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Dux
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Anmeldungsdatum: 01.01.2005
Beiträge: 356

BeitragVerfasst am: 17.12.06, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann keinen der vorgenannten Kritikpunkte teilen. Vielmehr glaube ich, daß das jetzige System ein kluger Weg ist, der sich über Jahrhunderte herausgebildet hat. Alle Justizminister lassen von den groß angekündigten Reformen wieder ab, sobald sie merken, was sie für einen Schaden anrichten würden.

1. Der Versuch, die Uni-Ausbildung "praxisnäher" zu machen, führt in die Berufsakademie. Wie schon gesagt, kommt es darauf an, Jurist zu werden, und nicht, irgendwelche Fähigkeiten oder Kenntnisse zu erlangen.
Das durchschauen etwa Abiturienten auch immer erst nach der Schulzeit: Es kommt nicht darauf an, was man noch behalten hat (ich beispielsweise kann mich nicht mehr an meinen Physikunterricht erinnern Winken ), sondern das man überhaupt in viele Felder hereingeschnuppert und sein Gehirn angestrengt hat.
Kinder, die zweisprachig aufwachsen, erlernen eine dritte Fremdsprache leicht. Deshalb kommt es nicht darauf an, die achte Mindermeinung zum ETbI zu können, sondern damit juristisches Argumentieren gelernt zu haben. Und egal wie schwer und viel es ist, vor dem JPA sind alle gleich und die Quote ist immer dieselbe. Daher ist die Uni-Ausbildung gut so, wie sie ist.

2. Was die Trennung der Ausbildungswege angeht, so weise ich darauf hin, daß es ein Glanzpunkt im weltweit anerkannten Erfolgsmodell der deutschen Juristenausbildung ist, daß ein Jurist auch nach einer guten Anwaltskarriere noch Richter werden kann. Umgekehrt will ich nicht vor einem Richter stehen, der noch nie in einer Anwaltskanzlei gearbeitet hat. Wenn ich gezwungen gewesen wäre, nach dem ersten Examen endgültig und für immer zu entscheiden, welchen Beruf ich wähle, hätte dies leicht in einer persönlichen Katastrophe enden können! Ich will mein Leben lang wechseln können. Finger weg vom Einheitsjuristen!

3. Der Höhepunkt des Lobbyismus ist mit der DAV-Ausbildung erreicht. Wie eine mittelalterliche Zunft will die Anwaltschaft die Konkurrenz selbst regulieren. Die Befürworter verkennen dabei einen wesentlichen Punkt: Wer keine Ausbildungsstelle beim Staat und beim Anwalt erhält, hat damit faktisch ein lebenslanges Berufsverbot! Der Vergleich zum Steuerberater zieht dabei nicht, da er sich hierbei um eine Zweitqualifikation handelt. Der Vergleich zum Bäcker/Fernfahrer etc. erst recht nicht, da dieser sich immer noch selbständig machen kann, wenn er keine Anstellung findet (wobei ich die Lehre mit dem Uni-Studium vergleichen muß).
Wenn aber ein Diplom-Jurist durch solch eine Regelung vom Arbeitsmarkt gesetzlich (RBerG!) ausgeschlossen wird, obwohl er ein vollwertiges Jurastudium abgeschlossen hat, wird er sich entweder vor dem Menschenrechtsgerichtshof sein Gehalt vom Staat erstreiten oder die Regelung in Karlsruhe kippen lassen. Die Verfassungswidrigkeit liegt dabei auf der Hand: Zwinge ich Uniabsolventen zu einer praktischen Zusatzausbildung (was vernünftig ist!), muß ich auch den Weg dazu eröffnen.

Fazit: Politiker, die in fünf Jahren keiner mehr kennt, sollten nicht an Systemen rumpfuschen, die jahrzehntelang gute Dienste geleistet haben. Winken
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showbee
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Anmeldungsdatum: 12.01.2005
Beiträge: 1524
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: 18.12.06, 10:27    Titel: Antworten mit Zitat

Dux hat folgendes geschrieben::
Ich kann keinen der vorgenannten Kritikpunkte teilen....
3. Der Höhepunkt des Lobbyismus ist mit der DAV-Ausbildung erreicht. Wie eine mittelalterliche Zunft will die Anwaltschaft die Konkurrenz selbst regulieren. Die Befürworter verkennen dabei einen wesentlichen Punkt: Wer keine Ausbildungsstelle beim Staat und beim Anwalt erhält, hat damit faktisch ein lebenslanges Berufsverbot!



Hallo Dux,

sehr interessant dein Ansatz. Das mit dem Pflichtplatz ist wohl der Hauptkritikpunkt. Nur sehe ich das Problem nicht so konkret wie du. Wieviele Kanzleien bieten selbst jetzt noch Tauchstationen für Praktika und Wahlstation? Nur zur Klarstellung: Ich bin kein Freund des DAV Modells, ich vertrete die Auffassung, dass die Ausbildungen getrennt werden können. Die praktische Umsetzung sollte ggf. so aussehen:

- Kurse durch BRAK (wie jetzt AG's im Ref)
- Pflichtpraktikum (Anwaltstation)
- 2. Examen

Ich bin genausowenig davon überzeugt, dass man in der Ausbildung zwingend 2 Jahre ins Referendariat gehört, genausowenig 2 Jahre irgendwo sonst hin. Eine viel kürze Dauer sollte reichen.

Bzgl. des Einheitsjuristen eine Frage: Wenn es so wichtig ist und so toll am jetzigen System, dass der Einheitsjurist jederzeit wechseln kann. So stell ich mir die Frage der Praxis?! Vom Richter zum RA ist wohl möglich und wird praktiziert, aber andersherum? Wieviele RAe werden nach begonnener RAKarriere noch RiAG? Das dürfte doch wohl eine mehr als unerhebliche Anzahl sein. Und deswegen ein Pflichteinheitssystem? Auch die Frage mit dem "übern Tellerrand" schauen (Ich will kein Richter, der noch nie in RAKanzlei saß) mag das nicht zu rechtfertigen. Viele Richter in der Fachgerichtsbarkeit am VG, FG, SG haben bestimmt noch nie in der unteren Baubehörde, dem Finanzamt oder im Arbeitsamt gearbeitet. Sollte das nötig sein? Nein, m.E. nicht!

Last but not least

Zitat:
Der Vergleich zum Steuerberater zieht dabei nicht, da er sich hierbei um eine Zweitqualifikation handelt. Der Vergleich zum Bäcker/Fernfahrer etc. erst recht nicht, da dieser sich immer noch selbständig machen kann, wenn er keine Anstellung findet (wobei ich die Lehre mit dem Uni-Studium vergleichen muß)....


m.E. eine Fehleinschätzung. Steuerberaterexamen ist für viel Dipl.Kfl. genauso ein Berufsexamen wie für den Absolventen mit dem 1.Ex. Vorher DARF er qua Gesetz nicht selbständig tätig werden. Genauso ist es bei vielen Handwerksberufen. Ohne Meister, keine selbständige Tätigkeit! Und ob ich nun erst meine Tischlerlehre mache, dann 2-3 Jahre arbeite und ich dann den Meister mache oder ob ich das mit dem Jurastudium vergleiche. In beiden Fällen stehen 2 Menschen die einen Beruf anstreben und genau in DIESEM tätig werden wollen.

Das Vergleichskriterium ist nicht die Art der Ausbildung, sondern die Art der vorgeschriebenen Prüfungskriterien.

Wie gesagt, m.E. ist es einfach nicht mehr gerechtfertigt einen Absolventen einer juristischen Fakultät 2 Jahre in eine Pflichtausbildung zu stecken, nur weil er ein Examen machen will. M.E. ist jeder "erwachsen" genug zu wissen, wie man sich auf Examen, Meisterprüfung o.ä. vorbereitet.

Mfg vom

showbee[/quote]
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Dux
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Anmeldungsdatum: 01.01.2005
Beiträge: 356

BeitragVerfasst am: 18.12.06, 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

showbee hat folgendes geschrieben::
Ich bin genausowenig davon überzeugt, dass man in der Ausbildung zwingend 2 Jahre ins Referendariat gehört, genausowenig 2 Jahre irgendwo sonst hin. Eine viel kürze Dauer sollte reichen.


Gut, sicherlich ist es auch mit einem Jahr getan. Tatsächlich dauert die Juristenausbildung im internationalen Vergleich zu lang, auch mich nervt dieser Diebstahl an Lebenszeit. Mit dem Abi nach 12 Jahren, dem (faktischen) Wegfall des Wehrdienstes und einem einjährigen Referendariat sowie der Abschaffung der korrekturintensiven Hausarbeitenexamina im ersten Examen sollte es dann aber getan sein. Frei nach Adenauer: "18jährije Richter werdense uns nich abnehmen." Winken

showbee hat folgendes geschrieben::
Bzgl. des Einheitsjuristen eine Frage: Wenn es so wichtig ist und so toll am jetzigen System, dass der Einheitsjurist jederzeit wechseln kann. So stell ich mir die Frage der Praxis?! Vom Richter zum RA ist wohl möglich und wird praktiziert, aber andersherum? Wieviele RAe werden nach begonnener RAKarriere noch RiAG? Das dürfte doch wohl eine mehr als unerhebliche Anzahl sein. Und deswegen ein Pflichteinheitssystem? Auch die Frage mit dem "übern Tellerrand" schauen (Ich will kein Richter, der noch nie in RAKanzlei saß) mag das nicht zu rechtfertigen. Viele Richter in der Fachgerichtsbarkeit am VG, FG, SG haben bestimmt noch nie in der unteren Baubehörde, dem Finanzamt oder im Arbeitsamt gearbeitet. Sollte das nötig sein? Nein, m.E. nicht!


Hauptsache, der Richter saß überhaupt mal in irgendeiner Verwaltung und einer Kanzlei. Das gehört zur grundlegenden berufsbezogenen Lebenserfahrung. Trainees werden in Unternehmen auch durch alle Abteilungen geschickt - und die "Abteilungen" der Justiz sehen nun mal so aus.
Vielleicht ist der Wechsel an sich nicht so entscheidend. Mir kommt es darauf an, daß ich mich nicht schon nach dem ersten Examen endgültig entscheiden muß, wenn es mir noch an Erfahrung fehlt; und auch nicht direkt nach dem zweiten, wenn ich vielleicht erst mal zwei Jahre in den Staatsdienst gehe, um ein Gehalt und "meine Ruhe" zu haben - dann aber merke, daß es keine Aufstiegsperspektiven gibt und in die Anwaltschaft wechseln will.

showbee hat folgendes geschrieben::
m.E. eine Fehleinschätzung. Steuerberaterexamen ist für viel Dipl.Kfl. genauso ein Berufsexamen wie für den Absolventen mit dem 1.Ex. Vorher DARF er qua Gesetz nicht selbständig tätig werden. Genauso ist es bei vielen Handwerksberufen. Ohne Meister, keine selbständige Tätigkeit! Und ob ich nun erst meine Tischlerlehre mache, dann 2-3 Jahre arbeite und ich dann den Meister mache oder ob ich das mit dem Jurastudium vergleiche. In beiden Fällen stehen 2 Menschen die einen Beruf anstreben und genau in DIESEM tätig werden wollen.


Ein Diplomkaufmann kann jeden kaufmännischen Beruf ausüben. Steuerberater werden da nur 10 % (oder so Winken). Bei Juristen wird man entweder Ri/StA, Anwalt oder arbeitslos. Justiziare werden nur die wenigsten. Daher läßt sich dies nicht vergleichen. Was den Handwerker angeht, sehe ich den Vergleich ein. Allerdings ist eine Lehre kein großer Verlust, weil man währenddessen bezahlt wird und es auch - seien wir ehrlich - nicht übermäßig anspruchsvoll ist.
Für ein Jurastudium muß ich hingegen kräftig investieren - Unterhalt, Gebühren, Arbeitskraft und Lebensjahre. Dann habe ich auch den Anspruch, wenigstens rechtlich in einen juristischen Beruf vorgelassen zu werden. Ob ich mich dann am Markt behaupten kann, mag der Wettbewerb entscheiden. Aber der DAV-Vorschlag ist ein Rückfall ins 17. Jahrhundert, der verfassungsrechtlich nicht haltbar ist.
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