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Verfasst am: 26.04.06, 23:37 Titel: Ab wann gilt Selbstverteidigung?
Hallo!
Ich hätte da mal einen fiktiven Vorfall und bitte darum, mir zu sagen, ob eine solche Handlungsweise mit den Richtlinien für Notwehr (§ 32 - 35 StGB sind viel zu unpräzise formuliert...) konform geht:
Also, angenommen Person A wird von Person B belästigt und ihr wird mit Körperverletzung gedroht (Person B ist gegenüber Person A übrigens schon mal gewalttätig geworden). Person B versucht in die Wohnung der Person A einzudringen; Polizei wird gerufen, jedoch kommt diese zu spät. Nun, kann Person A Gewalt anwenden, um die Person B aus der Wohnung zu entfernen ( Person A weiß ja durch die vorhergehende Bedrohung, dass sie gleich geschlagen wird)? Und wenn ja, wie weit darf jene Gewalt gehen? Darf man z.B. Person B mit heißem Öl übergießen (blödes Beispiel, aber naja...)? Ist sowas irgendwo in einem Gesetz festgelegt (außer in § 32- 35 StGB)?
Ich hoffe, dass hier jemand Rat weiß, und danke im Voraus.
Ich versuch mich mal ... nach meinem ganz unanwaltlich geprägtem Verständnis. Und um bei Ihrem Beispiel zu bleiben:
Beispiel 1
Person B kommt ungebeten und ggf. auch nicht rechtmäßig in die Wohnung und bittet A - möglicherweise auch heftig (verbal) - um ein Gespräch. A rennt darauf hin in die Küche, holt die für die abendlichen Pommes vorgeheizte Friteuse und gießt deren Inhalt der Person B über den Kopf. Hier würde ich nicht wirklich Notwehr erkennen da aus meiner Sicht unverhältnismäßig.
Beispiel 2
Person B kommt ungebeten und ggf. auch nicht rechtmäßig in die Wohnung und bedroht Person A. A flüchtet, in der Küche treffen beide aufeinander. Person A würgt Person B, die um sich zu wehren nach irgendwas greift -> es ist nun eben die besagte Friteuse, die sie nach vorne reißt und deren Inhalt ergießt sich über Person B. Hier könnte aus meiner Sicht von einer Notwehr gesprochen werden.
Ergebnis nach meinem laienhaften und angelesenen Wissen: Es ist letztlich eine Frage der Verhältnismäßigkeit abhängig von der jeweiligen Situation, nehme ich zumindest an.
Ich lass mich da aber gerne korrigieren.
Grüße
Rena Hermann
PS: War der Satz von wegen "weiß ja, dass sie gleich geschlagen wird..." vorher schon da? Hätte ich dann überlesen, sorry. Wie auch immer ... die Frage der Verhältnismäßigkeit in der konkreten Situation wird vermutlich entscheidend sein. Das läßt sich meines Wissens auch nicht für jeden Einzelfall in Paragraphen schmieden.
Naja, gemeint habe ich eher das Mittelding, das zwischen Ihren beiden beschriebenen Extrema liegt. Also z.B. wenn Person B Gewalt androht und dann durch die Wohnungstür einbricht (um dann womöglich die Androhung wahr werden zu lassen). Da kann Person A doch nicht warten, bis Person B ihr an der Gurgel hängt o.Ä., um dann erst nach der Friteuse zu greifen ( irgendwie ist es ein missglücktes Beispiel... ), oder?
Es grüßt
7_of_9
PS: Nein, Sie haben sich nicht verlesen - habe die Erläuterung erst nachträglich zugefügt.
wenn Person B Gewalt androht und dann durch die Wohnungstür einbricht (um dann womöglich die Androhung wahr werden zu lassen). Da kann Person A doch nicht warten, bis Person B ihr an der Gurgel hängt o.Ä., um dann erst nach der Friteuse zu greifen ( irgendwie ist es ein missglücktes Beispiel... ), oder?
Für eine zulässige Notwehr bedarf es eines "gegenwärtigen Angriffs". Das bedeutet, der Angriff muss bereits stattfinden oder unmittelbar bevorstehen. Dass das zutrifft, wenn oben genannte Situation eintritt, könnte ich mir gut vorstellen.
Wenn Person A also weiß(oder berechtigt davon ausgehen kann), dass ihr von B Gewalt droht, darf sie schon zur Notwehr greifen, wenn sie noch nicht körperlich angegriffen worden ist. _________________ Dass Laien am Rechtsverkehr teilnehmen ist zwar ärgerlich aber eben unvermeidbar. spraadhans (cave: Ironie) Forenregeln!
...Hier würde ich nicht wirklich Notwehr erkennen da aus meiner Sicht unverhältnismäßig...
...Es ist letztlich eine Frage der Verhältnismäßigkeit abhängig von der jeweiligen Situation, nehme ich zumindest an....
Nein, Notwehr ist grundsätzlich nie eine Frage der Verhältnismäßigkeit.
Die Notwehrhandlung muß nicht verhältnismäßig sein.
Aber die Notwehrhandlung muß erforderlich sein. Das heißt, der Verteidiger muß von allen Mittel, die geeignet sind, den Angriff abzuwehren, das für den Angreifer mildeste Mittel auswählen.
Entscheidend ist dabei die Frage, welche Mittel dem Verteidiger im Moment des Angriffs zur Verfügung stehen.
Der Verteidiger muß sich auch nicht auf einen fairen Kampf, dessen Ausgang ungewiss ist, einlassen. Er darf schon das Mittel wählen, das den Angriff mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beendet.
Ob es rechtmäßig ist, den Angreifer mit heißem Öl zu übergießen hängt davon ab, ob der Verteidiger noch rechtzeitig zu milderen Mitteln greifen kann, die genauso geignet sind , den Angriff abzuwehren.
Übrigens:
Allein das widerrechtliche Eindringen in die Wohnung ist schon ein Angriff. _________________ Wenn alle das täten, was viele mich könnten, käme ich nicht mehr zum Sitzen!
"Nein, Notwehr ist grundsätzlich nie eine Frage der Verhältnismäßigkeit.
Die Notwehrhandlung muß nicht verhältnismäßig sein. "
Nach § 32 Abs. 1 muss die Handlung geboten, sprich verhältnismäßig sein... Rentner R darf nicht den Nachbarn N vom Kirschbaum schießen, auch wenn das die einzige Möglichkeit ist, das rechtswidrige andauernde Kirschenessen kurzfristig zu unterbinden und warnschüsse nicht gefruchtet haben...
Nach § 32 Abs. 1 muss die Handlung geboten, sprich verhältnismäßig sein...
Einspruch!
Klein-Fritzchen hat m.E. schon recht. Es muss grundsätzlich nur das gebotene, d.h. das mildeste zur Verfügung stehende, Abwehrmittel gewählt werden.
Verhältnismäßigkeit i.e.S. wird nur ausnahmsweise gefordert, so z.B. bei schuldunfähigen Angreifern (Kindern, Betrunkenen) und bei unerträglichem Mißverhältnis zwischen angegriffenen Rechtsgut und der durch die Verteidigungshandlung herbeigeführten Verletzung oder Gefährdung (Stichwort: Rechtsmißbrauch), wie im zitierten Kirschbaumfall.
So auch T/F, StGB, §32 Rzn. 17ff.
"Verhältnismäßigkeit braucht danach nur zwischen Angriff und Abwehr gegeben sein, nicht aber zwischen dem Rang des angegriffenen Rechtsgutes und dessen Gefährung einerseits und dem Rang des durch die Verteidigung bedrohten Rechtsgutes und dessen Gefährdung andererseits". Doch kann in Ausnahmefällen die Verteidigung nicht geboten sein (unten 18 ff.)" _________________ "§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO bei verfassungskonformer Auslegung mit Grundgesetz vereinbar"
Bundesverfassungsgericht; Pressemitteilung Nr. 76/2007 vom 6. Juli 2007 zum Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05; 2 BvR 136/05
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