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Verfasst am: 18.09.06, 15:07 Titel: Beschwerde verworfen - was nun ?
Nehmen wir mal an, X wurde von seiner Nachbarin wegen einer angeblich begangenen Straftat angezeigt. Es erfolgte eine Hausdurchsuchung bei X, bei der natürlich keine Beweise gefunden wurden, da X ja gar nicht der Täter war. X ist der Meinung, dass der Durchsuchungsbeschluß leichtfertigt und unbegründet erlassen wurde und somit einen Verstoß gegen seine Rechte gemäß Art. 13 GG darstellt. Folglich legt er (der in seinen BWL-Studium mal 2 Rechtskurse belegt hat und auch beruflich häufig Briefe schreibt) Beschwerde beim zuständigen Landgericht ein und begründet die Beschwerde selbst mit 12 unterschiedlichen, sinnvollen und logisch begründeten Argumenten.
Einen Monat später erhält X vom LG den Beschluß, dass seine Beschwerde verworfen wurde. In der Begründung wird jedoch nur auf 6 seiner Argumente eingegangen, die anderen - ebenfalls wesentlichen - Argumente hat das LG gar nicht berücksichtigt. Was nun ?
X ist natürlich darüber natürlich unzufrieden. Wie könnte es nun weitergehen ?
- Bleibt nur die Verfassungsbeschwerde ? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten ?
- Im Fall der Verfassungsbeschwerde: Kann X die Verfassungsbeschwerde selbst einlegen oder muß er sich nun "zwangsweise" von einem Rechtsanwalt vertreten lassen ?
Anmeldungsdatum: 25.09.2004 Beiträge: 15339 Wohnort: Rom
Verfasst am: 19.09.06, 16:26 Titel:
Beitragsschreiber hat folgendes geschrieben::
Man beachte, dass nur ein verschwindent geringer Prozentsatz der Verfassungsbeschwerden erfolgreich ist.
Genau deswegen:
Rembrandt hat folgendes geschrieben::
Verfassungsbeschwerde kann von Jedermann erhoben werden [...] Ein Anwaltszwang besteht nicht.
Im vorliegenden Beispiel könnte sich eine Verfassungsbeschwerde nur auf Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör richten, was nur dann durchgeht, wenn sich das Gericht erkennbar überhaupt nicht mit den Ausführungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. Eine generelle Pflicht des Gerichtes, jedes Beschwerdeargument einzeln zu widerlegen, gibt es hingegen nicht.
Möglicherweise könnte X auch die Durchsuchung selbst als verfassungswidrig - weil unverhältnismäßig - angreifen. Als Laie empfiehlt sich das jedoch in der Regel nicht ohne fachlichen Beistand. _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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Im vorliegenden Beispiel könnte sich eine Verfassungsbeschwerde nur auf Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör richten, was nur dann durchgeht, wenn sich das Gericht erkennbar überhaupt nicht mit den Ausführungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. Eine generelle Pflicht des Gerichtes, jedes Beschwerdeargument einzeln zu widerlegen, gibt es hingegen nicht.
Naja, das LG hat sich ja schon mit den Ausführungen auseinandergesetzt, nur nicht mit allen. Aber reicht es aus, wenn nur auf 50% eingegangen wird ? Schließlich könnte die Berücksichtigung der anderen 50% ja zu einem anderen (Gesamt-) Ergebnis führen. Wo läßt sich also (ungefähr) die Grenze ziehen um zu sagen, das Gericht ist ausreichend auf die Beschwerde eingegangen ?
Anmeldungsdatum: 25.09.2004 Beiträge: 15339 Wohnort: Rom
Verfasst am: 20.09.06, 17:06 Titel:
Das Recht auf rechtliches Gehör ist so ein Tierchen für sich.
Einerseits soll sichergestellt werden, daß ein Gericht nicht urteilt, ohne der Partei ausreichend Gelegenheit zum Vorbringen von Argumenten gegeben zu haben. Andererseits ist der Sinn auch nicht, daß jemand 500 Argumente auf 12000 Seiten vorbringt und erwartet, daß jedes einzelne gelesen und widerlegt wird.
Wie schon gesagt, es ist ausreichend, wenn das Gericht erkennen läßt, daß es das Vorbringen zur Kenntnis genommen hat. (Was es als Antwort auf eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde sicher tun wird, sodaß sich de facto nichts ändern wird. )
Dazu dürfte schon ein "Auch das weitere Vorbringen des Beklagten ändert daran nichts." genügen.
Ansonsten müßte man mal die zahlreiche Rechtsprechung zu dieser Thematik bemühen. _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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Verfasst am: 21.09.06, 11:17 Titel: Re: Beschwerde verworfen - was nun ?
mastermaster hat folgendes geschrieben::
... beim zuständigen Landgericht ein und begründet die Beschwerde selbst mit 12 unterschiedlichen, sinnvollen und logisch begründeten Argumenten. ...
In der Theorie und nur im Konjunktiv würde ich wie folgt reagieren.
1.) Keine Durchsuchung erfolgt im Allgemeinenl ohne hinreichenden Grund für die Maßnahme. Ein Richter entscheidet in der Regel nach Vorlage der Durchsuchungsbegründung dafür, im Verzug kann es auch die Staatsanwaltschaft selbst anordnen.
2.) Es ist daher wahrscheinlich, dass Du in Deinem Beispiel den kompletten Akteninhalt nicht kennst, dort Sachverhalte festgehalten sind, die diese Durchsuchung erst gerechtfertigt hat.
Möglicherweise ist das Gericht deshalb auch innerhalb der Verwerfung der Beschwerde auf die weiteren "Punkte Deiner Begründung" nicht eingegangen, um die Ermittlungen der Ermittlungsbehörde nicht zu stören.
3.) Also - verschaffe Dir zuerst Akteneinsicht, was ohne Anwalt in diesem Status schwer möglich ist. Versuche es - es ist die einzige Möglichkeit ohne Anwalt - über § 147 (7) StPO und über die aktuelle Rechtssprechung zu Art 6 MRK, an Informationen heranzukommen.
4.) Liegt kein weiteres Rechtsmittel vor, kannst Du über § 33 a StPO eine sogenannte "Gegenerklärung" oder mittels 311 a StPO abgeben. Schau Dich aber erst mal im Netz um, ob diese "weitere" Beschwerden in Deinem Fall greifen (das kannst nur Du entscheiden) kann!
Ansonsten bleibt nur die Verfassungsbeschwerde, beachte aber 2.).
Vier Wochen hast Du Zeit , ab Zustellung der Beschwerdeverwerfung, diese zu stellen.
Vergesse nicht die Beschwerdeentscheidung in Kopie der VB beizufügen und begründe ganz genau die Verletzung des Grundrechts. Kein Zweizeiler - besser 2-3 Seiten ohne Bla-Bla. Die Jungs sind dort verdammt beschäftigt.
Wie auch immer - bedenke, dass jeder Brief, jede Stellungnahme auch inhaltlich gegen Dich/Euch verwertet werden kann.
Also - ohne vorher Akteneinsicht genommen haben, ist - immer - Vorsicht geboten.
Werden die Akten durch das Gericht gesehen und geprüft oder entscheidet das Gericht ohne Akten? Sollte man der Beschwerde alle Beweise hinzufügen?
In der Theorie und nur im Konjunktiv zu Deinem Beispielfall - würde ich wie folgt vorgehen:
Das Beschwerdegericht (AG/LG/OLG) sieht die Akten ein, allerdings macht es sich die Arbeit sehr leicht. Wenn Du die Akten nicht kennst, kannst Du auch nicht auf Blattnummern der Akte hinweisen.
Wieder ein Problem/Nachteil, wenn keine Akteneinsicht genommen worden ist.
Zitiere aber dann möglichst die wesentlichen Teile der vorliegenden Beweise, soweit Du sie kennst, vollständig, so dass innerhalb eines schlüssigen Sachvortrags das Gericht so wenig wie möglich aus den Akten entnehmen muss, bzw. nur bei Bedarf auf die in der weiteren Beschwerde in Bezug genommenen Akten zugreifen kann.
In Deinem Fall wäre es also sinnvoll zusätzlich die Beweise beizulegen, weil Du ja die Akten [wahrscheinlich] nicht kennst, die zum Durchsuchungsbeschluss führten.
Beim Verfassungsgericht musst du die Unterlagen auf jeden Fall komplett beifügen, weil die wissenschaftliche Abteilung, die über Deine Beschwerde durch Vorlage und Empfehlung an den Berichtserstatter in der Regel [indirekt] vorab entscheiden, Deine Akte nicht bei der Staatsanwaltschaft abfordern wird. Das könnte ggf. erst nach Annahme der Beschwerde oder nach Aufforderung zur Stellungnahme bei Staatsanwaltschaft ... erfolgen.
Gehe davon also aus, dass man dort nichts weiß und zunächst nichts abfordern wird.
Demnach muss sich aus Deiner VB direkt die Grundrechtrechtsverletzung aus dem "unzulässigen" Durchsuchungsbeschluss über den angegriffenen Verwerfungsbeschluss begründen lassen.
Die VB kann untermauert werden durch weitere Beweise - aber wie Du das gesichert - also in der Theorie - ohne Akteneinsicht erreichen willst, bleibt immer noch schwierig und nicht ungefährlich.
Außerdem achte immer darauf - das Bundesverfassungsgericht ist kein TATGERICHT!
Es geht ausschließlich um Grundrechtsverletzungen ... - der Rest ist unwichtig - vollkommen unwichtig! Also bleibe bei der VB immer beim Thema - Grundrechtsverletzung!
Also die Beschwerdeverwerfung muss die Grundrechtsverletzung offenbaren können und zwar deutlich!
Dann wird ggf. das Bundesverfassungsgericht, wenn die Beschwerde begründet ist, den Vorsitzenden des Gerichts anschreiben und ihm mitteilen, dass aufgrund der Beschwerdeentscheidung aus Sicht des Bundesverfassungsgericht eine Grundrechtsverletzung vorliegt.
Dieser Sachverhalt wird dann kurz - aber genau erläutert. Es regt dann das Gericht an, den Beschluss durch eine fachgerichtliche Selbstkontrolle noch einmal zu überprüfen und ggf. dann aufzuheben oder zu widerrufen. In dieser Phase schiebt also das Bundesverfassungsgericht die Kontrolle nochmals an das Beschwerdegericht zurück - es weiß ja auch nicht - ob die [von Dir] vorgelegten Unterlagen auch "wahr" sind. Entscheidet das Beschwerdegericht nicht, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Natürlich kann auch das Bundesverfassungsgericht selbst und sofort entscheiden. Denkbar ist das, wenn z.B. eine "einstweilige Anordnung" mit der VB beantragt war, oder ...! Bei ganz klaren Grundrechtsverstößen - worüber das Bundesverfassungsgericht schon 1000 mal entschieden hat, wird aber so wie beschrieben vorgegangen. Das Bundesverfassungsgericht schiebt einfach den "Müll" zurück - das passiert öfter als man denkt.
Auch wenn es sich ja nur um einen theoretischen Fall handelt, würde ich den unbekannten Akteninhalt niemals unterschätzen und erst Kenntnis davon erhalten wollen.
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