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Verfasst am: 13.01.07, 13:49 Titel: Rechtsbeugung: Was wollte der Gesetzgeber?
Manchmal findet man Sachen, die man gar nicht gesucht hat....
Zum Beispiel alte Protokolle aus dem Bundestag. Unter anderem von der 18. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform vom 7. November 1973.
Da ging es - unter anderem - um die Fassung und Handhabung des § 336 StGB.
(Leider ist es hier nicht möglich, die Originalkopien als jpg einzustellen schade eigentlich)
Also:
"§ 336 StGB
(Art. 18 Nr. 172)
MinRat von Bülow (BMJ): Im Gegensatz zu dem auf der 28. Formulierungshilfe vom 24. Oktober 1973 *) vorgelegten Vorschlag hatte sich der Entwurf darauf beschränkt, §336 StGB an den neuen Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches anzupassen, ohne damit einer späteren Reform der Vorschrift vorzugreifen. Dabei sah sich der Entwurf vor die Schwierigkeit gestellt, das Wort „vorsätzlich" im Hinblick auf § 15 StGB in der Fassung des. 2. Strafrechtsreformgesetzes zu interpretieren. Seine ersatzlose Streichung erschien bei dieser begrenzten Zielrichtung problematisch, da sie dazu geführt hätte, § 336 StGB einen anderen Inhalt zu geben als den, den er im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung erhalten hatte. Diese hatte nämlich den bedingten Vorsatz für die Rechtsbeugung nicht genügen lassen und das Merkmal „vorsätzlich" im Sinne des direkten Vorsatzes interpretiert.
Wollte man, nicht zuletzt auch in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Länderjustizverwaltungen, versuchen, die Vorschrift des § 336 StGB lediglich anzupassen, so lag es nahe, dieser Anpassung auch die Interpretation des § 336 zugrunde zu legen, die diese Vorschrift durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erfahren hatte. Dem trug der Fassungsvorschlag des Entwurfes Rechnung, indem er zur Ausscheidung des Dolus eventualis ausdrücklich auf die absichtliche oder wissentliche Begehung abhob.
Damit aber hätte der Entwurf nicht nur die erwähnte Rechtsprechung bis zu einer späteren Reform der Vorschrift sanktioniert; sondern zugleich zumindest für die nähere Zukunft einen Wandel dieser Rechtsprechung verhindert. Dies erscheint um so problematischer, als die Lehre gerade in jüngster Zeit in zunehmendem Maße für eine Einbeziehung des Eventualdolus bei der Rechtsbeugung plädiert. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb von dem ursprünglichen Konzept des Entwurfs lösen und in dieser Frage eine klare Entscheidung treffen.
In der 28. Formulierungshilfe schlagen wir unter II vor — und dem entspricht die Ihnen in der Sy-nopse vom 29. Oktober 1973 vorliegende Fassung , in § 336 StGB ausdrücklich auf das Merkmal „vorsätzlich" zu verzichten und damit nach den in der Einleitung unter II2 der Begründung des Entwurfs aufgestellten Grundsätze den bedingten Vorsatz für die Rechtsbeugung genügen zu lassen. Dieser Vorschlag entspricht der einstimmigen Auffassung der Arbeitsgruppe.
Zur Problematik selbst darf ich auf das vom Ausschußsekretariat erstellte Arbeitspapier vom 31. Oktober 1973 *) Bezug nehmen, das Ihnen vorliegt, und nur noch einige wenige Gesichtspunkte hervorheben.
Der Bundesgerichtshof hatte in einer Entscheidung — BGH 10, 294 — die Auffassung vertreten, der bedingte Vorsatz könne im Rahmen des § 336 StGB nicht ausreichen, da andernfalls der Schutz der richterlichen Unabhängigkeit in Frage stellt werde. In einer früheren Entscheidung MDR 1952, S. 693) hatte der Bundesgerichtshof eine strafrechtliche Haftung des Richters für fahrlässige Fehlentscheidungen -— es ging um Todesurteile — mit der Erwägung verneint, der Richter könne seine Aufgabe nur dann erfüllen, wenn er innerlich frei sei und nicht in der Furcht zu leiben brauche, ihm könnten Nachteile aus ungewollter, wenn auch fahrlässiger Anwendung der Gesetze erwachsen, vor der auch der beste und gewissenhafteste Richter nicht unter allen Umständen sicher sei.
Dieser Gedanke, der für den Bereich der Fahrlässigkeit unter Bezugnahme auf Art. 97 Abs. 1 GG entwickelt worden war, wurde später in BGH 10, 294 zur Auslegung des Merkmals „vorsätzlich" in § 336 StGB verwandt, ohne daß eine darüber hinausgehende Begründung gegeben wurde. Dabei dürfte es keinesfalls selbstverständlich sein, zum Schutz der Unabhängigkeit der Richter auch denjenigen vor einer Strafverfolgung zu bewahren, der mit bedingtem Vorsatz das Recht beugt. Die Fragwürdigkeit einer derartigen Begründung ist u. a. von Bauer, Sarstedt, Seebode, Bemmann und Spendel hervorgehoben worden. Es ist schwerlich einzusehen, daß die Wahrung richterlicher Unabhängigkeit dazu führen müsse, auch den Richter vor einer Strafverfolgung zu schützen, der eine Fehlentscheidung nicht nur für möglich gehalten, sondern diese darüber hinaus im engeren Sinne des Sprachgebrauchs billigend in Kauf genommen hat. Jener Richter dürfte nämlich kaum weniger verwerflich handeln als derjenige, der das Recht bewußt beugt.
Anlaß zur Besorgnis könnten allenfalls die Fälle geben, in denen der Richter eine Fehlentscheidung für möglich hält, aber darauf vertraut, richtig entschieden zu haben. Hier wird man indes weder im engen Sinn des Sprachgebrauchs noch in dem von der Rechtsprechung entwickelten weiteren Sinn davon sprechen können, daß dieser Richter eine Fehl-entscheidung billigend in Kauf genommen habe. Zwar hat die Rechtsprechung — etwa in der Entscheidung 1 StR 656/72 — den Begriff der Billigung als erfüllt angesehen, wenn jemand „bei seiner un-mittelbar auf einen bestimmten Erfolg gerichteten Handlung bewußt hinnimmt, daß gerade diese Handlung die von ihm für möglich gehaltene weitere Rechtsgutverletzung herbeiführen kann".
Jedoch ist dieser Fall, in dem ein Täter eine weitere als möglich erkannte Rechtsgutverletzung hinnimmt, kaum demjenigen Fall vergleichbar, daß ein Richter auf die Richtigkeit seiner Entscheidung vertraut, mag er auch einen letzten Zweifel nicht auszuschließen vermögen.
Während der Täter in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall einen bestimmten Erfolg erzielen will und dabei eine weitere für möglich gehaltene Rechtsgutverletzung hinnimmt, liegen in dem zweiten Fall die Verhältnisse anders; denn hier nimmt der Richter gerade nicht eine Fehlentscheidung hin, um ein primär anvisiertes anderes Ziel zu erreichen.
Mag es auch dort, wo eine sekundäre Rechtsgutverletzung zur Erreichung eines primär verfolgten Zweckes hingenommen wird, angezeigt erscheinen, diese Hinnahme als Billigung zu werten, weil der primäre Erfolg gleichsam um jeden Preis angestrebt wird, so kann von einer Billigung in diesem Sinn bei dem Richter, der auf die Richtigkeit seiner Entscheidung vertraut, nicht gesprochen werden. Schon aus diesen Gründen dürfte die vorgeschlagene Regelung in den aus dem Arbeitspapier des Sekretariats ersichtlichen Fallgruppen kaum zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen können. Im übrigen kommt hinzu, daß § 336 StGB nicht schlechthin jede unrichtige Rechtsanwendung, sondern nur die Beugung des Rechts erfaßt. In dem Begriff der Beugung wird man ein normatives Element erblicken können, das bereits als ein wesentliches Regulativ zu wirken vermag. Der Streit, ob es, gemessen an einer Idee der Gerechtigkeit jeweils nur eine richtige oder falsche Entscheidung geben könne oder ob im Einzelfall mehrere Lösungen gleichermaßen vertretbar und „richtig" sein können, mag deshalb dahingestellt bleiben, da es im Rahmen des § 336 nicht allein auf die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Entscheidung ankommen kann.
Namentlich wird schließlich auch der Begriff der Beugung des Rechts nicht nur unter dem Aspekt der Individualgerechtigkeit zu sehen sein. Der Richter, der bei seiner Entscheidung übergeordnete Gerechtigkeitsgesichtspunkte, wie allgemeine Rechtssicherheit, insbesondere auch Einheitlichkeit und Kontinuität der Rechtsprechung, ferner die Fortentwicklung des Rechts oder auch den Gesichtspunkt der Beschleunigung des Verfahrens, berücksichtigt, macht sich daher schon von den objektiven Tatbestandsmerkmalen her keiner Beugung des Rechts schuldig, wenn er nach pflichtgemäßer Abwägung diesen Aspekten gegenüber anderen den Vorrang einräumt. Wenn ein Zivilrichter ein Urteil erläßt und darauf verzichtet, auf dem Weg über § 139 ZPO weitere Beweisanträge stellen zu lassen, wird er deshalb häufig schon in diesem übergeordneten Sinn im Interesse des Rechts handeln, unabhängig davon, daß er subjektiv auf die Richtigkeit seiner Entscheidung vertrauen wird.
Daß mit einer Einbeziehung des Eventualdolus Richter betroffen werden, die mit ihrer Entschei-dung dem Rechte zu dienen gewillt sind, dürfte da-her nicht zu erwarten sein. Umgekehrt aber erscheint eine Privilegierung des Richters, der nicht im Einklang mit dem Recht stehende Entscheidungen anstrebt, sondern das Gegenteil billigend in Kauf nimmt, schwerlich gerechtfertigt. Hier wird § 336 StGB künftig die Gleichbehandlung aller gleichermaßen strafwürdigen Fälle ermöglichen. Die Befürchtung, daß dadurch die Unabhängigkeit, namentlich die Entscheidungsfreudigkeit auch desjenigen Richters beeinträchtigt würde, der eine im Einklang mit dem Recht stehende Entscheidung er-strebt, dürfte nach den vorausgegangenen Ausführungen kaum begründet sein.
Der Ausschuß stimmt dem §336 in der Fassung der Arbeitsgruppe zu, die aus der Synopse (Anlage 5) ersichtlich ist."
Aus "Anlage 5":
172. § 336 erhält folgende Fassung:
§336 Rechtsbeugung
Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, der sich bei der Leitung
oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei absichtlich oder wissentlich einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
zu 172.
In § 336 werden die Worte „Ein Beamter oder" durch die Worte „Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein" ersetzt und das Wort „vorsätzlich" gestrichen."
Aus dem oben erwähnten Arbeitspapier vom 31. Oktober 1973::
"Sonderausschuß für die Strafrechtsreform — Sekretariat —
Bonn, den 31. Oktober 1973
Zu Artikel 18 Nummer 172 EGStGB (§ 336 StGB, Rechtsbeugung)
(Arbeitspapier)
I.
Bei der Beschreibung des Täterkreises wird wegen Artikel 17 I Nr. 5 die im Entwurf vorgeschlagene Änderung erforderlich.
Im übrigen ist die Frage zu entscheiden, ob in der künftigen Vorschrift der subjektive Tatbestand dieselbe Abgrenzung erfahren soll, die er in der geltenden Vorschrift durch die Rechtsprechung und die herrschende Lehre erhalten hat:
Im geltenden § 336 StGB wird der Begriff „vorsätzlich" in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend in dem Sinne ausgelegt, daß er nur den direkten Vorsatz (und die Absicht) meint, nicht dagegen den bedingten Vorsatz. Danach bleibt also der Richter straffrei, der, ohne es sicher zu wissen, damit rechnet, daß seine Entscheidung unrichtig sei, und der dieses Ergebnis billigend in Kauf nimmt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob der Richter im Falle der Verhängung einer Freiheitsstrafe, ggf. in Tateinheit mit Rechtsbeugung, eine Freiheitsberaubung begangen hat. Diese Auffassung ist allerdings nicht unbestritten. Im Schrifttum mehren sich die Stimmen, die schon den Vorsatzbegriff des geltenden § 336 StGB dahin verstanden wissen wollen, daß er auch den bedingten Vorsatz erfasse.
Die Entscheidung des Gesetzgebers wird deshalb erforderlich, weil nach dem künftigen Sprachgebrauch der Begriff „vorsätzlich" immer auch den bedingten Vorsatz umfassen soll, während eine Beschränkung auf direkten Vorsatz und auf Absicht durch die Formulierung „absichtlich oder wissentlich" ausgedrückt wird (siehe Entwurfsbegründung, Einleitung II 2). Die Beibehaltung der bisherigen Formulierung würde also automatisch zu einer Ausdehnung des subjektiven Tatbestands, d. h. zur Einbeziehung des nur mit bedingtem Vorsatz handelnden Richters führen. Will man dagegen — wie der Regierungsentwurf vorschlägt — die bisherige Abgrenzung des subjektiven Tatbestands beibehalten, d. h. auch künftig nur den Richter bestrafen, der das Recht absichtlich oder wissentlich beugt, so muß die entsprechende Formulierung gewählt werden.
II.
Die Gründe, die dafür vorgetragen werden, daß der nur mit bedingtem Vorsatz handelnde Richter von Strafe frei bleiben müsse, faßt Spendel
„Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Richters — die Vorsatzform bei der Rechtsbeugung"
in Festschrift für Ernst Heinitz, Walter de Gruyter-Verlag, Berlin, 1972, S. 445 ff.
wie folgt zusammen:
„Abgesehen
S. 448 von gelegentlich ins Feld geführten sprachlichen Gesichtspunkten, die schwerlich ernst zu nehmen sind19), wird heute hauptsächlich vorgebracht: die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bilde ebenso wie die sich aus dem Gesetz (s. § 839 II BGB) ergebende Begrenzung der zivilrechtlichen Haftung des Spruchrichters „ein Teilstück in der Sicherung der Unabhängigkeit des Richters". Diese „Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit" wird sogar als „das durch § 336 erstrebte Ziel" oder auch als sein „Zweck" bezeichnet
S. 449 Der BGH sieht die richterliche Unabhängigkeit deshalb als gefährdet an, weil sich der Richter „bei Auslegungszweifeln irren" könne, dann aber immer mit der Verdächtigung rechnen müsse, er habe mit bedingtem Vorsatz unrichtig entschieden, eine „Gefahr", gegen die er „wirksam" zu schützen sei22).
S. 450 Im Grunde steht hinter der Ansicht insbesondere des BGH, ausgesprochen oder nicht, eine ganz andere Empfindung — die Befürchtung, die vorherrschende Definition des bedingten Vorsatzes führe in tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen, in denen sich der Richter objektiv falsch entschieden habe, schon zur Annahme einer strafbaren Rechtsbeugung. So wird etwa unreflektiert die Meinung geäußert, ein dolus eventualis i. S. d. § 336 StGB liege bereits dann vor, wenn „ein Richter, der das Gesetz nach bester Überzeugung auslegt", „in dem Bewußtsein handelt, die höhere Instanz werde
22) BGHSt 10, 294, 300 seine Auslegung möglicherweise als falsch
erkennen" 26).
III.
Gegenüber den beiden erstgenannten Gesichtspunkten wird angeführt:
— § 336 StGB schütze nicht den Richter vor Dritten,sondern umgekehrt den Rechtssuchenden vor einem Machtmißbrauch des Richters. Es sei deshalb verfehlt, die Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit als den Zweck der Vorschrift anzusehen. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß auch abhängige Beamte als Täter einer Rechts
beugung in Frage kämen. Spendel a. a. O. S. 448, 449 Sarstedt, „Fragen zur Rechtsbeugung" in: Festschrift für Heinitz, S. 442. Bemman „über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Richters" in: Gedächtnisschrift für Gustav Radbruch, Van-
denhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen, 1968, S. 309 bis 311; Mohrbotter, „Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Spruchrichters und Staatsanwalts fürden Inhalt der richterlichen Entscheidung" in: Juristenzeitung 1969 S. 491, 492;
— Gegen falsche Verdächtigung sei ein Richter ohnehin nicht gefeit. Querulanten würden nicht zögern, ihm auch direkten Vorsatz vorzuwerfen. Es wäre um die innere Freiheit der Richter schlecht bestellt, wenn sie sich durch solche Ver-dächtigungen unsicher machen ließen. Ihre äußere Sicherheit sei dadurch gewahrt, daß entsprechende Verfahren wiederum durch Gerichte entschieden würden.
Spendel a. a. O.; Sarstedt a. a. O.; Bemman a. a. O.
Wegen der Frage, ob durch eine Einbeziehung des bedingten Vorsatzes auch nichtstrafbedürftige Handlungen erfaßt und die Richter in unangemessener Weise der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt würden, erscheint es angebracht, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, für welche Fälle die erwähnte Lösung Bedeutung haben könnte. Nachfolgend werden die Fälle und Lösungsmöglichkeiten angeführt, die im Schrifttum — überwiegend schon im Hinblick auf den geltenden § 336 StGB — besonders erörtert werden.
1. Zu: Verfälschung des Sachverhalts
a) Der Richter kommt auf Grund bestimmter Beweisregeln (z. B. nach dem Grundsatz in 20) Blei in Mezger-Blei, Strafrecht, II. Besond. Teil, 9. A. 1966, S. 339. — Bei Mezger selbst (s. Strafrecht., II. Bes. T., 7. A. 1960, S. 294) findet sich diese verfehlte Annahme noch nicht, allerdings auch keine Begründung für die kritiklose Übernahme der Entscheidung BGHSt. 10, S. 294. dubio pro reo) zu einer mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmenden Tatsachenfeststellung; subjektiv rechnet er mit der Möglichkeit einer solchen Divergenz und nimmt sie billigend in Kauf.
Ergebnis:
Auch bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift liegt keine „Verfälschung" des Sachverhalts und damit keine Rechtsbeugung vor, weil die Prozeßordnung den Richter dazu zwingt, den Sachverhalt so und nicht anders festzustellen. (Das würde übrigens selbst bei positiver Kenntnis und Billigung der Divergenz gelten).
Sarstedt in Heinitz Festschrift S. 430 führt dazu aus:
Nirgends versteigt unser Verfahrensrecht sich zu der Forderung an den Richter, daß er die „reine Wahrheit" festzustellen habe. Vielmehr machen im Zivilprozeß zahlreiche Beweislastregeln nebst der weitgehenden Bindung an Parteianträge, im Straßprozeß mannigfache Beweisverbote und der Satz, daß im Zweifel zugunsten des Angeklagten entschieden werden muß, unmißverstehbar deutlich, wieweit die Erforschung der wirklichen Wahrheit hinter die Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens, ja hinter Zumutbarkeit und selbst Zweckmäßigkeit zurücktreten muß. Da diese Regeln zweifellos Rechtens und für den Richter rechtlich zwingend sind, kann m. E. keine Rede davon sein, daß das Recht „objektiv gebeugt" werde, wenn und soweit ihre Befolgung zu einer Verschiedenheit zwischen den vom Richter „festgestellten" und den wirklichen Tatsachen führt. Wenn der Beklagte eines Unterhaltsprozesses nicht in der Lage ist, Beweis für einen Mehrverkehr anzutreten, so erfüllt die Abweisung der Klage den äußeren Tatbestand der Rechtsbeugung auch dann, wenn in Wahrheit ein Mehrverkehr stattgefunden hat. Im Strafverfahren braucht übrigens die Abweichung der vorschriftsmäßigen Feststellungen, die auf der kunstgerecht gewonnenen Überzeugung des Richters beruhen, von der wirklichen Wahrheit nicht unbedingt zum Vorteil des Angeklagten zu wirken. Denn auch Entlastungsbeweise können von Beweisverboten betroffen werden (man denke an das Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen), und nicht immer braucht das zu einem Zweifel des Richters zu führen.
(siehe auch Leipziger Kommentar, 9. Aufl., § 336 Rdn. 7).
b) Der Richter kommt deshalb zu einer objektiv unrichtigen Tatsachenfeststellung, weil er die zulässigen Beweismittel nicht pflichtgemäß ausschöpft oder weil er die erhobenen Beweise pflichtwidrig würdigt; subjektiv kennt er sein pflichtwidriges Vorgehen. Er rechnet mit der Möglichkeit der seine Auslegung möglicherweise als falsch unrichtigen Tatsachenfeststellung und nimmt diese billigend in Kaut. Er will seine Feststellung also auch für den Fall, daß sie tatsächlich unrichtig ist.
Ergebnis:
Wenn der bedingte Vorsatz nicht in die Vorschrift einbezogen ist, ist der Richter straffrei. Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift ist der Richter wegen vollendeter Rechtsbeugung strafbar.
Sarstedt a. a. O. S. 436 führt dazu — wohl de lege ferenda — aus:
Bei der Verfälschung von Beweisgrundlagen, diesem so oft behaupteten und so selten beweisbaren Verstoß, muß bedingter Vorsatz genügen. Ein Richter, der bei Abfassung der Urteilsgründe mit der Möglichkeit rechnet, ein Zeuge habe das, was er, der Richter, ihm in den Mund legt, in Wahrheit gar nicht gesagt, macht sich dadurch gewiß der Rechtsbeugung schuldig, wenn der Unterschied für das eigene Urteil des Richters oder auch nur für das der nächsten Instanz erheblich sein kann. Noch weniger ist ein Zweifel da möglich, wo der Richter seiner Subsumtion zum Nachteil des Angeklagten Tatsachen zugrunde legt, von denen er nicht überzeugt ist. Der Strafrichter, der sich mit der Vorstellung begnügt, der Angeklagte werde „es schon gewesen sein", handelt wissentlich dem § 261 StPO zuwider. Deshalb nützt es ihm nichts, daß er die Möglichkeit, der Angeklagte sei vielleicht doch nicht der Täter, nur „in den Kauf genommen" und nicht einmal „gebilligt" hat. Mit bloßen Verdachtsurteilen wird allemal das Recht gebeugt — ohne Rücksicht darauf, ob der Verdacht zutrifft oder nicht.
Ähnlich Rudolphi „Zum Wesen" der Rechtsbeugung", in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 1970, S. 610, 631:
Als unerläßlich erweist sich ein Rückgriff auf die richterliche Pflichtenstellung ferner bei der Ermittlung der als Rechtsbeugung zu qualifizierenden Sachverhaltsverfälschungen. Denn da die einzelnen Verfahrensordnungen oft bis ins Detail festgelegt haben, in welcher Weise der Richter den seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt zu ermitteln hat, kann hier eine Rechtsbeugung nur dann bejaht werden, wenn der Richter seiner Entscheidung ein anderes Wirklichkeitsbild zugrunde legt als das, welches sich für ihn bei einer pflichtgemäßen Ausschöpfung der prozessual zulässigen Beweismittel und einer pflichtgemäßen Würdigung des so erzielten Beweisergebnisses ergibt. Möglich ist daher eine Rechtsbeugung in zweifacher Weise. Der Richter kann das Recht sowohl dadurch beugen, daß er entgegen dem Verfahrensrecht bestimmte Beweise erhebt oder nicht erhebt, als auch durch eine pflichtwidrige, d. h. aus sachfremden Erwägungen erfolgende, Würdigung des Beweisergebnisses. Im letzteren Fall kann die Pflichtwidrigkeit des Richters je nachdem, ob das erzielte Beweisergebnis nur einer oder aber mehreren Deutungen Raum gibt, also wiederum entweder darin liegen, daß er von einer objektiv eindeutigen Würdigung des Beweisergebnisses abweicht, oder darin, daß er bei einem objektiv mehrdeutigen Beweisergebnis von seiner pflichtgemäßen Beweiswürdigung aus sachfremden Erwägungen heraus abweicht oder den seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt von vornherein aus sachfremden Motiven festlegt.
Zu: Fehlerhafte Rechtsanwendung (Anwendung ungültiger Normen, Nichtanwendung oder fehlerhafte Anwendung gültiger Normen).
Probleme entstehen im wesentlichen dort, wo es um die Anwendung mehrdeutiger Rechtsnormen geht.
a) Die Rechtsanwendung ist objektiv vertretbar, weicht aber von anderen vertretenen Auffassungen, auch höchstrichterlichen Entscheidungen, ab und/oder die Entscheidung wird im Rechtsmittelverfahren aufgehoben; subjektiv hält der Richter seine Rechtsanwendung für vertretbar. Er kennt aber die Divergenz zu anderen Meinungen und Entscheidungen und rechnet mit der Möglichkeit, daß das Rechtsmittelgericht seine Rechtsauffassung als unrichtig erklären wird. Während er nach der von ihm für richtiger gehaltenen Auffassung entscheidet, nimmt er dies in Kauf.
Ergebnis:
Auch bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift liegt keine Rechtsbeugung vor.
Bemman „Wie muß der Rechtsbeugungsvorsatz beschaffen sein?" in: Juristenzeitung 1973 S. 547, 549 führt dazu aus:
Von mehreren vertretbaren Auslegungen könne zwar „der Idee nach" nur eine die richtige sein. Diese könne aber auch mit der besten Interpretationsmethode nicht eindeutig herauskristallisiert werden. Deshalb müßten notgedrungen „alle vertretbaren Auslegungen", alle Auslegungen, die „zwischen den Extremen des gewiß Richtigen und des gewiß Unrichtigen" lägen als richtig gelten.
Das hier in bezug auf die Auslegung Gesagte trifft entsprechend auch auf die anderen Arten der Rechtsfindung zu. Der Richter etwa, der einen vertretbaren Analogieschluß zieht oder eine vertretbare sonstige Gesetzesergänzung entwickelt, bewegt sich dabei gleich dem Richter, der eine vertretbare Auslegung vornimmt, in einem Bereich, in dem das Recht zu beugen unmöglich ist. Wo immer das Recht dem Richter eine klare Auskunft über die im Einzelfall zu treffende Entscheidung nicht gibt, kann von einer Beugung des Rechts, kann von einer Verwirklichung des Rechtsbeugungstatbestandes so lange keine Rede sein, als der Richter mit seiner Entscheidung im Rahmen des Vertretbaren bleibt21).
Daraus ergeben sich bedeutsame Konsequenzen für den Vorsatz der Rechtsbeugung. Wenn nämlich eine Rechtsanwendung, die sich im Rahmen des Vertretbaren hält, den äußeren Rechtsbeugungstatbestand nicht erfüllt, dann hat der Richter, der sich sagt, seine Anwendung des Rechts sei zwar vielleicht nicht unbedingt richtig, aber immerhin vertretbar, keinen auf die Verwirklichung des Rechtsbeugungstatbestandes gerichteten Vorsatz. Der Richter, der sich im Zweifel darüber befindet, ob seine oder eine andere, ebenfalls vertretbare Rechtsanwendung die eigentlich richtige ist, zieht ja nur solche Möglichkeiten der Rechtsanwendung in Betracht, von denen keine als mit dem wirklichen Recht im Widerspruch stehend und damit als unwertig hingestellt werden darf. Der Richter, der lediglich an der Richtigkeit, nicht aber an der Vertretbarkeit seiner Rechtsanwendung zweifelt, hat den Vorsatz der Rechtsbeugung also nicht, auch nicht in der Form des dolus eventualis.
(Siehe auch Herdegen in Leipziger Kommentar, 9. Aufl., § 336 Rdn. 6 mit weiten Nachweisen; Spendel in Festschrift für Heinitz, S. 445,450, 452).
b) Die Rechtsanwendung ist objektiv unvertretbar;
subjektiv hält der Richter seine Rechtsanwendung für vertretbar, obschon er bei gewissenhafter Prüfung gewisse Zweifel nicht ausräumen kann. Daß er die Fehlerhaftigkeit billigend in Kauf nähme, daß er seine Entscheidung also auch für den Fall der Unvertretbarkeit wolle, läßt sich nicht feststellen.
Ergebnis:
Das Verhalten des Richters erfüllt den äußeren Tatbestand der Rechtsbeugung; es ist auch rechtswidrig.
Es fehlt jedoch der (auch nur bedingte) Vorsatz. Der Richter ist selbst dann nicht strafbar, wenn die Vorschrift den bedingten Vorsatz mitumfaßt.
(Siehe dazu Spendel in Heinitz Festschrift S. 450 bis 454. Würde man allerdings einer von Bemman in JZ 1973, 548 und den dort zitierten vertretenen Minderheitenrneinungen folgen, wonach der bedingte Vorsatz nicht die
21) So schon Bemman GA 1969. 69 Fußn. 24; desgleichen Seebode, Verbrechen der Rechtsbeugung, S. 23 f.; Spendel NJW 1971, 539; auch Hirsch ZStW 1970, 435; Herdegen, Leipz. Kommentar zum StGB, § 336 Rdnr. 6. innere Billigung erfordere, sondern nur, „daß der Täter die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung sieht und sich dennoch zur Tat entschließt", wäre in diesem Fall bedingter Vorsatz anzunehmen. Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift wäre also die Tat strafbar, ohne die Einbeziehung wäre sie straffrei).
c) die 'Rechtsanwendung ist objektiv unvertretbar.
Der Richter hat subjektiv Zweifel, ob seine Auffassung noch vertretbar sei. Er nimmt die aus 'seiner Sicht mögliche Fehlerhaftigkeit billigend in Kauf, will seine Entscheidung also auch für den Fall, daß sie unvertretbar ist.
Ergebnis:
Ohne Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift ist die Handlung straffrei.
Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes ist das Verhalten des Richters als vollendete Rechtsbeugung zu 'bewerten.
(Spendel in Heinitz Festschrift S. 452).
d) Die Rechtsanwendung ist objektiv richtig.
Subjektiv hält der Richter es, ohne sicher zu sein, für möglich, daß seine Rechtsanwendung unvertretbar sei. Er nimmt dies billigend in Kauf, will seine Entscheidung also selbst für den Fall, daß sie objektiv unvertretbar wäre.
Ergebnis: Keine vollendete Rechtsbeugung (nach der sogenannten objektiven Theorie), da der objektive Tatbestand nicht gegeben ist.
Sofern die Vorschrift sich nicht auf den bedingten Vorsatz erstreckt, liegt, auch kein Versuch vor.
Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift ist das Verhalten als Versuch der 'Rechtsbeugung zu bewerten.
(Siehe dazu Sarstedt a. a. O. S. 435 sowie die Andeutungen bei Bemman, „Zum Wesen der Rechtsbeugung" in: Goltdammer's Archiv 1969 S. 66, 67).
e) Die Rechtsanwendung ist objektiv vertretbar, der Richter hat das Ergebnis aber ausschließlich auf 'Grund sachfremder Erwägungen gewonnen.
Beispiel von Rudolphi a. a. O. S. 616
In Rechtsprechung und Lehre ist es bekanntlich umstritten, ob1 und unter welchen Voraussetzungen die Wegnahme eines Kraftfahrzeuges, um es vorübergehend zu benutzen und dann irgendwo abzustellen, einen Diebstahl darstellt. Während die Rechtsprechung einen Diebstahl bereits immer dann bejaht, wenn der Täter ein Fahrzeug wegnimmt, um sich seiner nach Beendigung der Benutzung derart zu entäußern, daß es dem Zugriff Dritter preisgegeben ist und es dem Zufall überlassen bleibt, ob der Eigentümer es zurückerhält, verneint hier ein Teil der Lehre einen Diebstahl generell25) oder bejaht ihn nur unter sehr viel engeren Voraussetzungen26). Nehmen wir an, der Amtsrichter A sei auf Grund einer sorgfältigen Abwägung der Argumente pro und contra, zu der Überzeugung gelangt, daß die Auffassung der Rechtsprechung die richtige sei und habe deshalb in derartigen Fällen die Angeklagten stets wegen Diebstahls verurteilt. Als jedoch ein Bekannter dieser Tat angeklagt wird, entscheidet er sich, um diesem einen Gefallen zu erweisen, für die in der Literatur verfochtene Gegenauffassung und spricht ihn von der Anklage des Diebstahls frei.
Es erscheint zweifelhaft, ob es hier den (in diesem Zusammenhang allein interessierenden) Fall des bedingten Vorsatzes überhaupt gibt. In aller Regel ward der Richter sachfremde Erwägungen als solche erkennen und in dieser Richtung nicht nur Zweifel haben. Das gilt insbesondere, wenn man mit Rudolphi a. a. O. S. 630 nur „als solche leicht zu identifizierende sachfremde Erwägungen" als Voraussetzung für eine Rechtsbeugung genügen lassen will. Es sei (hier dennoch unterstellt, daß es solche Fälle gibt.
Ergebnis:
Nach der strengsten Auffassung, die z. B. vom Bundesgerichtshof in BGHSt 10, 300, 301, von Herdegen a. a. O. § 336, Rdn. 7 und von Rudolphi a. a. O. S. 630 vertreten wird, ist der Richter bei der weiteren Fassung des subjektiven Tatbestands (Einbeziehung des bedingten Vorsatzes) wegen Rechtsbeugung strafbar, bei der engeren Fassung, die den bedingten Vorsatz nicht einschließt, straffrei. Andere Autoren nehmen hier in jedem Fall Straffreiheit an, weil „das Recht nicht anders gebeugt werden" könne „als durch die Vornahme eines objektiv unrichtigen Rechtspre-chungsaktes" (Bemman, GA 1969, 1970; Spendel, NJW 1971, S. 538,539).
3. Zu: Ermessensmißbrauch
(Inwieweit es gerechtfertigt ist, diese Fallgruppe gesondert zu behandeln — auch in dem Hauptfall der Strafzumessung ist die Ermessensausübung letztlich Rechtsanwendung, siehe z. B. Herdegen a. a. O., § 336, Rdn. 4 — sei hier dahingestellt).
a) Der Richter überschreitet mit seiner Entscheidung objektiv den ihm eingeräumten Ermes
sensspielraum.
Subjektiv ist er nach sorgfältiger Prüfung der Meinung, sich innerhalb seines Ermessensspielraumes zu halten, wenn er auch die absolute Sicherheit insoweit nicht hat. Daß er seine Entscheidung auch für den Fall treffen wollte, daß sie eine Ermessensüberschreitung darstellt, läßt sich nicht feststellen.
Ergebnis:
Es liegt kein bedingter Vorsatz vor, der Richter ist also auch bei der weiteren Fassung des subjektiven Tatbestands nicht strafbar.
b)Der gleiche Fall wie unter a), jedoch mit der Änderung, daß der Richter seine Entscheidung auch für den Fall treffen wollte, daß sie eine Ermessensüberschreitung darstellt, führt zu dem Ergebnis, daß der Richter
— wenn sich der subjektive Tatbestand auch auf bedingten Vorsatz erstreckt, wegen Rechtsbeugung strafbar ist,
— andernfalls straffrei ist.
(Siehe dazu Herdegen a. a. O. § 336, Rdn. 7 und 8 mit Hinweisen insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
c) Der Richter hält sich mit seiner Entscheidung objektiv im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens, er gründet sie jedoch ausschließ lich auf sachfremde Erwägungen.
Ergebnis:
Es gilt das für den Fall III 2 e) dargestellte Ergebnis entsprechend.
IV.
Bei Berücksichtigung der denkbaren Fälle und der in der Literatur aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten hält es die Arbeitsgruppe für sachgerecht, im Gegensatz zum Vorschlag des Regierungsentwurfs auch den bedingten Vorsatz zu erfassen.
gez. Maier
___________________________
So viel Text...
Da hatten sich die Damen und Herren Abgeordneten dereinst so viel Mühe gegeben, und selbst noch jegliche möglich erscheinende Fallkonstellation dargestellt - und was machten unsere Damen und Herren Richter(innen)? - Sie ließen das Parlament Parlament sein, und urteillen darüber, was Rechtbeugung ist (und vor allem: nicht ist!)) noch so, wie es die einstigen NS-Kollegen des Bundesgerichtshofes von 1952ff vorgegeben hatten. Motto: Uns doch egal, wer da unter uns Gesetzgeber spielt...
dem kann ich zustimmen. Allerdings erschließt sich mir die Absicht für die ganzen Zitate nicht ganz.
Aber vielleicht lohnt sich ja ein Vergleich der damaligen und jetzigen Bestimmung zur Rechtsbeugung.
Zitat:
§ 339 Rechtsbeugung - StGB (neue Fassung)
Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
§336 Rechtsbeugung - StGB (alte Fassung)
Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, der sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei absichtlich oder wissentlich einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
Quelle: Siehe Beitrag von donolafio
Der rot markierte Bereich in der alten Fassung ist wohl im Laufe der Jahre in der aktuellen Fassung abhanden gekommen.
Allerdings erschließt sich mir die Absicht für die ganzen Zitate nicht ganz.
Die Absicht? Relativ simpel: Auf Grund der Erfahrungen mit der faktischen Außerkraftsetzung des Strafbestimmung des § 336 (Rechtsbeugung) durch den damals ausschließlich mit wieder ins Amt gelangten NS-Richter besetzten Bundesgerichtshofes mittels der Konstruktion des nachzuweisenden "unbedingten Vorsatzes" (der eigentlich nur dann nachzuweisen ist, wenn der jeweilige Richter vor Beginn des Verfahrens aufsteht und laut und vernehmlich ausruft: I"ch beuge jetzt vorsätzlich das Recht!" - was aber noch nie vorgekommen sein soll), haben die Abgeordneten des Bundestages festgelegt, dass auch der bedingte Vorsatz unter Strafe zu stellen ist:
Zitat:
Dabei dürfte es keinesfalls selbstverständlich sein, zum Schutz der Unabhängigkeit der Richter auch denjenigen vor einer Strafverfolgung zu bewahren, der mit bedingtem Vorsatz das Recht beugt. Die Fragwürdigkeit einer derartigen Begründung ist u. a. von Bauer, Sarstedt, Seebode, Bemmann und Spendel hervorgehoben worden. Es ist schwerlich einzusehen, daß die Wahrung richterlicher Unabhängigkeit dazu führen müsse, auch den Richter vor einer Strafverfolgung zu schützen, der eine Fehlentscheidung nicht nur für möglich gehalten, sondern diese darüber hinaus im engeren Sinne des Sprachgebrauchs billigend in Kauf genommen hat. Jener Richter dürfte nämlich kaum weniger verwerflich handeln als derjenige, der das Recht bewußt beugt.
Doch noch heute werden durchgängig so gut wie alle Ermittlungsverfahren betreffs Rechtsbeugung bereits durch die Staatsanwaltschaften mit dem Hinweis auf den nicht zu erbringenen Nachweis des angeblich notwendigen unbedingten Tatvorsatzes eingestellt - oft mit dem Zusatz versehen, dass selbst ein bedingter Tatvorsatz nicht ausreichend für eine Anklage sei. Und die Staatsanwaltschaften können auf höchstrichterliche Rückendeckung in Form der sogenannten "Ständigen Rechtsprechung des BGH" verweisen. Denn gelangt ein Rechtbeugungsverfahren - wie im Fall Schill - denn doch einmal vor den Bundesgerichtshof, dann ist wegen des fehlenden (und objektiv ja auch nie zu erbringenden - siehe oben) Nachweises des unbedingten Vorsatzes ein Freispruch stets garantiert.
Somit ist bereits hier meine von Ihnen etwas in Zweifel gezogenen Darstellung
(...)Und was machten unsere Damen und Herren Richter(innen)? - Sie ließen das Parlament Parlament sein, und urteillen darüber, was Rechtbeugung ist (und vor allem: nicht ist!)) noch so, wie es die einstigen NS-Kollegen des Bundesgerichtshofes von 1952ff vorgegeben hatten. Motto: Uns doch egal, wer da unter uns Gesetzgeber spielt...
aufs traurigste belegt.
Doch es geht ja noch weiter.
Ebenso ist in den offensichtlich mittels standardisierter Textbausteine erstellten Mitteilungen zur Verfahrenseinstellung (mir liegen an die zwanzig samt Unterlagen vor - um Himmelswillen: nicht von mir initiiert!!) stets zu lesen, eine Rechtsbeugung setze einen "schweren Angriff gegen grundlegende Prinzipen des Rechts, der Rechtsordnung und es Rechtsstaates" (was immer das sein mag) voraus. Doch davon steht weder im Gesetz, noch in dem betreffenden, den Willen des Gesertgebers darlegenden Protokoll etwas..
Im Gegenteil!
Da den Abgeordneten die Kreativität der Justizjuristen bezüglich des Aushebelns der sie selbst betreffenden Strafbestimmungen offensichtlich hinreichend bekannt war, gaben sie ihnen vorsichtshalber auch gleich noch recht konkrete Fallkonstruktionen mit auf den Weg, wann ein bedingter oder unbedingter Vorsatz (und damit die Straftat "Rechtsbeugung") vorliegt, und wann nicht.
Zum Beispiel diese hier:
Zitat:
b) Der Richter kommt deshalb zu einer objektiv unrichtigen Tatsachenfeststellung, weil er die zulässigen Beweismittel nicht pflichtgemäß ausschöpft oder weil er die erhobenen Beweise pflichtwidrig würdigt; subjektiv kennt er sein pflichtwidriges Vorgehen. Er rechnet mit der Möglichkeit der seine Auslegung möglicherweise als falsch unrichtigen Tatsachenfeststellung und nimmt diese billigend in Kaut. Er will seine Feststellung also auch für den Fall, daß sie tatsächlich unrichtig ist.
Ergebnis:
Wenn der bedingte Vorsatz nicht in die Vorschrift einbezogen ist, ist der Richter straffrei. Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift ist der Richter wegen vollendeter Rechtsbeugung strafbar.
Ins richtige Leben übesetzt könnte dies zum Beispiel sein (und es muss ja nicht immer der Strafrichter sein - die Familienjustiz ist in diesem Lande ja auch nicht ohne): Wenn von beiden Parteien unstrittig dargelegt wird, das ein langzeitiger Umgangsboykott seitens des alleinerziehenden Elternteils vorliegt, und das Gericht eine Umgangsregelung mit der Begründung ablehnt, es gäbe ja "unregelmäßigen" Kontakt, dann hätten wir es hier - folgte die Justiz dem Willen des Gesetzgebers - mit einem Straftäter in Richterrobe zun tun.
Wenn....dann...
Die Beispiele ließen sich schier endlos fortführen.
Insofern muss ich meine oben schon einmal wiederholte Feststellung bekräftigen und hinzufügen; IIch weiß nicht, was mich mehr erschüttert - die routinierte Dreistigkeit der Justiz bei der Außerkraftsetzung sie selbst betreffender Strafvestimmungen - oder die Machtlosigkeit des Gesetzgebers , seinem Willen gegenüber der Justiz Geltung zu verschaffen.
Ich möchte nochmal gerne auf die aktuelle Fassung der strafrechtlichen Bestimmung hinweisen
Zitat:
§ 339 Rechtsbeugung - StGB (neue Fassung)
Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
Die Wörter: "absichtlich oder wissentlich" sind nicht mehr in dem § 339 StGB (vormals § 336 StGB) enthalten. Damit braucht m.E. auch nicht der Beweis erbracht werden, dass bei dem Gesetzesverstoß "Vorsatz usw." vorliegt.
Die augenblickliche Diskussion über die alte Fassung des § 336 StGB (jetzt § 339 StGB) hat m.E. allenfalls geschichtlichen Charakter, wobei ich mich persönlich sehr für die Rechtsgeschichte in der NS-Zeit und in den Nachkriegsjahren interessiere.
Ich gehe davon aus, dass sich hier noch Juristen äußern werden.
Die Wörter "absichtlich oder wissentlich" sind bei der Strafrechtsreform von 1974 gestrichen worden, weil dies nur den unbedingten (subjektiven) Vorsatz bedient hätte. Der Gesetzgeber (siehe mein ellenlanges Ausgangsposting) wollte aber ausdrücklich auch den bedingten Vorsatz strafbewehrt wissen.
Dies aber verweigert die sogenannte "Ständige Rechtssprechung des BGH" bis zum heutigen Tag. Insofern ist das also nicht nur ein historisches, sondern auch ein höchst aktuelles Problem .
Zitat:
Ich gehe davon aus, dass sich hier noch Juristen äußern werden.
Na, da habe ich nicht allzu viel Hoffnung. Was sollen sie auch sagen? Die Rechtsprechung zum 339 erfüllt selbst den Tatbestand der Rechtsbeugung? Das hat der Bossi schon getan - und hat dafür ein Strafverfahren an den Hals bekommen.
Die Wörter "absichtlich oder wissentlich" sind bei der Strafrechtsreform von 1974 gestrichen worden, weil dies nur den unbedingten (subjektiven) Vorsatz bedient hätte. Der Gesetzgeber (siehe mein ellenlanges Ausgangsposting) wollte aber ausdrücklich auch den bedingten Vorsatz strafbewehrt wissen. Dies aber verweigert die sogenannte "Ständige Rechtssprechung des BGH" bis zum heutigen Tag.
Ach ja?
BGHSt 40, 276 hat folgendes geschrieben::
So setzt § 244 StGB-DDR direkten Vorsatz voraus, während § 336 StGB nach seiner Neufassung durch das EGStGB vom 2. März 1974 (BGBl. I 469 ff.) bedingten Vorsatz ausreichen läßt
_________________ Gruß
Vormundschaftsrichter
der stellvertretende nimmt seine nightstick und beginnt das Schlagen der daylights aus der Anwalt
Nun als Jurist wäre mir diese Diskussion auch ziemlich
Aber da kein Jurist
Annahme, wenn der Gesetzgeber in der Mehrheit ihre Auffassung teilen würde, warum ändert er den § nicht?
Wenn sie jetzt mit Unterwanderung und Korruption kommen ist die Antwort 42 _________________ Beiträge erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie den Anwalt ihres Vertrauens.
Und falls wir uns nicht mehr sehen, guten Tag, guten Abend und gute Nacht!
Nun als Jurist wäre mir diese Diskussion auch ziemlich
Aber da kein Jurist
Annahme, wenn der Gesetzgeber in der Mehrheit ihre Auffassung teilen würde, warum ändert er den § nicht?
Wie meinen?! _________________ Gruß
Vormundschaftsrichter
der stellvertretende nimmt seine nightstick und beginnt das Schlagen der daylights aus der Anwalt
Nun als Jurist wäre mir diese Diskussion auch ziemlich
Aber da kein Jurist
Annahme, wenn der Gesetzgeber in der Mehrheit ihre Auffassung teilen würde, warum ändert er den § nicht?
Wie meinen?!
Bisherige Threads zu diesen Themen sind stets gleich abgelaufen, dem jeweiligen TE ging nie um eine objektive Diskussion, sondern nur um die Verbreitung seiner Thesen.
Was sich idR. immer schön an den dann häufig vorkommenden Begriffen wie bspw. "NS" am besten in der Kombination mit "Kollege" spiegelt (i.diesem Thread), kombiniert mit der Ohnmacht des eigentlichen (ausnahmsweise) guten Gesetzgebers.
"Verteidiger" der geltenden Gesetze sich gleich(dank dervorherigen Begriffe) auf der falschen Seite befinden, oder aber ein nicht zu Wort melden als stillschweigende Zustimmung ausgelegt wird.
Vgl. hierzu allgemein diverse "Diskussionen" zum RBerG, oder auch nette zum Thema Bundeswehr/Polizei.
Ich hatte damit lediglich meine Meinung geäußert, das ich an einer Xten Auflage dieser immer mal wiederkehrenden "Diskussion" nicht mehr wirklich interessiert wäre und ich Verständnis dafür habe, wenn es diejenigen die von solchen Quälgeistern heimgesucht werden, nur noch sehr peripher tangiert(am Arsch vorbei geht)
So, ohne einen Rechtsbeistand sage ich jetzt kein Wort mehr. _________________ Beiträge erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
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Und falls wir uns nicht mehr sehen, guten Tag, guten Abend und gute Nacht!
Rein zur Information.
Gibt es Beispiele dass ein Richter oder Staatsanwalt wegen
Rechtsbeugung verurteilt wurde?
Gr.
ZetPeO _________________ Manche Menschen haben einen Gesichtskreis vom Radius Null und nennen ihn ihren Standpunkt
David Hilbert
Wenn die Sonne der Weisheit tief steht, werfen auch geistige Zwerge lange Schatten.
Anmeldungsdatum: 16.01.2007 Beiträge: 4 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 16.01.07, 16:19 Titel:
An Smiler:
Wieso Thesen? Ich sehe hier zuallerst mal ein hyperlanges Posting, das offensichtlich ein Dokument darstellt, von dem ich zwar hier und da schon mal was hörte (ich glaube in einem Aufsatz von F.C. Schroeder), es aber in seiner Vollständigkeit noch nie zu Gesicht bekam. Schon deshalb halte ich es für einen Gewinn. Und dass daraus "Thesen" abgeleitet werden - mein Gott... - interessant ist es allemal.
Und sonst? Dass der damalige Bundesgerichtshof ausschließlich mit ehemaligen NS-Juristen besetzt war und durch eben jene Herren eine Aufarbeitung der Justizverbrechen des 3. Reiches nicht stattfand, ist ja ebenfalls wohl kaum zu bestreiten und sollte hier nicht unter Erwähnungsverbot stehen. Gleiches gilt für die Auswirkungen der Nichtaufarbeitung bis in unsere Zeit hinein.
Und was eine "objektive Diskussion" sein soll, müsste auch erstmal näher erklärt werden....
So, nun aber auch noch was zur Sache selbst.
Zitat:
BGHSt 40, 276 hat folgendes geschrieben::
So setzt § 244 StGB-DDR direkten Vorsatz voraus, während § 336 StGB nach seiner Neufassung durch das EGStGB vom 2. März 1974 (BGBl. I 469 ff.) bedingten Vorsatz ausreichen läßt
Das ist erstmal korrekt. Bei dem hier zitierten handelt es sich aber wohl um ein Verfahren gegen einen DDR-Justizangehörigen. Dort wurde die Norm ja offensichtlich korrekt angewandt. Jedoch schon beim berühnten Falll Schill sprang der BGH wieder in die vorherige Rechtsprechung zurück.
Zitat:
BGH 5 StR 92/01
Leitsätze
(...)
3. Nach ständiger Rechtsprechung stellt nicht jede unrichtige Rechtsanwendung eine Beugung des Rechts im Sinne von § 339 StGB dar. Nur der Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege soll unter Strafe gestellt sein. Rechtsbeugung begeht daher nur der Amtsträger, der sich bewußt und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt. Selbst die (bloße) Unvertretbarkeit einer Entscheidung begründet eine Rechtsbeugung nicht (st. Rspr.).
"...der sich bewußt und in schwerwiegender Weise..." - da ist er wieder, der ausschliießliche Dolus directus.
Somit besteht neben dem von donolafio benannten Problem noch ein zweites: Nämlich dem der Gleichheit vor dem Gesetz. Für DDR-Rechtsbeuger genügt der Eventualdolus, für bundesdeutsche Richter muss es schon der dd sein.
Zitat:
Annahme, wenn der Gesetzgeber in der Mehrheit ihre Auffassung teilen würde, warum ändert er den § nicht?
Das Problem ist ja offensichtlich, dass die Kraft des Gesetzgebers nicht ausreicht, um die von ihm beschlossenen Gesetze von der Justiz korrekt anwenden zu lassen.
Stellt sich die Frage: Wenn es tatsächlich jemand auf sich nehmen würde, die beiden Probleme (Ständige Rechtsprechung vs. Gesetzgeberwillen sowie die offensichtliche unterschiedliche Behandlung Ost und West) bis zum EGMR zu tragen, dürften doch die Chancen einer Korrektur nicht gering sein - oder spräche etwas dagegen?
Zuletzt bearbeitet von Torsten D am 16.01.07, 16:31, insgesamt 1-mal bearbeitet
Anmeldungsdatum: 16.01.2007 Beiträge: 4 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 16.01.07, 16:22 Titel:
Zitat:
Rein zur Information.
Gibt es Beispiele dass ein Richter oder Staatsanwalt wegen
Rechtsbeugung verurteilt wurde?
Von den Sonderfällen "Aufarbeitung des DDR-Unrechts" mal abgesehen, gibt es keine rechtskräftige Verurteilung eines bundesdeutschen Richters oder Staatsanwaltes.
mittels der Konstruktion des nachzuweisenden "unbedingten Vorsatzes" (der eigentlich nur dann nachzuweisen ist, wenn der jeweilige Richter vor Beginn des Verfahrens aufsteht und laut und vernehmlich ausruft: I"ch beuge jetzt vorsätzlich das Recht!" - was aber noch nie vorgekommen sein soll)
Das ist eine nachvollziehbare Mutmaßung, die allerdings nicht mehr viel mit der bundesrepublikanischen Rechtswirklichkeit zu tun hat.
Der "unbedingte Vorsatz" einhergehend mit seiner offenen Bekundung zu Beginn der Verhandlung ist im Amtsgericht Hannover schon so etwas wie eine lokale Rechtstradition. Dort wird nicht nur Recht gebeugt, es werden die Betroffenen mit entsprechenden Ankündigungen offen verhöhnt, und der Dünkel aller Beteiligten geht so weit, daß auch dies nicht durch Beschwerde oder Strafantrag geahndet werden kann.
Ich jedenfalls (und es wird andere geben) bezeuge entsprechende Ankündigungen jederzeit durch Eid.
Zitat:
Doch noch heute werden durchgängig so gut wie alle Ermittlungsverfahren betreffs Rechtsbeugung bereits durch die Staatsanwaltschaften mit dem Hinweis auf den nicht zu erbringenen Nachweis des angeblich notwendigen unbedingten Tatvorsatzes eingestellt - oft mit dem Zusatz versehen, dass selbst ein bedingter Tatvorsatz nicht ausreichend für eine Anklage sei.
Exakt. Die verquaste Mutmaßung, derzufolge ein Vorsatz nicht nachweisbar sein könne, berechtigt bekanntlich zur Ignoranz gegenüber dem erbrachten Nachweis, wo er sattfindet, weil die Unfähigkeit, sich etwas vorstellen zu können (oder zu wollen) berechtigt, die entsprechende Wahrnehmung willentlich zu verweigern, und sogar die Einbringung des Nachweises für überflüssig bis unzulässig zu halten.
Konsequenterweise gilt dies im Übrigen ja inzw. für jedes Verfahren - Begründungen, denenzufolge ein korrekter Verfahrensverlauf überflüssig sei, die Beachtung der Rechte von Verfahrensbeteiligten obsolet, da man ja weiß, wie man entscheiden wird, und ausschliessen kann, daß jemand anders anders entscheiden würde, weswegen sich sowohl eine korrekte Aktenführung als auch eine korrekte Sachverhaltsprüfung erübrigen. Das meiste kann man sich sparen, was auch der Faulheit dienlich ist, und ansonsten ist all dies sicher richtig, notwendig und wohlbegründet, wohingegen Kritiker solcher Entartung ja doch nur "Schlauspritzer" sind, denen man es notfalls nur mal so richtig zeigen muß.
Es soll ja in Europa durchaus auch Leute geben, die sich mit der besonderen deutschen Mentalität schon einmal beschäftigt haben, und die sprechen diesem Land eben nicht nur nach objektiven Kriterien ab, ein Rechtstaat zu sein, sondern wohlweislich auch, mit so einer Bevölkerung überhaupt je einer sein zu können.
Zitat:
Und die Staatsanwaltschaften können auf höchstrichterliche Rückendeckung in Form der sogenannten "Ständigen Rechtsprechung des BGH" verweisen. Denn gelangt ein Rechtbeugungsverfahren - wie im Fall Schill - denn doch einmal vor den Bundesgerichtshof, dann ist wegen des fehlenden (und objektiv ja auch nie zu erbringenden - siehe oben) Nachweises des unbedingten Vorsatzes ein Freispruch stets garantiert.
Das ist noch durch ganz andere Aspekte begründet, denn wer die Hoheit über die Aktenführung hat, der verfährt natürlich nach dem alten römischen Grundsatz: "quod non est in actis non est in mundis" und daß Richtigkeit und Vollständigkeit, mithin Unantastbarkeit und Unfehlbarkeit der Aktenführung nicht in Zweifel zu ziehen sind, entscheidet der deutsche Richter mit dem probaten Mittel der entspr. Prozessführungsvorschrift im Sinne der Freiheit der Beweiswürdigung, die ja gern als Freiheit zur Beweisignoranz betrachtet wird, explizit nach "Lebenserfahrung", sprich nach Dünkel, Wunsch und Wahn im Sinne von "ich möchte nichts anderes glauben, weil mir billig erscheint, so zu verfahren".
Zitat:
Somit ist bereits hier meine von Ihnen etwas in Zweifel gezogenen Darstellung
(...)Und was machten unsere Damen und Herren Richter(innen)? - Sie ließen das Parlament Parlament sein, und urteillen darüber, was Rechtbeugung ist (und vor allem: nicht ist!)) noch so, wie es die einstigen NS-Kollegen des Bundesgerichtshofes von 1952ff vorgegeben hatten. Motto: Uns doch egal, wer da unter uns Gesetzgeber spielt...
aufs traurigste belegt.
Doch es geht ja noch weiter.
Ebenso ist in den offensichtlich mittels standardisierter Textbausteine erstellten Mitteilungen zur Verfahrenseinstellung (mir liegen an die zwanzig samt Unterlagen vor - um Himmelswillen: nicht von mir initiiert!!) stets zu lesen, eine Rechtsbeugung setze einen "schweren Angriff gegen grundlegende Prinzipen des Rechts, der Rechtsordnung und es Rechtsstaates" (was immer das sein mag) voraus. Doch davon steht weder im Gesetz, noch in dem betreffenden, den Willen des Gesertgebers darlegenden Protokoll etwas..
Na und selbst wenn: dann ist die (Amts-)Würde unantastbar und mir scheint, nichts anderes ist da gemeint, denn wie ich andernorts schilderte (und auch da interessiert sich bestenfalls die verdienende Kaste für ihr Standesprivileg), kann man nach Lust und Laune staatliche Gewalt inszenieren, ohne noch eine VerfahrensbeteilÃgung des der Gewalt Unterworfenen zuzulassen - und es interessiert keine Sau.
[quote]
Im Gegenteil!
Da den Abgeordneten die Kreativität der Justizjuristen bezüglich des Aushebelns der sie selbst betreffenden Strafbestimmungen offensichtlich hinreichend bekannt war, gaben sie ihnen vorsichtshalber auch gleich noch recht konkrete Fallkonstruktionen mit auf den Weg, wann ein bedingter oder unbedingter Vorsatz (und damit die Straftat "Rechtsbeugung") vorliegt, und wann nicht.
Zum Beispiel diese hier:
Zitat:
b) Der Richter kommt deshalb zu einer objektiv unrichtigen Tatsachenfeststellung, weil er die zulässigen Beweismittel nicht pflichtgemäß ausschöpft oder weil er die erhobenen Beweise pflichtwidrig würdigt; subjektiv kennt er sein pflichtwidriges Vorgehen. Er rechnet mit der Möglichkeit der seine Auslegung möglicherweise als falsch unrichtigen Tatsachenfeststellung und nimmt diese billigend in Kaut. Er will seine Feststellung also auch für den Fall, daß sie tatsächlich unrichtig ist.
Ergebnis:
Wenn der bedingte Vorsatz nicht in die Vorschrift einbezogen ist, ist der Richter straffrei. Bei Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in die Vorschrift ist der Richter wegen vollendeter Rechtsbeugung strafbar.
Im konkreten Fall gibt es eine Akte mit handschriftlichem Eintrag des Richters, dem die Vereinbarung zur Rechtsbeugung mit seinem Pinkelbruder VOR dem Verfahren zu entnehmen ist, und es gibt ein Bundesland, das darin nicht einmal Anlass sieht, überhaupt ein Verfahren zu eröffnen.
Zitat:
Ins richtige Leben übesetzt könnte dies zum Beispiel sein (und es muss ja nicht immer der Strafrichter sein - die Familienjustiz ist in diesem Lande ja auch nicht ohne): Wenn von beiden Parteien unstrittig dargelegt wird, das ein langzeitiger Umgangsboykott seitens des alleinerziehenden Elternteils vorliegt, und das Gericht eine Umgangsregelung mit der Begründung ablehnt, es gäbe ja "unregelmäßigen" Kontakt, dann hätten wir es hier - folgte die Justiz dem Willen des Gesetzgebers - mit einem Straftäter in Richterrobe zun tun.
Wenn....dann...
Die Beispiele ließen sich schier endlos fortführen.
Oder in die systematische Ecke: Nämlich in den sonderbaren Umstand, das eine Betreuuung durch Familiengerichte nach einer Anhörung einzurichten ist, und dennoch in ganz Deutschland kaum ein Richter je eine solche Anhörung veranstaltet hätte. Wozu auch?
Das mag harmlos klingen, läuft aber darauf hinaus, daß Betreuer (und darum geht es) nie auf irgendetwas anderes verpfichtet werden, als die Hand aufzuhalten und zw. 5000 und 10000 Euro für süsses Nichtstun zu kassieren, wovon für den Richter etwas abfällt und der gneigte Leser kann sich gern mal informieren, was Rechtspfleger und Betreuungsstellenleiter so zum Besten geben, wenn man sie auf Beschwerden von Betreuten anspricht ("die darf man grundsätzlich nicht ernstnehmen, man kann sie ungeprüft verwerfen") - und so finden denn Anhörungen nicht einmal im Beschwerdefall statt und wenn, dann bestenfalls, um den Betreuten anzuspucken (selbst erlebt, der Fall fand statt!).
Zitat:
Insofern muss ich meine oben schon einmal wiederholte Feststellung bekräftigen und hinzufügen; IIch weiß nicht, was mich mehr erschüttert - die routinierte Dreistigkeit der Justiz bei der Außerkraftsetzung sie selbst betreffender Strafvestimmungen - oder die Machtlosigkeit des Gesetzgebers , seinem Willen gegenüber der Justiz Geltung zu verschaffen.
Ich weiß nicht, ob das Machtlosigkeit ist, oder Desinteresse, denn durch rege gesetzgeberische Tätigkeit wird das Soll, die Erwartung, erfüllt, was da draussen wirklich abgeht interessiert doch kein Schwein. Solange die bunten Texte Utopie und Wunschwelt beschreiben, der Bürger sich mit diesen Phantasmen abspeisen lässt, und, darauf kann man sich ja hierzulande grenzenlos verlassen, eher herumfabuliert, er lebe im Besten Staate des Planeten, bevor er sich das nächste Bier aus dem Kühlschrank holt...
Ich fürchte, es liegt schlichtweg an der unterlassenen Revolution. Der Unmut in Frankreich gegen Ende des 18 JH. hatte die gleichen Ursachen, und dort hat man ein Exempel statuiert, weswegen es seitdem kein Beamter und kein Richter mehr wagt, zu weit zu gehen. Das ist die Angstvorstellung, die seitdem unser Land lähmt, der Urgrund für "Manneszucht" und ähnlichen Wahn, das Motiv einer verkommenen Kaste, sich gegen den Angstgegner als ein Verein auf dem Spielfeld zu sehen, und immer schön den Schulterschluss mit anderen Kastenmitgliedern zu üben.
Zur Not lassen die uns alle erschiessen - das haben sie damals bewiesen, und ein nicht zu knapper Teil dieses Vereins würde wohl auch heute noch...
Man vergebe mir meine Orthographie - nicht aber mein Urteil!
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