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Verfasst am: 19.04.06, 07:45 Titel: brauche Hilfe Selbstjustiz
Kann mir jemmand sagen wie das Gesetz gegen Selbstjustiz genau heist. Welcher Paragraph und was genau da im Gesetzt steht.
Würde mich sehr über antworten freuen.
Das GgSj (Gesetz gegen Selbstjustiz) besteht noch maßgeblich in den Köpfen der Rechtsdenkenden, bis zur Vorlage und Beschlussfassung in den Gremien bzw. der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten werden voraussichtlich noch etliche Legislaturperioden ins Land gehen.
Bis dahin haben sich die Bürger dieses Landes u.a. mit den Regelungen des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze auseinander zu setzen.
Da steht ziemlich genau darin (nur ziemlich, wenn Juristen brauchen auch ein Betätigungsfeld), was dem einzelnen nicht erlaubt ist.
Dann biete ich die §§ 211-213 des Strafgesetzbuches, hier tobt sich der Gesetzgeber über Mord, Totschlag und minderschwere Fälle des Totschlages aus.
§ 211 Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
§ 212 Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
§ 213 Minder schwerer Fall des Totschlags
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Aber ansonsten die Aufforderung ans Forum:
A hat B vergewaltigt, der erzürnte C (Vater der B) tötet A.
Die Problematik könnte darin bestehen, dass das deutsche und das amerikanische Rechtssystem vollkommen unterschiedlich aufgebaut sind.Die Möglichkeiten der Geschworenen und die Ausgestaltungen des Rechtssystems sind grundsätzlich verschieden.
Eine Entscheidung wie im Buch angenommen würde in Deutschland nicht erfolgen können.
Die Entschuldigung oder Rechtfertigung einer Tat unterliegen in Deutschland ausschließlich den Regelungen des Strafgesetzbuches, d. h. gerechtfertigt kann eine solche Tat nicht sein, entschuldigt nur unter ganz besonderen Umständen.
Ich empfehle, gegebenenfalls den Namen Marianne Bachmeier zu googeln, auch hier hat eine Mutter den (mutmaßlichen) Mörder ihres Kindes erschossen, und zwar ebenfalls im Gerichtssaal. Hierzu dürfte jede Menge " Futter " für Argumentationen in der Arbeit zu finden sein...
Selbstjustiz wurde im zivilisierten Abendland (der Orient war da um etliches früher) spätestens mit dem Athener Drakon (um 650 v.Chr.) "abgeschafft", und selbst der ordnete zunächst bereits bestehende Gesetze.
Wobei die Selbstjustiz durch ein einzelnes Individuum schon viel früher "abgeschafft" wurde; Richter gab es offenbar wohl seit der Urzeit und seitdem gilt Selbstjustiz, je nach Art der Tat, auf die sie antworten soll, als Vergehen oder Verbrechen. So galten denn Drakons Bemühungen zunächst dem, auch die Richter kodifizierten Gesetzen zu unterwerfen und Willkür zu vermeiden.
Mit der Abschaffung des Feudalismus wurden dem Adel die letzten Rechte der Rechtssprechungsbefugnis genommen. Seither geht man von dem Prinzip aus, dass die einen Staat bildende zivile Gesellschaft die Richterei an ausgewählte, zuverlässige kundige Spezialisten delegiert, die dem Gesetz dieses Staates unbedingt verpflichtet sind und ihre Urteile belegbar und nachvollziehbar machen müssen. Denn sie haben stellvertretend für die gesamte Gesellschaft zu urteilen, weswegen Richter ihre Urteile einleiten mit der Formel "im Namen des Volkes". Was schon mal "in meinem eigenen Namen" oder "im Namen der Gruppe / Partei / Schicht xy" ausschließt.
Die Durchsetzung dieser Urteile obliegt ebenfalls Personen, an die diese Aufgabe delegiert wurde, zusammen mit der Gewaltausübung, denn das Recht dazu (nicht jedem kann man mit friedlichen Mitteln beikommen) haben die die Gesellschaft bildenden Individuen ebenfalls an den Staat delegiert. Man nennt das Gewaltmonopol.
Wer sich an diese Normen zivilisierter Gesellschaften nicht hält, und das tut einer, der meint, er könne zur Selbstjustiz greifen, bricht sie und macht sich damit genau so strafbar, als wenn er klauen geht oder einen verprügelt. Da machen die Gesetze zu Recht überhaupt keinen Unterschied; es zählt einzig die begangene Tat.
Für die Beurteilung solch einer Tat gibt es natürlich Milderungsgründe, aber das ist u.a. Affekt, Blindwütigkeit als Folge einer unmittelbaren Provokation z.B. Selbstjustiz aber ist das Resultat von Überlegung und damit kein Strafmilderungsgrund, sondern ganz klare, bewusste Übertretung geltender Rechtsnormen. _________________ Grüße,
Abrazo
Wollte eben Abrazo positiv bewerten für diesen brillanten Beitrag *applaus*, ging nicht (schon zu häufig in letzter Zeit)...
Aber:
In gewisser Form erlaubt auch der deutschen Staat dem Bürger die unmittelbare Durchsetzung von Ansprüchen (vulgo: Selbstjustiz), zum Beispiel
§ 859 BGB (Selbsthilfe des Besitzers)
(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.
(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.
(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.
(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.
Hier erlaubt das Gesetz die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes, ohne zuvor die eigentlich dafür vorgesehenen gesetzlichen Instrumente (Zivilklage/Durchsetzung des Besitzanspruches durch den Gerichtsvollzieher) zu beauftragen.
Wäre auch unter strafrechtlichen Betrachtungen als eine Form der Nötigung (§ 240 StGB) zu sehen, aber hier halt gerechtfertigt.
Dann lass uns mal die Selbsthilfe (denn darum handelt es sich in § 859 BGB, aber auch in den Notwehr / Nothilfeparagrafen des StGB) von der Selbstjustiz abgrenzen.
Selbsthilfe erfordert einen gegenwärtigen (!) rechtswidrigen Angriff, dessen man sich erwehren darf, wenn gerade kein zur Gewaltausübung Befugter erreichbar ist. Sie folgt dem Grundsatz, dass das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht. Ziel der Selbsthilfe ist es, die Vollendung der Tat zu verhindern. Selbsthilfe ist also auf die unmittelbare Gegenwart und die nahe Zukunft (der Täter soll mit dieser bestimmten gegenwärtigen Tat keinen Erfolg haben) gerichtet.
Ein für die Unterscheidung wesentliches Kriterium ist also der Zeitfaktor. Selbstjustiz geschieht im Gegensatz zur Selbsthilfe a posteriori, also nach der Tat, die damit ganz privatim abgeurteilt werden soll, ohne dass der selbsternannte Richter irgend einen gesellschaftichen Auftrag nachweisen kann. Er urteilt eben, was er nicht darf, weswegen strafbar, und urteilen kann man immer nur über etwas, was vergangen ist - weil jedes Urteil nun mal Prämissen voraussetzt, und die müssen vor dem Urteilen da sein, formulierbar sein.
Sinngemäß findet sich diese Abgrenzung in § 33 StGB. Wer die Grenzen der Notwehr überschreitet, weil er in seinem gegenwärtigen Zustand aus Furcht, Verwirrung oder Schrecken 'durchgedreht' ist, wird nicht bestraft. Wer die Grenzen der Notwehr mit kühlem Kopf überschreitet, begeht, wenn er keine anderen, ebenfalls strafbaren Motive hat (Der Jupp will bei mir einbrechen? Trifft sich gut, jetzt bring ich ihn um und behaupte, das sei Notwehr), Selbstjustiz, denn nur in zweiter Linie will er die Tat - sozusagen nebenbei, als Folge - verhindern; tatsächlich urteilt darüber, dass er überhaupt angegriffen wurde. _________________ Grüße,
Abrazo
Danke für die Blumen, aber ist eigentlich nur ne andere Methodik, an einen Sachverhalt heran zu gehen: die gute alte Deduktion. _________________ Grüße,
Abrazo
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