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Verfasst am: 16.01.08, 12:28 Titel: VV-RVG 2300 - wonach bemisst sich Schweregrad bzw. Wert?
VV- RVG 2300 gibt einen Berechnungswert von 0,5 - 2,5 an, wobei alles was über 1,3 umfangreich oder schwer sein muss -> dieser Teil ist klar.
Wie sieht es bei folgendem Fall aus?
Person A fordert Leistungen von seinen Lebensversicherungen (2 Stück).
Er geht zu Rechtsanwalt B und will dass dieser seinen Lebensversicherungen einen Brief schreibt und denen eine Frist für Leistungsentscheidung bzw. -zahlung gibt.
RA B tut dieses auch. Er schreibt 1 Brief und kopiert diesen, ändert Versicherungsscheinnummer, Adresse und sendet ab.
Dann tätigt er noch 2 Telefonate mit der Versicherung.
Aufgrund der Einfachheit hatte er im Beratungsgespräch mit Person A ein Honorar von 400,- Euro vereinbart.
Versicherungen reagierten sofort und das Ganze endete innerhalb 1 Monat.
Tätigkeit des Anwalts B ist vorläufig beendet. Er schreibt Kostennote gem. VV-RVG (1,3) zzgl. MwSt. . Der Gegenstandswert ist sehr hoch, sagen wir mal 70.000,- Euro.
1- Person A hat keinen schriftlichen Nachweis für die mündliche Vereinbarung, da er dem Anwalt vertraut hat. Hat er überhaupt Chancen sich durchzusetzen?
2- Wären 0,5 nicht angebrachter bei der Minimaltätigkeit, wenn schon eine Berechnung nach VV-RVG erfogt?
Metz, es kommt bei Nr. 2302 nicht auf die Tätigkeit sondern den Auftrag an. Wenn sich also der Auftrag auf ein einfaches Schreiben beschränkt, dann ist 2302 anzuwenden.
So wie LaVida schreibt, könnte man durchaus von 2302 ausgehen, ob allerdings der Auftrag tatsächlich so lautete, weiß ich nicht. _________________ Karma statt Punkte!
Wenn sich also der Auftrag auf ein einfaches Schreiben beschränkt, dann ist 2302 anzuwenden.
Der mündliche Auftrag von Person A lautete, Anwalt B soll ERST mal die Versicherungen anschreiben.
Wenn diese nicht in der angegebenen Frist reagieren, wird ein gerichtliches Verfahren
eingeleitet.
Das Problem beginnt doch wieder bei der Definition: was ist ein "einfaches Schreiben"?
(in diesem Fall mal als Beispiel: Die Auflistung der Daten der Korrespondenz zwischen Mandant und Versicherung, Fristsetzung, Androhung Gerichtsverfahren, ca. 1 Seite)
= aus meiner Sicht: einfach! aber wer weiß, wie lange die RA Assistentin dafür gebraucht hat
[er mündliche Auftrag von Person A lautete, Anwalt B soll ERST mal die Versicherungen anschreiben.
Wenn diese nicht in der angegebenen Frist reagieren, wird ein gerichtliches Verfahren
eingeleitet.
Gerade diese Formulierung spricht m. E. dafür, daß sich der Auftrag nicht auf ein einfaches Schreiben beschränkt hat.
Zitat:
Das Problem beginnt doch wieder bei der Definition: was ist ein "einfaches Schreiben"?
Nein, kein Problem. Was ein einfaches Schreiben ist, wird in der Anmerkung zu Nr. 2302 VV RVG gesagt:
"Es handelt sich um ein Schreiben einfacher Art, wenn dieses weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält."
Wir sind also aus der Abrechnung gemäß Nr. 2302 VV RVG raus. Bleibt die Frage, ob die Tätigkeit des Anwaltes umfangreicht ODER schwierig war, um eine Gebühr die über 1,3 liegt zu fordern. Nach dem Beispiel kann man davon wohl eher nicht ausgehen. Das bedeutet aber nur, daß der Anwalt nicht mehr als 1,3 berechnen kann. Hat er im Beispiel auch nicht.
Ich erlaube mir mal, den Gesetzgeber zu zitieren, das ist vielleicht ein guter Ausgangspunkt für eine Diskussion und läßt erkennen, was mit Nr. 2300 gewollt war:
BT-Drucksache 15/1971, S. 257 zu (damals noch) Nr. 2400 (jetzt Nr. 2300) hat folgendes geschrieben::
»In durchschnittlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich von der Mittelgebühr (1,5) auszugehen. In der Anmerkung soll jedoch bestimmt werden, dass der Rechtsanwalt eine Gebühr von mehr als 1,3 nur fordern kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Damit ist gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegen. In anderen Fällen dürfte die Schwellengebühr von 1,3 zur Regelgebühr werden. . . . Eine nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG-E in der Summe gänzlich durchschnittliche Angelegenheit würde also nur dann einen Gebührensatz von mehr als 1,3 (etwa in Höhe der Mittelgebühr 1,5) rechtfertigen, wenn die Tätigkeit des Anwalts im Hinblick auf Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt, dies jedoch allein in der Gesamtschau nach § 14 Abs. 1 RVG unberücksichtigt bleiben müsste, weil andere Merkmale vergleichsweise unterdurchschnittlich ins Gewicht fallen. Ist eine Sache danach schwierig oder umfangreich, steht eine Ausnutzung des Gebührenrahmens unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 RVG (bis zum 2,5fachen der Gebühr) im billigen Ermessen des Anwalts. Sind auch Umfang und Schwierigkeit der Sache jedoch nur von durchschnittlicher Natur, verbleibt es bei der Regelgebühr (1,3).«
Eine 1,3 Geschäftsgebühr stellt also die Regel dar. Inwieweit der Anwalt hier nach unten hätte abweichen müssen / können / sollen, kann man von hier aus schlecht sagen, weil z. B. die Kriterien nach § 14 RVG nicht bekannt sind. Die Festlegung der Gebührenhöhe ist eine Ermessensentscheidung des Anwaltes, die man von außen schlecht beurteilen kann. _________________ Karma statt Punkte!
Anmeldungsdatum: 29.01.2006 Beiträge: 8913 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 16.01.08, 16:16 Titel:
Wobei man natürlich sehen muß, daß eine Anwaltskanzlei letztlich auch eine Art Wirtschaftsunternehmen ist, d. h. der Anwalt muß Querfinanzieren und Kosten-Nutzen analysieren. Hier kann es sicherlich nicht schaden, den RA darauf anzusprechen, ob er auf Basis von Nrn. 2300, 2302 abrechnet oder ggf. die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG auf unter 1,3 senkt. Letztlich wird der RA sich dann überlegen, ob er dem Mandanten lieber entgegenkommt oder auf zukünftige etwaige Mandate dieses potentiellen Mandanten und derjenigen, an die er seine Erfahrungen weitergibt (jeder Mandant ist ja immer auch Multiplikator), verzichten will. Fragen kostet bekanntlich nichts, eine Weisheit, die ebenso platt wie wahr ist.
Abgesehen davon steht für mich noch nicht endgültig fest, ob nicht doch ein Auftrag für ein einfaches Schreiben erteilt wurde:
Zitat:
Er geht zu Rechtsanwalt B und will dass dieser seinen Lebensversicherungen einen Brief schreibt und denen eine Frist für Leistungsentscheidung bzw. -zahlung gibt.
Zitat:
Der mündliche Auftrag von Person A lautete, Anwalt B soll ERST mal die Versicherungen anschreiben. Wenn diese nicht in der angegebenen Frist reagieren, wird ein gerichtliches Verfahren eingeleitet.
Das scheint sich zu widersprechen: nach der ersten Schilderung klingt es nach einem Auftrag für ein einfaches Schreiben, nach der zweiten nach einem umfassenden Mandat, in dem zugleich bedingter Klageauftrag erteilt worden ist.
Anmeldungsdatum: 29.01.2006 Beiträge: 8913 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 16.01.08, 17:38 Titel:
@ KoMa:
Behörden machen das im Rahmen des Widerspruchsverfahrens doch ständig...
Warum erwartet man von Rechtsanwälten eigentlich immer, daß sie a) besser, b) effektiver, c) schneller, d) kundenfreundlicher arbeiten als Behörden und Gerichte...
Beste Grüße
Metzing
PS: Meine Anwaltsoftware hat zwei Buttons, da steht "Liquidation stornieren" bzw. "Restforderung stornieren". Die Buttons, die sind praktisch, dudei, dudei... _________________ Τὸν ἥττω λόγον κρείττω ποιεῖν.
"Es handelt sich um ein Schreiben einfacher Art, wenn dieses weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält."
Kobayashi Maru: 2302 sagt meiner Meinung nach immer noch nicht genügend über die Definition eines "einfachen Schreibens" aus.
Und nach 2302 wären 2 Briefe und 1 bzw. 2 Telefonate tatsächlich weder schwierig noch wurden hier größere sachliche Auseinandersetzungen geführt.
Letzendlich sieht es hier wieder um eine Auslegungssache aus, oder?
Sonst gib doch mal bitte ein Beispiel für 2302 aus dem Bereich Versicherungen.
Zitat:
Das scheint sich zu widersprechen: nach der ersten Schilderung klingt es nach einem Auftrag für ein einfaches Schreiben, nach der zweiten nach einem umfassenden Mandat, in dem zugleich bedingter Klageauftrag erteilt worden ist.
Metzing: Ja, das klingt tatsächlich so. Doch was kann der Mandat dafür, wenn ihm der Rechtsanwalt die Erteilung des Mandats unterschreiben lässt, weil er meint, das sei notwendig.
Hinzu kommt, dass Mandant A ja auch noch eine mündliche Kostenabsprache mit dem Rechtsanwalt hatte, die sich der Rechtsanwalt auf einem Blatt Papier notiert hat.
Nur wie beweist Mandat A dieses im Zweifelsfall?
Hier geht es auch um etwas grundsätzliches:
Wenn der Mandant von seinem Rechtsanwalt auch noch reingelegt bzw. abgezockt wird, weil der Rechtsanwalt vielleicht so wenig Aufträge hat, dass er meint, er müsste jetzt seine Kosten für die nächsten Monate mit einem Mandanten abdecken...
dann kann doch irgend etwas nicht stimmen.
Der Mandant kann doch nicht, um sich vor seinem Rechtsanwalt abzusichern das RVG oder sonstige Gesetze, Verordnungen, etc. studieren.
"Es handelt sich um ein Schreiben einfacher Art, wenn dieses weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält."
Kobayashi Maru: 2302 sagt meiner Meinung nach immer noch nicht genügend über die Definition eines "einfachen Schreibens" aus.
Dann kann ich Dir in diesem Punkt nicht weiterhelfen. Denn was für eine andere "Definition" als die, die im Gesetz steht, willst Du haben?
Zitat:
Und nach 2302 wären 2 Briefe und 1 bzw. 2 Telefonate tatsächlich weder schwierig noch wurden hier größere sachliche Auseinandersetzungen geführt.
Letzendlich sieht es hier wieder um eine Auslegungssache aus, oder?
Nochmal: Es kommt bei der Abgrenzung zwischen 2302 und 2300 NICHT darauf an, ob der Mandant meint, daß zwei Briefe und ein Telefonat nicht schwierig oder nicht umfangreich sind. Es kommt ALLEIN auf den Auftrag des Mandanten an. Deswegen hat Metzing ja richtig versucht, diesen Widerspruch aufzuzeigen:
Metzing hat folgendes geschrieben::
Das scheint sich zu widersprechen: nach der ersten Schilderung klingt es nach einem Auftrag für ein einfaches Schreiben, nach der zweiten nach einem umfassenden Mandat, in dem zugleich bedingter Klageauftrag erteilt worden ist.
Was ich nicht verstehe ist nur, wie erteilt man einen Auftrag für Briefe schreiben und wie einen Auftrag für außergerichtliche Einigung??
Übrigens stimme ich Metzing hinsichtlich des Wirtschaftsunternehmens voll und ganz zu. Leider denken viele Anwälte viel zu kurzfristig (und nicht nur Anwälte). Verübeln kann man es nicht mal. Viele denken, hauptsache ich kann diesen Monat überleben, danach wird schon ein weiterer Mandant kommen. Von langfristiger Kundenbindung haben die wenigsten was gehört. Sogar meine Zahnärztin hat es verstanden
wie erteilt man einen Auftrag für Briefe schreiben
"Anwalt, ich hab schon selber hin und her geschrieben (mit der Versicherung z. B.). Sachverhalt ist denen klar. Mach' Du doch noch mal ein Schreiben, damit die merken, daß ich es ernst meine. Wenn die danach immer noch nicht reagieren, dann laß' ich es halt."
Zitat:
und wie einen Auftrag für außergerichtliche Einigung??
"Anwalt, ich hab schon selber hin und her geschrieben (mit der Versicherung z. B.). Ich möchte, daß Du jetzt dafür sorgst, daß ich hier Kohle sehe. Zeig's denen jetzt mal und versuche mit allen Mitteln, daß ich zu meinem Recht komme."
Im ersten Fall: Nr. 2302 VV RVG, im zweiten Fall Nr. 2300 VV RVG. Beide Fälle können übrigens gleich ausgehen - der Anwalt macht ein Schreiben, Versicherung zahlt, gut is - gleichwohl wird unterschiedlich abgerechnet. Im ersten Fall beträgt die Gebühr 0,3 im zweiten Fall beträgt der Gebührenrahmen 0,5 bis 2,5. Daß die Angelegenheit einfach und nur ein Schreiben notwendig war, kann man im zweiten Fall dadurch berücksichtigen, daß man die Geschäftsgebühr am unteren Rahmen des Möglichen abrechnen. _________________ Karma statt Punkte!
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