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Verfasst am: 16.03.06, 21:45 Titel: Beweisantrag im Widerspruchsverfahren OWiG
Guten Tag!
Ich habe mal eine Frage bezüglich der "Willkürlichen Entscheidungsfreiheit" von Richtern bei der Zulassung und Ablehnung von Beweisanträgen.
Ist ein Gericht gewissermaßen gezwungen, bei hinreichender Begründung einen Beweisantrag zuzulassen?
(Ich hoffe, daß ich hierzu im richtigen Forum bin)
Vorweg:
Ich bin weder selbst unmittelbar betroffener, noch Vertreter eines unmittelbar betroffenen, sondern lediglich im Gefühl der fragwürdigen Rechtsbehandlung an neutral beurteilenden Stellungnahmen interessiert.
Um die Fragestellung für den einzelnen verständlich zu machen, habe ich hier einen tatsächlichen Fall rekonstruiert und nach meinem eigenen Rechtsverständnis ergänzt.
Dieser (re)konstruierte Fall eignet sich insbesondere aufgrund der "Neutralitätspflicht" zur Veranschaulichung, da es ein relativ selten behandeltes Thema in der Rechtsprechung ist, das dazu verleitet, eigene persönliche Anschauungen in Rechtsentscheidungen einfließen zu lassen.
Der (re-)konstruierte Fall:
Zitat:
Ein bekennender Naturist (FKK-Anhänger) unternimmt seit Jahren an warmen Tagen häufig unbekleidete Spaziergänge in freier Natur, bei denen er sich nach eigenen Angaben "nicht heimlich im Wald rumtreibe", sondern die normalen Wirtschafts- und Wanderwege benutzt, die meist weithin einsichtbar sind, um nicht den Eindruck zu erwecken, jemandem aufzulauern.
Es ergeht ein Bußgeldbescheid in Höhe von 150€ mit der Begründung der Verletzung des §118 Abs.1 OwiG.
Zitat:
OWiG § 118 Belästigung der Allgemeinheit
(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet
ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu
beeinträchtigen.
Dem Bußgeldbescheid wird fristgemäß widersprochen und die gerichtliche Verhandlung beantragt.
In der Hauptverhandlung gelangt der Vorsitzende zur Überzeugung, daß der Bußgeldbescheid rechtens sei.
Der zuständige Richter begründet seine Entscheidung damit, [Zitat]es komme beim §118 nicht darauf an, daß eine wirkliche Beeinträchtigung vorliege, sondern es reiche "ein einfaches Unbehagen".[Zitat ende]
Das OLG Karlsruhe definiert den begrifflichen Zusammenhang des §118 Abs.1 OwiG dahingegen wie folgt:
[Zitat]Voraussetzung der Anwendung des § 118 OWiG ist also zunächst, dass der Betroffene eine grob ungehörige Handlung begangen hat. Darunter fällt nicht jeder störende Eingriff in die unter dem Schutze der öffentlichen Ordnung stehenden Interessen und Rechte Dritter. Erforderlich ist vielmehr, dass das Publikum in seiner unbestimmten Allgemeinheit unmittelbar belästigt oder gefährdet wird, und zwar dergestalt, dass in dieser Belästigung oder Gefährdung zugleich eine Verletzung oder Gefährdung des äußeren Bestandes der öffentlichen Ordnung zur Erscheinung kommt (BVerfGE 26, 43). Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Handlung in einem so deutlichen Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung steht, dass sie jeder billig denkende Bürger als eine grobe Rücksichtslosigkeit gegenüber jedem Mitbürger ansehen würde, sie sich also gleichsam als eine Missachtung der durch die Gemeinschaftsordnung geschützten Interessen darstellt (BGHSt 13, 241,244; KG NStE Nr. 1 zu § 118 OWiG; OLG Karisruhe NJW 1970, 64). Zu dieser Gemeinschaftordnung rechnen die anerkannten Regeln und Einrichtungen, die im äußeren Zusammenleben der Menschen die schutzwürdigen Interessen der einzelnen wahren sollen.[Zitat ende]
Aufgrund dessen wird nach §80 Abs.1 Satz 1 OwiG Rechtsbeschwerde eingelegt.
Zitat:
OWiG § 80 Zulassung der Rechtsbeschwerde
(1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf
Antrag zu, wenn es geboten ist,
1. die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, soweit Absatz 2 nichts
anderes bestimmt, oder
Zusätzlich wird gegen die festgesetzte Höhe der Geldbuße Einspruch aufgrund des Gebotes der Verhältnismäßigkeit, unbeschadet des Widerspruchs gegen den Beschluß als solchen eingelegt.
Zitat:
OWiG § 17 Höhe der Geldbuße
(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der
Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten
bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.
Die Verhältnismäßigkeit ist bei einer Geldbuße von 150 Euro nicht gegeben, da jener Betrag zB. für deutlich überhöhte Geschwindigkeiten im Straßenverkehr unter Gefährdung anderer oder gefährdendes Verhalten im Straßenverkehr als angemessen angesehen wird. Mißachtung eines Haltegebots (Stop) unter Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nach Bußgeldkatalog lediglich 50€.
Unter Bezug auf den §46, sowie §71 Abs.1 OWiG wird vom Mittel der Rechtsbeschwerde nach Maßgabe der StPO gebrauch gemacht.
Beweisantrag:
Es wird beantragt, den Beweis zu führen, ob nach heutigen Gesichtspunkten die für einen mit Bußgeld bedrohten Tatbestand notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, wie sie vom OLG (siehe Zitat oben) als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des §118 Abs.1 angesehen werden.
Zitat:
OWiG § 77 Umfang der Beweisaufnahme
(1) Das Gericht bestimmt, unbeschadet der Pflicht, die Wahrheit von Amts wegen zu
erforschen, den Umfang der Beweisaufnahme. Dabei berücksichtigt es auch die Bedeutung der Sache.
(2) Hält das Gericht den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für geklärt, so kann es außer in den Fällen des § 244 Abs. 3 der Strafprozeßordnung einen Beweisantrag auch dann ablehnen, wenn......
Unter Berufung auf den § 244 Abs.3 Satz 2 StPO wird daher die Überprüfung der tatsächlichen Umstände beantragt.
Zitat:
StPO § 244
(3) Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist.
Im übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder wenn es unerreichbar ist, wenn der Antrag zum Zweck der Prozeßverschleppung gestellt ist oder wenn eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
Die zu beweisende Tatsache ist nicht offenkundig, da sie sich dem Betroffenen, sowie evtl beizubringenden Zeugen anders darstellt, als vom Gericht angenommen. Die Tatsache ist als erheblich anzusehen, da allein durch sie der Tatbestand erfüllt würde. Der Beweis ist als geeignet anzusehen, da die Tatsache unmittelbar als Grundlage der Anwendbarkeit dient. Der Beweis kann unter Mithilfe des Betroffenen ohne erheblichen Aufwand erbracht werden.
Kann das Gericht nun nach wie vor den Beweisantrag ablehnen und sich auf im Hinblick auf die Aktualitätsfrage verhältnismäßig alte Definitionen der "grob ungehörigen Handlungen" berufen, oder muß dem Beweisantrag stattgegeben werden und danach ggf neu entschieden werden?
Seltsam, daß dieses Thema in allen Jura-Foren so einhellig ignoriert wird.
Ich hatte mir ein wenig mehr Teilnahme versprochen, zumal es hier im Gegensatz zu den meisten anderen Themen den Nutzungsbedingungen folgend mal keine individuelle Rechtsberatung sein soll, sondern um allgemeine Verfhrensrechte geht.
Verfasst am: 19.03.06, 22:40 Titel: Re: Beweisantrag im Widerspruchsverfahren OWiG
Ihre Fragestellung beinhaltet einen Irrtum:
Der von Ihnen genannte
Raymond hat folgendes geschrieben::
Beweisantrag:
Es wird beantragt, den Beweis zu führen, ob nach heutigen Gesichtspunkten die für einen mit Bußgeld bedrohten Tatbestand notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, wie sie vom OLG (siehe Zitat oben) als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des §118 Abs.1 angesehen werden.
ist kein förmlicher Beweisantrag.
Nur "Tatsachen" können gerichtlich bewiesen werden, also reale (gegenwärtige oder vergangene) Geschehnisse oder Zustände. Nicht aber Rechtsfragen.
Ihr Beweisantrag ist eine Rechtsfrage.
Im übrigen wird im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem OLG keine "Beweisaufnahme" mehr durchgeführt. Die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen gelten als festgestellt. Das Urteil wird nur inhaltlich auf Rechtsfehler geprüft (grob gesagt).
Die von Ihnen aufgeworfene Frage stellt sich daher nicht.
Anmeldungsdatum: 06.09.2005 Beiträge: 3164 Wohnort: In Deutschland. Und das ist gut so.
Verfasst am: 19.03.06, 22:47 Titel:
Hallöle
Nackisch in der Gegend rumlaufen? Aber Raymond, das gehört sich nicht. Mal ganz einfach gefragt: Was ist daran so toll? Will man die Umwelt provozieren? Will man zeigen, dass man ein toller Kerl ist? Will man seine Familienjuwelen zur Schau stellen? Irgendwie muß man doch im Kopf falsch gestrickt sein, wenn man nackt durch den Wald rennt. Ich persönlich habe meine Scham vor ca. 29 Jahren verloren. Aber nackt durch den Wald zu laufen. Nein Danke.
Und irgendwo sollte es doch eine Grenze geben.
Grüssle _________________ Jeden Tag kommt ein neuer Dummer am Bahnhof an, man muss ihn nur abholen.
Dummheit ist auch eine natürliche Begabung (Wilhelm Busch)
Demokratie ist eine Einrichtung, die es den Menschen gestattet, frei zu entscheiden, wer an allem schuld sein soll.
@ Obermotzbruder: Was Sie da ansprechen, sind Fragen der Moral ("das gehört sich nicht"). Und weil verschiedene Menschen in moralischen Dingen durchaus unterschiedlicher Auffassung sein können (und dürfen), gibt es etwas, was für jedermann gilt: das Recht. Das Recht bestimmt für jedermann die Grenzen dessen, was sich noch "gehört" und was nicht.
Und es ist schon eine interessante Frage, ob es überhaupt rechtlich verboten und mit rechtlichen Sanktionen geahndet werden kann, nackt durch den Wald zu laufen. Mit der Frage nach der "öffentlichen Ordnung" - für mich eine Art "Verobjektivierung" der eigenen Moralvorstellungen - gerät man ganz schnell in den unscharfen Grenzbereich zwischen Recht und Moral. Man neigt dann dazu, unter dem Deckmantel der "öffentlichen Ordnung" das für alle als maßgeblich zu fordern, was man selbst als maßgeblich ansieht.
Mit der Frage nach der "öffentlichen Ordnung" - für mich eine Art "Verobjektivierung" der eigenen Moralvorstellungen - gerät man ganz schnell in den unscharfen Grenzbereich zwischen Recht und Moral. Man neigt dann dazu, unter dem Deckmantel der "öffentlichen Ordnung" das für alle als maßgeblich zu fordern, was man selbst als maßgeblich ansieht.
Genau deswegen hatte ich diesen Fall ausgesucht (und wie man sieht, sind ja auch gleich diese Dinge aufgetreten).
Der Freiburger Nacktläufer ist sicher der bekannteste, aber bei weitem nicht der einzige.
Allein in Deutschland gibt es weit über 1 Million Fkk-Anhänger, die die hier teilweise ausgesprochenen moralischen Bewertungen sicher nicht teilen.
Rechtlich gesehen habe ich also einen Denkfehler gehabt, aber interessant wäre eine weitere Diskussion über die moralische Beurteilbarkeit.
Man wird nicht verneinen können, dass Nacktheit den Persönlichkeitsschutz berührt. Man darf z.B. keine heimlichen Nacktaufnahmen von jemandem machen und sie veröffentlichen. Bei einem bekleideten Menschen darf man das, wenn öffentliches Interesse besteht. Man darf die Merkelin so oft fotografieren, wie man will - aber nicht in der Sauna.
Und dann stellt sich die Frage, hat einer das Recht, für sich persönlich den Persönlichkeitsschutz öffentlich außer Kraft zu setzen, wenn die Gesellschaft an ihm fest hält? _________________ Grüße,
Abrazo
aber interessant wäre eine weitere Diskussion über die moralische Beurteilbarkeit.
Zur Klarstellung: Was wäre für Sie interessant - eine rechtliche Beurteilung des Nacktlaufens oder eine moralische?
@ Abrazo: Hier gehts doch darum, was der Nacktläufer darf und nicht, was andere in Bezug auf den Nackläufer dürfen. Oder habe ich was übersehen?
Solange der Nacktläufer nicht in Rechte anderer eingreift, ist das bloße Nacktlaufen mE (rechtlich) nicht relevant. Wenn das Recht die Aufgabe hat, Freiheitssphären abzugrenzen, ist es dort nicht gefragt, wo diese Sphären nicht überschritten werden.
Man müßte schon genau herausdestillieren, in welche Rechte der Nacktläufer durch das bloße Nacktlaufen eingreift. Wenn sich das feststellen läßt, muß man eine Abwägung zwischen den kollidierenden Rechten vornehmen ("praktische Konkordanz"). Viel Spaß!
Zur Klarstellung: Was wäre für Sie interessant - eine rechtliche Beurteilung des Nacktlaufens oder eine moralische?
Zum einen die rechtliche Situation selbst natürlich und zum anderen die allgemeine Frage, ob Moralvorstellungen als Grundlage für allgemeine Unzulässigkeit dienen dürfen.
Ob nun der einzelne Teilnehmer hier eher Befürworter der Freiheit sind oder dem eher ablehnend gegenüberstehen, ist relativ uninteressant, da sich dadurch wohl kaum repräsentative Ergebnisse erzielen lassen werden.
Interessant ist allerdings, welche verschiedenen Begründungen (vor allem rechtlicher Natur) von den verschiedenen Seiten angebracht werden, da man dadurch eventuell mehr Klarheit erlangen könnte.
Ich fragte, inwieweit verletzte der Nacktläufer ein wichtiges Recht unserer Gesellschaft, nämlich das Recht auf Schutz der Persönlichkeit, das ein einzelnes Mitglied nicht verletzen darf, auch nicht für sich selbst, weil ein einzelner Bürger nicht das Recht hat, über gesamtgesellschaftliche Grundprinzipien zu bestimmen.
Ich denke dabei an das Kannibalenurteil des BGH. Das Opfer war mit einer Behandlung seiner Leiche, die unsere Gesellschaft als Leichenschändung ansieht, einverstanden. Der BGH meinte, ob er damit einverstanden ist oder nicht ist belanglos. Er als einzelner kann nicht die Verletzung eines Prinzipes, das die Menschenwürde berührt, für sich selbst billigen. Selbst wenn er das wünscht, bleibt es eine Straftat. Und deswegen, so der BGH, ist das Töten zwecks Auffressen Mord, weil es zur Ermöglichung einer anderen Straftat dient.
Mir scheint, die Bedeutung dieser Passage des Urteils wurde bisher unterschätzt. Es setzt nämlich dem freien Wollen eines individuellen Mitgliedes unserer Gesellschaft Grenzen. Danach könnte auch ein Waldnacktläufer sich nicht darauf berufen, dass es ihm ja nichts ausmacht, schutz- und hüllenlos im Wald gesehen zu werden. Entscheidend ist, ob unsere Gesellschaft willens ist darauf zu verzichten, dass der Schutz der Intimität, den die Gesellschaft bei jedem Bürger zu gewährleisten hat, sich praktisch in der Bekleidung ausdrückt.
Zuden: es gibt geschützte Orte, da ist Nacktheit erlaubt. Nur - es ist niemand gezwungen, diese Orte zu betreten. Jeder, der Nacktheit ablehnt, kann diesen Orten ausweichen. Ein öffentlicher Wald ist kein so geschützter Ort. Mit welchem Recht zwingt ein FKK-Anhänger anderen Leuten, die sich dem nicht entziehen können, seine Auffassungen auf?
Moral wendet sich an den FKK-Anhänger. Das interessiert mich nicht. Mich interessiert, inwiefern er damit andere Rechte verletzt. _________________ Grüße,
Abrazo
die allgemeine Frage, ob Moralvorstellungen als Grundlage für allgemeine Unzulässigkeit dienen dürfen.
Das würde ich zumindest dann bejahen, wenn die Moralvorstellungen in die Form eines (mehrheitlich beschlossenen) Gesetzes "gegossen" wurden. Anschaulich sieht man das ja insbesondere an Normen des Strafrechts. Obwohl auch das mit Problemen verbunden sein kann, wenn sich Moralvorstellungen ändern.
Für grundsätzlich problematisch halte ich es aber, eine Norm, deren Wortsinn mehrdeutig ist, mit Rückgriff auf eigene Moralvorstellungen zu interpretieren.
Abrazo hat folgendes geschrieben::
Mich interessiert, inwiefern er damit andere Rechte verletzt.
Mich auch. In Betracht kommt aus meiner Sicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht desjenigen, der im Wald dem Nacktläufer begegnet. Oder?
Mir scheint, die Bedeutung dieser Passage des Urteils wurde bisher unterschätzt. Es setzt nämlich dem freien Wollen eines individuellen Mitgliedes unserer Gesellschaft Grenzen. Danach könnte auch ein Waldnacktläufer sich nicht darauf berufen, dass es ihm ja nichts ausmacht, schutz- und hüllenlos im Wald gesehen zu werden. Entscheidend ist, ob unsere Gesellschaft willens ist darauf zu verzichten..
Das ist aber nichts neues. Entscheident ist halt immer das Rechtsgut der jeweiligen Norm. Dieses ist relevant für die Frage, ob jemand im konkreten Fall zur Disposition befugt ist oder nichts.
@Abrazo
Diese Darlegung ist allerdings mal sehr innovativ
Auf diese Umkehrung der Schutzinteressen und damit der Schutzpflicht dem Täter gegenüber ist bislang noch kein Richter gekommen.
Wenn man der bisherigen Rechtsprechung folgt, stützt sich diese allerdings eher auf die Rechte der unfreiwilligen Betrachter, indem sie davon ausgeht, daß es dem Menschen in seiner unbestimmten Gesamtheit, aufs äußerste unangenehm sei, mit diesem (schutzlosen) Anblick konfrontiert zu werden.
Dem könnte man allerdings entgegenhalten, daß es nach allgemeiner Rechtsprechung hingegen keinen Verstoß darstellt, sich mittels Kleidung zum Nationalsozialismus zu bekennen (obwohl dieser als verfassungsfeindlich gilt). Wie sich die unbestimmte Gesamtheit der Bürger fühlt, wenn eine Truppe Skinheads in Bomberjacken und Springerstiefeln durch die Fußgängerzone marschiert ist demnach also Nebensache.
Somit dürfte das Argument des "Unwohlseins" auch nicht herangezogen werden.
Wie wird diese Ungleichbehandlung denn vor dem deutschen Recht vertreten?
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