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Verfasst am: 01.05.06, 17:33 Titel: Vorladung als Beschuldigter aber unschuldig. Was nun?
Hallo zusammen,
ich habe folgende Geschichte zu erzählen um meine Fragen ein wenig mit Bildern zu schmücken. Ich bitte um fachkompetente Antworten. Viel Spass!
Hier die Geschichte:
Vor ein paar Tagen saßen die befreundeten Personen A, B, C, und D leicht alkoholisiert in der hiesigen Straßenbahn. Dort machten sich A und B vermutlich durch ihr Vorgehen der Sachbeschädigung schuldig. Personen C und D fanden das nicht so toll und wandten sich genervt ab.
An der Endhaltestelle stiegen A, B, C, und D aus und wurden von einer aus dem Nichts auftauchenden Polizeistreife angehalten, zu den Personalien befragt und einem Alkoholtest unterzogen. Auf die Frage der Beamten hin zeigten die Freunde auch, was sich in Ihren Rucksäcken befand. Person A hatte einen Gegenstand dabei, welcher sogleich beschlagnahmt wurde. Es war die Tatwaffe. Sogar Spuren der Tatwaffe befanden sich an der Kleidung von A und B. Ein Beamter durchsuchte noch das Bahnabteil und fand beschädigte Wände vor, mit Spuren der Tatwaffe.
A, B, C, und D durften daraufhin gehen.
Tja, so war das.
Nun bekamen aber ALLE 4 Freunde eine "Vorladung als Beschuldigter" von der Polizei.
Krass, dachten sich die Freunde C und D " Wieso sind wir Beschuldigte?" hieß es.
C und D haben sich doch nichts zu Schulden kommen lassen. (Hatten keine Tatwaffe oder Spuren an Kleidung)
Es scheint für C und D eine wirklich unangenehme Lage zu sein.
Info: Die Personen sind nicht miteinander verwandt.
Nun ein paar allgemeine Fragen:
1. Wenn man als Beschuldigter geladen wird, kann man grundsätzlich die Aussage verweigern?
2. Wenn man die Aussage verweigert und man sich so nicht entlastet, was wirft das für ein Licht auf einen?
Macht man sich dadurch noch extra verdächtig?
3. Das Verhör ist ja noch alles Ermittlungssache der Polizei. Was passiert danach? Wenn die Polizei glaubt genug Beweise zu haben, geht dann alles zum Staatsanwalt, oder wie sieht die Kette der Ereignisse aus? Kommt dann erst noch ne Anzeige? Ab wann könnte das Gericht anklopfen?
4. Gilt das Verweigern einer Aussage eines eigentlich Unschuldigen mit dem momentanen Status als Beschuldigter im Nachhinein als Strafvereitlung, wenn er Informationen zur Tat beim Verhör verschweigt?
5. Was passiert eigentlich, wenn man als bisher nicht verurteilter Bürger der Strafvereitlung bezichtigt wird? Ist man dann vorbestraft? Und was zieht das für Bestrafungen nach sich.
6. Habe gehört, dass bei einem Verhör auch Fingerabdrücke genommen werden und man Fotografiert wird. Stimmt das? C und D haben eigentlich keine Zeit für so was und die Maloche wartet.
Bitte beantworten Sie mir die obrigen Fragen mehr oder weniger ausführlich.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und vielen Dank!
Anmeldungsdatum: 06.09.2005 Beiträge: 3164 Wohnort: In Deutschland. Und das ist gut so.
Verfasst am: 01.05.06, 17:55 Titel:
Hallöle
1. Wenn man als Beschuldigter geladen wird, kann man grundsätzlich die Aussage verweigern?
Ja.
§ 136 StPO
(1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.
(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
(3) Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
2. Wenn man die Aussage verweigert und man sich so nicht entlastet, was wirft das für ein Licht auf einen?
Kein Gutes. Aber es darf Ihnen weder belastend noch enttlastend angerechnet werden.
3. Das Verhör ist ja noch alles Ermittlungssache der Polizei. Was passiert danach? Wenn die Polizei glaubt genug Beweise zu haben, geht dann alles zum Staatsanwalt, oder wie sieht die Kette der Ereignisse aus? Kommt dann erst noch ne Anzeige? Ab wann könnte das Gericht anklopfen?
Als Beschuldigter müssen Sie wie bereits erwähnt gar nichts sagen. Als Zeuge sind Sie verpflichtet wahrheitsgemäße Angaben zu machen.
5. Was passiert eigentlich, wenn man als bisher nicht verurteilter Bürger der Strafvereitlung bezichtigt wird? Ist man dann vorbestraft? Und was zieht das für Bestrafungen nach sich.
Klar. Wenn man feststellt, dass Sie doch mit der Sache zu tun haben. Dann wird auch gegen Sie Anklage erhoben.
4. Gilt das Verweigern einer Aussage eines eigentlich Unschuldigen mit dem momentanen Status als Beschuldigter im Nachhinein als Strafvereitlung, wenn er Informationen zur Tat beim Verhör verschweigt? Geschockt
5. Was passiert eigentlich, wenn man als bisher nicht verurteilter Bürger der Strafvereitlung bezichtigt wird? Ist man dann vorbestraft? Und was zieht das für Bestrafungen nach sich.
Ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet und dann könnte dies passieren:
§ 258
Strafvereitelung
(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.
(3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhängte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.
(6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.
6. Habe gehört, dass bei einem Verhör auch Fingerabdrücke genommen werden und man Fotografiert wird. Stimmt das? C und D haben eigentlich keine Zeit für so was und die Maloche wartet.
Kommt darauf an. Aber da C. und D. unschuldig sind wird dieser Fall offensichtlich nicht eintreten. Oder???
Grüssle _________________ Jeden Tag kommt ein neuer Dummer am Bahnhof an, man muss ihn nur abholen.
Dummheit ist auch eine natürliche Begabung (Wilhelm Busch)
Demokratie ist eine Einrichtung, die es den Menschen gestattet, frei zu entscheiden, wer an allem schuld sein soll.
4. Gilt das Verweigern einer Aussage eines eigentlich Unschuldigen mit dem momentanen Status als Beschuldigter im Nachhinein als Strafvereitlung, wenn er Informationen zur Tat beim Verhör verschweigt?
Nein. _________________ mit frdl. Grüßen
J.A.
___________________________________________________________________________________________
Justizstilblüten:"Die Reifeverzögerung des Angeklagten ist so groß, dass er einem Jugendrichter
gleichzustellen ist".
Vielen Dank, für die promten Beiträge zu meiner Geschichte. Ich denke, heute können einige Personen mit weniger Bauchschmerz einschlafen.
Wenn jemandem noch zusätzlich etwas einfallen sollte, bin ich ganz Ohr. Man kann ja niemals auslernen.
Auch hier der ergänzende Hinweis, dass man als Beschuldigter -entgegen den Ausführungen von Obermotzbruder- in jedem Falle Angaben zu seiner Person machen muss.
Heute Perfektionist. _________________ Du kommst eigentlich mit jedem zurecht, auch wenn manche Situationen mitunter schwierig sind, weil deine Mitschüler dich sehr mögen und dich mit ihrer Zuneigung gar nicht in Ruhe lassen können.
Anmeldungsdatum: 29.01.2006 Beiträge: 8913 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 01.05.06, 23:43 Titel:
Noch niemand hat das geschrieben, was ich meinen Mandanten immer sage: Mit Polizisten spricht man nicht! Man ist weder verpflichtet, zu einem Termin zur Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei zu erscheinen noch überhaupt mitzuteilen, daß man nicht erscheint. Insofern stellt sich in meinen Augen die Frage des Aussageverweigerungsrechts überhaupt nicht. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren leitet die Staats- bzw. die Amtsanwaltschaft. Nur wenn diese zur Vernehmung vorlädt, ist man zum Erscheinen verpflichtet.
Statt dessen sollte man seine Zeit, wenn man zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen wird, sinnvoll nutzen und einen Rechtsanwalt aufsuchen. Der bestellt sich erst einmal die Akte und schaut, was die "Gegenseite" einem so vorwirft und was sie in der Hand hat. In vielen Fällen erreicht der Rechtsanwalt sogar die Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StPO, nach § 153 StPO oder § 153a StPO. Kostet zwar etwas (der Rechtsanwalt, meine ich...), lohnt sich aber in fast allen Fällen.
Anmeldungsdatum: 06.09.2005 Beiträge: 3164 Wohnort: In Deutschland. Und das ist gut so.
Verfasst am: 02.05.06, 06:41 Titel:
Hallöle
Aber guten Tag sollte man schon sagen
Grüssle _________________ Jeden Tag kommt ein neuer Dummer am Bahnhof an, man muss ihn nur abholen.
Dummheit ist auch eine natürliche Begabung (Wilhelm Busch)
Demokratie ist eine Einrichtung, die es den Menschen gestattet, frei zu entscheiden, wer an allem schuld sein soll.
Man ist weder verpflichtet, zu einem Termin zur Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei zu erscheinen
Stimmt.
Zitat:
noch überhaupt mitzuteilen, daß man nicht erscheint.
Stimmt auch, aber es ist nicht verboten und darüber hinaus eine freundliche Geste den Termin abzusagen. _________________ "§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO bei verfassungskonformer Auslegung mit Grundgesetz vereinbar"
Bundesverfassungsgericht; Pressemitteilung Nr. 76/2007 vom 6. Juli 2007 zum Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05; 2 BvR 136/05
also wenn man so freundlich ist den Termin abzusagen, wird einem dann direkt ein neuer Termin angeboten? Oder gilt diese Absage des Beschuldigten als "Verweigerte Aussage" Wie ist dies zu werten?
Wenn man dann doch zur Vorladung erscheinen sollte, wird man zunächst doch erstmal darüber in Kenntnis gesetzt, was überhaupt der Vorwurf ist, gelle?
Wann ist denn der Zeitpunkt gekommen den Beamten mitzuteilen, dass man seine Aussage verweigert? Und muss man dies eigentlich begründen
Als Zeuge dürfte man diesem Termin nicht einfach so fern bleiben, richtig? Früher oder später muß man eh ne Aussage vor der Polizei machen. Und vor Gericht wirds ja eh aus einem rausgequetscht.
Wenn man den Termin absagt und dabei klar macht, dass man überhaupt nicht zu kommen gedenkt, bekommt man auch keinen Ersatztermin angeboten.
Wenn man nur nicht kommt, weil der Termin "ungünstig" ist, dann ließe sich das wohl eher machen.
Wenn man nicht erscheint, gilt das offensichtlich als "vom Recht, keine Angaben zum Sachverhalt zu machen, Gebrauch zu machen".
Wenn man schon mal da ist, wird natürlich auch erkärt, worum es überhaupt geht. Schließlich muss man sich ja zu "irgendwas" äußern.
Dem Beamten kann man jederzeit unbegründet mitteilen, dass man auf einzelne Fragen oder auch "von jetzt an nicht mehr" aussagt.
Auch als Zeuge besteht bei einer polizeilichen Ladung keine Pflicht zu erscheinen. Das ist erst der Fall wenn Staatsanwaltschaft oder Gericht laden. _________________ Dass Laien am Rechtsverkehr teilnehmen ist zwar ärgerlich aber eben unvermeidbar. spraadhans (cave: Ironie) Forenregeln!
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