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Verfasst am: 02.08.06, 09:43 Titel: Neue Immatrikulationsordnung
Nehmen wir mal folgenden Fall an:
Bisher war es an Hochschule XY so, dass für die meisten Studenten eine Immatrikulationsordnung von 1998 galt und für einige eine von 2004.
Denn 2004 wurde eine neue verabschiedet, diese gilt aber nur für Studenten, die sich 2004 oder später eingeschrieben haben.
Nun hat der Hochschulsenat eine neue Immatrikulationsordnung 2006 beschlossen, die ab 1.10.2006 für alle Studenten gelten soll. Also auch für die, die bisher unter der 1998er Ordnung standen.
Diese neue Ordnung behinhaltet aber gegenüber der von 1998 erhebliche einseitige Verschlechterungen für die Studenten:
So wurde z.B. die Zahl der möglichen Urlaubssemester von 4 auf 2 verkürzt, die Möglichkeiten Urlaubssemester zu nehmen wurden stark eingeschränkt (z.B. kein Urlaubssemester mehr während eines Indutsriepraktikums) und das allerschlimmste: In Urlaubsemester dürfen keine Prüfungen mehr abgelegt werden.
Weiterhin nehmen wir an, die Möglichkeit Urlaubssemester zu nehmen sei an Hochschule XY sehr wichtig, da bestimmte Wiederholungsprüfungen zur Notenverbesserung nur dann möglich sind, wenn die Anzahl der Fachsemester eine gewisse Grenze nicht überschreitet. Bisher war es üblich, dass man sich durch Einfügen von 1-2 Urlaubssmestern die Anzahl der Fachsemester künstlich niedrig hielt.
Jetzt die Frage: Wäre es überhaupt rechtens, dass diese neue Ordnung für alle Studenten gilt ? Schließlich haben diese unter einer anderen Ordnung angefangen zu studieren und werden nun von heute auf morgen (eine Ankündigung und Diskussion innerhalb der Hochschule habe es nicht gegeben) mit viel schärferen Bedingungen konfrontiert. Schließlich kann man die Prüfungsordnung ja auch nur für neue Studenten ändern.
Wie sind Eure Meinungen dazu ?
Ich meine (kann dies aber nicht belegen) im Hochschul- bzw. Verwaltungsrecht gilt der Vertrauensgrungsatz:
Für alle, die mit einer anderen Prüfungsordnung begonnen haben, gelten Übergangsfristen: "Sie studieren nach den Studien- und Prüfungsordnungen, die zum Zeitpunkt der Immatrikulation aktuell waren." _________________ --- bin kein Jurist ---
hier liegt hier ein Fall der sog. unechten Rückwirkung der neuen Regelungen vor. D.h., die Regelungen greifen nicht nachträglich in abgeschlossenen Verhältnisse ein (dann läge eine echte Rückwirkung vor, die hochschulrechtlich grundsätzlich, d.h. bekanntlich mit Ausnahmen , verfassungswidrig wäre), sondern in Studiengänge, die noch stattfinden. Obwohl die neuen Regelungen bereits vorhandene Rechtspositionen auflösen, ist die unechte Rückwirkung (greift in noch stattfindende Sachen ein) verfassungsrechtlich zulässig, da sie im Unterschied zur echten Rückwirkung eine geringere Eingriffsintensität aufweist und so einen entsprechend größeren Raum für die Gemeinwohlprärogative (sprich: Durchsetzung irgendwelcher politischen Ziele) bereitstellt.
Allerdings ist auch die unechte Rückwirkung unzulässig, wenn ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des bisherigen Rechtszustands gegenüber dem öffentlichen Interesse am Erlaß der strittigen Regelung überwiegt. Dies könnte jedoch nur bejaht werden, wenn die Regelungen für eine erhebliche Anzahl Studierender eine Verwirklichung des Studienziels vereiteln würden. Dies ist beim vorliegenden Beispiel nicht der Fall, da die beabsichtigte Beschwer für die Studierenden noch ohne eine komplette Lebensumstellung überwindbar ist.
Ergebnis: Die neue Studienordnung ist rechtmäßig.
Anderes Beispiel hierzu: Der Erlaß der Langzeitstudiengebühr in Ba.-Wü. riß auch so manchen Kommilitonen aus den Träumen.
Bei "Bummelstudenten" wäre jedoch schon die Schutzwürdigkeit des Vertrauens zu verneinen gewesen. Andernfalls wäre auch hier das Argument, daß eine Studienfortsetzung trotz Gebühr noch möglich ist, zulässig und ausreichend.
Das Gemeinwohlinteresse ist in solchen Fällen immer hoch einzuschätzen, da brauchts ansonsten gute Argumente... _________________ Fanden Sie meinen Beitrag nützlich? Dann klicken Sie bitte auf den grünen Punkt.
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Danke für die ausführliche und fundierte Antwort!
Das würde aber auch bedeuten, dass die Verabschiedung einer neuen Prüfungsordnung, die mit sofortiger Wirkung für alle Studenten in Kraft tritt, rechtmäßig ist, selbst wenn diese neue Pflichtfächer enthält?
Denn auch hier würde das Studienziel ja nicht unbedingt vereitelt werden, da die auf einmal neu geforderten Fächer ja in jedem Fall nachholbar sind, auch wenn der ein oder andere dadurch ein Semester länger studieren muss.
Dass man meistens eine neue Prüfungsordnung nur für neue Studenten einführt und die bisherigen unter der alten weiter studieren lässt, ist dann also eher ein Kann statt ein Muss ?
Verfasst am: 07.08.06, 13:43 Titel: Re: Neue Immatrikulationsordnung
Ulf X. hat folgendes geschrieben::
So wurde z.B. die Zahl der möglichen Urlaubssemester von 4 auf 2 verkürzt, die Möglichkeiten Urlaubssemester zu nehmen wurden stark eingeschränkt (z.B. kein Urlaubssemester mehr während eines Indutsriepraktikums) und das allerschlimmste: In Urlaubsemester dürfen keine Prüfungen mehr abgelegt werden.
Weiterhin nehmen wir an, die Möglichkeit Urlaubssemester zu nehmen sei an Hochschule XY sehr wichtig, da bestimmte Wiederholungsprüfungen zur Notenverbesserung nur dann möglich sind, wenn die Anzahl der Fachsemester eine gewisse Grenze nicht überschreitet. Bisher war es üblich, dass man sich durch Einfügen von 1-2 Urlaubssmestern die Anzahl der Fachsemester künstlich niedrig hielt.
Meine Ausführungen waren eher grundsätzlicher Natur, das Vertrauen in Urlaubsregelungen, welche das Unterlaufen der offiziellen Studiennordnung oder des Studienplans gestatten, ist gar nicht geschützt, besondere öffentliche Belange diesbezüglich brauchen daher nicht vorzuliegen.
(Gleiches gilt, wie gesagt, für das Vertrauen in den Bestand eines langzeitstudiengebührenbefreiten Studiums.
Bei allgemeinen Studiengebühren gilt ähnliches. Wer in den letzten Jahren sein Studium aufgenommen hat, wußte, daß er irgendwann mit Studiengebühren in der geplanten Höhe zu rechnen haben würde und hatte entsprechende Dispositionsmöglichkeiten. Außerdem dürfte der Staat hier wohl die schlichte Notwendigkeit von Studiengebühren aus zwingenden Gemeinwohlinteressen behaupten. Für den Erlaß von Übergangsregelungen zugunsten der bisherigen Studenten bliebe aber dennoch Raum.)
Bei der Einführung neuer Prüfungsfächer in bestehenden Studiengängen hat auch nur derjenige Vertrauensschutz, der schuldlos (ggf. Informationspflichten) nicht von Anfang an über die Einführung informiert war.
Bei fehlenden Anfangsinformationen bestehen hier jedoch Vertrauensschutzgesichtspunkte von einigem Gewicht. Die überraschende und nachträgliche Einführung neuer Prüfungsfächer stellt einen durchaus erheblichen Eingriff in die Lebensplanung dar. (z.B. Studienzeitverlängerung, Bewerbungsaussichten..)
Hier müßten einer Neuregelung schon außerordentliche Gemeinwohlinteressen zugrundeliegen. (z.B. Neue klinische Erkenntnisse-Patienteninteressen, neue Erkenntnisse über gefährliche Stoffe- Sicherheitsinteresse u.ä.)
Fehlen diese, sind Übergangsvorschriften zugunsten der bisherigen Studierenden zu erlassen, wie dies z.B. bei der Änderung der Juristenausbildung in Ba.-Wü. geschehen ist.
Im übrigen bin ich zwar Jurist, jedoch kein Experte für Hochschulrecht, nur zur Info. _________________ Fanden Sie meinen Beitrag nützlich? Dann klicken Sie bitte auf den grünen Punkt.
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