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Verfasst am: 04.04.07, 16:27 Titel: Der Zivilprozess
Für viele Menschen, die zum ersten Mal bei Gericht – als Kläger, Beklagter oder auch als Zeuge – auftreten ist alles neu. Viele fühlen sich der Maschinerie ausgeliefert, insbesondere, wenn sie keinen Anwalt haben.
Hier hilft zwar die Gerichtshilfe, eine Einrichtung, die bei den Gerichten von Referendaren erfüllt wird, indem sie für Fragen der Betroffenen ein offenes Ohr hat. Doch viele nutzen diese Möglichkeit nicht, weswegen hier nun ein kurzer Überblick über den gar nicht so komplizierten Ablauf des Auftretens bei Gericht gegeben werden soll.
Was ist eigentlich ein Zivilprozess?
Die mündliche Verhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache durch den vorsitzenden Richter. Er stellt fest, wer alles in welcher Funktion anwesend ist.
Anschließend beginnt die sogenannte Güteverhandlung, in der versucht werden soll, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Scheitert dies, so stellen die Parteien ihre Anträge, tragen hierzu vor und verhandeln streitig miteinander – d.h. sie diskutieren den Sach- und Streitstand. Gegebenenfalls erfolgt anschließend die Beweisaufnahme.
In diesem Rahmen kommt es oft zur Vernehmung von Zeugen. Auch hier gibt es eine klare Struktur.
Zunächst wird das Erscheinen der Zeugen festgestellt. Dies kann auch vorab direkt nach dem Aufruf der Sache erfolgen.
Hiermit verbunden ist zumeist die Zeugenbelehrung, bei der der Zeuge auf seine Wahrheitspflicht gem. § 395 I ZPO, die Möglichkeit der Vereidigung nach den §§ 391, 395 I ZPO und die Strafbarkeit von falschen Angaben nach den §§ 153, 154 StGB hingewiesen wird.
Nun kann das Gericht die Reihenfolge der Vernehmungen festlegen. Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal und werden später wieder einzeln zur Vernehmung aufgerufen.
Einzeln deshalb, damit die Zeugen nicht hören, was im Saal besprochen wird und sie ihre Aussage somit davon unbelastet machen.
Die Vernehmung selbst folgt ebenfalls klaren Regeln.
Sie beginnt gem. § 395 II ZPO mit Fragen zur Person, also Name, Alter, Beruf, Wohnort. Dies ist aus mehreren Gründen von Bedeutung. Zunächst kann sich das Gericht einen ersten Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Zeugen machen, weiter ist zu prüfen, ob dem Zeugen Zeugnisverweigerungsrechte zustehen, und auch die Identität des Zeugen muss festgestellt werden.
Grundsätzlich müssen alle Zeugen – ob mit oder ohne Zeugnisverweigerungsrechte – vor Gericht erscheinen. Ausnahmsweise kann nach § 386 I, III ZPO im Falle einer vorheriger Entschuldigung und der Ankündigung des Gebrauchmachens vom Zeugnisverweigerungsrecht das Gericht von der Erscheinenspflicht befreien.
Nach § 396 I ZPO besteht die Vernehmung zur Sache aus zwei Komplexen:
1. Freie Erzählung des Zeugen (hier muss der Zeuge keine Scheu haben, er kann frei heraus erzählen, ob er Hochdeutsch oder seinen Dialekt spricht; er kann sich vorbereitend Notizen machen, und nach Absprache mit dem Gericht ist sogar das Verlesen von schriftlich vorgefertigten Aussagen möglich)
2. Fragen des Gerichts, dann der Reihe nach die Fragen der Parteien bzw. Anwälte (ein Kreuzverhör, wie in amerikanischen Filmen, ist allerdings unzulässig, lediglich sogenannte Vorhaltungen sind möglich nach § 396 II ZPO. Bei einer Vorhaltung liest der Fragende dem Zeugen ein bestimmtes Dokument vor und fragt ihn darauf bezogen eine konkrete Frage.)
Abschließend wird das Protokoll verlesen und vom Zeugen genehmigt, bzw. wenn das Protokoll in Anwesenheit des Zeugen laut diktiert wurde auf Verlangen vorgespielt und dann genehmigt.
Die Vereidigung ist in der deutschen Gerichtspraxis äußerst selten.
Verwandtschaftsgrade:
Oft ist den Bürgern nicht klar, welche Verwandtschaftsverhältnisse zu Zeugnisverweigerungs-rechten führen. Hier daher die privilegierten Verwandten:
Onkel: Bruder eines Elternteils oder Ehemann einer Tante
Tante: Schwester eines Elternteils oder Ehefrau eines Onkels
Cousin/Cousine bzw. Vetter/Base: Kind eines Onkels/Tante
Schwager: Ehemann der Schwester (bzw. Bruder der Ehefrau)
Enkel: Kind des Kindes
Allgemein gesagt: In grader Linie (= Kinder, Eltern, …) bestehen immer Zeugnisverweigerungs-rechte, in Seitenlinie (= Onkel, Cousin, …) bestehen sie bis zum 3. Grad der Verwandtschaft und bis zum 2. Grad unter Verschwägerten.
Zeugenentschädigung:
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Zeugen, da sie vom Staat gezwungen werden zu erscheinen und ggf. auszusagen, hierfür eine Entschädigung nach dem ZSEG erhalten.
Bei Gericht und Staatsanwaltschaft erhält man in der Regel für seinen Verdienstausfall pro Stunde 2 bis 13 EUR. _________________ Frank Richter
Rechtsanwalt
Anmeldungsdatum: 25.09.2004 Beiträge: 15339 Wohnort: Rom
Verfasst am: 04.04.07, 16:46 Titel:
Stellen Sie das doch in unsere Knowledge Base, die ist ideal dafür.
=> http://www.recht.de/phpbb/kb.php _________________ DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
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Anmeldungsdatum: 29.01.2006 Beiträge: 8913 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 05.04.07, 02:59 Titel:
Zitat:
Hier hilft zwar die Gerichtshilfe, eine Einrichtung, die bei den Gerichten von Referendaren erfüllt wird, indem sie für Fragen der Betroffenen ein offenes Ohr hat.
... und das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich - bei uns sind es z. B. Rechtspfeger, und das Ding nennt sich Rechtsantragsstelle.
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