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Verfasst am: 29.01.08, 16:05 Titel: SH: Schule verlangt Elternadresse bei volljährigem Schüler
Sachverhalt:
Ein 41-jähriger Schüler besucht irgendwo in Schleswig-Holstein die Abendschule, um die FH-Reife zu erlangen. Die Schule möchte nun seine Eltern gem. § 31 SchulG-SH darüber unterrichten, dass sein erfolgreicher Abschluss gefährdet ist. Der Schüler widerspricht der Datenübermittlung. Die Schule verlangt daraufhin vom Schüler die Herausgabe der elterlichen Anschrift, um die Eltern über den Widerspruch des Sohnes zu informieren. Der Schüler weigert sich, und teilt lediglich mit, dass er nur noch einen Elternteil habe. Seine 74-jährige Mutter lebe in einem Seniorenheim in den USA.
(4) Die Eltern unterstützen in ihrem Bereich die Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen der Schule. Ihnen soll auf Verlangen im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten Gelegenheit gegeben werden, den Unterricht ihres Kindes zu besuchen. Sie sind berechtigt, sich unabhängig von den Zeugnissen über die schulische Entwicklung ihres Kindes unterrichten zu lassen.
Aus einem Recht der Eltern kann die Schule ihrerseits keine Verpflichtung zur Mitteilung konstruieren, zumal es sich bei einem 47-jährigen nicht um ein zu erziehendes "Kind" handelt.
Möglicherweise beruft sich die Schule allerdings auf § 50:
Zitat:
§ 50
Erhebung und Verarbeitung von Daten
(1) Personenbezogene Daten der Schülerinnen, Schüler und Eltern dürfen von den Schulen, den Schulträgern und Schulaufsichtsbehörden erhoben und verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Es sind dies
1. bei Schülerinnen und Schülern:
Vor- und Familienname, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, Adreßdaten (einschließlich Telefon), Staatsangehörigkeit, Aussiedlereigenschaft, Muttersprache, Konfession, Krankenversicherung, Leistungs- und Schullaufbahndaten, Daten über das allgemeine Lernverhalten und das Sozialverhalten und das Verhalten in der Schule, Daten über Behinderungen, soweit sie für den Schulbesuch von Bedeutung sein können, die Ergebnisse der schulärztlichen, schulpsychologischen und sonderpädagogischen Untersuchungen, bei Berufsschülerinnen und Berufsschülern die Daten über Vorbildung, Berufsausbildung, Berufspraktikum und Berufstätigkeit sowie die Adreßdaten (einschließlich Telefon) des Ausbildungsbetriebes oder der Praktikumsstelle;
2. bei Eltern:
Name, Adreßdaten (einschließlich Telefon). Schülerinnen, Schüler und Eltern haben die erforderlichen Angaben zu machen. Sie sind auf die Rechtsgrundlage für die Erhebung und Verarbeitung der Daten aufmerksam zu machen.
Hier würde ich auf den Halbsatz "soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist." großen Wert legen: Bei einem volljährigen erwachsenen Schüler, der keinerlei Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern hat, ist die Datenerhebung nicht erforderlich, denn die Eltern haben in der Regel keinerlei Einflussmöglichkeiten mehr - die Erziehung sollte in diesem Alter abgeschlossen sein . _________________ mitternächtliche Grüße.
Gott weiß alles - Lehrer wissen alles besser.
Bin kein Jurist: Wer mir glaubt, ist selber schuld.
Meine Damen und Herren, heute Abend sinkt für Sie: das Niveau!
Die Anwendung der Vorschrift kann doch nicht ernsthaft von den Unterhaltsverpflichtungen der Eltern (So lange Du Deine Füße...) abhängen. Die gehen die Schule m.E. nichts an.
Zuletzt bearbeitet von Rudi Mentär am 29.01.08, 17:56, insgesamt 3-mal bearbeitet
§ 31
Datenübermittlung an Eltern volljähriger
Schülerinnen und Schüler
Die Schule kann die Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler über Ordnungsmaßnahmen nach § 25 Abs. 3, das Ende des Schulverhältnisses nach § 19 Abs. 3 und 4 sowie ein den erfolgreichen Abschluss des Bildungsganges gefährdendes Absinken des Leistungsstandes unterrichten, soweit nicht die Schülerinnen und Schüler einer solchen Datenübermittlung generell oder im Einzelfall widersprechen. Die Schülerinnen und Schüler sind auf das Widerspruchsrecht rechtzeitig, im Regelfall zu Beginn des Schuljahres, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird, schriftlich hinzuweisen. Erheben sie Widerspruch, sind die Eltern hierüber zu unterrichten.
Diese Regelung gibt es nicht nur in SH.
M.E. handelt die Schule im Prinzip korrekt.
Gleichwohl bin ich der Ansicht, die Regelung betrifft nur Schüler, die während der Schullaufbahn die Volljährigkeit erreichen. Hier wird den Eltern entweder weiterhin mitgeteilt, was tatsächlich in der Schule läuft oder aber sie werden davon in Kenntnis gesetzt, dass es ihnen auf Wunsch des Kindes nun eben nicht mehr mitgeteilt wird.
In diesem Fall ändert sich für die Eltern, die in der Regel ja weiterhin unterhaltspflichtig sind, auch Entscheidendes.
Im vorliegenden Fall dürften die Eltern mit der Schullaufbahn am Abendgymnasium aber nie etwas zu tun gehabt haben, deshalb bin ich der Ansicht, § 31 findet hier auch keine Anwendung.
Edit: Na fein, meine Erkenntnisse sind, während ich den Beitrag geschrieben habe, auch schon wieder veraltet. _________________ Herzliche Grüße
Kormoran
Anmeldungsdatum: 31.10.2005 Beiträge: 8443 Wohnort: Am Meer
Verfasst am: 29.01.08, 18:06 Titel:
Kormoran hat folgendes geschrieben::
Gleichwohl bin ich der Ansicht, die Regelung betrifft nur Schüler, die während der Schullaufbahn die Volljährigkeit erreichen. ....
Im vorliegenden Fall dürften die Eltern mit der Schullaufbahn am Abendgymnasium aber nie etwas zu tun gehabt haben, deshalb bin ich der Ansicht, § 31 findet hier auch keine Anwendung.
Also aus dem Wortlaut ergibt sich das nicht. Wenn es so wäre, hätte es der Gesetzgeber ja schreiben können.
Wenn sich die Schule querstellt, hilft wohl nur der Rechtsweg, um ggf. einen vom Wortlaut abweichenden Sinn des Gesetzes feststellen zu können. _________________ Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. (Goethe, Maximen und Reflexionen).
無爲 / 无为
1. die nach Bürgerlichem Recht für die Person des Kindes Sorgeberechtigten; sind danach zwei Elternteile sorgeberechtigt, wird vermutet, dass jeder Elternteil auch für den anderen handelt,
2. die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner eines allein sorgeberechtigten Elternteils im Rahmen des § 9 Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), zuletzt geändert durch Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 2 des Gesetzes vom 6. Februar 2005 (BGBl. I S. 203),
3. die Betreuerin oder der Betreuer einer volljährigen Schülerin oder eines volljährigen Schülers für den schulischen Aufgabenkreis; die Bestellungsurkunde muss der Schule vorgelegt werden.
Mitwirkungsrechte nach diesem Gesetz können anstelle der Eltern oder eines Elternteiles nach Satz 1 diejenigen wahrnehmen, denen die Erziehung des Kindes anvertraut oder mit anvertraut ist, soweit der Schule das Einverständnis der Eltern schriftlich nachgewiesen ist. Die Mitwirkungsrechte können jeweils von nicht mehr als zwei Personen wahrgenommen werden.
Damit hat der Schüler keine Eltern "im Sinne dieses Gesetzes", denn NIEMANDEM ist seine Erziehung anvertraut. _________________ mitternächtliche Grüße.
Gott weiß alles - Lehrer wissen alles besser.
Bin kein Jurist: Wer mir glaubt, ist selber schuld.
Meine Damen und Herren, heute Abend sinkt für Sie: das Niveau!
Wenn der schulgesetzliche Elternbegriff an die Personensorge des BGB geknüpft ist, kann es doch gar keine "Eltern" (i.S.d. SchulG) volljähriger Schüler geben, denn die elterliche Personensorge endet bekanntlich mit der Volljährigkeit des Kindes.
Jetzt habe ich aber ein Problem. Wenn ich mir die Eltern im Sinne des § 2 anschaue, dann hat ein volljähriger Schüler doch eigentlich nie Eltern im Sinne des § 2, außer im 3. Fall mit dem Betreuer. Es wäre auch gleichgültig, ob der Schüler nun 18 oder 41 Jahre alt ist.
Wenn ich bis hier richtig liege, gäbe es aber auch nie Eltern im Sinne des § 31, außer diese „Eltern“ wären bestellte Betreuer.
Will das der Gesetzgeber so sagen? Oder mache ich einen Denkfehler? Wenn ich keinen Denkfehler mache, würde die tatsächliche geübte Praxis bei „normalen volljährigen Schülern“ dem Gesetz entgegenstehen. Denn da wird es so gehandhabt, wie ich es oben beschrieben habe.
Edit: Grmpf, langsam glaube ich, hier will mich jemand ärgern. _________________ Herzliche Grüße
Kormoran
Die Rechtslage ist für (häufig vorkommende) gerade volljährig gewordene Schüler gemacht und darauf ausgerichtet, den Eltern (im wohlverstandenen Interesse des volljährigen Schülers) noch einen Rest an Einflussmöglichkeiten zur Abwendung nachteiliger Entwicklungen zu geben. Man hat doch am Amoklauf von Erfurt gesehen, welche Nachteile es haben kann, wenn ein Schüler seinen Eltern seine desolate schulische Lage verschweigt.
Diese Rechtslage auf einen (sehr selten vorkommenden) 41jährigen Schüler anzuwenden, der möglicherweise umgekehrt bald in die Lage kommen wird, durch seine persönlichen Einflussmöglichkeiten Nachteile von seinen alten Eltern abzuwenden, widerspricht dem gesunden Menschenverstand und juristisch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Man kann in Gesetzen nicht alle in der Wirklichkeit vorkommenden Konstellationen bis ins letzte regeln.
Ich würde dem Schüler empfehlen, in einem freundlichen Schreiben auf dieses Verhältnismäßigkeitsprinzip hinzuweisen und der Schulleitung zu raten, sich ggf. an die Schulaufsicht zu wenden, um von dort über dieses Prinzip aufgeklärt zu werden.
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip heranzuziehen wäre allenfalls erforderlich, wenn die üblichen Auslegungskriterien nicht zum Ziel führen. Wie mitternacht aber schon gezeigt hat, ist durch die Definition des Begriffes 'Eltern' in § 2 des Gesetzes klar, dass Volljährige im Sinne dieses Gesetzes keine 'Eltern' haben. § 31 macht von dieser allgemeinen Regelung eine Ausnahme für diejenigen, die als zunächst minderjährige Schüler während ihrer Schülerschaft volljährig werden - für diese bleibt es bei den bisherigen 'Eltern' und auf diese bisherigen 'Eltern' beziehen sich die Mitteilungsregelungen. Ich halte das für recht eindeutig, auch nicht für ein Redaktionsversehen, und im Ergebnis für sinnvoll, wie von Kurt Knitz ausgeführt. Das Problem scheint mir allein daher zu rühren, dass mal wieder (hier von der Schule) ein einzelner Paragraph stur nach (vermeintlichem) Wortlaut angewandt wird, ohne dass das Gesetz im Ganzen gelesen und beachtet wurde.
Es wäre allerdings mal zu betonen, dass der Widerspruch des "Schülers" absolut statthaft ist. Die Information an die Eltern, dass der Schüler für die Zukunft eben widersprochen hat, ist lediglich eine Folge - nicht etwa Zulässigkeitsvorraussetzung.
Und wenn nun die liebe Schule die Eltern nicht findet, ist das nicht das Problem des Schülers.
Ab er dazu verpflichtet ist, die Daten anzugeben erscheint mir fraglich. Doch selbst, wenn dem so wäre: Bei Zuwiderhandlung bitte 1 Stunde nachsitzen!
Der Widerspruch gilt.
Grüße _________________ Ich hab keine Ahnung.
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