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Verfasst am: 10.06.06, 08:06 Titel: Die Wahlen im GG
Laut Artikel 38 (1) GG werden die Abgeordneten in „unmittelbarer“ Wahl gewählt. Sie sind „Vertreter des ganzen Volkes“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Im Vorwort des GG steht das Deutsche Volk habe sich dieses Grundgesetz gegeben. Das Deutsche Volk besteht nicht nur aus ausgebildeten Juristen, sondern auch aus einfachen Grundschülern. Daher unterstelle ich, dass das GG in einer leicht verständlichen und nachvollziehbaren Sprache abgefasst wurde.
Nun lese ich im Artikel 38, dass unsere Bundestagsabgeordneten in „unmittelbarer“ Wahl gewählt werden müssen. „Unmittelbar“ heißt „direkt“. „Unmittelbar“ heißt „ohne (Ver-) Mittler“.
Wählen heißt: Seine Stimme abgeben und damit einen Teil der persönlichen Verantwortung an eine Person übertragen, die man so gut kennt, dass man Vertrauen zu ihr hat. Die meisten Kandidaten sind den Wahlberechtigten jedoch persönlich unbekannt, von einem Vertrauensverhältnis kann also keine Rede sein. Was wählt man eigentlich? Man wählt eine Ansammlung von Menschen, die ein gemeinsames Programm haben, also eine Partei.
Nach dem Sinngehalt des GG überträgt man seine Verantwortung nicht an eine Partei, sondern ausdrücklich an einzelne Kandidaten. Die Kandidaten und nicht die Partei, sind dem Wähler Rechenschaft schuldig. Die Kandidaten und nicht die Partei sind ihrem eigenen „Gewissen unterworfen“.
Parteien haben kein Gewissen. Parteien sind Gewissen-los.
Die Parteien spielen in dem GG eine nebensächliche Rolle. Im Art. 21(1) GG steht lediglich: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit…“ Nicht mehr und nicht weniger.
Sind die Abgeordneten „Parteivertreter“ oder „Vertreter des ganzen Volkes“? Sind die Parteien „Mittler“ bei den Wahlen oder „wirken“ sie bei der „Willensbildung des Volkes“ ein bisschen mit?
Was bedeutet das unscheinbare Wörtchen „unmittelbar“ im Artikel 38 GG für Juristen?“
Da ist schon was dran. Die Parteien treten bei der Verhältniswahl tatsächlich als Vermittler auf, und man wählt eigentlich eine komplette Liste und nicht (selbst ausgewählte) Kandidaten.
Durch die Erststimme ist das etwas ausgeglichen. Hier werden gezielt einzelne Personen gewählt. Und hier könnten übrigens auch parteilose Bewerber auftreten, aber das kommt kaum vor. Die 5-%-Klausel wäre für den parteilosen Bewerber kein Problem, aber er müßte natürlich im Wahlhreis die Mehrheit erlangen. Das schaffen selbst Beweber der FDP, der Grünen und der PDS nur ganz selten.
Daß auch die Listenwahl personalisiert sein kann, zeigt z.B. die bayerische Landtagswahl. Hier kann der Wähler innerhalb der Parteiliste einen Bewerber auswählen, der dann entsprechend weiter nach oben in der Liste rutscht. Umgekehrt können Bewerber, die von der Partei auf einen vorderen Platz gesetzt wurden (also eigentlich ganz unabhängig vom Wählerwillen auf jeden Fall Abgeordneter werden), auf diesem Weg vom Wähler nach unten gedrückt werden.
Das funktioniert beim Bayerischen Landtag seit 60 Jahren problemlos, müßte also auch beim Bundestag möglich sein.
Da ist schon was dran. Die Parteien treten bei der Verhältniswahl tatsächlich als Vermittler auf, und man wählt eigentlich eine komplette Liste und nicht (selbst ausgewählte) Kandidaten....
M.E. steht das nicht im Widerspruch zur Verfassung.
Der Wähler kann eine solche Liste direkt - also ohne Zwischenschritt - wählen. _________________ Wenn alle das täten, was viele mich könnten, käme ich nicht mehr zum Sitzen!
Anmeldungsdatum: 25.09.2004 Beiträge: 15339 Wohnort: Rom
Verfasst am: 11.06.06, 12:06 Titel:
... im übrigen steht es ja jedem offen, als Einzelkandidat anzutreten oder einen solchen zu wählen. Daß sich einzelne Kandidaten freiwillig zu Parteien und Listen zusammenschließen und von Bürgern freiwillig gewählt werden, kann nun wirklich kein Verfassungsverstoß sein. _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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