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recht.de :: Thema anzeigen - Wie weit darf denn ein Anwalt eigentlich "ungestraft&qu
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Wie weit darf denn ein Anwalt eigentlich "ungestraft&qu

 
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Samson1963
Interessierter


Anmeldungsdatum: 08.08.2005
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 11:34    Titel: Wie weit darf denn ein Anwalt eigentlich "ungestraft&qu Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

auf Grund meiner Erfahrungen der letzten Monate mit einem Rechtsanwalt (dem gegnerischen), in zwei komplett verschiedenen Fällen, drängen sich mir ein paar Fragen auf, zu denen ich keine Erklärung oder Antworten finde.

Ich bin mir im Klaren, dass es keine pauschalen Musterantworten geben kann, aber vielleicht könnte doch jemand versuchen mir ein paar Dinge klar zu machen:

In einem Rechtsstreit stehen sich zwei Seiten mit meistens gegenteiligen Interessen gegenüber. Einleuchtend ist daher auch, dass beide Seiten eine unterschiedliche Auffassung oder Sichtweise vertreten und Sachverhalte aus der eigenen Sicht nunmal darzustellen versuchen. Damit kann ich leben.

Gibt es eine "Grenze" zwischen "unterschiedlicher Betrachtungsweise" eines bestimmten Sachverhaltes und absichtlichem/wissentlichem falschen Wiedergeben von Tatsachen mit dem Ziel Gerichte/Richter zu verwirren und gleichzeitig dadurch die andere Parteien förmlich dazu zu zwingen die eigentliche Arbeit des gegnerischen Anwaltes zu erledigen?
In allen (!) Schreiben/Anträgen usw. des klagenden gegn. Anwaltes stellt dieser lediglich Behauptungen auf und versucht den Eindruck zu vermitteln es handele sich dabei um Tatsachen.
Dies geschah in allen (!) Fällen obwohl er die Tatsachen leicht selber hätte heraus finden können bzw. ihm die Wahrheit sogar bekannt war. Sogar Tatsachen die ihm als falsch bekannt waren hat er gegenteilig verwendet.
Durch diese "Frage- bzw. Behauptungstaktik" wird man förmlich gezwungen, alles haarklein zu widerlegen obwohl es von vorne herein unsinnig war (oder sogar gelogen), der Anwalt aber ohne diesen Mist keine handfesten Argumente findet.
... ich denke das führt jetzt vielleicht alles zu weit und es liest keiner weiter....

Meine Fragen:
- Ist es normal, dass ein klagender Anwalt einfach alles Behaupten darf, ohne auch nur eine Vorstellung vom Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen zu haben oder ohne das Behauptete belegen zu können? (im Zivilverfahren)

Wenn ich als reine Privatperson so handeln würde und Unwahrheiten verbreiten würde, dann würde es sicher Klagen/Verfügungen gegen mich hageln.
Gesetz den Fall dies ist richtig so, dann nenne ich es einen Klasse Job, selbst für Minderbemittelte: Ich suche mir "Kundschaft" und überziehe andere mit Klagen und darin mit Behauptungen und lasse die Gegenseite mal schön ausführlich alles widerlegen. Wenn ihr das nicht gelingt, dann habe ich also automatisch Recht und neue Tatsachen geschaffen. Einfach so. Ich kurbel zudem die Wirtschaft an, in dem ich Menschen in ihren Berufen beschäftige. Sei es auch mit sinnlosem Zeugs. Am Ende verdiene ich auch noch daran, eine Partei muss ja immer zahlen. So oder so.

- Kann ein Anwalt glaubhaft die Existenz eines Schreibens verleugnen, obwohl dieses Schreiben per Bote persönlich in Kanzlei zugestellt/eingeworfen wurde?

- Was passiert, wenn ein Mandant einem Anwalt mitteilt/auffordert, eine Klage zurück zuziehen, und dieser dennoch einfach weiter Anträge stellt?

- Steht mir als Privatperson auch die Möglichkeit zur Verfügung, einem Anwalt zu untersagen Dinge zu behaupten die rein spekulativ sind bzw. falsch?

Ich entschuldige mich schonmal für den längeren Artikel. Hoffe dennoch auf ein paar Inputs.
Bis vor kurzem hatte ich wirklich kein gespanntes Verhältnis zu diesem Beruf, aber so langsam wird es mir zu viel.

Gruss
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schattenwelt
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Anmeldungsdatum: 03.07.2005
Beiträge: 591
Wohnort: Rheinland

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

....das würde mich auch interessieren.

Mir ist es mal passiert, daß der gegnerische Anwalt, in einem Unterhaltsprozess versucht hat mir und dem Gericht klarzumachen, daß Kinder aus 1. Ehe den Kindern aus 2. Ehe im Unterhalt vorrangig sind....nicht wegen der Höhe oder des Alters der Kinder, sondern in der Unterhaltsberechtigung...
ist natürlich Blödsinn und das war dem Anwalt wohl auch bewusst...und das war nicht das einzige was er sich in der Richtung geleistet hat...
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*** Der Schlüssel zu allem ist Geduld. Nicht durch Aufschlagen, sondern durch Ausbrüten wird das Ei zum Küken ***
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Michael A. Schaffrath
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 17:03    Titel: Re: Wie weit darf denn ein Anwalt eigentlich "ungestraf Antworten mit Zitat

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
- Ist es normal, dass ein klagender Anwalt einfach alles Behaupten darf, ohne auch nur eine Vorstellung vom Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen zu haben oder ohne das Behauptete belegen zu können? (im Zivilverfahren)


Bewußt die Unwahrheit sagen darf er nicht. Wohl aber unbewiesene Behauptungen aufstellen. Das tut er ja meist schon in dem Moment, indem er ein (unbewiesenes und ggfs. auch unbeweisbares) Vorbringen der Gegenseite bestreitet.
Beispiel: B schuldet K 1000 EUR. K sagt per Schriftsatz "der B schuldet mir 1000 EUR, dafür habe ich Zeugen". Anwalt des B antwortet: "B schuldet K gar nichts, das soll der erst mal belegen". Völlig alltäglich, völlig normal. Alles andere würde auch genau auf Ihre Ansicht hinauslaufen, man müsse Behauptungen immer substantiiert widerlegen, damit sie als unwahr gelten.

Ansonsten ist es immer eine Frage des Einzelfalles, ob eine solche Behauptung zulässig ist oder nicht. Manche sind zulässig, andere ggfs. standesrechtlich bedenklich und wieder andere womöglich gar strafbar ("der Kläger ist ein debiler Depp" Winken).

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Ich suche mir "Kundschaft" und überziehe andere mit Klagen und darin mit Behauptungen und lasse die Gegenseite mal schön ausführlich alles widerlegen. Wenn ihr das nicht gelingt, dann habe ich also automatisch Recht und neue Tatsachen geschaffen.


Ich weiß ja nicht, ob das Zivilrecht mittlerweile geändert wurde, aber zu meiner Zeit war es noch so, daß derjenige, der eine Behauptung aufstellte, sie auch beweisen mußte - und nicht die Gegenseite es widerlegen muß.
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Samson1963
Interessierter


Anmeldungsdatum: 08.08.2005
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

@schattenwelt:

Einige, für normal denkende Menschen, völlig sinnlose Behauptungen habe ich auch schon ertragen müssen. Kostprobe?

Wörtlich so geschehen:
- Anwalt A stellt fest, dass es als erwiesen anzusehen sei, der Geschädigter X kann den Beklagten F gar nicht getreten haben, da X lediglich 1,58m groß ist!
Zitat Ende.
- Anwalt A stellt es erneut als ganz natürlich und bewiesen dar, das der Beklagte F gar nicht vom Kläger X getreten werden konnte, da der Beklagte F den Kläger X immerhin seit Jahren ganz genau kennt!
Zitat Ende.

Da fällt mir nichts mehr drauf ein zu erwidern. Bei sowas bin ich sprachlos.


@Michael A. Schaffrath:

Jetzt kann ich leider nicht folgen....:
Genau so wie in Ihrem Beispiel beschrieben ist es mir aber geschehen.
Ich bin vom Richter aufgefordert worden, die lapidaren Behauptungen des Kläger Anwaltes zu widerlegen. Für den Fall das ich dies nicht kann, sähe der Richter sich gezwungen den Ausführungen des Kläger ANwaltes glauben zu schenken.

Das ist genau das was ich in meinem Eingangsposting meinte mit "alles haarklein widerlegen zu müssen" und dadurch indirekt die Arbeit des Kläger Anwaltes zu tun.
Ohne das ich mich "ins Zeug gelegt" hätte, hätte der Richter dem Kläger Anwalt geglaubt.
Nehmen wir mal an, ich hätte die Zeit, Kraft oder die Fähigkeiten dazu nicht gehabt und hätte abgewartet wie von Ihnen beschrieben (der Kläger muss es erstmal beweisen), ich bin sicher der Richter hätte sein "Versprechen" wahr gemacht und wäre dem Klägeranwalt gefolgt.

Ich bin auch Anfangs in die Verhandlung gestolpert mit dem Vertrauen in Gerechtigkeit, zu gleichen Teilen, für beide Parteien.
Der Richter hat mir ziemlich schnell deutlich gemacht, dass dies im Zivilprozeß nunmal anders sei als bei einem Strafverfahren, dort müsse man MIR die Einzelheiten nachweisen. Wenn ich die Behauptungen des Kläger Anwaltes im Zivilprozeß nicht widerlegen würde, dann sei da schon alles richtig dran usw...

Ich kann dazu nur sagen, dass ich durch solche Erfahrungen von der deutschen Justiz enttäuscht bin.
Zu allem Übel bin ich selber ein aktiver Teil des deutschen Rechtsstaates. Wenn ich es mir in meinem Tätigkeitfeld derart einfach machen würde um Entscheidungen zu treffen die für Beteiligte rechtliche Konsequenzen und Nachteile haben, dann Gute Nacht. Das kann ich mir nur einmal erlauben.

Ich werde so oder so abwarten müssen wie es ausläuft.
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Smiler
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 5641
Wohnort: 49°28'54.64"N 7°48'26.90"E

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

Also als nicht Jurist finde ich den Begriff des "Nichtwissen" als sehr tiefsinnig.
Und wenn mein RA. den Anwalt der Gs.in Schutz nimmt,mit den Worten
"auch wenn es Unsinn ist,(er muss) sie bezahlen ihn ja dafür,er könnte es besser wenn er dürfte"
Oder der Anwalt sich bei Gericht u.Kollegen entschuldigt,"den Mist habe ich nicht verzapft".Dann wird einem bewusst,das der RA.nur der Erfüllungsgehilfe seines Mandanten ist.
@Samson1963
Haben sie keinen RA. ?
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Beiträge erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie den Anwalt ihres Vertrauens.
Und falls wir uns nicht mehr sehen, guten Tag, guten Abend und gute Nacht!
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kdM
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Anmeldungsdatum: 27.09.2004
Beiträge: 3223
Wohnort: Raum Flensburg-Regensburg

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 22:39    Titel: Re: Wie weit darf denn ein Anwalt eigentlich "ungestraf Antworten mit Zitat

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Meine Fragen:
- Ist es normal, dass ein klagender Anwalt einfach alles Behaupten darf, ohne auch nur eine Vorstellung vom Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen zu haben oder ohne das Behauptete belegen zu können? (im Zivilverfahren)


Zunächst einmal meinst du vermutlich mit einem „klagenden Anwalt“ den Anwalt des Klägers, und nicht den Anwalt, der in eigener Sache klagt. Das begrifflich hervorzuheben, macht Sinn: Der Anwalt vertritt die Interessen des Klägers. Er mag zwar seine ganz eigene „Vorstellung vom Wahrheitsgehalt“ der Behauptungen des Klägers haben, aber die Schilderung der maßgeblichen Tatsachen erfährt er doch nur durch seinen Mandanten, den Kläger. Und es gibt für den Anwalt zunächst keinen Grund, seinem Mandanten zu unterstellen, dieser würde seinen Anwalt wahrheitswidrig falsch unterrichten. Das wäre übrigens auch für den Kläger auch gar nicht sinnvoll, denn es gilt auch als einen Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO), wenn man durch Bevollmächtigte falsch vortragen lässt.

Samson1963 hat folgendes geschrieben::

Wenn ich als reine Privatperson so handeln würde und Unwahrheiten verbreiten würde, dann würde es sicher Klagen/Verfügungen gegen mich hageln.

Zwischen „Unwahrheiten verbreiten“, „Unterstellungen“ , „Mutmaßungen“ und „Möglichkeiten“ sollte da schon unterschieden werden. „Der F. hat geklaut!“ ist eben etwas anderes als „Der F. ist an dem Tag der einzige, der die Möglichkeit für einen Diebstahl in dieser Form hatte.“ oder „Es ist nicht auszuschließen, dass F. den Diebstahl begangen hat.“, oder gar „Es ist zumindest möglich, dass F. für den Diebstahl in Frage kommt..."
Wer geschult in juristisch präziser Ausdrucksweise ist, wird solchen Klagen/Verfügungen erfolgreich aus dem Wege gehen können. Nicht alles, was man zu lesen glaubt, steht da auch immer wirklich so geschrieben.

Wenn ich

Samson1963 hat folgendes geschrieben::

Gesetz den Fall dies ist richtig so, dann nenne ich es einen Klasse Job, selbst für Minderbemittelte: Ich suche mir "Kundschaft" und überziehe andere mit Klagen und darin mit Behauptungen und lasse die Gegenseite mal schön ausführlich alles widerlegen. Wenn ihr das nicht gelingt, dann habe ich also automatisch Recht und neue Tatsachen geschaffen. Einfach so. Ich kurbel zudem die Wirtschaft an, in dem ich Menschen in ihren Berufen beschäftige. Sei es auch mit sinnlosem Zeugs. Am Ende verdiene ich auch noch daran, eine Partei muss ja immer zahlen. So oder so.

Ganz holzschnittartig und verkürzt dargestellt: Wenn duvon jemandem etwas willst, und dafür etwas behauptest, musst du es im Streitfall beweisen. Wenn du einen Sachverhalt schilderst, und dafür Beweismittel anbietest, reicht das nur so lange, wie die Gegenseite nicht wenigstens die Tatsachen bestreitet. Mehr muss sie erst einmal nicht machen, solange deine Beweise nicht erbracht sind. Wenn man aber die Behauptungen des Klägers im Zivilprozeß nicht einmal bestreitet, dann kann man auch ein Gericht der Meinung sein, daß da schon alles richtig eingeklagt ist. Und einen der Sätze wie "Ich war das aber nicht!" oder "Ich hab dem das aber nicht weggenommen" oder "Das habbich ga'nich gesagt!" kann man von einem Beklagten da schon erwarten können, die lernt man doch alle schon im Kindergarten. Wenn du es ausführlich wissen willst, empfehle ich dir z.B. die Lektüre von
http://ruessmann.jura.uni-saarland.de/zpo2004/Vorlesung/funktionen_der_beweislast.htm

Samson1963 hat folgendes geschrieben::

- Kann ein Anwalt glaubhaft die Existenz eines Schreibens verleugnen, obwohl dieses Schreiben per Bote persönlich in Kanzlei zugestellt/eingeworfen wurde?

Ob das „glaubhaft“ war, darüber entscheidet ggf. ein Gericht „in freier Beweiswürdigung“. (§ 286 ZPO). Ob es also dem Boten mehr glaubt, der in klarer und präziser Sprache den Einwurf genau dieses Dokumentes in einen genau beschrifteten Briefkasten an der genau richtigen Adresse um 22.31 Uhr mit anschließendem Verfassen eines Aktenvermerkes schildert, oder dem fahrigen Anwalt, der erklärt, er habe gar keinen Briefkasten, sondern seine Post werde immer im Blumenladen um die Ecke für ihn abgegeben, und der Blumenhändler habe nichts von einem solchen Schreiben gewusst, kann hier keiner wissen.
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„Ich habe zu keiner Zeit körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in irgendeiner Form angewandt. Die ein oder andere Watschn kann ich nicht ausschließen.“
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Michael A. Schaffrath
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 15.08.05, 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Anwalt A stellt fest, dass es als erwiesen anzusehen sei, der Geschädigter X kann den Beklagten F gar nicht getreten haben, da X lediglich 1,58m groß ist!


Moment: in so einer Situation ist der Kläger aber sowieso grundsätzlich in der Beweispflicht. D.h. die Antwort des Anwalts ist ganz normales Bestreiten, kein "Aufbürden der Beweislast durch unbewiesene Behauptungen". Der X stellt hier doch die Behauptung auf ("der F hat mich getreten") und muß das erst einmal beweisen.

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Ich bin vom Richter aufgefordert worden, die lapidaren Behauptungen des Kläger Anwaltes zu widerlegen. Für den Fall das ich dies nicht kann, sähe der Richter sich gezwungen den Ausführungen des Kläger ANwaltes glauben zu schenken.


Natürlich *kann* der Richter in freier Beweiswürdigung der Aussage einer Seite mehr Glauben schenken, wenn er dies hinreichend begründen kann. Wenn also eine Seite plausibel und nachvollziehbar vorträgt, kann die Gegenseite sich eben nicht mit einem Schulterzucken begnügen. Soweit ist doch noch alles in Ordnung.

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Wenn ich die Behauptungen des Kläger Anwaltes im Zivilprozeß nicht widerlegen würde, dann sei da schon alles richtig dran usw...


Genau deswegen gibt es ja auch Versäumnisurteile. Ein bissl muß man auch als Beklagter im Zivilprozeß noch tun.

Beispiel: K verklagt den B auf Erfüllung eines Kaufvertrages über einen Xyz. K trägt nachvollziehbar vor, B besitze so einen Xyz, habe ihn auch im lokalen Anzeigenblatt angeboten und K habe B nachweislich eine Anzahlung von 30% des vereinbarten Preises überwiesen. Dann kann B sich eben nicht darauf zurückziehen, das "beweise noch gar nichts" und er wisse nicht, wieso K ihm 20.000 EUR ohne Grund überwiesen habe. Sondern er müßte dann schon einen "Beweis des ersten Anscheins" wenn schon nicht widerlegen, so doch zumindest begründet in Zweifel ziehen ("das Geld war für etwas anderes", "das Geld waren nur 10% des Kaufpreises" etc.). Nur mit Schweigen kommt er da also nicht durch.
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Samson1963
Interessierter


Anmeldungsdatum: 08.08.2005
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 16.08.05, 07:28    Titel: Antworten mit Zitat

@Smiler: In dieser Sache derzeit noch nicht. Ich hatte wirklich nicht erwartet das die Sache derartige Züge und eine solche Länge annimmt. Werde es aber wohl langsam übergeben müssen.

@kdM: Richtig, meine Formulierung bezieht sich auf den Anwalt des Klägers, sorry.

Zitat:
Das wäre übrigens auch für den Kläger auch gar nicht sinnvoll, denn es gilt auch als einen Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO), wenn man durch Bevollmächtigte falsch vortragen lässt.

Das finde ich gut und richtig so. Nur weil z.b. ein Anwalt die "Unwahrheit" vortragen würde sollte diese dadurch nicht unbedingt glaubwürdiger aufgefasst werden.
Es dürfte doch meist schwierig sein, dies zu beweisen. Selbst wenn der Kläger die wahren Umstände/Tatsachen kennt und diese seinem Anwalt falsch darstellt. Soll ja schonmal im eigenen Interesse vorkommen...

Zitat:
Wer geschult in juristisch präziser Ausdrucksweise ist, wird solchen Klagen/Verfügungen erfolgreich aus dem Wege gehen können. Nicht alles, was man zu lesen glaubt, steht da auch immer wirklich so geschrieben.

z.b.:
- Der Beklagte fährt ein Motorrad X und hat dies 19xx gekauft und es hat einen Wert von über x.xxx DM.
- Der Beklagte besitzt ein xxxxx im Wert von über xxxxx DM.
- Der Beklagte hat von seinem Bekannten C 19xx ein xxxxxx geschenkt bekommen.
Das ist doch schon präzise Unterstellungen/Behauptung, oder?

Da dies alles nachweislich unwahr ist, kann es doch nicht ausreichend sein, ich würde nur angeben: "...dies und das wird bestritten..."
Ich als Angesprochener habe doch die Möglichkeit diese Unwahrheiten zu widerlegen, da ich ja nunmal direkt die Wahrheit bzw. die realen Tatsachen kenne.
Irgendwie sehe/fühle ich mich gezwungen diesen Dingen nicht nur zu widersprechen.
Gibt es dem Gericht nicht ein komisches Bild, wenn ich durch ledigliches bestreiten, genauso pauschal reagiere wie der Anwalt des Klägers, , obwohl ich die Nachweise erbringen könnte?
Genau das kostet mich ja Zeit, Arbeit und Nerven und gibt mir das Gefühl, der Anwalt
des Klägers kann behaupten was er will. Die Arbeit mit dem ganzen Mist habe ja schließlich ich.

Zitat:
Wenn du einen Sachverhalt schilderst, und dafür Beweismittel anbietest

Genau das hat der Anwalt des Klägers ja eben nie getan. Er hat keinen einzigen Beweis für keine seiner (falschen) Behauptungen vorgebracht.
Ich sehe das ich anscheinend vollkommen falsch reagiert habe.
Er hat die Wahrheit, so zu sagen, durch mich herausarbeiten lassen.
Ohne das ich das offensichtlich hätte tun müssen.

Vielen Dank für den Link.


@Michael A. Schaffrath:

Zitat:
Moment: in so einer Situation ist der Kläger aber sowieso grundsätzlich in der Beweispflicht. D.h. die Antwort des Anwalts ist ganz normales Bestreiten, kein "Aufbürden der Beweislast durch unbewiesene Behauptungen". Der X stellt hier doch die Behauptung auf ("der F hat mich getreten") und muß das erst einmal beweisen.

Ich wollte damit nur mal aufzeigen, mit welch sinnlosen Behauptungen ein Anwalt argumentieren kann.

Nimm mal als Beispiel: Die Person X soll, von dem dazu berechtigten F, kontrolliert/überprüft werden. X versucht daraufhin den F zu treten und fällt dadurch eine kleine Treppe (drei Stufen) herunter, da er selber das Gleichgewicht verliert.
Dann kann doch der Anwalt des X nicht ernsthaft mit Behauptungen kommen, dies wäre als bewiesen unmöglich anzusehen "weil F nur 1,58m groß ist" und dadurch den F gar nicht hätte treten können! Sowas ist doch wohl lächerlich.


Ich sehe langsam, dass es weiter ohne Vertreter nicht geht. Am Ende werde ich den auch bezahlen müssen, da der Kläger 110% zahlungsunfähig ist.
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Michael A. Schaffrath
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
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BeitragVerfasst am: 16.08.05, 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

Samson1963 hat folgendes geschrieben::

- Der Beklagte fährt ein Motorrad X und hat dies 19xx gekauft und es hat einen Wert von über x.xxx DM.
- Der Beklagte besitzt ein xxxxx im Wert von über xxxxx DM.
- Der Beklagte hat von seinem Bekannten C 19xx ein xxxxxx geschenkt bekommen.
Das ist doch schon präzise Unterstellungen/Behauptung, oder?

Da dies alles nachweislich unwahr ist, kann es doch nicht ausreichend sein, ich würde nur angeben: "...dies und das wird bestritten..."


Wie wollen Sie denn beweisen, daß Sie *kein* Motorrad besitzen? Winken

Im übrigen sind die o.a. Vorbringen alles Behauptungen, die die Gegenseite beweisen müßte (da sie nicht durch bloßes Behaupten zu einem Anscheinsbeweis werden). Alles, was der Beklagte tun muß, ist, diese zu bestreiten. Dann muß der Kläger eben Zeugen- bzw. Sachverständigenbeweis antreten.

Man muß das eben immer anhand der Umstände bewerten. Ihre Beispiele oben sind klassische Fälle von "der Kläger hat nichts bewiesen oder plausibel gemacht".
Anderer Fall hingegen: der Kläger hat nachweislich dem Beklagten (Pay-TV-Sender) ein Einschreiben geschickt. Dann wäre die Behauptung, dieses habe eine Kündigung enthalten, plausibel und nachvollziehbar - dann wäre der Beklagte in der Beweispflicht, ein Schreiben anderen Inhalts erhalten zu haben (was er ja durchaus nachweisen kann).
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wherrmann
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Anmeldungsdatum: 31.08.2005
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 06.09.05, 03:44    Titel: Antworten mit Zitat

Mein größtes Ärgernis ist, dass es offenbar niemanden mehr juckt wenn
eine Partei in einem Prozeß nachweislich falsch vorträgt.
Die prozessuale Wahrheitspflicht gibt es nur auf dem Papier. Wird aber offenbar nie verfolgt.

Da werden gefälschte Belege vorgelegt, später wird auch eingeräumt man hätte diese wegen schlechter Lesbarkeit verbessert sich dabei aber geirrt usw.

Da sagt der Prozeßgegner des unwahren Vortrags überführt in der mündlichen Verhandlung, nicht er habe das behauptet, sondern nur sein Anwalt.

Da wird behauptet eine Sache sei schon beim Einzug in eine Wohnung defekt gewesen und dafür werden natürlich eine Hand voll Zeugen genannt.
Danach wird anhand einer Rechnung vom Gegner nachgewiesen, dass die Sache erst Jahre nach dem Einzug überhaupt erst eingebaut wurde also beim Einzug überhaupt noch nicht vorhanden war. Dann fällt die Sache einfach unter den Tisch. Keinen juckts mehr.
So werden mit System Nebenkriegsschauplätze eröffnet (und zwar oftmals durch die Anwälte ) um den Gegner und den Richter zu verwirren. Aber die Richter die darunter täglich zu leiden haben, machen selbst wenn man darauf hinweist nichts.

Haben Richter keine Möglichkeit da mal ein Ordnungsgeld zu verhängen ?
Warum wird davon kein gebrauch gemacht ?
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Michael A. Schaffrath
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
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BeitragVerfasst am: 06.09.05, 10:24    Titel: Antworten mit Zitat

wherrmann hat folgendes geschrieben::
Da sagt der Prozeßgegner des unwahren Vortrags überführt in der mündlichen Verhandlung, nicht er habe das behauptet, sondern nur sein Anwalt.


Das muß er sich aber in der Regel zurechnen lassen.

wherrmann hat folgendes geschrieben::
nicht vorhanden war. Dann fällt die Sache einfach unter den Tisch. Keinen juckts mehr.


Falschaussage vor Gericht wird in der Regel sehr wohl verfolgt. Zum einen ist das Gericht schon von Amts wegen dazu verpflichtet, zum anderen ärgert die Justiz auch nichts so sehr wie Lügen vor Gericht - genau deswegen ist der Strafrahmen ja auch nicht unerheblich und die Mindeststrafe liegt deutlich über der von Körperverletzung oder Diebstahl.

wherrmann hat folgendes geschrieben::
Haben Richter keine Möglichkeit da mal ein Ordnungsgeld zu verhängen ?
Warum wird davon kein gebrauch gemacht ?


In der Regel erfährt man einfach nichts davon, wenn die Gegenseite noch ein Strafverfahren wegen Falschaussage bekommt. Nötigenfalls - d.h. wenn man da Zweifel hat - kann man natürlich auch selbst Strafanzeige erstatten.
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Samson1963
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Anmeldungsdatum: 08.08.2005
Beiträge: 11

BeitragVerfasst am: 06.09.05, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann wherrmann sehr gut verstehen.

Habe das Gefühl, dass es den Gerichten manchmal einfach lästig ist, sich auch noch um die im Verlauf einer Verhandlung vorgetragenen Flaschaussagen kümmern zu müssen.
Da werden viele Aussagen einfach als Irrtum akzeptiert und weiterverhandelt, um endlich an den Kern des Rechtsstreits zu kommen.

So gesehen hat er Recht. Auf dem Weg zum Urteil ist die Wahrheitspflicht oft von untergeordneter Priorität, solange man zu einer Entscheidung kommt ist dem Recht ja genüge getan.....

Um eine Strafe verhängen zu können, müsste die Falschaussage schon direkt erkennbar sein bzw. eindeutig vom Richter festgestellt werden.
Viele Falschaussagen fliegen ja nur dadurch auf, das z.b. mehrere Zeugen einen Sachverhalt gleich wiedergeben und einer zum Beispiel auch auf mehrmalige Nachfrage ebenalles komplett anders darstellt.

Erst heute selber wieder erlebt, das Zeugen offensichtlich Probleme damit haben einfach mal zu sagen: "Da kann ich mich nicht mehr dran erinnern".
Das ist für einige wohl ein Zustand der nicht sein kann. Man weiss alles, ganz genau, auch wenn man sich vielleicht einfach nicht mehr richtig erinnern kann oder weil man auf etwas vielleicht nicht geachtet hat.

Und wenn man dann am Ende 3 gleiche Aussagen hat, und eine andere. Dann hat der eine eben keine "Falschaussage" gemacht sondern sich eben "nur" geirrt. So läuft es eben.

Amtsgericht ist manchmal wie Discounter-Recht. Gehst Du zu A*LD* muss Du auch keine Beratung erwarten. Ist traurig.
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Michael A. Schaffrath
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Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 06.09.05, 22:48    Titel: Antworten mit Zitat

Samson1963 hat folgendes geschrieben::
Und wenn man dann am Ende 3 gleiche Aussagen hat, und eine andere. Dann hat der eine eben keine "Falschaussage" gemacht sondern sich eben "nur" geirrt. So läuft es eben.


Vereidigung beantragen und dann §163 StGB ziehen, dann gibt es kein "oops, sorry, hab mich geirrt" mehr. Man muß dann eben auch mit den richtigen Waffen zurückschießen. Winken
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wherrmann
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Anmeldungsdatum: 31.08.2005
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 07.09.05, 22:51    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Vereidigung von Zeugen auch wenn dies beantragt wird, wird regelmäßig abgelehnt
weil man die Zeugen nicht kriminalisieren möchte und es bei solchen Kleinigkeiten unverhältnismäßig wäre !
Über die Vereidigung entscheidet der Richter. Beantragen kann man viel.
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