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Verfasst am: 07.05.06, 21:16 Titel: Personalienfeststellungen bei angemeldeter Versammlung
Folgende Situation:
Eine rechtsextreme Partei verstaltet eine Kundgebung. In einer Entfernung von mehr als 500 Metern gibt es eine angemeldete Gegenkundgebung. Die Polizei erteilt zunächst in der näheren Umgebung der rechten Kundgebung einer Vielzahl von Personen, die angeblich beabsichtigen sollen, die rechte Kundgebung zu stören, Platzverweise. Später kommt die Bereitschaftspolizei auch an den Ort der Gegenkundgebung, von der selbst keine Störungen der rechten Versammlung ausgehen, und verlangt von den allen Teilnehmern Personalien, um Platzverweise um das Gebiet der anderen Kundgebung auszusprechen. Ist das noch zulässig oder wird hier unzumutbar in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen?
BVerfGE 65,1 (43) hat folgendes geschrieben::
Individuelle Selbstbestimmung setzt aber - auch unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitungstechnologien - voraus, daß dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben ist, sich auch entsprechend dieser Entscheidung tatsächlich zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.
Verfasst am: 07.05.06, 21:27 Titel: Re: Personalienfeststellungen bei angemeldeter Versammlung
DanielB hat folgendes geschrieben::
...und verlangt von den allen Teilnehmern Personalien, um Platzverweise um das Gebiet der anderen Kundgebung auszusprechen.
Bekommen alle Personen deren Personalien festgestellt wurden, einen Platzverweis? _________________ "§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO bei verfassungskonformer Auslegung mit Grundgesetz vereinbar"
Bundesverfassungsgericht; Pressemitteilung Nr. 76/2007 vom 6. Juli 2007 zum Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05; 2 BvR 136/05
Verfasst am: 08.05.06, 11:21 Titel: Re: Personalienfeststellungen bei angemeldeter Versammlung
Hallo,
DanielB hat folgendes geschrieben::
... um Platzverweise um das Gebiet der anderen Kundgebung auszusprechen. Ist das noch zulässig oder wird hier unzumutbar in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen?
Im Gegenteil. gemäß dem geschilderten Sachverhalt versucht die Polizei hier das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit durchzusetzen.
Der Platzverweis bezieht sich ja nicht auf die "eigene" Demonstration. Diese ist völlig unberührt. Er bezieht sich auf das Gebiet der anderen Demonstration.
@Toph:
Außer dem Versammlungsleiter, bei dem die Polizei davon ausgeht, dass er seine Versammlung nicht verlassen wird, erhalten alle Personen Platzverweise.
@Karsten11:
Es mag ja sein, dass diese Maßnahme darauf abzielt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit der Teilnehmer der rechten Kundgebung durchzusetzen. Dieses Grundrecht steht jedoch auch den Teilnehmern der Gegenkundgebung zu und durch Personalienfeststellungen wird dessen ungehinderte Ausübung nun einmal beeinträchtigt. Insofern stellt sich eben die Frage, ob die Polizei solche Maßnahmen direkt am Ort der Gegenkundgebung durchführen darf oder ob sie solche Maßnahmen auf Personen beschränken muss, die die Gegenkundgebung in Richtung der rechten Kundgebung verlassen.
Insofern stellt sich eben die Frage, ob die Polizei solche Maßnahmen direkt am Ort der Gegenkundgebung durchführen darf oder ob sie solche Maßnahmen auf Personen beschränken muss, die die Gegenkundgebung in Richtung der rechten Kundgebung verlassen.
uneingeschränkt: Ja!
Nur, ob dies möglich, angemessen und sachgerecht ist, ist ohne Kenntnis der Lage vor Ort nur unmöglich zu beantworten.
Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Situationen gibt, in denen die Maßnahme notwendig und angemessen wäre.
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