach der sog. Wesentlichkeitstheorie stehen alle staatlichen Maßnahmen, die für das Gemeinwesen von erheblicher Bedeutung sind, unter dem Vorbehalt, in Form des demokratischen Gesetzgebungsverfahrens beschlossen werden zu müssen. In den Fällen des Sexualkunde- und Ethikunterrichts ist anerkannt, daß diese Fächer aufgrund ihrer Wesentlichkeit gesetzlich eingeführt werden mußten. Bei der Rechtsschreibreform scheint dies niemand zu forden. Vielleicht ist man der Meinung, es sei nicht so wesentlich, in welcher Rechtschreibung man etwas so wesentliches wie Sexualkundeunterricht zur Kenntnis nimmt. Dann bräuchte man für die Rechtschreibreform aus diesem Grund auch kein Gesetz.
Allerdings kann niemand behaupten, daß die Rechtschreibreform nicht in den Schutzbereich meiner grundgesetzlichen Persönlichkeitsrechte eingriffe, denn ich bin kein Schüler mehr, der den Weisungen der Kultusministerien unterworfen wäre. Dann genügt dies aber, um die Rechtschreibreform unter Gesetzesvorbehalt zu stellen. Entscheidungen, die in die staatsbürgerliche Grundrechtsausübung eingreifen, stehen grundsätzlich, unabhängig von ihrer sonstigen Wesentlichkeit, unter Gesetzesvorbehalt. Da ein Gesetz bis heute fehlt, ist die Rechtschreibreform verfassungswidrig. In welchen Grundrechten bin ich betroffen? 1.In meinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 GG. Eltern sind auch in Ihren elterlichen Grundrechten gem. Art. 6 GG betroffen. Obwohl es kein Gesetz gibt, sind wir Nichtschüler gezwungen, uns der Rechtsschreibreform der Kultusministerien zu unterwerfen, nur um eines Tages nicht als Legastheniker zu gelten, oder um unseren Kindern bei den Hausaufgaben helfen zu können. Jedenfalls könnte man aufgrund der von mir genannten Argumente zukünftig den Erlaß eines Gesetzes über die Rechtschreibung erzwingen. Viel Spaß damit ! _________________ Fanden Sie meinen Beitrag nützlich? Dann klicken Sie bitte auf den grünen Punkt.
Meine Beiträge sind keine Rechtsberatung. Diese kann von einem Forum nicht geleistet werden. Eine Haftung ist daher ausgeschlossen.
§ 135 oder besser § 137 StGB? Nö, ich denke, rechtswidriges Schreiben wäre besser bei § 135 aufgehoben, hinter "Verletzung amtlicher Bekanntmachungen". Eine Straftat, die ein Analphabet durch Unterlassung begehen könnte. Der Legastheniker könnte § 20 oder § 21 StGB reklamieren. Dürfte manchem auch recht praktisch mit Blick auf das Ausländerrecht erscheinen, denn dann könnte man sagen, wer nicht rechtmäßig Deutsch schreiben kann, ist ein Intensivtäter - kriminelle Ausländer raus!
Problematisch könnte allerdings sein, dass die wissenschaftlich oder künstlerisch schreibende Zunft sich erfahrungsgemäß den Deuvel um Rechtschreibregeln und Kommasetzung schert und dafür auch noch unverschämterweise die Freiheit von Wissenschaft und Kunst reklamiert. _________________ Grüße,
Abrazo
rechtswidriges Schreiben wäre besser bei § 135 aufgehoben
Völlig falsch. Da die FAZ mit religiöser Inbrunst die Unveränderlichkeit der Rechtschreibung predigt, ist eine Ergänzung von § 166 eher geeignet.
Jetzt aber wieder on topic!
Erst einmal zur Definition Sprache:
Abrazo kritisiert meine Definition von Sprache unter Hinweis auf die Kontextabhängigkeit der Sprache, liefert aber leider keine eigene Definition. Vielleicht kann Abrazo hier noch eine Definition nachliefern.
Unzweifelhaft kann der Kontext für einzelne Elemente der Sprache (auch durchaus bei der Schreibweise der Worte) eine Rolle spielen. Dies muss nicht der Fall sein. Ein Beispiel: Die Sprache C++ ist völlig unabhängig vom Kontext und daher in der Norm ISO/IEC 14882:2003 festlegbar.
Dennoch hat Abrazo natürlich recht: In der Praxis gesprochener Sprachen spielt der Kontext nicht nur bei der Beurteilung der Bedeutung von Worten und Sätzen sondern auch bei der Rechtschreibung eine Rolle.
Auch auf die Gefahr hin, hier schnell off topic zu geraten, hier ein juristisches Beispiel:
Als ich Ende der 80er Jahre studierte, musste sich die Studentenschaft der Frankfurter Uni eine neue Satzung geben. Das war inhaltlich richtig schwierig, moskautreue Kommunisten, Spontis, von Juristerei völlig unbeleckte Fachschaftler und den RCDS unter einen Hut zu bekommen. Aber all dies gelang. Unlösbar war jedoch der Konflikt mit den „feministisch autonomen Unifrauen“. Diese bestanden darauf, dass ausschließlich das große Binnen-I zu verwenden sei (z.B. StudentInnenparlamentspräsidentIn). Der Wunsch, statt dessen beide Geschlechter zu erwähnen (der/die Präsident/in) wurde rigeros abgelehnt.
Daher beschloss das Studentenparlament in seiner unendlichen Weisheit, dass zwei Satzungen verabschiedet werden sollten: Eine für jede Schreibweise. So beschlossen und im Hessischen Staatsanzeiger veröffentlicht.
Ein Verständnis dieser Veröffentlichung ist ohne Kenntnis des Kontext wahrlich nur schwer möglich.
Jetzt aber wieder on topic!
Thali stellt zu recht fest
Thali hat folgendes geschrieben::
die Ausgangsfrage lautete, ob der Sprachgebrauch rechtlich steuerbar ist.
und beantwort diese Frage auch
Thali hat folgendes geschrieben::
Dies ist selbstverständlich der Fall, sobald staatliche Entscheidungsträger meinen, dies tun zu müssen
Dies entspricht auch meiner Auffassung. Wenn eine Normung notwendig ist kann dies in letzter Instanz nur der demokratisch gewählte Gesetzgeber machen.
Nur: Unstrittig ist diese Auffassung nicht.
- Autoren (bzw. Rechteinhaber) verlangen beim Abdruck der Werke die Verwendung der alten Rechtschreibung
- Verlagshäuser verlangen im Rahmen ihres Direktionsrechtes von ihren Mitarbeitern die Verwendung der alten Rechtsprechung
Begründet wird diese Forderung damit, dass behauptet wird, die Rechtschreibung sei einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich entzogen.
Dürfte ein Bundesgesetz (wegen der Wesentlichkeitslehre) nun eine verbindliche Schreibweise vorgeben (abgesehen davon, dass dies niemand ernsthaft betreibt)?
jurico hat folgendes geschrieben::
Dürfte man Goethe - wenn er denn noch lebte - zwingen, in einer bestimmten Weise zu schreiben?
Es ist zunächst klar, dass eine solche gesetzliche Regelung vernünftige Ausnahmen treffen müsste, um nicht mit Art. 2 und Art. 5 GG in Konflikt zu kommen.
Wenn dies gewährleistet ist, wäre der Weg für mich frei für ein Rechtschreibgesetz. Nur:
jurico hat folgendes geschrieben::
Mit welcher Rechtfertigung?
Mit welcher Rechtfertigung schreibt die STVO vor rechts zu fahren? Millionen von Briten beweisen, dass links fahren funktioniert!
Auch wenn offensichtlich der Rechtsverkehr keine Vorteile vor dem Linksverkehr bietet, ist die Einheitlichkeit der Fahrweise von nicht zu unterschätzendem Nutzen. So kann man die Einheitlichkeit der Rechtschreibung sicher als Ziel betrachten, dass eine rechtliche Regelung rechtfertigt.
Philosophie der normalen Sprache
Die Philosophie der normalen Sprache (ordinary language philosophy) stellt eine Abkehr von der Philosophie der idealen Sprache und den damit verbundenden Forderungen nach explizierter Definiertheit der Wörter und exakter Festlegungen durch Regeln dar.
Grundlegend für die Entwicklung der Philosophie der natürlichen Sprache ist Wittgensteins Argumentation gegen die Festlegung einer Wortbedeutung durch eine explizite, dem Gebrauch vorangehende Sprachregel. Um nicht in den mit einer solchen Bedeutungsfestlegung verbundenden unendlichen Regreß zu verfallen, wenn wir die Bedeutung durch eine Regel festlegen wollen und für diese Festlegung eine Regel der richtigen Festlegung benötigen, müssen wir von einem Sprachverständnis ohne explizite Regelkenntnis zurückgreifen.
Wittgenstein ersetzt die Regelkenntnis als Quelle des Sprachverständnisses durch die Festlegung der Wortbedeutung durch den geregelten Gebrauch.
Nach Ryle besteht die philosophische Aufgabe der Sprachanalyse darin, die logische Struktur von Sachverhalten über die syntaktische Struktur von Sachverhaltensbeschreibungen aufzudecken.
Mit Hilfe der Alltagssprache erscheint es ihm entscheidbar, ob ein vorliegender Satz sinnvoll oder absurd ist.
Ryle unterscheidet zwischen Wörtern für Ereignisse und Wörtern für Dispositionen. Diese Differenzierung soll verhindern, Dispositionen wie sich beeilen, mit Überlegunghandeln, etwas absichtlich tun nach dem Muster von Vorgägen (singen, laufen) zu behandeln.
Austin sucht nach einer Antwort auf die Frage, was man mit den Wörtern tun kann (how to do things with words). Er beschränkt sich dabei nicht wie Wittgenstein auf die Unterscheidung von Gebrauchsweisen. Er versucht in seiner Sprechakttheorie eine systematische Ordnung der Funktionen der Sprache zu finden.
Aus Phillex, einem sehr empfehlenswerten Internet-Philosophielexikon, natürlich von Vollprofis erstellt und weiter bearbeitet.
Ergänzend eine kleine linguistische Erklärung nach Sroufe und Cooper:
Zitat:
Der Mensch produziert aber nicht nur Sätze, er verwendet sie intentional und zweckgerichtet. Sprachliche Kompetenz im Sinne der Verständigungsfähigkeit umfaßt das Wissen, in welchem sozialen Kontext, in welcher Weise und mit welchen Erwartungen welchem Gesprächspartner etwas zu sagen und unter Umständen auch etwas zu verschweigen ist.
Wir lernen die sozio-normativen Regeln der Verständigung, also die kommunikative Kompetenz, weil wir kommunizieren, nicht weil wir grammatische Regeln gelernt haben. Durch den Gebrauch von Sprache erwerben wir die Struktur, die wiederum neue Formen des Gebrauchs ermöglicht. Funktion und Struktur sind also untrennbar miteinander verbunden.
Die linguistische Pragmatik untersucht Sprache unter dem funktionalen Aspekt: Sprechen ist eine Form des Handelns; die Sprechhandlung (Sprechakt) ist konstituierend für die Beziehung der Kommunikationspartner zueinander; sie kann, wie jede andere Handlung auch, gelingen oder mißlingen.
Ohne große Prüfung erkennt jedermann auf einen Blick, dass ein Sprachgesetz verfassungswidrig wäre, denn es greift nicht nur in die Freiheit von Kunst und Wissenschaft ein, sondern in die Menschlichkeit, das Humanum selbst.
Da aber, Freunde, hat kein gewähltes Parlament und auch kein BVG irgend etwas zu sagen oder zu regulieren (was auch kein vernünftiger Parlamentarier oder BVG-Richter wagen würde). _________________ Grüße,
Abrazo
Interessante Zitate, wenn auch keine Definition des Begriffs Sprache…
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Die linguistische Pragmatik untersucht Sprache unter dem funktionalen Aspekt: Sprechen ist eine Form des Handelns; die Sprechhandlung (Sprechakt) ist konstituierend für die Beziehung der Kommunikationspartner zueinander; sie kann, wie jede andere Handlung auch, gelingen oder mißlingen.
Gefällt mir. Als alter Pragmatiker muss ich dann natürlich fordern, dass Sprache so gestaltet wird, dass die Kommunikation mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit gelingt.
Gründe für ein mögliches Scheitern sind vielfältig. Wenn wir uns das beliebte Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation anschauen
so sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation insbesondere
- ein gemeinsamer Zeichenvorrat und Code sowie
- ein gemeinsames Verständnis des Kontextes
Exkurs:
Auch die Nutzung des Kontextes erfolgt vielfach regelgebunden.
Ein Beispiel: Mit dem Satz „von Dir“ nimmt der Börsenhändler den Verkaufsauftrag eines Kollegen rechtswirksam an. Um diesen Satz zu verstehen ist zunächst der vorangehende Satz „300 Anilin 3 Brief“ aus dem Kontext zu entnehmen. Nun kann man diesen Satz gemäß den Börsenusancen unter Nutzung der auf dem Börsenparkett allgemein bekannten Codes entschlüsseln. 300 steht für die Stückzahl, Anilin für die BASF AG, Brief für den Verkaufswunsch und 3 für die letzte Stelle des Kurses. Den Kurs entnehmen wir dem Computer und haben die Annahme des Verkaufsauftrags von 300 Stück BASF Aktien zu 64,13 € entschlüsselt. Nahezu alle Information stammt aus dem Kontext, ist aber vollständig regelgebunden nutzbar.
Zurück zum Thema:
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Ohne große Prüfung erkennt jedermann auf einen Blick, dass ein Sprachgesetz verfassungswidrig wäre, denn es greift nicht nur in die Freiheit von Kunst und Wissenschaft ein, sondern in die Menschlichkeit, das Humanum selbst.
Der Gesetzgeber schreibt jedoch bestimmte Nutzung von Sprache vor.
Z.B. zwingt er die Arbeitgeber zur Verwendung eines spezifischen Codes bei der Abfassung von Arbeitszeugnissen. Hier geht es wohlverstanden nicht um Randthemen wie die Schreibweise sondern Ziel dieser Norm ist die Arbeitgeber zu zwingen Negativmerkmals so zu codieren, dass unbedarfte Leser diese nicht als solche erkennen!
Auch würde jeder Richter einen Schriftsatz in deutscher Sprache, aber geschrieben in kyrillischen Lettern wohl zurückweisen. Die Amtssprache ist deutsch; dies schließt die Verwendung von lateinischen Buchstaben ein. Nicht aus Bosheit. Sondern einfach, damit Sender und Empfänger den Code verstehen.
Gerade in Rechtsdingen ist es wichtig, Kommunikationsstörungen weitestgehend zu vermeiden. Auch die Regeln der Rechtschreibung können dazu beitragen, Kommunikationsstörungen zu erhöhen oder zu vermeiden. Ich bleibe daher dabei:
Eine Normierung der Rechtschreibung ist hilfreich. Und eine Normierung durch den Gesetzgeber ist legitim. Und glücklicherweise erfolgt diese Normierung auch ohne den Staat. Und schön wäre es, wenn der Staat uns erlauben würde, auch in Arbeitszeugnissen die Wahrheit zu schreiben.
Lässt sich (Schrift-)Sprache rechtlich einzwängen oder läßt sie sich nicht?
Was meinen Sie?
Nach all den erhellenden Beiträgen wird zunächst einmal klar: Sprache kann man unterschiedlich verwenden und verstehen.
Mal versteht der Adressat des Gesprochenen oder Geschriebenen dieses und mal nicht - das kann unterschiedliche Gründe haben. So gesehen könnte man notfalls noch sagen: Sprache "läßt sich" auch verstehen.
Das wird aber schwierig, wenn Worte oder Begriffe in einer Weise verwendet werden, die nicht dem üblichen, d.h. konsentierten Sprachgebrauch entsprechen.
Dass man Sprache "einzwängen" könne, fällt wohl unter diese ... sagen wir mal freundlich: ungewöhnliche Verwendungsweise.
Dass sie "rechtlich" ... "eingezwängt" werden könne, verdoppelt das Problem.
Dass die Sprache das alles "sich" dann auch noch "lassen" (zulassen? weglassen? unterlassen? oder einfach nur nicht tun?) könnte, stellt sie in die Rolle eines handelnden oder jedenfalls duldenden Subjektes - am Ende gar noch eines selbstquälenden ?
Etwas knapper gesagt: So vergewaltigt man Sprache und quält Aug oder Ohr des Adressaten und das ist allemal Ausdruck einer ziemlich unklaren Vorstellung dessen, was man eigentlich sagen möchte ....
Also wenns nun ausgerechnet um Sprache geht, ........ dann "läßt" man es vielleicht besser, bevor man nicht genau weiß, was man sagen möchte. _________________ gloriaD
wenn auch keine Definition des Begriffs Sprache…
Man sollte sich tunlichst von der naiven Vorstellung verabschieden, Wörter ließen sich außerhalb eines bestimmten Kontextes definieren. Man kann nur erforschen, was mit einem Wort in diesem oder jenem Kontext gemeint ist.
Logisch ist das recht einfach nachzuweisen: eine Definition ist eine Gleichung. Auf der einen Seite des Gleichheitszeichens steht ein Wort, auf der anderen ein Ausdruck (Satz, Beschreibung usw.) Es ist klar, dass eine Definition bereits eine Sprache voraussetzt. Folglich ist es zwar ohne weiteres möglich, einen bestimmten Ausdruck mit einem Wort gleichzusetzen - z.B. Verbrechen = Straftat mit einer Mindeststrafe von einem Jahr, das heißt aber noch lange nicht, dass das außerhalb der Juristerei auch so verstanden wird. Nimm mal § 82 StGB Hochverrat gegen ein Land und beziehe das z.B. auf den landläufigen Separatisten. Wenn einer damit kommt zu behaupten, sein Separatismus sei ein Verbrechen, dann tippt der sich an die Stirn. Bombenlegen usw. kann er noch verstehen, aber wieso die Teilnahme an einer gewalttätigen Demonstration einzig und allein deswegen ein Verbrechen sein soll, weil sie dem Separatismus dient, wirst du kaum einem iIchtjuristen klar machen können; der meint mit Verbrechen nun mal was anderes.
Zitat:
muss ich dann natürlich fordern, dass Sprache so gestaltet wird, dass die Kommunikation mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit gelingt.
Warum? Wie hast du denn sprechen gelernt? Bestimmt nicht mit dem Wörterbuch in der Hand.
Zitat:
Ziel dieser Norm ist die Arbeitgeber zu zwingen Negativmerkmals so zu codieren, dass unbedarfte Leser diese nicht als solche erkennen!
Genau das Gegenteil ist der Fall. Ziel der Norm ist es, die Arbeitgeber zu zwingen, solche Codes eben nicht zu benutzen. Einfach gesagt: der Gesetzgeber will die Arbeitgeber zu einer allgemeinverständlichen (=auch für den Arbeitnehmer verständlichen) Sprache zu zwingen und nicht zulassen, dass sie in einer Art Arbeitgeberrotwelsch abgefasst werden.
Der springende Punkt ist, dass etliche Arbeitgeber sich nicht damit abfinden wollen, dass sie einem Arbeitnehmer ein wohlwollendes Zeugnis zu schreiben haben, sondern dass sie ihm einen möglichst lang anhaltenden Tritt in Form eines wütenden Zeugnisses mit auf den weiteren Lebensweg geben möchten. Das versuchen sie, wie viele andere soziale Gruppen eben auch, mit einem speziellen Sprachcode, der nur von einer bestimmten sozialen Gruppe verstanden wird. Rotwelsch eben. Ein gutes Beispiel für die Abhängigkeit des Verstehens von Sprache vom jeweiligen Kontext.
Zitat:
geschrieben in kyrillischen Lettern
Wir reden über Sprache. Nicht über die Zeichen, mit denen sie transportiert wird. Wir sind Lautsprache gewohnt, Taubstumme nicht.
Zitat:
Und eine Normierung durch den Gesetzgeber ist legitim.
Wer begriffen hat, was Sprache ist, weiß, dass jede Normierung außerhalb von Fachsprachen oder künstlichen Sprachen (Computer) nicht nur illegal, sondern sogar menschenrechtswidrig ist (siehe auch das langjährige Verbot, in der Türkei Kurdisch zu sprechen). _________________ Grüße,
Abrazo
So vergewaltigt man Sprache und quält Aug oder Ohr des Adressaten und das ist allemal Ausdruck einer ziemlich unklaren Vorstellung dessen, was man eigentlich sagen möchte ....
Also wenns nun ausgerechnet um Sprache geht, ........ dann "läßt" man es vielleicht besser, bevor man nicht genau weiß, was man sagen möchte.
Der Gesetzgeber schreibt jedoch bestimmte Nutzung von Sprache vor.
Z.B. zwingt er die Arbeitgeber zur Verwendung eines spezifischen Codes bei der Abfassung von Arbeitszeugnissen. Hier geht es wohlverstanden nicht um Randthemen wie die Schreibweise sondern Ziel dieser Norm ist die Arbeitgeber zu zwingen Negativmerkmals so zu codieren, dass unbedarfte Leser diese nicht als solche erkennen!
Auch würde jeder Richter einen Schriftsatz in deutscher Sprache, aber geschrieben in kyrillischen Lettern wohl zurückweisen. Die Amtssprache ist deutsch; dies schließt die Verwendung von lateinischen Buchstaben ein. Nicht aus Bosheit. Sondern einfach, damit Sender und Empfänger den Code verstehen.
Gerade in Rechtsdingen ist es wichtig, Kommunikationsstörungen weitestgehend zu vermeiden. Auch die Regeln der Rechtschreibung können dazu beitragen, Kommunikationsstörungen zu erhöhen oder zu vermeiden. Ich bleibe daher dabei:
Eine Normierung der Rechtschreibung ist hilfreich. Und eine Normierung durch den Gesetzgeber ist legitim. Und glücklicherweise erfolgt diese Normierung auch ohne den Staat. Und schön wäre es, wenn der Staat uns erlauben würde, auch in Arbeitszeugnissen die Wahrheit zu schreiben.
Da geht ja nun ziemlich viel durcheinander:
1. Wo hat denn der Gesetzgeber (!!) den Arbeitgeber zur Verwendung bestimmte Begriffe im Arbeitszeugnis gezwungen?
Die Diskussion darüber, warum er das tut, ist ziemlich kurios, weil die Behauptung frei erfunden ist.
2. Wo bitte soll denn eine "Normierung der Rechtschreibung durch den Gesetzgeber" stattfinden?
Über dieses Gesetz würde ich gerne herzlich lachen, das den Duden wiedergibt und für verbindlich erklärt! Wäre wohl das längste Gesetz der Bundesrepublik: Je Buchstaben des Alphabets ein Paragraph und je Wort ein Absatz oder wie? Das wäre dann das erste Mal, dass Horst Köhler den Duden lesen müßte ....
Leute, bleibt doch mal auf dem Teppich!
Es kann jeder schreiben wie er will, nach der Rechtschreibung von 1917 oder der von 1848 oder der von anno Tobak!
Lediglich die Kultusminister vereinbaren, was in der Schule als Fehler angestrichen werden kann und die Minister können in Ihren Behörden und Ämtern festlegen, wie die Amtsprache von den Mitgliedern der Behörde (und nicht von den Bürgern!) geschrieben werden muß!!
Es ist auch nicht strafbar, "falsch" zu schreiben. Man kann sich lediglich mit eigenwilliger Schreibweise aus einem Konsenszusammenhang ausgliedern oder bei besonders blöden Zeitgenossen in den Geruch geraten, nicht "richtig" schreiben zu können.
Also, die Herren Philosophen, wie wärs denn mit ein bißchen was aus der Wirklichkeit ?
PS.: ( kein Witz!)
Streien zwei darüber, was die richtige Sprache ist: Deutsch oder was sonst.
Kommen sie an eine Kuh vorbei und der eine sagt zum andern: Na guck doch mal: Die Engländer sagen cow, die Italiener la vacca, die Franzsoen la vache, die Dänen øya , die Spanier vaca , die Polen krowa, die Schweden ko, die Holländer koe, die Ungarn tehen, die Türken inek und die Deutschen Kuh!
Ja und was steht denn da? Ne Kuh!!
Also ist Deutsch die richtige Sprache! _________________ K. Wisser
Also, die Herren Philosophen, wie wärs denn mit ein bißchen was aus der Wirklichkeit ?
Finde ich langweilig. Wir haben hier 20 Foren, die sich mit der Wirklichkeit beschäftigen. Da ist es doch schön eines zu haben, in dem wir unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit hinterfragen.
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Man sollte sich tunlichst von der naiven Vorstellung verabschieden, Wörter ließen sich außerhalb eines bestimmten Kontextes definieren. Man kann nur erforschen, was mit einem Wort in diesem oder jenem Kontext gemeint ist.
Anderherum: Da die Bedeutung von Worten kontextabhängig ist, ist es wichtig, am Anfang der Diskussion die Bedeutung wesentlicher Begriffe per Definition festzulegen.
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Der springende Punkt ist, dass etliche Arbeitgeber sich nicht damit abfinden wollen, dass sie einem Arbeitnehmer ein wohlwollendes Zeugnis zu schreiben haben
Nein. Der springende Punkt ist, dass ein wahrheitsgemäßes und wohlwollendes Zeugnis gefordert wird. Dies führt bei Negativmerkmalen zu Konflikten. Die Wahrheit ist dann nicht wohlwollend; wohlwollende Formulierungen nicht wahr.
Die Lösung ist eben die Verwendung von Formulierungen, die außerhalb des Kontextes eines Zeugnisses wohlwollend aussieht, aber im Kontext der umfangreichen Rechtsprechung Wahrheiten codieren.
Abgesehen von der offenkundigen Wirkungslosigkeit dieser Regelung, haben wir hier ein sehr deutliches Beispiel, dass eine bestimmte Nutzung der Sprache durch Gesetze und Rechtsprechung vorgeschrieben wird.
Klaus Wisser hat folgendes geschrieben::
2. Wo bitte soll denn eine "Normierung der Rechtschreibung durch den Gesetzgeber" stattfinden?Über dieses Gesetz würde ich gerne herzlich lachen.
In der Tat könnte einer der Gründe dafür, dass es ein solches Gesetz bei uns nicht gibt und es auch niemand anstrebt, darin liegen, dass es in Deutschland allgemein (und von allen Postern hier im Thread) als lächerlich angesehen würde.
Das ist aber kulturell bestimmt. Die französische Sprachpolitik hat eine ganz andere Tradition und Auswirkung. Ich denke, in Frankreich wird es als selbstverständlich wahrgenommen, wenn vorgeschrieben wird, dass ein Computer "L' Ordinateur" genannt werden muss und nicht Computer genannt werden darf.
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